Bernd Sibler
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend nur noch einige wenige Ausführungen zum Gesagten: Herr Kollege Egleder, ich kann ihre Behauptung nicht nachvollziehen, die Frau Ministerin habe zum Thema Ausbildung und wie sich die Schulen dazu verhalten nichts gesagt. Sie hat die zweistufigen Wirtschaftsschulen und die Berufsfachschulen angesprochen. Zu dem Thema war schon einiges in der Regierungserklärung enthalten.
Gestatten Sie mir einige kurze Aussagen auch zum Thema Gymnasium; dazu haben wir heute auch noch nicht gesprochen. Mit dem neuen Lehrplan sind wir auf einem guten Weg. Den Beschluss, den wir als einen der ersten in diesem Haus am Anfang der 14. Wahlperiode gefasst haben, nämlich, dass wir die Zeit zum Wiederholen und Vertiefen ausweiten wollen, finden wir hier im Lehrplan wieder. Das wird von Fachleuten, die diesen Lehrplan beurteilen, auch so gesehen. Die neue Stundentafel, insbesondere die Zweistündigkeit der Fächer, ist ein wichtiger Fortschritt. Die neuen Fächer und die neuen Schwerpunktsetzungen wurden in der Regierungserklärung angesprochen.
Die Oberstufenreform im Gymnasium ist ein spannendes Thema, das uns in die nächste Legislaturperiode hinein begleiten wird. Es ist bereits festgezurrt, dass die Schwerpunktbildungen erhalten bleiben und dass die Vernetzung, insbesondere zur Hochschule, ein besonderes Anliegen sein wird. Hier haben wir ganz im Sinne der Regierungserklärung einen guten Weg eingeschlagen.
Zum Thema Lehrermangel, das heute immer wieder durchgeschienen ist, möchte ich mich den Worten von Herrn Nöth anschließen: Es ist ganz wichtig, dass wir nicht pauschal nach außen treten und den jungen Leuten undifferenziert sagen, wir bräuchten Lehrer. Wir müssen ihnen genau sagen, für welche Schulform und für welche Fächer wir diese Lehrer brauchen.
Für das Lehramt an Grundschulen haben wir immer noch Notenhürden. Bei den Fächern Deutsch und Geschichte gibt es immer noch Wartelisten. Wir müssen aufpassen, dass wir die Leute nicht in eine verkehrte Richtung lenken. Wir müssen Ihnen sagen, dass wir Hauptschullehrer brauchen, dass wir Naturwissenschaftler brauchen, dass wir Berufsschullehrer brauchen. Das ist eine wichtige Differenzierung, die wir zur Ehrlichkeit der Diskussion hier im Haus anführen müssen.
Zum Thema Betreuung hat Kollege Egleder einiges angesprochen. Wir kommen mit dem Betreuungsangebot, das wir anbieten, den Bedürfnissen einer modernen Welt nach. Die CSU ist auf dem Weg, den Bedürfnissen von jungen Frauen nachzukommen. Wir setzen auf Freiwilligkeit und nicht auf staatlich verordnete Verpflichtung. Die 313 Millionen e, die im Haushalt dafür zur Verfügung stehen, sind ein starkes Signal für die Tätigkeit in diesem Bereich.
Wenn geklagt wird, dass die Kommunen der Kofinanzierung nicht nachkommen können, dann müssen wir schon deutlich festhalten, wer für die schwierige finanzielle Situation der Kommunen hauptverantwortlich ist: Das ist sicherlich nicht der Freistaat Bayern, sondern der Bund.
Die Ganztagsschule haben wir als Ausnahme immer wieder in den sozialen Brennpunkten ermöglicht. Die Frau Ministerin ist darauf eingegangen. Das bedarfsorientierte Modell, in das wir gerade die Eltern mit einbeziehen müssen, ist die richtige Antwort auf die Bedürfnisse dieser Zeit. Das Modell im SPD-regierten RheinlandPfalz – wir haben es gestern mit den Kollegen aus dem Parlament in Rheinland-Pfalz diskutiert – entspricht dem bayerischen, wird aber dort Ganztagsschule genannt. Letztendlich ist es eine Ganztagsbetreuung. Die SPD in Rheinland-Pfalz ist wohl schon etwas weiter als die SPD in Bayern.
Zum Thema Finanzen noch ein letztes Wort: Angesichts des Doppelhaushalts 2003/2004 und der 2600 Stellen für zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer kann man die Aussage von Kollegen Egleder nicht so unkommentiert im Raum stehen lassen. Das sind tatsächlich Stellenmehrungen, die wir unter starken finanziellen Anstrengungen auf den Weg gebracht haben. Hier noch einmal ein Dankeschön an die Haushaltspolitiker wie Markus Sackmann und all diejenigen, die hier die Mittel zur Verfügung stellen. Es ist ein ganz wichtiger Punkt, dass der Bildungshaushalt überproportional höher als die anderen Haushalte steigt. Das zeigt die Zukunftsorientierung der bayerischen Bildungspolitik. Wir stellen uns den Anforderungen und den Herausforderungen einer neuen Bildungspolitik. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen um die schwierige Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Wir alle kämpfen in unseren Stimmkreisen und vor Ort darum, entsprechende Argumentationen, Programme und Initiativen auf den Weg zu bringen, um die Situation zu verbessern.
Allerdings muss man die Ursache für den dramatischen Einbruch auf dem Lehrstellenmarkt – neben der demografischen Entwicklung, dass wir nämlich in diesem Jahr noch einmal erhöhte Absolventenzahlen haben – auch beim Namen nennen: Es ist einmal mehr die sehr schlechte Wirtschafts-, Finanz und Steuerpolitik von RotGrün, die dazu führt, dass wir pro Jahr 37000 Insolvenzen haben. Darunter sind viele Firmen, die ausgebildet haben, und dort fallen jetzt natürlicherweise Plätze weg. Dort liegen die Probleme im Argen. Die Betriebe sehen keine Perspektive und sparen deshalb auch bei den Ausbildungsplätzen. Da wollen wir den Betrieben über die Initiativen der Staatsregierung auch klarmachen, dass sie damit ein gutes Stück an ihrer eigenen Zukunft sparen.
Grundsätzlich erkennt der Antrag – zugegebenermaßen – ein richtiges Ziel, aber die Ausführung fällt wieder einmal mangelhaft aus. Wenn ich hier höre, dass das JumpProgramm der Bundesregierung ein Erfolg gewesen soll, dann sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, bitte einmal mit den Verantwortlichen der Arbeitsverwaltung reden. Die sagen Ihnen etwas ganz anderes zu diesem Thema.
Ich darf zu den einzelnen Vorschlägen kommen, die der Antrag beinhaltet.
Zunächst einmal soll die Ausbildung bei den Kommunen gefördert werden. Da fällt einem auch sofort der ganz interessante Finanzierungsvorschlag, nämlich die Finanzierung aus Privatisierungserlösen, auf. Nun gut, wer zum jetzigen Zeitpunkt Aktien verkauft, ist selber schuld. Da haben wir schon bessere Zeiten erlebt. Mit dieser Gegenfinanzierung würde man nun wirklich einen erheblichen Teil von Volksvermögen regelrecht verschleudern. Die derzeitigen niedrigen Börsenkurse sind einmal mehr Ergebnis der allgemeinen Wirtschaftslage. Es verbietet sich eigentlich für jeden vernünftig denkenden Menschen, derzeit Aktien zu verkaufen.
Zudem ergibt sich, wenn man zum Herbst dieses Jahres ein entsprechendes Programm auf den Weg bringen möchte, schlicht ein Zeitproblem: heute verkaufen, morgen das Programm auflegen, und übermorgen sollen die Kommunen – möglichst in der Sommerpause, im August
beschließen, dass sie neue Auszubildende einstellen werden. Dieser Zeitablauf ist für die vielen kleinen Kommunen, die ja auch Zielrichtung des Antrags sind, schlicht und ergreifend überhaupt nicht mehr realisierbar.
Die Ausbildung im eigenen Wirkungskreis zu fördern, beinhaltet der zweite Spiegelstrich. Wenn ich da bei der Finanzverwaltung und auch bei der Polizei hineinschaue, kann ich feststellen, dass in diesem Jahr mehr Bewerberinnen und Bewerber als in den letzten Jahren eingestellt werden. Auch bei der Beamtenfachschule sind zusätzliche Stellen zu verzeichnen. Der mittlere und der gehobene Dienst in der Finanzverwaltung hat bereits in den letzten Jahren kontinuierlich mehr Auszubildende eingestellt. Die Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Polizei sind nicht zuletzt durch das Sicherheitsprogramm und das Anti-Terror-Paket nach dem 11. September auch in diesem Jahr weiter erhöht worden.
Zum schulpolitischen Bereich hat, glaube ich, die Regierungserklärung der Frau Staatsministerin genügend Ausführungen gebracht. Da ist die Argumentation der Kollegin Steiger seit heute Vormittag schon überholt. Ich darf verweisen auf den Ausbau bei den Wirtschaftsschulen und bei den Berufsfachschulen und denke, dass hier die wichtigen und richtigen Weichenstellungen vorgegeben werden.
Nichtsdestotrotz sind es zusätzliche Stellen, die in der Quintessenz Ihr Antrag natürlich auch mit beinhaltet – ganz klar.
Der richtige Ansatz ist der der Staatsregierung. Die am Montag und Dienstag, am Aktionstag der Bundesregierung, geführten Gespräche waren ja nun recht erfolgreich. In der Presse, in den Medien sind positive Berichte herübergekommen. Sie brauchen sich nur den gestrigen Pressespiegel, der uns allen hier im Landtag vorliegt, daraufhin anzuschauen. Das sind die richtigen Ansätze. Sie setzen nämlich auf eine nachhaltige Entwicklung in den mittelständischen und in den Industriebetrieben, und auch der Freistaat kommt seiner Ausbildungsverpflichtung durchaus nach.
Letztlich sind es die erheblichen finanziellen Anstrengungen der Staatsregierung und die Gespräche mit den Spitzenverbänden Anfang Mai, die da auch sehr vieles bewegen. Ich meine, dass wir durch die Initiativen, die
gerade auch wir alle als Abgeordnete vor Ort begleiten bzw. auf den Weg bringen, die Situation zum September hin weiter verbessern können.
Mit dem letzten Satz in der Begründung Ihres Antrages haben Sie sicherlich auch Recht: Die Ausbildung suchenden Jugendlichen dürfen tatsächlich nicht zum politischen Spielball werden. Für konstruktive Aktivitäten sind wir immer zu haben; bei Aktionismus machen wir sicherlich nicht mit. Deshalb werden wir diesen Antrag auch ablehnen.
Frau Kollegin Kellner, ist Ihnen bekannt, dass das Staatsministerium im Moment zur Erstellung von Gewässerplänen zur Rückhaltung des Wassers in den Zonen der Gewässer III. Ordnung 75% Förderung gewährt und genau das anregt, was Sie gerade ansprechen?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Jugendstudien der letzten Monate haben bei aller Differenziertheit eine klare Aussage getroffen: Die meisten jungen Leute sind in Bezug auf ihre berufliche Zukunft motiviert und leistungsbereit. Die jungen Leute haben in den vergangenen Jahren gute Perspektiven vorgefunden. Jeder hat in Bayern einen Ausbildungsplatz gefunden oder über schulische Weiterbildung seine Qualifikation verbessert. Aufgrund der guten Mittelstandspolitik, aufgrund der Förderung und nicht aufgrund der Verhinderung von Existenzgründungen in Bayern haben wir diese guten Perspektiven überhaupt erarbeiten können.
Die jetzige Krise ist hausgemacht, und zwar auf Bundesebene. Schuld daran ist eine desaströse Steuer-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. 37000 Insolvenzen rauben Arbeits- und Ausbildungsplätze, gerade im Handwerk, wo die meisten Lehrstellen angeboten werden. Das Problem ist nicht in erster Linie der schwache Export, sondern es sind die eigenen Fehler im Inland. Leider fehlen der Wirtschaft die notwendigen Perspektiven und das Vertrauen in die Rahmenbedingungen. Das müssen die Jugendlichen bezahlen, denen jetzt weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Zudem sehen wir uns mit starken Jahrgängen konfrontiert, die das Problem quantitativ verstärken.
Dabei ist gerade die Phase des Einstiegs in das Berufsleben so wichtig und prägend für die jungen Menschen. Hier sammelt er oder sie die ersten Erfahrungen; hier können Einstellungen noch einmal neu geformt werden. Bieten Sie deshalb auf Bundesebene ähnliche Perspektiven an, wie dies die Staatsregierung tut!
Das Gespräch, das in diesen Tagen mit den Spitzenverbänden geführt wurde, ist genau das richtige Signal und nicht ein Drohen mit der Umlagekeule, wie es reflexartig von SPD und Gewerkschaften aus der politischen Mottenkiste hervorgeholt worden ist. Wenn Sie von der SPD und den GRÜNEN die letzte Ausgabe der Zeitschrift des Informationsdienstes der Wirtschaft gelesen haben, dann wissen Sie sicher, dass gerade die von Herrn Dr. Scholz angesprochenen Umlagemodelle nicht funktionieren. Die Großen kaufen sich frei, und den Kleinen legt man weitere finanzielle Fesseln an. Das bedeutet weniger Spielraum, weniger Freiraum, mehr Staat und damit mehr Bürokratie. Das kann es doch wohl nicht sein.
Außerdem finde ich es bemerkenswert, dass gerade für die Schwächeren und Jüngeren die Zuschüsse der Bundesanstalt für Arbeit gekürzt werden sollen.
Das ist immer noch in der Diskussion. Noch ist es nicht vom Tisch. Es geht um Sprachkurse und Weiterbildungsprogramme.
Herr Kollege Obermeier hat schon darauf hingewiesen, dass beim Zivildienst seit dem 1. März niemand mehr genommen werden konnte. Erst ab dem 1. Juli sollen wieder Zivildienstleistende eingestellt werden. Damit raubt man den Jugendlichen die Planungssicherheit. Sie wissen nicht, ob und wann sie Ausbildungsplätze annehmen und antreten können. Wir haben aber gute bayerische Programme, die über die Jugendhilfe entwickelt worden sind und auf die man hinweisen sollte. Sie bieten Perspektive.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Umfragen sagen uns, dass 80% der Bundesbürger in Bayern leben wollen. Insbesondere viele junge Menschen aus den neuen Bundesländern vollziehen diesen sicher nicht leichten Schritt tatsächlich.
Heute Vormittag war auf Bayern Zwei eine schöne Reportage zu hören, in der genau das dargestellt wurde, dass – so ein Zitat – rund 75% eines Altersjahrgangs aus Sachsen gerne nach Bayern kommen. Sicherlich tragen Landschaft und Menschen viel dazu bei. Aber in erster Linie sind es die positiven wirtschaftlichen Rahmendaten, die Perspektiven und das gute Wirtschaftsklima, warum sich junge Menschen gerade auch für Bayern entscheiden.
Auf die soziale Kompetenz, die Herr Wahnschaffe angesprochen hat, gehen wir in den neuen Lehrplänen bereits ein; dies wird umgesetzt. Die eigenen Ausbildungskapazitäten haben wir bei der Finanzverwaltung und der Polizei deutlich erhöht, gerade auch für das kommende Jahr. Dass die Hauptschule ohne Zweifel nicht links liegen gelassen wurde, konnte man gerade in der letzten Woche sehen, als der Ministerpräsident bei seinem Kabinettsbesuch in Niederbayern eine Hauptschule besuchte und von den Hauptschülern wie ein Popstar gefeiert wurde. Dieses tolle Erlebnis zeigt, dass die jungen Leute auch an die Politik eine gute Anbindung haben.
Ich habe leider keine Zeit mehr. Ich möchte noch kurz auf die Praxisklassen eingehen. Hier haben wir gute Perspektiven angeboten für Leute, die am Ausbildungsmarkt ohne dieses Modell keine Chance gehabt hätten.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zunächst zum Antrag zurück, der zur Abstimmung vorliegt. Wir sind uns alle darin einig, dass die politische Bildung in der Schule stattzufinden hat.
Gerade in den letzten Jahren und Monaten haben wir in Bayern schon eine Menge auf den Weg gebracht. Exemplarisch darf ich den Sozialkundeunterricht in der 11. Klasse des Gymnasiums nennen. Die Unterrichtszeit wurde auf zwei Stunden ausgeweitet mit dem Ziel, dem Grundkurs Sozialkunde eine bessere Perspektive zu geben. Ich weise darauf hin, dass die Diskussion im Bayerischen Landtag über die Stundentafeln gezeigt hat, dass die zweistündige Unterrichtsdauer der ein- und eineinhalbstündigen vorzuziehen ist. Dieser Schritt wurde bereits vollzogen. Bei der Forderung, an den Gymnasien die Sozialkunde früher anzubieten, übersieht man, dass an den Berufschulen Sozialkunde ein Pflichtfach ist. Kein Schüler kann also ohne Sozialkunde ins Berufsleben starten.
Nun komme ich auf die Forderungen unter den verschiedenen Spiegelstrichen des Antrags zu sprechen: Die Erhöhung des Anteils der politischen Bildung an den Lehrplänen wurde bereits durchgeführt, ebenso die stärkere Verankerung in den Stundentafeln. Die Überprüfung der bestehenden Lehrpläne findet zur Zeit statt. Jede Erhöhung des Anteils des Sozialkundeunterrichts, von der Kollege Odenbach gesprochen hat, setzt die Streichung in anderen Fächern voraus. Bisher wurde nur von der Fülle der Lehrpläne gesprochen, niemand hat sich generell über den Mangel an Inhalten beschwert. Wer Ausweitungen auf der einen Seite fordert, müsste auch sagen, wo er auf der anderen Seite einsparen möchte.
Frau Kollegin Münzel ist auf den Antrag der GRÜNEN zur Junior-Wahl eingegangen. Dazu hat die CSU einen eigenen Antrag nachgereicht. Wir haben uns nicht darauf beschränkt, den Vorschlag der GRÜNEN abzulehnen, sondern haben konstruktiv dargelegt, dass wir die Selbsttätigkeit der Schülerinnen und Schüler haben wollen. Allerdings haben wir das Instrumentarium JuniorWahl abgelehnt, weil es die Besonderheiten des bayerischen Landeswahlrechts nicht adäquat berücksichtigt hat. Wir wollen die Selbsttätigkeit, und wir fordern die Lehrkräfte auf, diese Anregung aufzugreifen. Meines Wissens tun sie das in vermehrtem Maße.
Nun einige Sätze zum Irak. Entscheidend ist, dass solche Demonstrationen nicht mit einem Streik verbunden sein müssen. Sie hätten gut und gerne auch außerhalb der Unterrichtszeit organisiert werden können. In einigen Fällen wurden solche Demonstrationen sogar am Samstag Nachmittag organisiert und wurden Unterschriften gesammelt, die dann sofort nach Berlin gefahren wurden, um sie den zuständigen Damen und Herren zu übergeben.
Die Attentate am 11. September 2001 in New York sind heute im Bayerischen Landtag nicht thematisiert worden. Schon damals haben die Schülerinnen und Schüler mit den Lehrkräften nicht nur im Sozialkundeunterricht dieses Thema erörtert, sondern auch im Religions-, Deutsch- und selbstverständlich im Geschichtsunterricht. Die fächerübergreifende Behandlung eines Themas haben wir in den letzten Jahren stets als wichtig hervorgehoben und betont.
Ein letzter Satz zu den Beteiligungsformen: Es wurde das Schulforum erwähnt. Es wird mit Leben erfüllt werden. Die CSU hat an dem Kongress „Basis 03“ teilgenommen, in dem es um die Rechte der Schülerinnen und Schüler ging. Staatssekretär Freller war anwesend und hat, ähnlich wie die anderen Parlamentarier der CSUFraktion, den jungen Leuten Gesprächsmöglichkeiten angeboten.
Ich habe dargelegt, warum die CSU den Antrag ablehnen wird. Die meisten seiner Inhalte sind in Arbeit oder bereits umgesetzt worden. Anträgen, die überholt sind, muss nicht zugestimmt werden. Die CSU wird diesen Antrag erneut ablehnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatssekretär Freller.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Selten zuvor haben Zahlen eine so klare Sprache gesprochen wie bei der Pisa-E-Studie. Liebe Frau Münzel, auch ich habe in der Presse ein paar Zitate gefunden. Eines davon heißt: „Der Süden spielt in der internationalen Liga.“ So hat die „Augsburger Allgemeine“ geti
telt und damit den Nagel genau auf den Kopf getroffen. Die SPD-Versuche, das bayerische Ergebnis schlecht zu reden, sind eher peinlich als hilfreich.
Hören Sie doch, was alles auf der Bundesebene gesagt wird. Akzeptieren Sie die Spitzenstellung Bayerns und ziehen Sie die Konsequenzen daraus. Das ist für die bildungspolitische Diskussion wesentlich hilfreicher als parteipolitische Reflexe unter dem Gesichtspunkt des Bundestagswahlkampfs.
Bayern liegt im Vergleich mit den Bundesländern klar vorne. Es liegt auch international über dem OECDDurchschnitt. Auch die bayerischen Gymnasien schneiden sehr gut ab. Ihre Bilanz kann sich wahrlich sehen lassen. Bayerische Gymnasien liegen bei der Lesekompetenz klar über dem Durchschnitt. Sie erreichen gegenüber Bremen einen Vorsprung von etwa 46 Punkten. Wer weiß, dass 30 Punkte etwa den Vorsprung von einem Schuljahr ausmachen, der weiß auch, dass 46 Punkte eine ganze Menge sind. Dabei ist es auch wichtig, dass der Unterschied zwischen guten und schlechten Lesern in Bayern am geringsten ist.
In der Mathematik sieht es ähnlich gut aus. Auch hier übernimmt Bayern den Spitzenplatz in Deutschland. Es kann im internationalen Vergleich gut mithalten. In den Naturwissenschaften stehen die bayerischen Gymnasien auf dem dritten Platz hinter Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
Jetzt komme ich auf die Kritik der SPD. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering nimmt diesen einen Teilaspekt heraus, um von einem differenzierten Bild zu sprechen, welches Pisa ergäbe. Das ist schon mehr als der berühmte Strohhalm, an den man sich aus bildungspolitischer Verzweiflung klammert, um vom eigenen Versagen abzulenken.
Wer sich objektiv mit diesem Themenkomplex beschäftigt, wird feststellen, dass Bayern bisher erst in der neunten Jahrgangsstufe schwerpunktmäßig mit den Naturwissenschaften begonnen hat. Andere Länder tun dies früher. Bayern hat aber bereits Konsequenzen daraus gezogen. Mit der neuen Stundentafel für das Gymnasium wird das Fach „Natur und Technik“ eingeführt, um bereits grundständig bei den Kleinen die naturwissenschaftliche Kompetenz aufzubauen. Daneben wird das Fach Informatik eingeführt, und Chemie wird in dieser neuen Stundentafel ebenfalls deutlich aufgewertet. Diese Akzente hat Bayern bereits zu einem Zeitpunkt gesetzt, als man Pisa allenfalls mit einer italienischen Baubesonderheit in Verbindung gebracht hat. Daneben setzen wir bei der neuen Stundentafel des Gymnasiums auf eine intensivere Sprachförderung. Der Beginn der zweiten Fremdsprache wird auf die sechste Jahrgangsstufe vorgezogen.
Nur soviel zur Zukunftsperspektive, Frau Münzel: Ich möchte darauf hinweisen, dass die CSU-Fraktion als Konsequenz aus der Pisa-Studie eine Arbeitsgruppe eingerichtet hat. Herr Glück und Herr Schneider haben bereits zahlreiche Perspektiven genannt, über die weiter nachgedacht wird, und diese Gedanken müssen konsequent weiterverfolgt werden, um auch das bayerische Schulsystem trotz Spitzenstellung in Deutschland weiterzuentwickeln.
Noch ein paar Worte zur Abiturientenquote. Diese scheint immer mehr das Standardargument für die angebliche Schwäche der bayerischen Bildungspolitik zu werden. Eine Steigerung der Abiturientenquote führt eben ab einem gewissen Punkt zu einer Änderung des Anforderungsniveaus. Das haben im Übrigen nur die SPD-Bildungspolitiker nicht erkannt, sehr wohl aber viele Pisa-Kommentatoren in der Presse erkannt.
Der bayerische Ansatz, über die berufliche Bildung ebenfalls den Hochschulzugang zu ermöglichen, ist richtig, wichtig und notwendig, und das darf auch nicht verschwiegen werden. Wir setzen auf eine optimale Förderung in verschiedenen Schularten und haben bei allen Änderungen und Strukturdiskussionen immer auf die Durchlässigkeit des Schulsystems von unten nach oben geachtet. Wir sollten deshalb gemeinsam das gute bayerische Schulsystem weiterentwickeln. Die Opposition möge sich daran konstruktiv beteiligen und nicht wie bisher auf jede bildungspolitische Forderung, die an den Bildungsausschuss herangetragen wird, einfach aufspringen.
Ein Erklärungsansatz der nordrhein-westfälischen Bildungsministerin lautete, dass Nordrhein-Westfalen angesichts des Strukturwandels gut abgeschnitten habe. Man höre und staune. Das hört sich allerdings eher nach „Augen zu und durch“ an. Wo bleiben denn da die Handlungsansätze? Frau Schieder hat jetzt den Leistungsgedanken entdeckt. In vielen SPD-regierten Bundesländern kann man ihn jedoch noch nicht finden. Deshalb kommentiert die „Augsburger Allgemeine“ wiederum folgerichtig:
Es wirkt geradezu lächerlich, wie SPD und Grüne die Erfolge der unionsgeführten südlichen Bundesländer im Pisa-Schulvergleich kleinzureden versuchen.
Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Bayern befindet sich im gehobenen Mittelfeld. Zusammen mit Baden-Württemberg liegt es deutlich vor dem Rest Deutschlands.
In der Fußballersprache würde man von einem UI-Cupoder UEFA-Cup-Platz sprechen. Ziel ist natürlich die Meisterschaft oder die Champions League. Die, die in der Tabelle hinten stehen – so lehrt der Fußball – kommen nur schlecht aus dem Abstiegsstrudel heraus, wäh
rend Mannschaften, die in einem geringen Abstand zur Spitze liegen, leichter nach vorne kommen können. Die bayerische Bildungspolitik hat diesen Ehrgeiz.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Pranghofer.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir in Bayern haben mit großer Betroffenheit die Zahlen der Pisa-Studie zur Kenntnis genommen. Auf die Studie gab es viele Reaktionen, und auch die Leserbriefseiten der Zeitungen waren voll davon. Die Sorgen draußen, die Sorgen hier und die Bedenken der Frau Staatsministerin Hohlmeier – Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, Sie haben sie falsch verstanden – sind bereits vorgetragen worden.
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass der Ländervergleich zur Studie noch nicht vorliegt. Deshalb eignet sich das Thema nicht für parteipolitische und ideologische Auseinandersetzungen. Bisher ergaben die veröffentlichten Reaktionen noch wenig Neues. Alte bildungspolitische Forderungen nach Orientierungsstufen und vielem mehr wurden aufgegriffen und zum Teil als Universallösung oder Heilsbringer dargestellt.
Ich möchte das, was Herr Kollege Nöth aufgegriffen hat, unterstreichen. Ich denke, dass jetzt eine Phase der Ruhe und Analyse gefordert ist, um anschließend Konsequenzen ableiten zu können.
Natürlich wurde auch die Frage nach der Ganztagsschule und Ganztagsangeboten gestellt. Staatsregierung und Mehrheitsfraktion haben ihre Hausaufgaben gemacht. Es stehen 600 Millionen DM für Betreuungsangebote als Regelform zur Verfügung. In Ausnahmefällen soll es auch Ganztagesschulen geben. Dieses Programm beginnt am 01.01.2002.
Warum haben wir uns für die Betreuungsangebote entschieden? – Es gibt genug Eltern, die auch am Nachmittag ihre Kinder zu Hause haben und dort erziehen wollen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Aspekt der Jugendarbeit verweisen, die sicherlich nicht einfacher wird, wenn die Kinder am Nachmittag noch in der Schule sein werden und nicht mehr in die Gruppenstunden der Landjugend, der Feuerwehr oder zum Training des Fußballvereins gehen können.
Meine Damen und Herren der Opposition, geben Sie diesen Modellen und Initiativen die notwendige Zeit zur Entwicklung. Geben Sie die Zeit, um Kooperationen zwischen den einzelnen Schulen, zwischen den Grundschulen und den Hauptschulen, zwischen den Hauptschulen und den Realschulen, zwischen den Förderschulen und den Berufschulen, zwischen den weiterführenden Schulen und den Institutionen der Jugendarbeit, die auch ihre Möglichkeiten zur Mitgestaltung haben, entstehen zu lassen. Lassen Sie die Möglichkeiten vor Ort wachsen. Geben Sie diese Zeit. Ziel ist es, kreative Lösungen nach den individuellen Möglichkeiten vor Ort
zu finden. Wir möchten, dass sich jede Gemeinde den Anzug schneidern kann, der ihr passt.
Ich habe festgestellt, Frau Radermacher, dass die Kommunen durchaus wissen, wo sie Anträge stellen können und welche Möglichkeiten es gibt. Alle wissen es, nur die SPD anscheinend nicht.
Wichtig scheint mir zu sein, dass das Lesen im Unterricht und durch positives Vorleben im Elternhaus gefördert wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Förderung der Gesprächskultur.
Die medienpädagogischen Schwerpunkte in der Schule sind weiter zu betonen. Auch die Erwachsenenbildung ist einzubeziehen. Wir sollten zumindest versuchen, den Fernseher als Miterzieher wieder etwas zurückzudrängen. Hier ist ein Miteinander von Schule und Elternhaus gefordert.
Besonders deprimierend in der Pisa-Studie war für mich, dass gerade in Deutschland der Zugang zu Computern zwar sehr groß ist, aber diese Computer in der Regel für Computerspiele genutzt werden. Auch daraus müssen Konsequenzen gezogen werden.
Lassen Sie mich abschließend aus einem Artikel des „Spiegel“ zitieren, der auf die japanischen Schulen eingeht, die besonders gut abgeschnitten haben. Im „Spiegel“ heißt es:
Schließlich vermissen in- und ausländische Experten an den vielfach gerühmten japanischen Musterschülern etwas Entscheidendes: die Mangelware in den Klassenzimmern, die Kreativität.
Allein dieser Satz zeigt, dass die Pisa-Studie eingehend analysiert werden muss. In der Studie haben einige Schulsysteme gut abgeschnitten, die das gesamte Hohe Haus wohl nicht als vorbildlich betrachten will. Ich denke, dass wir auch ein Stück weit den Blick nach Skandinavien richten müssen und die Dinge aufgreifen sollten, die dort besonders positiv sind und die Optimierung unseres Schulsystems weiterbringen können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den Neunzigerjahren war die schulpolitische Diskussion durch den Ausspruch
geprägt: Wir haben zu viele Lehrer. Wir waren froh, dass wir mit Zweidrittelstellen immer noch junge Leute für den Lehrberuf haben finden können. Es ist ganz wichtig, hervorzuheben, dass im Gegensatz zu anderen Bundesländern alle frei gewordenen Planstellen wiederbesetzt wurden. Mehr noch: Es wurden neue Stellen geschaffen. Die Schülerzahlen sind gewachsen. Dagegen sind andere Bundesländer ganz andere Wege gegangen. Das Beispiel Nordrhein-Westfalen ist genannt worden. Wenn man dort die Unterlassungen nicht begangen hätte, müsste Nordrhein-Westfalen jetzt nicht in einer Mammutaktion 6000 Lehrer für 2 Milliarden DM einstellen und müsste im Umfang dieses Betrages nicht eine Haushaltssperre auf alle anderen Positionen verhängt werden.
Heute stellt sich heraus – für viele überraschend –, dass sich das Bild geändert hat. Lehrer werden gesucht, das Lehramt wird zum Mangelberuf. Aber auch hier müssen wir differenzieren. Für die Grundschule haben wir nach wie vor zu viele Bewerberinnen und Bewerber. Das gleiche Bild gibt es bei verschiedenen Kombinationen am Gymnasium. Gesucht werden insbesondere Lehrer für alle naturwissenschaftlichen Fächer, und zwar im Moment an den Realschulen und natürlich auch an den Haupt- und Berufsschulen.
Wir müssen auf drei Gebieten besonders umsichtig sein. Wir müssen wieder vermehrt Leute in das Studium der Mangelfächer bringen. Wir müssen die Leute dazu bewegen, nach dem ersten auch das zweite Staatsexamen zu machen, sprich: ins Referendariat einzutreten, und danach auch in den Staatsdienst zu gehen.
Warum tun die Leute das im Moment nicht? Der erste und wichtigste Grund ist die attraktive Konkurrenz aus der Wirtschaft. Wenn Leuten, die mit dem Studium noch nicht fertig sind oder das erste Examen hinter sich gebracht haben, Monatsgehälter von 5000, 6000 DM und mehr geboten werden, dann erscheint die augenblickliche Referendarbesoldung absolut nicht attraktiv. Von daher haben wir über die Bundesbesoldungsregelung die Referendargehälter entsprechend anzuheben, um gerade den jungen Leuten in der Familiengründungsphase die nötige finanzielle Ausstattung zu geben.
Erinnern Sie sich bitte auch an die Green-Card-Diskussion, die durch den plötzlichen großen Bedarf an Informatikern ausgelöst wurde. Daran sieht man bereits, wie groß der Druck aus der Wirtschaft ist. Andererseits zeigt die Situation im Lehrerberuf auch, dass die bayerische Lehrerbildung offensichtlich so qualifiziert ist, dass ein bayerischer Lehrer ohne nähere Betrachtung sofort eine Anstellung in der freien Wirtschaft findet.
Der zweite wichtige Grund liegt in der Akzeptanz des Lehrerberufs und im Image des Lehrers. Wenn ein Bundeskanzler die Lehrer als faule Säcke bezeichnet, kann man wohl nicht erwarten, dass viele Leute das Lehramtsstudium motiviert betreiben.
Wenn der Lehrer immer mehr zum „Watschenbaum“ der Nation wird, kann man nicht erwarten, dass junge Leute
den Lehrerberuf für attraktiv halten. Hier müssen wir ansetzen, das Image des Lehrerberufs wieder zu verbessern. Wir alle müssen die große fachliche wie pädagogische Leistung der Lehrer hervorheben und klarmachen, dass es sich um einen sehr wichtigen Beruf handelt.
Kollege Knauer hat es bereits angesprochen: Das MaxPlanck-Institut für Bildungsforschung hat aufgezeigt, dass die Qualität der bayerischen Schulen sehr gut ist. Das zeigt sich auch an den sehr guten Abiturprüfungsergebnissen, mit denen sich die bayerischen Schülerinnen und Schüler im Ländervergleich nicht zu verstecken brauchen. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Da wir gerade beim Thema „Abiturquote“ sind: Wir dürfen die Schüler der Fachoberschulen – FOS – und der Berufsoberschulen – BOS – auf keinen Fall vergessen, denn gerade diese Schulen tragen mit dazu bei, dass wir einen sehr hohen Prozentsatz an Abiturienten haben und damit die zahlreichen Fachhochschulen mit sehr guten Schülerinnen und Schülern versorgen können.
Meine Damen und Herren, wir müssen also daran ansetzen, Verbesserungen in der Bezahlung insbesondere beim Referendariat zu erreichen.
Wir müssen natürliche auch Folgendes sehen. Ich nehme Bezug auf eine Pressemitteilung des Bayerischen Philologenverbandes. Dort ist man uns schon sehr dankbar, dass jetzt die 220 Stellen auf den Weg haben gebracht werden können. Die Mitteilung des Verbandes zeigt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind.
Die finanzielle Situation der Schulen in Bayern – es handelt sich um ein Volumen von 14 Milliarden DM – kann sich sehen lassen, wenn man einen Vergleich mit allen anderen Bundesländern anstellt. Schauen Sie sich das IWG – und wie die Institute alle heißen – an! Die Bilanzen sind gut.
Sie müssen also daran arbeiten, die Gehaltsstruktur zu verbessern und vor allem das Image der Lehrerinnen und Lehrer zu heben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Bessere Bildung für alle“, so heißt es. Das Adjektiv „besser“ ist arg strapaziert worden, in den letzten Wochen, heute in der Aktuellen Stunde und nicht zuletzt auch im Titel des Volksbegehrens: Die bessere Schulreform.
Ich möchte in diesem Zusammenhang einen Blick aufs Gymnasium werfen. Oberflächlich sieht es zunächst so aus, als würde es besser werden, denn der Übertritt an das Gymnasium soll nach der 4. und nach der 6. Klasse möglich werden. Das klingt zunächst gut, weil man dann
durch mehrere Übertrittsmöglichkeiten einen geringeren Druck hat. Aber, meine Damen und Herren, der Pferdefuß kommt gleich hinterher.
Was geschieht mit denen, die von der fünften bis zur sechsten Klasse schon im Gymnasium waren und jenen, die erst nach der sechsten Klasse Aufbaustufe ins Gymnasium kommen? Wie wird die siebte Jahrgangsstufe konkret aussehen? Sollen diejenigen, die zunächst mehr Stunden in Englisch und Mathematik hatten, warten, sollen die anderen noch mehr arbeiten müssen, um ihren Rückstand aufzuholen?
Mittlerweile haben wir auf diese Fragen eine Antwort bekommen. In einem Interview hat Herr Dannhäuser, der Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, gesagt, wir müssten die Lehrpläne angleichen. Das heißt letztlich nichts anderes, als dass das Niveau am Gymnasium insgesamt sinken wird. Dann werden auch die Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschule schlechter. Das wird die bayerischen Bildungslokomotiven bremsen, und somit werden die Zukunftschancen für unsere Gymnasialschülerinnen und -schüler schlechter. Das darf nicht sein.
Auf der anderen Seite ist auch der Vorschlag wegen der „Druckdiskussion“ an den Schulen abzulehnen. Was ist denn die Folge für die vierte Klasse, wenn es zwei Mal die Möglichkeit zum Übertritt gibt? Natürlich werden die Eltern, die ihre Kinder auf das Gymnasium und später auf die Hochschule schicken wollen, schauen, dass diese nach der vierten Klasse aufs Gymnasium gehen. Welche Folgen hat das für den Druck? Es wird noch mehr Druck ausgeübt werden, damit die Kinder aufs Gymnasium gehen können. Das ist die Folge des Modells des BLLV.
Was geschieht aber in der siebten Klasse? Denken Sie noch einen Schritt weiter. Die Schülerinnen und Schüler der Aufbaustufe kommen hinzu. Auf sie wartet die zweite Fremdsprache. Das bedeutet noch mehr Druck, noch mehr Belastung und noch schlechtere Chancen für die Schülerinnen und Schüler, die von der Aufbaustufe aufs Gymnasium kommen.
Es ist weiterhin grundständiges Latein und grundständiges Französisch angesprochen worden. Wie soll denn das weitergehen? Die Zahl der Schülerinnen und Schüler dafür wird abnehmen.
Wir wollen ein progressives Schulsystem mit progressiven Schularten und progressiven Lehrern. Das ist völlig klar. Schauen sie sich doch einmal die Bildungslandschaft an. In Landau zum Beispiel kam es durch Eigeninitiative am Gymnasium zu einem weltweit führenden Pilotprojekt. Schülerinnen und Schüler der elften Klasse wurden mit Laptops ausgestattet. Das ist ein HightechModell. In Markt Schwaben gibt es ein vergleichbares Projekt. Die Initiativen der Schulen sollen weiter gestärkt werden. Auch an den sechsstufigen Realschulen werden vermehrt solche Projekte initiiert. Ich habe viele Pro
jekte an Hauptschulen gesehen, die vor allem im kreativen Bereich angesiedelt sind.
Es wurde immer davon gesprochen, dass nur die Realschule verbessert wird. Wird denn völlig vergessen, dass an der Hauptschule mit der Einführung der M-Zweige die Bildungschancen massiv verbessert werden, dass die Hauptschule von der reinen Pflichtschule jetzt zur Angebotsschule wird, und die Durchlässigkeit enorm erhöht wird? Ich frage mich, ob in der Bildungsdiskussion die Realitäten noch wahrgenommen werden.
Die Hauptschule ist massiv aufgewertet worden, die Durchlässigkeit hat erheblich zugenommen. Die Situation muss sich allerdings noch konsolidieren, und es wird einige Zeit brauchen, bis das Konzept im Bewusstsein der Eltern verankert ist. Gerade die Möglichkeit, an der Hauptschule den mittleren Schulabschluss nachzuholen, zeigt, dass die Durchlässigkeit erhöht und Aussagen über den Druck in der Schule relativiert werden müssen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns nach vorne gehen, lassen Sie es uns so halten, wie es Herr Staatssekretär Freller ausgedrückt hat: Nehmen wir uns Zeit für unsere Kinder, bleiben wir zu Hause, und unterschreiben wir nicht das Schulvolksbegehren.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächste Rednerin hat Frau Staatsministerin Hohlmeier das Wort.
Ich möchte auf einige Dinge, die Sie beschrieben haben, eingehen. Frau Kollegin Münzel hat von „hemmungsloser Werbung“ gesprochen. Die Staatsregierung ist im Bayerischen Landtag kritisiert worden, die Eltern, die Lehrkräfte und die Schulen nicht ausreichend über die Planungen der zukünftigen Schulpolitik zu informieren. Wir geben diese Information, und zwar eine Information, die im Gegensatz zu Ihren Äußerungen nicht auf das Volksbegehren bezogen ist. Unsere Information bezieht sich auf alle Schularten und alle Bereiche der Bildungsoffensive. Schauen Sie sich unsere Broschüre an. Dort sind die Grundpfeiler der Bildungsoffensive von der inneren Schulentwicklung, über alle strukturellen Planungen, über die Änderung der Schulverwaltung bis hin zu Fragen der Ganztagsbetreuung aufgeführt. In unserer Broschüre ist alles enthalten. Wir geben eine umfassende Information. Dazu sind wir allein schon deshalb verpflichtet, um all den Unfug, der behauptet wird, widerlegen zu können.
Ich möchte das anhand derer, die Sie unterstützen, deutlich machen. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnen
verband schreibt zum Beispiel an alle Elternbeiratsvorsitzenden der bayerischen Schulen und führt aus, dass die Note für den Übertritt ans Gymnasium auf 2,0 verschärft worden sei. Wenn wir die Menschen nicht informieren würden, dann ist es logisch, dass diese angesichts Ihrer Argumentation und Agitation, Herr Irlinger, verängstigt und unsicher werden müssen.
Ich möchte Ihnen aufzeigen, dass die Gegner der sechsstufigen Realschule vor keiner Agitation zurückschrekken. In einem Brief des BLLV, der an Vertrauensleute an allen Grundschulen und Hauptschulen in Bayern ging, steht:
Diesem Brief liegt auch ein verschlossenes Kuvert des Bayerischen Elternverbandes BEV bei. Sie dürfen dieses Kuvert als BLLV-Vertrauensperson selbstverständlich an den Elternbeiratsvorsitzenden weiterleiten. Wer das Gegenteil behauptet oder die Weitergabe behindert, steht nicht im Einklang mit dem Gesetz. Wir befinden uns nicht in einem totalitären Staat. Deshalb müssen wir auch beachten: Jeder, der ein verschlossenes namentlich adressiertes Kuvert öffnet, macht sich strafbar. Ich danke Ihnen für Ihre Kooperation.
So ist die Vorgehensweise des BLLV, der dieses Schreiben an die Vertrauensleute an jeder Grundschule und jeder Hauptschule geschickt haben. Der Ton, in dem hier formuliert wird, ist schon bemerkenswert.
Wir müssen schon einmal beschreiben, was hier tatsächlich betrieben wird.
Derselbe Verband schreibt mit Unterstützung der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN an alle Kindergärten und verlangt von den Kindergartenleiterinnen, entsprechendes Material auszulegen und Aushänge zu machen. Es wurde ein Plakat zugeschickt, auf dem „SPD“ und „BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN“ steht.
Dies soll ausgehängt werden, und die Kindergartenleiterinnen werden dazu aufgefordert, die Eltern zur Eintragung in ihrer Gemeindeverwaltung zu ermuntern. Dort steht: „Beteiligen Sie sich an unserer Telefonaktion.“
Lassen Sie mich nun auf einen Fall in der Landeshauptstadt München zu sprechen kommen. Dort haben sich Elternverbände, die nicht am Volksbegehren teilnehmen, an die Stadt München gewandt und angefragt, ob sie eine Informationsveranstaltung aus ihrer Sicht in einem öffentlichen Gebäude der Landeshauptstadt München machen könnten. Herr Irlinger hielt einen Vortrag beim Bayerischen Seminar für Politik e.V. im Anton-FingerleBildungszentrum am Samstag, dem 22. Januar 2000, über das Volksbegehren usw., während auf der anderen Seite diesen Elternverbänden eine Veranstaltung in solchen Räumen verwehrt wurde.
Ich möchte schlicht und einfach die Fakten auf den Tisch des Hauses legen. Wir gehen objektiv mit den Dingen um. Jeder, der in der Schule auf irgendeine Weise politische Werbung betreibt bzw. zu Demonstrationen aufruft, wird unabhängig davon, ob er dies an Volksschulen, an Realschulen oder Gymnasien tut, entsprechend disziplinarrechtlich behandelt bzw. verwarnt. Für alle gilt: Politische Werbung ist verboten. Das, was so scheinheilig auf der Tagesordnung formuliert ist, nämlich dass die Urheber des Volksbegehrens ganz objektiv seien und nichts zur Agitation tun und dass wir es seien, die die Menschen verängstigten, ist vollkommener Unsinn.
Ich befinde mich jeden Abend auf einer Podiumsdiskussion, wo sich angeblich die verschüchterten Lehrer treffen. Vor mir sitzt ein ganz normaler Hauptschullehrer, ein Vertreter des BLLV, und diskutiert mit mir. Er ist so verschüchtert, dass er in aller Öffentlichkeit sogar mit mir auf das Podium steigt. Das heißt, Sie müssen endlich einmal damit aufhören, Fehlinformationen zu verbreiten.
Ich komme zum Thema „Bildungsarmut“. Für Sie ist jeder bildungsarm, der keine Studienberechtigung hat. Das ist Ihre Fehlvorstellung, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN und der SPD. Aber auch Hauptund Realschüler können in der beruflichen Bildung außerordentlich erfolgreich sein. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, von den Orientierungsstufen der Gesamtschulen haben doch nicht die bildungsfernen Schichten profitiert, sondern die Kinder von Akademikern. Es sind noch mehr Kinder von Akademikern aufs Gymnasium gegangen, während die Kinder aus bildungsfernen Schichten in der Orientierungsstufe der Gesamtschule nicht weitergekommen sind. Es gibt zig Studien, die das beweisen.
Unser Schulsystem ist so angelegt, dass jedes Kind in jedem Alter jedes Mal eine neue Chance erhält. Nach der vierten Klasse sollen die Kinder drei Schulen besuchen können und nicht zwei. In der fünften und sechsten Klasse können sie wechseln. Ab der siebten Klasse gibt es eine Förderung auch an der Hauptschule bis hin zum mittleren Schulabschluss. Für Jugendliche mit Hauptschulabschluss oder Realschulabschluss gibt es flächendeckend Fachoberschulen und Berufsoberschulen, auf denen jede Form der Hochschulreife erlangt werden kann. Darüber hinaus gibt es die Ausbildung an den Fachschulen, Fachakademien und in der beruflichen Bildung mit dem Ziel des Abschlusses als Meister oder Meisterin. Diese Ausbildung ist für mich einer akademischen Ausbildung ebenbürtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss die Realitäten sehen. Ich glaube, dass in unserem Bildungssystem jedes Kind und jeder Jugendliche hervorragende Chancen hat. Auf Ihre Aussage, wir hätten im Vergleich mit den SPD-regierten Ländern die meisten Hauptschüler, kann ich nur sagen, das ist nicht Bildungsarmut, denn wir haben die geringste Jugendarbeitslosigkeit. Es ist Bildungsreichtum, auch Hauptschüler zu haben. Ich halte es für eine Unverschämtheit, Hauptschüler unter den Begriff der Bildungsarmut zu fassen. Das ist eine Dreistigkeit gegenüber den Hauptschülern. Wenn bei
Ihnen die Bildungschancen so aussehen, dass man die Hauptschule tunlichst verlässt, ist das der falsche Weg.
Wir räumen der Qualität des Unterrichts wesentlich mehr Aufmerksamkeit ein als Sie. In den von Ihnen regierten Ländern führen Sie keine Mathematiktests durch, weil Sie keine durchführen wollen, denn Sie wollen die Erkenntnisse der Weiterentwicklung gar nicht haben. Wir führen Jahrgangsstufentests durch, die jedes Jahr weitergeführt werden. Die Ergebnisse werden sukzessive besser, weil wir die Aufgabenstellung verändern und die kritischen Dinge überprüfen, um unsere Kinder anschließend besser fortbilden zu können. Wenn Sie die Ergebnisse der bayerischen Kinder in den Mathematiktests schon als schlecht einstufen, möchte ich wissen, warum die Kinder in den Ländern, in denen Sie regieren, den bayerischen Kindern noch zwei Jahre hinterher hinken. Eigentlich hätten Sie wesentlich mehr zu tun als wir.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mit einem letzten Ammenmärchen aufräumen: Das Volksbegehren lasse Geld für kleinere Klassen, für Schulsozialarbeit und Fördergemeinschaften zu. Mein Gott, ist das nett. Es ist nur leider falsch. Nachdem Sie das Volksbegehren unterstützen, sollten Sie es wenigstens durchlesen. Sie selbst schreiben, dass die Aufbaustufe, falls sie teurer kommen sollte als das, was bisher stattfindet, aus den Mitteln für die Lernangebote, die außerhalb des Pflichtunterrichts der Hauptschule stehen, finanziert werden könnte. Was heißt das? – Wir nehmen den schwachen Hauptschülern zum Beispiel den Förderunterricht im Fach Deutsch, damit wir die Aufbaustufe für wenige finanzieren können, die dann unter Umständen auch noch übertreten.
Sie selbst haben es in Ihr Volksbegehren hineingeschrieben, dass Sie die Angebote für Hauptschüler kürzen wollen, um die Aufbaustufe finanzieren zu können. Ihr Volksbegehren ist wesentlich teurer als unser Vorschlag und wird letztlich dazu führen, dass wir weniger Angebote machen können. Das schreiben Sie im Text Ihres Volksbegehrens. Mir liegt das Original vor. Wir werden nicht nur keine kleineren Klassen haben, sondern wir werden mehr Finanzierungsprobleme und Schwierigkeiten und eine schlechtere Bildung haben. Dafür sollten wir unsere Hand nicht reichen.