Das gilt vor allem im Vorfeld einer Landtagswahl. Auf die Mitarbeiter des Freistaates Bayern werden viele Fragen und Belastungen zukommen. Dies sollte den Mitarbeitern vor der Wahl im Haushalt offenbart werden. Sie sollten nicht erst nach der Wahl mit dem großen Hammer kommen und den Mitarbeitern sagen, was ihnen alles zugemutet werden soll. Vorgestern war zu lesen, dass ein Großteil der Bahnstrecken in Bayern stillgelegt werden soll. Alle diese Punkte sollten im Juni und im Juli im Haushalt zum Ausdruck gebracht werden.
Fünftens. Im Stellenplan des Freistaates Bayern sollten nur dort Stellen ausgewiesen werden, wo sie den Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich zugute kommen. Ich nenne zum Beispiel die Schulen und die Polizei. Wir brauchen keine Stellen in der überbordenden Ministerialbürokratie oder in überflüssigen Ministerien. Sie hätten jetzt die Chance, dieser Forderung nachzukommen. Eine Entbürokratisierungskommission nützt uns nichts, wenn wir jede Chance verstreichen lassen, Einsparungen in der Staatsverwaltung des Freistaates Bayern durchzusetzen und das in einem Nachtragshaushalt zum Ausdruck zu bringen. Deswegen unterstützen wir diesen Antrag und haben unsererseits ebenfalls einen solchen Antrag eingebracht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines ist richtig: Die Situation, vor der dieses Land, der Bund,
alle Länder und fast alle Kommunen stehen, beruht auf dem Problem, dass wir in allen unseren Ausgabesystemen auf eine Automatik nach oben eingestellt sind. Das gilt für die Ergebnisse von Tarifverträgen, für die Automatik der Sozialsysteme, für die Automatik von gesetzlichen Bestimmungen im sozialen Bereich und nicht zuletzt für das Anspruchsniveau von Gruppen und Bürgern. Auf eine Situation, bei der das Wachstum gegen Null geht und Minuszahlen bei den Steuereinnahmen zu verbuchen sind, ist dieses Land nicht eingestellt.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle an die Debatte erinnern, die vor 20 Jahren geführt wurde und von Herrn Prof. Dr. Biedenkopf angestoßen wurde. Er sagte damals, dass wir uns auf ein Nullwachstum einstellen müssten.
Er wurde damals als ein Verfechter des Nullwachstums missinterpretiert. Damals waren ja noch sehr viele Apologeten des Nullwachstums unterwegs. Er meinte damals nur: Passt auf, dass die Systeme der Ausgaben nicht die Einnahmemöglichkeiten und die Einnahmesituation überfordern. Genau da stehen wir. Da müssen wir mit den Reformen ansetzen. Ich stelle fest: Diejenigen, die mehrheitlich die Verantwortung in Berlin haben, nutzen diese Gelegenheit nicht. Sie geben keine überzeugende Antwort auf die Umkehr der Automatik der Ausgabensysteme. Darunter leidet der Bund, darunter leiden aber auch die Länder. Die Situation muss jedes Land für sich selbst in schwieriger Operation bewältigen.
Ich wäre dankbar, wenn die Opposition an der konstruktiven Änderung dieser Ausgabensysteme auch hier in diesem Hohen Haus stärker mitwirken würde und mehr auf Ihre Kollegen in Berlin einwirkte.
Der Herr Kollege Maget hat am Schluss gesagt, wir bräuchten mehr Stellen am richtigen Ort. Kollege Maget, wenn Sie mir Ihre Aufmerksamkeit schenkten: Ich darf daran erinnern, dass wir generell Personal einsparen nach § 6 b oder nach dem 20-Punkte-Programm, und das beklagen Sie immer. Das, was wir da einsparen, verwenden wir genau in dem Sinne, wie Sie es hier gefordert haben, nämlich für die Schwerpunktbildung.
Wir haben für 1998 bis 2002 zusätzlich 2500 Lehrer versprochen. Tatsächlich haben wir in dieser Legislaturperiode rund 5400 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen, um neue Strukturen einzurichten, wie beispielsweise die sechsstufige Realschule, und um den Schülerberg zu bewältigen und qualitative Verbesserungen in der Schule sicherzustellen. Genau das, was Sie gefordert haben, kann diese Staatsregierung am Ende der Legislaturperiode als Leistungsnachweis vorlegen.
Jetzt sagen Sie, Frau Kellner und Herr Maget, übereinstimmend: Nachtragshaushalt! Ich sage Ihnen, was Ihr politisches Ziel ist. Sie wollen uns gewissermaßen in die Nachbarschaft der Bundesregierung und von SPD-regierten Ländern stellen, die nichts mehr andres tun können, als durch die „Notoperation“ eines Nachtragshaushalts ihre verheerende und desaströse finanzielle Situation zu bewältigen. Sie wollen uns das Odium der Unfähigkeit und des Versagens anhängen, obwohl wir hervorragende Zahlen haben. Wir brauchen in diesem Land
diesen Nachtragshaushalt nicht. Vor allem wollen wir ihn deshalb nicht, weil er notwendigerweise und praktischerweise erwiesen nur ein Nachtragshaushalt zur Erhöhung der Nettoneuverschuldung wäre.
Frau Kollegin Kellner, es gibt in allen Nachtragshaushalten des letzten Jahres, also im Jahre 2002, das auch ein desaströses Haushaltsjahr bundesweit war, keinen einzigen Nachtragshaushalt, der nicht die Erhöhung der Nettoneuverschuldung zum Inhalt gehabt hätte.
Und genau dies wollen wir in diesem Lande nicht. Wir wollen eben nicht mehr Schulden, sondern wir wollen weniger Schulden. Das ist das Kontrastprogramm zwischen uns und Ihnen.
(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, das wollen wir nicht, das verbitte ich mir! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der SPD)
Nun sagen Sie, wir sollten doch schwerpunktmäßig irgendwelche Einsparungen vornehmen. Da antworte ich: Wenn wir das machen würden, jetzt in dieser Situation, mitten in Mai,
dann würden wir einen entsprechenden Prozess hier im Landtag mit den Ausschüssen in Gang setzen, zugegebenermaßen unter Beteiligung dieses Landtages, und das Ergebnis wäre Ende des Jahres auf dem Tisch und wirksam.
Sie könnten im Jahre 2003 nichts mehr einsparen und genau dies ist notwendig aufgrund der desaströsen Situation der Wirtschaft, des geringen Wachstums und
Das heißt, ein Nachtragshaushalt mit einzelnen Sparpunkten ist nicht mehr effizient; er ist desolat und kommt deshalb nicht in Frage.
Wenn Sie nun so eifrig sind und sagen: Man muss endlich einmal konkrete Dinge struktureller Art vorschlagen, dann kann ich nur entgegenhalten: Es bleibt Ihnen doch unbenommen, eine große Liste von Einsparungsvorschlägen im Haushaltsausschuss dieses Hohen Hause vorzulegen.
Bringen Sie doch Alternativen und jammern Sie uns nicht nur an. Sagen Sie, wo Sie etwas tun wollen. Ich glaube, dass diese 5-%-Sperre sehr wohl ein sehr geeignetes Instrument ist.
Ich verwahre mich jetzt meinerseits dagegen, Frau Kollegin, dass Sie sagen, wir handelten gesetzeswidrig. Schauen Sie sich den Artikel 41 der Haushaltsordnung an; dort finden Sie die entsprechenden Sperren. Davon mache ich Gebrauch. Denn es ist notwendig, nach dieser Steuerschätzung schnell und entschlossen zu handeln. Dieses Land braucht kein Gerede, dieses Land braucht Handlung und wir handeln auch in diesem Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich sage allerdings auch – damit das konstruktive Gespräch möglicherweise in der nächsten Legislaturperiode eingeleitet wird – Folgendes: Natürlich braucht Bayern genauso wie der Bund und die Kommunen den Mut für strukturelle Reformen. Insbesondere dann, wenn dieses Wachstum weiterhin gegen Null geht, sind alle gezwungen, wirklich neu zu denken und neue Strukturen zu schaffen.
Meine Damen und Herren, wir – das betone ich noch einmal – bleiben auf dem Weg der Reduzierung der Nettoneuverschuldung bis zum Jahre 2006. Wir sind damit tatsächlich einsame Spitze gegenüber allen anderen Bundesländern. Der Freistaat Bayern hat in diesem Jahr 2003 eine Nettokreditermächtigung von 350 Millionen e. Das „große“ Saarland hat für das Jahr 2003 eine Nettokreditermächtigung von 364 Millionen e. Das ist der Vergleich. Ich vergleiche darüber hinaus noch einmal die beiden Länder, die üblicherweise in einem Atemzug genannt werden, nämlich Nordrhein-Westfalen und Bayern. Nordrhein-Westfalen hat für das Jahr 2003 eine Nettoneuverschuldung von 5,2 Milliarden e angekündigt. Wir sind und bleiben bei 350 Millionen e. Das Ergebnis
ist die Stabilität, um die uns andere Länder beneiden, dass wir nämlich nur 3% Zinsen für die Schulden zahlen und nicht 10% oder 15,3%, wie es der Bund tut. Wir haben auch nur knapp über 50% unseres Haushalts als Schuldenbestand und stehen auch hier im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern. So etwas muss errungen werden. Und so etwas wird vor allen in schwieriger Zeit damit errungen, dass man eben nicht den einfacheren Weg der Erhöhung der Nettoneuverschuldung geht, um irgendwelcher Kritik von Verbänden, Gruppierungen oder einzelnen Menschen zu entgehen.
Es ist schwieriger, Einsparungen vorzunehmen. Diesen Weg geht diese Bayerische Staatsregierung und diese Mehrheitsfraktion. Das schafft etwas, was heute in besonderer Weise in diesem Lande defizitär ist, nämlich Vertrauen. Was macht denn gegenwärtig alles so schwierig? – Die Menschen trauen den politisch Handelnden nicht mehr. „Der Spiegel“ legt das entsprechend dar mit der Formulierung „Lügenland“.
Die Menschen trauen insbesondere den politisch Handelnden in Berlin nicht, und sie haben Grund dafür. Deshalb muss es unser Beitrag in dieser politischen Landschaft sein, wieder das Vertrauen der Bürger in die politisch handelnden Institutionen, in die Regierung und in die Mehrheitsfraktion auch dieses Landtages zu schaffen. Dieses Vertrauen stärken Sie nicht, indem wir von unserem stabilen Kurs des Abbaus der Nettoneuverschuldung abgehen und auch nicht dadurch, dass wir in die Verschuldung gehen, sondern wir können es nur erreichen, wenn wir weiterhin sorgsam und sparsam wirtschaften, die Verschuldung abbauen und keinen Nachtragsverschuldungshaushalt aufstellen.
(Beifall bei der CSU – Lebhafter Beifall des Abge- ordneten Herrmann (CSU) – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie noch etwas werden, Herr Herrmann? – Heiterkeit)
Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/12489 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen.
Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Dinglreiter, Traublinger und anderer und Fraktion (CSU)