Protocol of the Session on June 25, 2003

(Beifall bei der CSU)

Ich begrüße es, dass Sie dem Antrag im Ergebnis zustimmen. Ich danke der CSU-Fraktion für die Einbringung dieses Antrags; denn in der Tat erfolgt heute eine umfassende Neuausrichtung der amerikanischen Militärstruktur. Da stimmen wir überein. Das ist nicht unsere

Entscheidung, und da mischen wir uns auch nicht ein. Herr Rumsfeld wird sich zuallerletzt an den deutschen GRÜNEN orientieren, und damit ist er gut beraten.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

In einem Punkt muss ich aber Ihrer skeptischen Bemerkung und Ihrem Unsinn deutlich entgegentreten; denn der Schutz der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaats Bayern in den letzten fünfzig Jahren waren natürlich eine Leistung der Politik und eine militärische Leistung der Bundeswehr, und das war nur im Verbund der NATO und mit dem Schutz der Amerikaner möglich.

(Beifall bei der CSU)

Es ist eine Verkennung der historischen Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland in den letzten 40 Jahren nach dem Krieg an der Nahtstelle zwischen Ost und West der stärksten Bedrohung ausgesetzt war. Dass dieser Bedrohung des Friedens, der Freiheit und der Demokratie in unserem Land nur durch den starken politischen und militärischen Arm der Amerikaner widerstanden werden konnte, ist geschichtliche Wahrheit, und dafür sollten wir dankbar sein.

(Beifall bei der CSU)

Es ist völlig richtig, dass sich nach dem Ende des Kalten Krieges in Europa die Situation völlig veränderte. Deshalb wurde die Bundeswehr – zusammen mit der NVA – deutlich reduziert. Natürlich sind auch die Truppen der Vereinigten Staaten von Amerika in Europa zu Recht drastisch reduziert worden. Die Reaktion auf die veränderte Bedrohungslage ist also erfolgt. Im Jahr 1989 hatten die Amerikaner in Europa, vor allem in Deutschland, 250000 Soldaten stationiert. Mit heute nur noch 70000 Soldaten hat man auf die Bedrohung deutlich reagiert.

Aber es ist eine Illusion zu glauben, wir wären auf einen gewissen militärischen Schutz durch die NATO und die Vereinigten Staaten von Amerika in der Zukunft nicht mehr angewiesen. Eine solche Einstellung ist lebensgefährlich. Dass die GRÜNEN diese Illusionen haben, wissen wir; da sind sie unrettbar und unbelehrbar.

Es geht um eine verantwortliche Politik in Deutschland. In diesem Fall stellen Gott sei Dank nicht die GRÜNEN, sondern die Sozialdemokraten den Verteidigungsminister. Man weiß heute nicht, woher eine aktuelle Bedrohung kommt. Eine aktuelle Bedrohung kann über Nacht da sein. Niemand garantiert uns, dass es den ewigen Frieden und keinerlei Bedrohung gibt. Die Bedrohungsszenarien haben sich verändert. Man geht heute im Grunde von nicht mehr ortbaren Bedrohungen aus. Deshalb sollten wir auch in der Zukunft mit den Vereinigten Staaten von Amerika die Grundsicherung für Frieden, Freiheit und Demokratie für die Menschen in unserem Lande gewährleisten. Wir legen größten Wert darauf, dass die Partnerschaft und die Freundschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika die Grundlage für die Sicherheit auch in unserem eigenen Lande ist.

(Beifall bei der CSU)

Wir brauchen zwar keine Angst zu haben, aber das ist eine ganz vernünftige Vorsorge, für die Sie offenbar keinen Sinn haben.

Herr Kollege Gantzer, glauben Sie denn wirklich, dass ein Gipfel Deutschlands mit Frankreich, Luxemburg und Belgien den Schutz der Bundesrepublik Deutschland gewährleisten kann? Es ist eine grobe Verkennung zu meinen, ohne die militärische Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika auskommen zu können. Deshalb legen wir Wert darauf, dass es auch in der Zukunft in erster Linie, auch aus Gründen unserer eigenen Sicherheit in Deutschland, auch in Bayern, amerikanische Stützpunkte gibt. Die Bevölkerung in Bayern war in den letzten Jahrzehnten für die amerikanischen Soldaten ein guter Gastgeber. Unsere Bevölkerung ist dies auch heute und wird es auch in der Zukunft sein.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie in die Städte gehen, in denen amerikanische Soldaten stationiert sind, ob Würzburg, Schweinfurt, Kitzingen, Bamberg, Grafenwöhr, Hohenfels oder Vilseck, und die dortige Bevölkerung fragen, wird sie sagen, sie ist froh, dass die Amerikaner da sind, und möchte auch, dass sie bleiben.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wegen der Arbeitsplätze, nicht wegen des Schutzes!)

Dass es hier natürlich auch um Arbeitsplätze und um wirtschaftliche Elemente geht, kann man nicht bestreiten. Aber deshalb werden die Amerikaner nicht dableiben, sondern weil sie damit die Allianz in der Zukunft unterstreichen wollen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Man sollte in einem Parlament wichtige Fragen, die das Land betreffen, mit dem gebotenen Ernst behandeln; denn was Sie von den GRÜNEN machen, ist Larifari.

(Beifall bei der CSU – Frau Christine Stahl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Stellen Sie ernsthafte Anträge!)

Herr Abgeordneter Prof. Gantzer, es wird jeder, der Informationen aufnehmen kann, wissen, dass es neue Planungen mit dem Risiko gibt, dass die Stationierung amerikanischer Soldaten in Deutschland von derzeit etwa 70000 um 75% auf etwa 20000 reduziert werden könnte. Jeder sollte wissen, dass es im Grunde eine Garantie für einen Standort in Deutschland und in Bayern nicht gibt. Es wird gelegentlich Ramstein als eine außerordentlich wichtige Basis genannt, aber für die anderen Standorte gibt es keine Garantie. Es ist jetzt der Zeitpunkt, in dem im Pentagon und in den politischen Gremien der Vereinigten Staaten die Planungen für die Zukunft gemacht werden. Wer also Einfluss nehmen will, muss jetzt Einfluss nehmen.

Vor kurzem waren 14 Bürgermeister aus Deutschland in den Vereinigten Staaten. Das ist sehr wohl registriert worden. Die Staatsregierung hat bereits vor einiger Zeit ihre Aktivitäten zum Erhalt der Standorte in Bayern aufgenommen. Der Herr Ministerpräsident hat am 28. Mai an Verteidigungsminister Rumsfeld geschrieben. Wir haben auf der militärischen Ebene Kontakte, und ich habe in der Tat in der letzten Woche im Pentagon dazu auch Gespräche geführt. Ich habe dort im Namen der Staatsregierung und – wie ich meine – auch im Namen der Bevölkerung Bayerns die Bitte vorgetragen, die amerikanischen Standorte in Bayern zu erhalten.

(Beifall bei der CSU)

Aber es ist völlig klar: Nicht, dass wir selbst nicht in der Lage wären, unsere Aufgaben zu erfüllen, aber die Außenpolitik und die Verteidigungspolitik sind eine Angelegenheit des Bundes.

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gott sei Dank! Also brauchen Sie den Fischer doch! – Dr. Bernhard (CSU): Der tut aber nichts! Das ist das Problem!)

Selbstverständlich wird die Bundesregierung in den Vereinigten Staaten in anderer Weise wahrgenommen als eine Landesregierung. Das ist ein Faktum. Deswegen sage ich: Wenn die Bundesregierung nicht handelt und weiterhin untätig bleibt, dann wird sich der Eindruck in den Vereinigten Staaten verstärken, dass die Bundesrepublik Deutschland auf diese Standorte keinen Wert legt. Deshalb richten wir den dringenden Appell – ich sage dies ohne jede Polemik – an die Bundesregierung, zum jetzigen Zeitpunkt in Washington bei den zuständigen Stellen nachdrücklich für den möglichst weitgehenden, wenn nicht vollständigen Erhalt der US-Standorte in Deutschland einzutreten.

(Beifall bei der CSU – Zurufe der Frau Abgeordne- ten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Und eines kann man auch noch sagen, meine Damen und Herren: Möglicherweise wäre die Gefährdung der Standorte in Deutschland nicht so groß, wenn es nicht so eine gewaltige Enttäuschung in den USA über die Haltung Deutschlands im Zusammenhang mit dem Irak gegeben hätte.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass es diese Enttäuschung gibt, wissen Sie. Das ist ein Faktum. Uns wird heute in den USA als Frage gestellt, ob sich die Bundesregierung überhaupt noch für diese politische und militärische Zusammenarbeit interessiert. Ich habe mit Kongressabgeordneten gesprochen, die sagen: Wir sind überrascht, dass ein deutscher Politiker zu uns kommt und sich für den Erhalt unserer Truppenstandorte in Deutschland einsetzt. Wir waren der Meinung, sie legten darauf keinen Wert mehr.

Meine Damen und Herren, das wird den Tatsachen nicht gerecht, aber es ist leider so. Leider hat sich diese Einstellung in den Vereinigten Staaten breit gemacht. Wenn

man dafür Verantwortliche suchen will, wird man feststellen: Das sind in der Tat die heute in der Bundesregierung verantwortlichen Kräfte.

(Beifall bei der CSU)

Da gab es manche missglückte Äußerungen, für die Sie vielleicht nichts können, und da gibt es bei den GRÜNEN einen unheilbaren Antiamerikanismus, den man eigentlich sowieso vergessen kann.

(Lebhafte Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der SPD – Dr. Helmut Simon (SPD): Ungeheuerlich!)

Leider wird auch dieser registriert. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen der SPD, Folgendes muss ich noch sagen: Wenn es länger als ein halbes Jahr Sprachlosigkeit zwischen dem deutschen Bundeskanzler und dem amerikanischen Präsidenten gibt, dann ist das leider auch eine sehr negative Haltung, die auf uns zurückfällt. Es schadet nicht den Amerikanern, aber den deutschen Interessen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hartenstein?

Ja.

Herr Staatsminister, haben Sie sich nach Beendigung der Hauptkampfhandlungen im Irak einmal mit der Frage auseinander gesetzt, inwieweit und in welchem Maße die Öffentlichkeit durch Bush und Blair belogen worden ist?

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Helmut Simon (SPD): Genau! Eben! – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gegenrufe von der CSU)

Herr Kollege Hartenstein, wir könnten jetzt eine Diskussion über den Irak-Krieg, den Anlass oder die Rechtfertigung und dergleichen führen.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist aber nicht der Kern. Das haben Sie vielleicht nicht begriffen.

(Dr. Simon (SPD): Doch, doch!)

Die demokratische Öffentlichkeit in den USA reagiert durchaus mit Toleranz gegenüber Demonstrationen und abweichenden Meinungen. Das ist nicht das Thema. Das Thema ist, dass es in Deutschland von offiziellen politischen Kräften bis hinein in die Bundesregierung eine ungehemmte antiamerikanische Stimmung gegeben hat.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich erinnern wollten, Herr Kollege, Sie sind alt genug. Es gab auch in Sachen Vietnam-Krieg in Deutschland Diskussionen und große Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg, und es gab Demonstrationen gegen die Amerikaner. Das hat aber nicht zu einem Zerwürfnis zwischen Deutschland und den USA geführt und das Verhältnis nicht gestört, und zwar deshalb nicht, weil die seinerzeitige Regierung in der Lage war – gleich, ob es nun ein Bundeskanzler der SPD oder einer der CDU war – zu sagen, das ist öffentliche Meinung; das geschieht in einem freien Land. Es gab auch in Amerika Demonstrationen. Das ist die eine Position, und da gibt es möglicherweise auch unterschiedliche Beurteilungen. Aber was stattgefunden hat durch diese Bundesregierung und durch Kräfte, die bei Ihnen angesiedelt sind, ist ein blanker, gehässiger Antiamerikanismus.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Helmut Simon (SPD): Solch ein Blödsinn!)

Das ist die Quelle, meine sehr verehrten Damen und Herren!