Protocol of the Session on June 25, 2003

beschließen, dass sie neue Auszubildende einstellen werden. Dieser Zeitablauf ist für die vielen kleinen Kommunen, die ja auch Zielrichtung des Antrags sind, schlicht und ergreifend überhaupt nicht mehr realisierbar.

Die Ausbildung im eigenen Wirkungskreis zu fördern, beinhaltet der zweite Spiegelstrich. Wenn ich da bei der Finanzverwaltung und auch bei der Polizei hineinschaue, kann ich feststellen, dass in diesem Jahr mehr Bewerberinnen und Bewerber als in den letzten Jahren eingestellt werden. Auch bei der Beamtenfachschule sind zusätzliche Stellen zu verzeichnen. Der mittlere und der gehobene Dienst in der Finanzverwaltung hat bereits in den letzten Jahren kontinuierlich mehr Auszubildende eingestellt. Die Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Polizei sind nicht zuletzt durch das Sicherheitsprogramm und das Anti-Terror-Paket nach dem 11. September auch in diesem Jahr weiter erhöht worden.

Zum schulpolitischen Bereich hat, glaube ich, die Regierungserklärung der Frau Staatsministerin genügend Ausführungen gebracht. Da ist die Argumentation der Kollegin Steiger seit heute Vormittag schon überholt. Ich darf verweisen auf den Ausbau bei den Wirtschaftsschulen und bei den Berufsfachschulen und denke, dass hier die wichtigen und richtigen Weichenstellungen vorgegeben werden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner? – Herr Kollege, bitte schön.

Herr Kollege, können Sie mir bestätigen, dass die Ausbildung beim Freistaat Bayern, die Sie eben beschrieben haben, keine Ausbildung im klassischen Sinne ist, sondern nur für das, was der Staat dringend notwendig braucht, dass sie wenig ist und dass eine Ausbildung in den tatsächlichen Ausbildungsberufen, zum Beispiel als Wasserbauer oder als Laborant bei der Wasserwirtschaft, wie wir es gefordert haben, nicht oder nicht mehr stattfindet?

Nichtsdestotrotz sind es zusätzliche Stellen, die in der Quintessenz Ihr Antrag natürlich auch mit beinhaltet – ganz klar.

Der richtige Ansatz ist der der Staatsregierung. Die am Montag und Dienstag, am Aktionstag der Bundesregierung, geführten Gespräche waren ja nun recht erfolgreich. In der Presse, in den Medien sind positive Berichte herübergekommen. Sie brauchen sich nur den gestrigen Pressespiegel, der uns allen hier im Landtag vorliegt, daraufhin anzuschauen. Das sind die richtigen Ansätze. Sie setzen nämlich auf eine nachhaltige Entwicklung in den mittelständischen und in den Industriebetrieben, und auch der Freistaat kommt seiner Ausbildungsverpflichtung durchaus nach.

Letztlich sind es die erheblichen finanziellen Anstrengungen der Staatsregierung und die Gespräche mit den Spitzenverbänden Anfang Mai, die da auch sehr vieles bewegen. Ich meine, dass wir durch die Initiativen, die

gerade auch wir alle als Abgeordnete vor Ort begleiten bzw. auf den Weg bringen, die Situation zum September hin weiter verbessern können.

Mit dem letzten Satz in der Begründung Ihres Antrages haben Sie sicherlich auch Recht: Die Ausbildung suchenden Jugendlichen dürfen tatsächlich nicht zum politischen Spielball werden. Für konstruktive Aktivitäten sind wir immer zu haben; bei Aktionismus machen wir sicherlich nicht mit. Deshalb werden wir diesen Antrag auch ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Ich mache darauf aufmerksam, dass die CSU-Fraktion soeben namentliche Abstimmung über diesen Antrag beantragt hat. Ich halte fest, dass es jetzt 13.55 Uhr ist; also kann 14.10 Uhr abgestimmt werden. – Als nächste Rednerin hat Frau Münzel das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es besteht Konsens in diesem Haus: Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist äußerst schwierig. Das zeigt sich ja auch daran, dass zu diesem Thema bereits einmal eine Aktuelle Stunde beantragt worden war. Ich brauche wohl auch nicht zu betonen, dass Ausbildung für die jungen Leute tatsächlich existenziell ist. Deshalb plädieren wir auch dafür, dass über Bedarf ausgebildet wird, selbst wenn dann der junge Auszubildende/die junge Auszubildende im Ausbildungsbetrieb keine Anstellung finden kann.

Herr Kollege Sibler, Sie haben die Ursachen angesprochen. Sicherlich, die wirtschaftliche Situation ist die eine Seite der Geschichte; das mag ich hier auch gar nicht abstreiten. Aber es gibt noch eine andere Ursache, weshalb sich zunehmend Betriebe aus der Ausbildung zurückziehen: die Ungerechtigkeit, die besteht zwischen den Betrieben, die ausbilden, und denen, die nicht ausbilden. Meine Kollegin Schopper hat mir gerade von einem Fall erzählt: Ein mittelständischer Unternehmer, der jahrelang sehr viele junge Leute ausgebildet hat, sagt jetzt, er mag nicht mehr ausbilden, weil er es nicht einsieht, dass er in Ausbildung investiert und dann die Betriebe, die darin nicht investieren, die von ihm gut ausgebildeten Fachkräfte abwerben.

Es ist schon bedenklich, wenn man sieht, dass lediglich 30% der Betriebe ausbilden; 70% sind dann – ich möchte es einmal so bezeichnen – Trittbrettfahrer. Deshalb kann ich nicht verstehen, weshalb sich die CSU so vehement gegen eine Ausbildungsumlage wendet. Dann wäre wenigstens sozusagen die finanzielle Gerechtigkeit zwischen den Betrieben, die ausbilden, und denen, die nicht ausbilden, hergestellt. Mit den frei werdenden Mitteln könnte man auch andere außerbetriebliche oder auch schulische Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. Diese Umlage wäre auch im Interesse der Betriebe, die ausbilden. Das ist doch ganz klar.

Wir werden den Antrag der SPD unterstützen, weil wir der Ansicht sind: Im Interesse der jungen Leute müssen wir nach jedem Strohhalm greifen, der sich uns bietet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Staatssekretär Schmid das Wort.

Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium) : Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass ich heute dezidiert noch einmal zu diesem Thema Stellung nehmen kann, nachdem wir ja gestern den „Bayerischen Tag der Ausbildung“ hatten und alle miteinander unterwegs gewesen sind – hoffentlich aus allen Gruppierungen –, um zusätzlich Lehrstellen zu akquirieren.

(Frau Steiger (SPD): Gestern war Plenum, da müssten Sie allein unterwegs gewesen sein!)

Am Montagvormittag; ich bitte um Nachsicht. Am Montag war der Tag der Ausbildung, also vorgestern, und da hatten auch Sie Zeit, Frau Kollegin Steiger.

Warum haben wir auf dem Ausbildungsstellenmarkt momentan so eine schwierige Situation, warum geht diese Schere auseinander? – Es gibt, glaube ich, zwei Gründe, wenn man es objektiv betrachtet:. Wir haben erstens – sowohl was die Handwerkskammern als auch was die IHKs angeht – weniger zur Verfügung gestellte Ausbildungsplätze, und wir haben zweitens mehr Schulabgänger, nämlich 4500 zusätzliche Schulabsolventen pro Jahr auch in Bayern.

Jetzt stellt sich die Frage: Warum bilden die Betriebe im Handwerk und in den Bereichen der IHKs weniger aus?

Sie bilden deswegen weniger aus, weil sie spüren, wie schwierig ihre wirtschaftliche Lage geworden ist. Ich habe in der Zwischenzeit weit über 150 Betriebe besucht und bilde mir ein, dass ich weiß, wovon ich in dieser Frage rede. Ich sage Ihnen eines: Auch kleine Handwerksbetriebe spüren den wirtschaftlichen Niedergang in diesem Lande, der, liebe Freunde, ausschließlich durch Rot-Grün veranlasst wurde; nur damit das klar und deutlich ist.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Oh mei! Was war denn vor fünf Jahren?)

Die Politik, die in den letzten fünf Jahren gegen den Mittelstand gemacht wurde, die wir immer angeprangert haben, zeigt jetzt das Ergebnis: Es stehen weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung.

(Beifall bei der CSU)

Es ist doch klar: Der Ausbildungsmarkt ist ein Spiegelbild des Arbeitsmarktes. Dort, wo wir viele Arbeitslose haben, haben wir auch weniger Lehrstellen. Deshalb ist diese These richtig, deshalb müssen wir daran arbeiten, dass die Menschen wieder in Arbeit kommen. Dann haben wir wieder eine gute wirtschaftliche Situation,

dann haben wir auch wieder Lehrstellen. Dafür brauchen wir aber eine andere Finanz- und eine andere Steuerpolitik. Frau Kollegin Münzel, Sie haben gerade gesagt, wir können das Problem durch eine neue Steuer – das bedeutet eine neue Abgabe – lösen. Ich sage Ihnen eines: Dadurch entsteht nicht ein einziger Ausbildungsplatz mehr. Der eine oder andere wird sich vielleicht freikaufen, aber die über 10000 Lehrstellen, die wir noch brauchen, werden wir dadurch definitiv nicht bekommen. Ich halte es für völlig kontraproduktiv und für einen Irrweg, eine Ausbildungsabgabe als neue Steuer zu installieren. Von Steuern und Abgaben haben wir genug, liebe Freunde.

(Frau Steiger (SPD): Das geht am Thema vorbei!)

Was hat die Staatsregierung in dieser Situation unternommen? – Frau Kollegin Steiger, Sie kommen aus Oberfranken. Wir haben am 25. Februar dieses Jahres speziell für Oberfranken und die nördliche Oberpfalz ein 13-Punkte-Programm beschlossen. Sie, Frau Steiger, waren begeistert, jedenfalls habe ich bis heute keinen Widerspruch gehört.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Steiger (SPD) – Heiterkeit bei der SPD)

Dieses Programm wird auch angenommen.

(Weitere Zurufe von der SPD und Heiterkeit)

Ich bin durchaus dankbar für dieses Lob. Dieses Programm wurde angenommen, so dass wir es jetzt auf ganz Bayern ausdehnen konnten.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Volkmann?

(Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium): Ja.)

Bitte schön.

Herr Staatssekretär, darf ich Sie so verstehen: Immer wenn Ihnen jemand nicht widerspricht, werten Sie das so, dass derjenige von vornherein begeistert ist?

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Lieber Herr Kollege, auch ich höre es immer gerne, wenn ich von Kolleginnen und Kollegen der Opposition gelobt werde. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass es nahezu keinen Widerspruch gab, und ich habe das als Lob aufgefasst.

(Frau Steiger (SPD): Es geht nichts über ein gutes Selbstbewusstsein!)

Frau Kollegin, das ist notwendig, wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, das uns im Moment alle umtreibt.

Wir haben dieses 13-Punkte-Programm auf ganz Bayern ausgeweitet, und ich halte das angesichts der Zahlen auch für richtig. Bezüglich der Zahlen, die Sie in Ihrem Antrag nennen, scheinen Sie nicht richtig informiert zu sein. Ich habe die korrekten Zahlen da, und ich werde Sie Ihnen gerne zur Verfügung stellen. In Punkt 3 Ihrer ersten Frage – Ihr dritter Spiegelstrich – erwecken Sie den Eindruck, dass viele Arbeitsamtsbezirke eine ausgeglichene Lehrstellenbilanz hätten. Das ist überhaupt nicht mehr der Fall. Es sind nur noch drei übrig. Deshalb ist die Mehrzahl der Arbeitsamtsbezirke von dieser Gesamtsituation betroffen. Wir haben Mobilitätshilfen, und wir haben Fahrkostenzuschüsse geschaffen. Diese Hilfen werden auch angenommen. Das zeigt, dass das Programm wirkt. Deshalb halte ich es auch für richtig, dass wir dieses Programm in den kommenden Wochen und Monaten intensiv anbieten, um zusätzlich Lehrstellen besetzen zu können.

(Frau Steiger (SPD): Vorbildfunktion!)

Die Akquisiteure vor Ort arbeiten übrigens hervorragend. Wir können noch Lehrstellen akquirieren. Wir konnten das auch durch viele Gespräche erreichen, und wir konnten es auch, weil sich die Kammern in hervorragender Weise engagieren. Die Kampagne, welche die Staatsregierung nicht alleine, sondern gemeinsam mit den Organisationen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere mit den Kammern, ins Leben gerufen hat, zeigt Ihre Wirkung. Wir haben für die Kampagne eine Koordinierungsstelle geschaffen. Das ist sehr positiv, und so sollte man das auch sehen. Frau Kollegin Steiger, Sie sollten das nicht despektierlich begleiten. Ich hoffe doch, dass es Ihnen auch noch um das Ziel geht, zusätzliche Lehrstellen zu schaffen und nicht allein darum, zu polemisieren.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Steiger?

(Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium): Ja.)

Bitte sehr.

– Das ist aber nett. Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, dass die Lehrstellen- und Ausbildungsplatzakquisiteure hervorragend arbeiten, dann frage ich Sie: Warum wurde unser Antrag zur staatlichen Finanzierung von Akquisiteuren für jeden Landkreis und für jede kreisfreie Staat abgelehnt?

Ich habe alle Landräte und alle Bürgermeister der kreisfreien Städte konsultiert, und ich stieß dort auch ohne Ihren Antrag auf eine überaus positive Resonanz. Frau Kollegin, ich könnte Ihnen sofort einige Landräte und