Protocol of the Session on May 22, 2003

Jetzt zu Ihren Argumenten, liebe Frau Kollegin. Ihr erstes Argument ist eine glatte Unverschämtheit. Wir hätten den Verkehr im Münchner Norden verursacht. Die Bevölkerung im Münchner Norden hätte den Flughafen gebaut. Nein! Wissen Sie, wo wir den Flughafen haben wollten? In Holzkirchen! Dort haben Sie ihn nicht haben wollen. Wir haben den Flughafen bei uns nicht haben wollen. Wir haben auch die Messe nicht haben wollen. Sie ist uns dort hingesetzt worden. Glauben Sie, dass wir jetzt über das neue Stadion dort oben im Norden gejubelt haben? Für drei Großprojekte mit dem entsprechenden Verkehr auf den Autobahnen können wir nichts. Es ist eine glatte Unverschämtheit, das zu behaupten.

Die zweite Unverschämtheit bestand in Ihrer Äußerung, die Schließung des Südrings würde nichts bringen, damit würde der Verkehr im Norden nur um 10 bis 15% reduziert. Das sind für uns täglich bis zu 40000 Fahrzeuge weniger; das sind für uns Emissionen von 40000 Fahrzeugen weniger. Diese Probleme reden Sie klein. Wir werden es aber im Norden sagen, wie die GRÜNEN denken. Sie regen sich über jeden Baum auf, der im Norden umfällt. Wenn es aber darum geht, für die Bevölkerung Erleichterungen zu schaffen, und wenn es darum geht, der Bevölkerung klarzumachen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt und nicht nur wir im Norden den Verkehr aufnehmen müssen, dann stehen Sie dem Norden feindlich gegenüber. Ich verstehe, dass Sie sich im Süden ein schönes Leben machen wollen und uns in den Norden auch noch den Müll hinauffahren. Jetzt aber ist Schluss. Wir im Norden – dafür sind auch alle Bürgermeister – werden uns dafür einsetzen, dass es einen Ausgleich in der Region gibt, und daran werden die GRÜNEN nichts ändern können.

(Kaul (CSU): Ich gebe Ihnen zwar nicht immer Recht, aber hier haben Sie Recht!)

Letzte Wortmeldung: Herr Staatssekretär Regensburger.

(Willi Müller (CSU): Auch der kommt aus dem Norden!)

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich kann es in dem Fall sehr kurz machen, weil wir für die Staatsregierung bereits ausführlich schriftlich zu dieser Petition Stellung genommen haben. Wir wissen, dass der Großraum München seit Jahren eine äußerst dynamische wirtschaftliche Entwicklung hat, die auch zu einem überproportionalen Wachstum des Verkehrs führt. Viele Straßen im Ballungsraum sind heute bis an die Grenzen bereits belastet bzw. überlastet. Beispielhaft darf ich nur auf die Autobahn A 9 zwischen dem Autobahnkreuz MünchenNord und dem Autobahnkreuz Neufahrn und auf den Ostring verweisen. Diese Abschnitte gehören schon heute zu den am stärksten belasteten Autobahnen in ganz Europa.

Die erst vor kurzem beschlossene Erweiterung der Europäischen Union wird insbesondere beim Straßenverkehr zu weiteren deutlichen Zuwächsen führen.

Wer vor diesen Entwicklungen die Augen verschließt und nicht nach allen Möglichkeiten sucht, wie künftig der Verkehr wenigstens einigermaßen bewältigt werden kann, handelt grob fahrlässig und unverantwortlich gegenüber den zukünftigen Generationen. Wir sind deshalb alle aufgefordert, nach Lösungen zu suchen, die zu einer nachhaltigen Bewältigung dieser Verkehrsprobleme beitragen können. Hier darf keine Möglichkeit außer Betracht bleiben; ein Denkverbot in eine bestimmte Richtung darf es nicht geben. Es ist wirklich verantwortungslos, wenn man, wie die GRÜNEN es tun, den Kopf in den Sand steckt. Der Verkehr wird trotzdem zunehmen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN.

Wir kennen natürlich die Gründe für die ablehnende Haltung der betroffenen Gemeinden und Bürger. Es ist immer das Gleiche: Jeder will selbst möglichst ungehindert fahren, aber gleichzeitig keinen Verkehr vor der Haustür haben. Aber so lassen sich die Verkehrsprobleme eben nicht bewältigen. Aufgrund dieser vielfältigen Probleme und Zwangspunkte hat ein Projekt wie der Südring, wenn er verwirklicht werden sollte, einen sehr langen Planungsvorlauf. Nahezu alle Fragen im Zusammenhang mit der Schließung des Autobahnrings sind derzeit noch weitgehend ungeklärt, bis hin zu der Frage der grundsätzlichen Machbarkeit. Ich stimme Ihnen zu: Wir haben keine Entscheidung pro oder kontra Südring, sondern wir müssen zunächst eine Machbarkeitsstudie durchführen, um dann belastbare Daten und Fakten für eine zukunftsträchtige Entscheidung zu haben. Ich bin persönlich durchaus der Auffassung – das gebe ich zu –, dass eine Großstadt wie München einen geschlossenen Autobahnring braucht. Ich maße mir aber nicht an – auch die ganze Staatsregierung nicht –, ohne fundierte Grundlagen zu entscheiden, ob der Südring gebaut werden kann oder was nicht. Wir sind leider nicht so schlau wie Sie, Herr Kollege Wörner, dass wir schon vor Vorliegen der Machbarkeitsstudie wissen, was machbar ist und nicht. Wir werden bei der Machbarkeitsstudie auch darauf schauen, Herr Kollege Gantzer, dass der Südring und die Tunnels Porschetauglich sind. Darauf können Sie sich verlassen.

Ich bitte Sie deshalb, die Eingabe aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären.

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 84 Nr. 4 der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat beantragt, die Abstimmung in namentlicher Form durchzuführen. Wer dem Votum des Ausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen zustimmen will, den bitte ich, die blaue Ja-Karte zu benützen, für Gegenstimmen ist die rote Nein-Karte zu verwenden, Stimmenthaltungen sind mit der weißen Stimmkarte anzuzeigen. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne befindet sich aufseiten der CSU-Fraktion, die Nein-Urne auf der Oppositionsseite und die Urne für Stimmenthaltungen auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Es stehen hierfür fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.43 bis 17.48 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Wir fahren jetzt in der Tagesordnung fort. Darf ich die Kollegen bitten, sich wieder auf ihre Plätze zu begeben. Der Tagesordnungspunkt 15 – so wurde mir mitgeteilt – wird im Einvernehmen mit der Fraktion abgesetzt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 16

Antrag der Abgeordneten Wörner, Naaß und anderer (SPD)

Abbau von Überstunden im öffentlichen Dienst (Drucksache 14/11071)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Wörner.

Wir haben noch fünf Tagesordnungspunkte, wenn wir uns konzentrieren, dann werden wir fertig. Ich wollte noch fragen, ob jemand eine Uhr vermisst. Sie lag draußen auf dem Telefontisch. Jeder prüfe ernsthaft, ob ihm etwas fehlt.

(Hofmann (CSU);: Ich vermisse sie nicht, aber gebrauchen könnte ich sie schon! – Allgemeine Heiterkeit)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine so wertvolle Uhr hat in diesem Haus niemand. So viel Geld haben allenfalls Minister.

Wir haben den Antrag deshalb in die Tagesordnung hochgezogen, weil wir die gegenwärtige Situation für einen Skandal halten, und zwar in zweierlei Hinsicht. Es geht zum einen um die Menge der Überstunden bei Beschäftigten des Freistaats Bayern und zum anderen um einen massiven Anstieg von Überstunden, vor allem im Herzzentrum. Es handelt sich dabei um ein Arbeitsgebiet, bei dem wir froh sind, wenn wir nicht hin müssen. Wenn wir deren Dienste aber in Anspruch nehmen müssen, sind wir froh, dort ein ausgeruhtes Ärzte- und Pflegepersonal vorzufinden, weil alles andere lebensgefährlich ist.

Neue Untersuchungen untermauern, dass ein Mensch, der länger als 18 Stunden auf den Beinen ist, sich so verhält wie jemand, der ein Promille Alkohol im Blut hat. Dann kann man sich vorstellen, was passiert, wenn Ärzte oder Pfleger mit einer Dienstzeit von 24 Stunden einen Patienten behandeln. Ich möchte das weder persönlich erleben, noch sollen es andere erleben. Wir sollten dafür sorgen, dass in solch kritischen Bereichen ausreichend Personal vorhanden ist, um diesen Missstand zu beheben. Wir können es nicht zulassen, dass dort, wo es am kritischsten ist, nämlich in der Intensivmedizin, die meisten Überstunden geleistet werden und das meiste Personal völlig überarbeitet ist.

Bayern bezeichnet sich immer als Hightechstaat. Es ist ein Anachronismus, dass es dort nicht möglich ist, die Zahl der Überstunden von der Staatsregierung zu erfahren, sondern diese immer nur als Summe der ausbezahlten Gelder ausgewiesen wird.

Herr Finanzminister, es würde mich schon interessieren, wie Sie das in Ihrem Ministerium machen, Gelder auszahlen in Millionenhöhe, von denen Sie angeblich – so ist zumindest die Auskunft – gar nicht wissen, wie viele Überstunden die Grundlage dafür sind.

Es wäre interessant – das fordern wir auch in unserem Antrag –, wenn die Überstunden in Stunden dargestellt würden und nicht summarisch in Euro, die ausbezahlt werden. Damit kann kein Mensch etwas anfangen; damit kann man Statistiken füllen, aber man kann nicht deutlich nachvollziehen, wie das Problem entsteht.

Im Moment herrscht ein großer Verschiebe- und Versteckbahnhof bei den Überstunden. Die Zeitkonten müssen genauso offen gelegt, um deutlich zu machen, wo die Überstunden anfallen und um dann nach wirksamen Instrumenten zu suchen, um diese Überstunden abzubauen.

Im Übrigen kann ich nur empfehlen, die Überstunden dadurch abzubauen, dass man mehr Personal einstellt. Damit entlastet man nämlich auch den Arbeitsmarkt; das ist in Bayern genauso dringend erforderlich wie in anderen Bundesländern auch.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Jetz.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der SPD zielt darauf ab, dass die Staatsregierung in ihrem jährlichen Bericht die Überstunden im Bereich der staatlichen Behörden, begonnen von den Schulen bis hin zu den Kliniken, noch näher aufschlüsselt und noch genauer darlegt, um, so fordert es die SPD, die richtigen Schlüsse daraus ziehen zu können.

Wir wissen alle, dass im öffentlichen Dienst Überstunden gemacht werden. Aber angesichts der Forderungen eines schlanken Staates und der Senkung der Staatsquote wird man doch nicht neue Statistiken und Erfassungsmethoden einführen, um noch mehr Arbeitskräfte in der Verwaltung unterzubringen und zu bündeln. Darum geht es.

(Widerspruch der Frau Abgeordneten Naaß (SPD))

Die richtigen Schlüsse zu ziehen, heißt, den Tatsachen in die Augen zu schauen. Herr Kollege Wörner, Sie sagen, an unseren Universitätskliniken werden viele Überstunden geleistet; das stimmt natürlich. Dazu muss man aber auch sagen, dass die Auszahlungen aus der Staatskasse für die meisten der Überstunden, mehr als die Hälfte, für den Ruf- und Bereitschaftsdienst erfolgen. Zum anderen hätten wir es in der Hand, dass bei Verhandlungen über den Pflegesatz auch die notwendigen Stellen genehmigt würden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner?

Bitte schön.

Herr Kollege Jetz, gestehen Sie mir zu, dass das, was Sie als Aufbauschung der Verwaltung bezeichnen, gar keine sein kann? Sie müssen die Überstunden summarisch erfassen, sonst könnten Sie dem einzelnen Beschäftigten seine Überstunden gar nicht auszahlen. Nur das wollen wir wissen. Warum lassen Sie uns nicht an die Zahlen heran? Das wäre das Interessante.

Herr Kollege Wörner, ich glaube, Sie verkennen da etwas. Sie waren selbst im öffentlichen Dienst beschäftigt. Sie wissen ganz genau, dass wir in weiten Bereichen noch keine technische Erfassung haben, sondern in vielen Bereichen noch der Beamte selbst den Beginn und das Ende seiner Arbeitszeit einträgt. In vielen ganz kleinen Behörden, im Bereich der Zweigstellen der Gerichte, wäre es gar nicht sinnvoll, eine technische Anlage für beispielsweise sieben Personen aufzustellen.

Herr Kollege Wörner, Sie sagen, an den Kliniken werden viele Überstunden geleistet. Das trifft doch genauso unsere Städtischen Kliniken in München. Die Ärzte und das Pflegepersonal sind auch dort überbelastet. Dafür wüsste ich schon eine Lösung. Wir brauchen Pflegesatzverhandlungen, bei denen zusätzliche Ärzte und zusätzliches Pflegepersonal in den Pflegesatz einfließen könnten. Das wäre die richtige Lösung.

Dieser Antrag zielt in die falsche Richtung; daher haben wir ihn im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes abgelehnt.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei 1 Stimmenthaltung ist der Antrag abgelehnt.

Ich gebe bekannt, dass im Einvernehmen der Fraktionen der Tagesordnungspunkt 17 ebenfalls abgesetzt worden ist.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 18

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Werner-Muggendorfer, Biedefeld und anderer und Fraktion (SPD)

Transparenz und Planungssicherheit beim Hochwasserschutz in Bayern (Drucksache 14/11826)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Werner-Muggendorfer.