Protocol of the Session on June 25, 2003

Das ist die Quelle, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU – Dr. Bernhard (CSU): Instrumentalisierung der Gewalt! – Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sagen, das ist Blödsinn, dann leiden Sie unter Realitätsverlust.

(Beifall bei der CSU)

Selbstverständlich hat man in den USA wahrgenommen, dass das Thema Irak zu Wahlkampfzwecken instrumentalisiert wurde.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das geschah durch den Bundeskanzler, und das spielt natürlich eine Rolle.

(Anhaltende Zurufe von der SPD und vom BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass eine inzwischen geschasste Justizministerin Unsägliches von sich gab, will ich jetzt nicht einmal mehr erwähnen. Aber die Tatsache, dass das Schüren einer antiamerikanischen Stimmung vom Bundeskanzler in dieser Weise instrumentalisiert und ausgeschlachtet wurde, hat leider tiefe negative Spuren hinterlassen. SPD und Bundeskanzler haben bisher leider nichts getan, um diesen Schaden zu reparieren.

(Beifall bei der CSU – Dr. Helmut Simon (SPD): Warum sollten wir? Das war richtig! – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist, wenn Sie so wollen, eine Nebenwirkung, die Sie nicht leugnen können. Sie wirft uns zurück. Wir sollten

deutlich machen, dass uns an der Präsenz amerikanischer Truppen in Deutschland und in Bayern viel liegt, und deshalb bitte ich das Hohe Haus, diesem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Stahl.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die Diskussion nicht zu sehr verlängern; denn im Grunde genommen ist es dieser Antrag überhaupt nicht wert. Das hat auch die Kollegin Ulrike Gote eben gesagt. Er ist es nicht wert, dass man sich mit ihm in dieser Tiefe befasst, wie es hier zum Teil erfolgt ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CSU: Sie verstehen nichts!)

Ich habe großes Verständnis für die in der Liste aufgeführten Kommunen, wenn sie sich Gedanken darüber machen, wie sie den Wegfall der Arbeitsplätze auffangen können. Dafür habe ich großes Verständnis. Meine Kollegin Ulrike Gote hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es ein Armutszeugnis ist, wenn Sie nichts anderes zu antworten wissen, als in den USA einen Kotau zu machen.

(Zurufe von der SPD: So ist das!)

Sie sollten aufhören, nur weil Sie keine eigene Position zum Irak-Krieg hatten, uns vorzuwerfen, dass wir eine hatten.

(Lebhafter Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kaufkraft und Arbeitsplätze sind in der Tat ein wichtiges Thema. Aber Sie gestatten schon, dass ich mich frage, was der Satz soll: „Diesen Schutz darf Bayern auch in Zukunft nicht verlieren.“

(Zuruf von der CSU: Eben!)

Welchen Schutz verlieren Sie? Welche Probleme haben Sie damit, dass wir und auch die Amerikaner überlegen, ob es sinnvoll ist, Truppenstandorte in einer veränderten Weltordnung beizuhalten?

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)

Außerdem ist das für mich ein Zeichen dafür, dass Sie zu unserer Bundeswehr herzlich wenig Vertrauen haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was, glauben Sie denn, retten diese US-Truppenstandorte? In welchem Rechtsraum bewegen die sich eigentlich? Wir erleben es doch dauernd, dass die sich in Deutschland in einem völlig rechtsfreien Raum bewegen. Da müssen wir bittstellend erst die Amerikaner ansprechen, dass sie zum Beispiel Umweltverträglichkeitsprüfungen auf ihren Truppenstandorten vornehmen

lassen, auf Gelände, das ihnen eigentlich gar nicht gehört, das sie aber halt als Truppenstandort innehaben.

Das ist doch eine Latte von Geschichten, und ich möchte fragen: Wie gehen wir damit um? Aber Sie sollten nicht in so einer Bücklingshaltung in die USA gehen – bloß weil Sie glauben, Sie könnten uns hier außenpolitisch etwas reinwürgen – und sagen: Bitte, bitte, bleibt! Das löst die Strukturprobleme, die wir vor Ort haben, nicht.

Ich frage mich schon auch: Sollten wir – und auch Sie! – nicht mehr Kraft und Energie darauf verwenden zu überlegen, wie die Reform der Bundeswehr ausschauen soll,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

wie europäische Streitkräfte aufgebaut werden, wie die ausschauen sollen in Zukunft – da gibt es ja auch eine Reihe von Überlegungen –, statt an wirklich vorvorgestrigen Strukturen festzuhalten, nur weil Ihnen nichts anderes einfällt?

(Lebhafter Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall bei der SPD)

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/12750 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Herr Kollege Hartenstein und vier Kolleginnen und Kollegen aus den Reihen der SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung aus den Reihen der SPD. Der Antrag ist damit angenommen.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Wörner, Güller, Pfaffmann, Marianne Schieder und Fraktion (SPD)

Zensur von Schülerzeitungen (Drucksache 14/12751)

Ich eröffne dazu die Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Wörner. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an das anschließen, was zuvor gesprochen worden ist.

Da schreibt ein Schüler mit 16 Jahren vor einem dreiviertel Jahr einen Zeitungsartikel zum Thema „Zweiter IrakKrieg durch Amerika“. Er schreibt ihn dermaßen präzise, dass man, wenn man ihn heute liest, glauben kann, er habe ihn gerade erst geschrieben. Was passiert mit diesem Zeitungsartikel? – Er wird zensiert, er darf nicht gedruckt werden mit der Begründung, das sei Volksverhetzung und völkerrechtswidrig. Das muss man sich einmal vorstellen! Da setzt sich ein Schüler hin, versucht wirklich einmal zu prognostizieren, seine Überlegungen zu Papier zu bringen, und dann wird das gnadenlos zensiert.

Meine Damen und Herren, wo sind wir denn eigentlich? Wir leben im 21. Jahrhundert, versuchen, junge Menschen zur Demokratie, zum aufrechten Gang zu erziehen – zu dem ich dann noch komme –, und dann erklären wir ihnen, was sie tun dürfen und was nicht. Also, es wird höchste Zeit – deswegen unser Antrag –, dass der Bayerische Landtag die Staatsregierung auffordert, auf die Zensur von Schülerzeitungen zu verzichten und zu versuchen, dies dann auch in die Gesetze so einzubringen, dass es langfristig machbar ist.

Es geht uns nämlich darum, dass es nicht sein kann, dass Direktoren und Schulleiter, aber auch das Kultusministerium der Meinung sind: Es geht nicht, dass Schüler schreiben, was sie wollen, weil es die Schule des Herrn Schulleiter ist. Das ist mitnichten seine Schule! Es ist die Schule der Schüler, des Staates, der Steuerzahler, von uns allen. Und wenn wir Schule als Stätte des Lernens verstehen – und das soll sie durchaus sein, haben wir heute Vormittag gehört –, dann – bin ich der Meinung – gehört als nobelste Linie dazu, Menschen dazu zu erziehen, das sagen zu dürfen – mit all den Konsequenzen; das füge ich hinzu –, was sie denken,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

dieses zu Papier zu bringen und nach außen zu tragen.

Wenn dann ein Schulleiter der Meinung ist, das sei falsch, dann soll er dagegen Stellung nehmen, aber dies nicht verbieten. Es kann nämlich nicht sein, dass man auch in den Schulen schon beginnt, Dinge unter den Teppich zu kehren, die möglicherweise die Schule in ein etwas schräges Licht rücken. Ich bin der Meinung, dann muss sich der Schulleiter überlegen, was falsch ist an der Schule, wenn die Schüler etwas kritisieren, und er darf nicht versuchen, darauf den Deckel zu legen und zu sagen: So geht es nicht!

Kolleginnen und Kollegen, wir sollten dieses ernst nehmen. Wir merken zunehmend, dass sich immer mehr Menschen – und gerade junge Menschen – von der Politik abwenden. Da sollten wir nicht die wenigen, die dieses interessiert und die sich einzubringen versuchen, auch noch schurigeln und deckeln.

Ich füge auch gleich hinzu: Es gibt dazu drei Petitionen. Ich habe die große Bitte an das gesamte Parlament, ein Auge darauf zu werfen, und zwar ein ernsthaftes Auge, dass den Schülerinnen und Schülern, die diese Petitionen geschrieben haben, daraus keine Nachteile gereichen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage für meine Person: Wenn dieses passieren sollte, bin ich gerne bereit, einen Kampf auszufechten, und ich glaube, ich bin bekannt dafür, dass man so etwas sehr heftig machen kann. Da bin ich bereit, dieses zu tun. Es kann nicht sein, dass man junge Menschen, die ihre demokratischen Grundrechte einmal zu erproben versuchen – sie machen nichts anderes, als sich zu erproben – deckelt, dass man ihnen möglicherweise sogar droht. Also wenn das der Fall wäre im Freistaat Bayern, dann müssten wir als gesamtes Parlament

dagegen einschreiten, weil wir sonst unser Petitionsrecht vergessen können. Gerade bei jungen Leuten würde das einen Schaden anrichten; der aufrechte Gang, den wir ihnen beibringen wollen, würde dabei mit Sicherheit beschädigt. – Deswegen bitte ich auch um die Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der SPD)