In der Diskussion in den Ausschüssen wurde immer der Vergleich mit der Gebäudebrandversicherung angeführt. Hierzu gibt es aber einen elementaren Unterschied. Ein Brand kann jeden Hausbesitzer treffen, Schäden durch Hochwasser, Überschwemmungen, Muren oder Lawinenabgänge aber nicht. Eher wäre das noch bei Sturmschäden der Fall. Die Versicherung letzterer dürfte in der Prämienhöhe aber keinen großen Anteil haben. Wir halten die Einführung einer Zwangsversicherung nicht für zielführend.
Ich halte es jetzt wie hin und wieder mit dem Staatsminister Otto Wiesheu. Ich darf ihn zitieren aus dem Plenarprotokoll über die Sitzung vom 13. Dezember 1995:
Gegen Unwetterschäden, genauer gesagt gegen Schäden wegen Sturm, Hagel, Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck und Lawinen, bietet die private Versicherungswirtschaft sei 1991 grundsätzlich Versicherungsschutz an.... Die Staatsregierung sieht keinen Vorzug
darin, Personen, die einen ausreichenden Versicherungsschutz durch freiwillige Verträge erhalten können, über eine Pflichtversicherung zum Abschluss dieser Verträge zu zwingen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Herr- mann (CSU): Dass sich aber das Versicherungsgebaren geändert hat, haben Sie nicht mitbekommen!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zu Beginn eine Bemerkung. Herr Dr. Runge, ich hätte es mir gewünscht, dass Ihre letzte Rede viele Bürgerinnen und Bürger aus meinem Heimatlandkreis Cham hören. Ich werde auch dafür sorgen, dass sie es mitbekommen. Sie haben im letzten August zu Hunderten große Schäden an ihren Häusern gehabt, und das vor allen Dingen in Gebieten, die noch nie zuvor vom Hochwasser betroffen waren. Diese Leute waren nicht nur vom Hochwasser, sondern auch von Starkregenereignissen betroffen. So, wie Sie mit deren Interessen heute umgehen, schreit es zum Himmel. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen.
Ich möchte eine zweite Anmerkung machen. Wir werden uns mit diesem Thema sicher bald wieder beschäftigen müssen. Wir sind im August letzten Jahres in Bayern nur knapp einer größeren Katastrophe entgangen. Das Wasserwirtschaftsamt Deggendorf hat bei einer Veranstaltung bei uns im Landkreis Cham zwei Zahlen genannt, die mich schon sehr betroffen und nachdenklich gestimmt haben. Die erste Zahl lautete, dass beim höchsten Stand des Hochwassers in Regensburg 2700 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch die Steinerne Brücke geflossen sind. Zum gleichen Zeitpunkt sind beim höchsten Stand an der Moldau in Prag 5500 Kubikmeter pro Sekunde durchgeflossen. Das ist mehr als das Doppelte. Hätten wir diese Mengen gehabt, wären in Deggendorf und in anderen Gebieten Hunderte von Quadratkilometern vom Hochwasser betroffen gewesen. Wir hätten dann von einer noch größeren Katastrophe in Bayern gesprochen.
Eine dritte Bemerkung. Die Berichterstattung über unsere Anträge hat dazu geführt, dass viele Bürgerinnen und Bürger zum Teil direkt, aber auch über Kolleginnen und Kollegen, mit mir Kontakt aufgenommen haben. Manch einer hat gemeint, ob eine solche Versicherung sein müsse, er wohne am Berg und wäre daher nie von einem Hochwasser betroffen. Deswegen haben wir nach vielen Diskussionen beschlossen, wir wollen keine Hochwasserversicherung, weil es vielleicht verfassungsrechtliche Probleme geben könnte. Herr Dr. Runge, das interessiert Sie offensichtlich gar nicht. Sie brauchen hier gar nicht zuzuhören. Es ist verfassungsrechtlich nicht einfach, eine solche Versicherung zu schaffen. Deswe
gen wollen wir sie auf eine breitere Basis stellen und eine Elementarschadensversicherung einführen, in die Brand, Sturm, Hagel und andere Schadensfälle einbezogen werden. Dann können wir eine solche Versicherung vielleicht auch vertreten, denn es geht bei der Bewältigung der Sorgensache nicht nur um ein dramatisches Hochwasser, sondern zunehmend auch um Starkregenereignisse.
In dieser Woche haben mich noch einmal Bürgerinnen und Bürger angesprochen. Eine Frau hat mir erzählt, sie wohne in der so genannten Zone drei und hätte im vergangenen Jahr versucht, eine private Versicherung abzuschließen. Sie hätte rund 3000 bis 4000 e bezahlen müssen. Nach dem Hochwasser habe sie mit der Versicherung wieder Kontakt aufgenommen. Dabei sei herausgekommen, dass die Versicherung nicht mehr bereit war, das Gebäude, in dem sie seit vielen Jahrzehnten wohnt, in die Versicherung mit aufzunehmen, obwohl sie bisher eigentlich nie von einem Hochwasser betroffen war.
Ich bedauere jetzt, dass Frau Kollegin Werner-Muggendorfer nicht hier ist. Wir haben häufiger miteinander über dieses Thema gesprochen. Entgegen den vielen Diskussionen im Jahr 1999 hat die CSU das Thema Elementarschadensversicherung noch einmal aufgegriffen. Die Staatsregierung hat bereits am 19. Dezember bei der Ministerpräsidentenkonferenz den abermaligen Gedanken einer Elementarpflichtversicherung eingebracht. Verfassungsrechtlich können wir eine solche Versicherung nur auf Bundesebene regeln. Unter Führung des Justizministeriums in Berlin arbeitet zwischenzeitlich eine Kommission, die die Regelungen dafür vorbereitet. Aber auch diese Kommission hat festgestellt, dass es rechtlich ausgesprochen schwierig ist, eine solche Versicherung einzuführen. Es handelt sich dabei um keine taktischen Spielchen, sondern um verfassungsrechtliche Probleme. Diese Kommission auf Bundesebene versucht jetzt einen Kompromiss, eine tragfähige Lösung zu finden, um dann die verfassungsrechtlichen Fragen weiter zu klären.
Ich bin der Überzeugung, dass eine Elementarschadenversicherung, die Starkregenereignisse, Hagel, Blitzschlag und andere Schäden umfasst, eine Basis bilden könnte, bei der der Kreis der Versicherten so groß gemacht werden kann, dass auch die Beiträge niedrig gehalten werden können. Ich glaube, wir sind damit auf einem guten Weg. Ich bitte Sie deshalb ganz herzlich darum, diesen beiden Anträgen zuzustimmen. Ich halte das deshalb für wichtig, weil im August letzten Jahres viele Menschen vom Hochwasser betroffen waren, die davor nie betroffen waren. Diese Menschen haben es sehr wohl verdient, dass wir uns heute noch einmal über dieses Thema unterhalten und alle rechtlichen Möglich
keiten ausschöpfen. Deswegen bin ich auch dankbar dafür, dass entgegen den Absichten aus dem Jahr 1999 hier noch einmal Initiativen ergriffen worden sind. Wir brauchen den Bund und die Zusammenarbeit aller Länder. Ich hoffe, dass es im Sinne der Betroffenen möglichst schnell geht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Sackmann, ich fand es unredlich, wie Sie jetzt argumentiert haben. Wenn wir hier über Hochwasserschäden reden, müssen wir zuallererst danach sehen, wo die Ursachen für die Hochwässer liegen. Sie sprachen nur über die Symptombekämpfung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Über das Hochwasser haben wir zuerst diskutiert, jetzt diskutieren wir über die Versicherung!)
Herr Hofmann, Sie sind lange genug im Landtag, damit Sie sich daran erinnern können, dass Frau Paulig im Umweltausschuss Jahr für Jahr gefordert hat, dass vermehrt Hochwasserschutz betrieben werden solle, und zwar nicht nur technischer Hochwasserschutz, sondern auch Bekämpfung der Ursachen.
Ich habe mir natürlich in Passau auch angeschaut, was man gegen das Hochwasser tun kann. In Städten, die am Fluss gebaut sind, können Sie die Leute nicht so einfach absiedeln. Sie müssen hier auch etwas an den zufließenden Gewässern machen. Hier wurden über viele Jahrzehnte hinweg Bausünden begangen.
(Hermann (CSU): Sie können auch nicht nur Gesundheitsprävention betreiben und die Krankenkassen abschaffen!)
Wissen Sie, was jetzt passieren wird? Wenn wir eine Versicherung haben, in die alle einzahlen, wird der Druck wieder zunehmen, dass Baugebiete in Vorranggebieten ausgewiesen werden. Das erleben wir doch Tag für Tag.
Kaum war in Neustadt an der Donau das Hochwasser abgetrocknet und die Schäden beseitigt, wurde wieder gefordert, ein Baugebiet auszuweisen. So geht es nicht. Ich will eines nach dem anderen durchführen. Zuerst müssen alle Maßnahmen zur Ursachenbekämpfung ergriffen werden. Dazu gehören flussbauliche Maßnah
Frau Kollegin Kellner, ist Ihnen bekannt, dass das Staatsministerium im Moment zur Erstellung von Gewässerplänen zur Rückhaltung des Wassers in den Zonen der Gewässer III. Ordnung 75% Förderung gewährt und genau das anregt, was Sie gerade ansprechen?
Herr Kollege Sibler, das ist mir sehr gut bekannt. Die technischen Maßnahmen helfen aber nicht. Sie müssen der Flächenversiegelung vorbeugen, Sie müssen Retentionsflächen schaffen. Ich bin länger in der Kommunalpolitik tätig gewesen als Sie. Ich habe erlebt, wie es läuft. Wenn in einer Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes eine Fläche als Vorrangfläche ausgewiesen wird, setzt der Druck ein. Tag für Tag erlebe ich das. Erst heute früh habe ich wieder eine Anfrage gestellt, wie versucht wird, über wasserrechtliche Belange hinwegzufegen mit der Begründung, dass Arbeitsplätze angesiedelt werden müssten etc., etc.
Wir haben die Aufgabe des Hochwasserschutzes wahrzunehmen und dabei zuallererst die Ursachen zu bekämpfen. Das wird ungenügend gemacht. Es gibt Beispiele landauf, landab. Sie können gerne nach Neustadt an der Donau fahren. Ich kann mich noch entsinnen, als Herr Goppel noch Umweltminister war, haben Sie in Bezug auf Passau gesagt: „Heute wird wegen dem Hochwasser gejammert und morgen kommen dieselben Leute und wollen im Vorranggebiet einen Bebauungsplan ausgewiesen haben.“ Sie erinnern sich. Das freut mich. Dann sagen Sie es doch einmal Ihrem Kollegen Siebler, denn von Deggendorf ist es ja nicht so weit nach Passau, dann kann er es sich anschauen.
Weil wir genau das nicht wollen, möchten wir, dass jetzt Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen durchgeführt werden. Dazu gehört natürlich sehr viel mehr als der Klimaschutz allgemein.
Jetzt komme ich zur Personengruppe 2: Es ist in der Tat schlimm, wenn man Hochwasserschäden hat. Herr Kollege Runge hat Herrn Staatsminister Wiesheu zitiert, der gesagt hat, man habe sich schon 95 bemüht, Schadensbegrenzung zu betreiben. Bestimmte Leute können sich freiwillig versichern und die dritte Gruppe – das wird ein kleinerer Personenkreis sein – haben wir bisher staatlicherseits entschädigt. Ich halte das für eine bessere Lösung als die, den vielen Versicherungen, die wir in unserer Republik ohnehin schon haben, eine Zwangsversicherung hinzuzufügen. Wir befürchten, Herr Sackmann, dass ab dem Moment, wo wir eine Zwangsversicherung haben, mit der die Schäden beseitigt werden, der Druck, Hochwasserschutzmaßnahmen durchzufüh
Ich habe im Ausschuss – die Redlichkeit gebietet es das zu begründen – gesagt, dass wir selbstverständlich bereit sind, sich für diese kleine Personengruppe, für die es in der Tat keinen Versicherungsschutz gibt, und hinsichtlich derer eine Abgrenzung durchgeführt werden muss, etwas zu überlegen. Ich halte es aber für falsch, im Landtag jahraus jahrein darüber zu diskutieren, dass die Belastung der Bürgerinnen und Bürger mit Abgaben, Steuern und Versicherungsbeiträgen zu hoch ist, und nun eine neue Versicherung hinzuzufügen, nur weil Ihnen manchmal der Mut fehlt, entsprechende Hochwasserschutzmaßnahmen, die mit Ordnungsrecht zu tun haben, durchzuführen. So kann es nicht gehen und ich verwahre mich dagegen, dass Sie uns in eine Ecke stellen, so wie weiland, als man behauptet hat, wenn es ein Unfallopfer gab, die Grünen seien schuld, weil sie die entsprechende Staatsstraße nicht ausgebaut hätten. So sind die Grünen jetzt offensichtlich in Zukunft am Hagelschaden schuld, weil sie nicht für die Einführung einer Zwangsversicherung waren. Ich bitte darum, hier nicht so zu argumentieren. Jeder kann seine Meinung haben, die man nebeneinander stehen lassen kann und die ich auch akzeptieren kann, aber es ist nicht redlich, Herr Kollege Sackmann, so zu argumentieren. Sie haben es allerdings nicht gemacht. Sie haben redlich argumentiert und andere haben diesen Ton hineingebracht. Das lassen wir nicht zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es extra sehr kurz gemacht, aber das Verhalten meines grünen Kollegen, Herrn Dr. Runge, hat mich dazu bewogen, noch ein paar Takte zu sagen. Wir fordern, dass die Bebauungspläne an entsprechende Einschränkungen gekoppelt sind. Das fordern nicht nur wir, das fordert auch die Versicherungswirtschaft. Ich habe es schon ganz kurz angesprochen, es wird keine gemeinsame Versicherung geben, die die Versicherungswirtschaft bei entsprechender Einbindung nicht an die Auflage koppeln wird, entsprechende Vorsorgemaßnahmen vorzunehmen. Es gibt doch keinen Freifahrtschein für eine Versicherung. Sie haben es doch bei jeder Privatversicherung, dass Sie nicht versichert werden, wenn Sie nicht gewisse Vorsorgemaßnahmen treffen. Von daher ist mir diese Position unverständlich. Was ich auch nicht verstehe: Ihre Fraktion hat eine ganz andere Linie gefahren; Herr Kollege Schammann – er ist heute nicht da – hat sehr viele gleichlautende Anträge gestellt. Es ist mir unverständlich, dass Sie jetzt diese Position verlassen.
Zum Letzten – ich muss das in Ihre Richtung auch noch loswerden –: Es stimmt, dass das nur eine Symptombekämpfung ist. Uns geht es um eine Gesamtkonzeption. Wir haben das gerade im Fünf-Punkte-Hochwasserprogramm verhandelt. Letztendlich ist diese Elementarversicherung ein kleines Bausteinchen. Es geht hier auch
um die Menschen, die keinen Versicherungsschutz mehr bekommen oder sich keinen leisten können. Sie bekommen bei den normalen Versicherungen keinen ausreichenden Versicherungsschutz. Es handelt sich dabei – Herr Kollege Sackmann hat es ausgeführt – nicht um Einzelfälle. Wollen Sie allen Ernstes den Menschen, die sich jetzt diesen Versicherungsschutz sehr teuer einkaufen müssen, die Lasten für Sünden aufbürden, die in der Vergangenheit gemacht worden sind? Man muss in dieser Frage endlich zu Potte kommen.
Wenn sich die CSU – das ist interessant – jetzt als Vorreiter für diese Versicherung darstellt, muss ich sagen, um Ihre Position zu relativieren, dass Sie in der Vergangenheit wirklich alles abgelehnt haben, was in eine entsprechende Richtung ging. Ich will das mit einem Zitat belegen und freue mich, dass jetzt qualitativ andere Äußerungen getan werden. Ich möchte auch Herrn Kollegen Sackmann meinen Respekt zollen. Es sind in Ausschusssitzungen vor nicht allzu langer Zeit Äußerungen gefallen wie: Das Leben ist auch ein Risiko, das dem Ende zugehe und wogegen man sich auch nicht versichern könne; man hat das mit der Elementarschadenversicherung verglichen. Man könne sich nicht für alle Risiken des Lebens versichern; so ist das heruntergespielt worden. Das zeigt, wie ernsthaft bzw. unernst diese Diskussion früher geführt worden ist. Ich bin froh, dass sie jetzt in eine andere Richtung läuft. Ich würde Sie dringend auffordern, mit uns gemeinsam diesen Weg zu gehen und darauf zu schauen, dass er weitergegangen wird.
Einen Satz noch einmal an den Kollegen der SPD: Ich habe eingangs gesagt, ursprünglich war die grüne Fraktion auch dieser Meinung, dann war es nur noch ein einziger Abgeordneter. Dieser Paradigmenwechsel hat bei uns vor ungefähr acht oder zehn Jahren stattgefunden. Wir meinen, wir haben dafür gute Gründe. Es geht nicht um den Anteil der Bevölkerung von einem oder einem halben Prozent, für den privatrechtlich kein Versicherungsschutz gefunden werden kann. Ihnen geht es um etwas ganz anderes. Ihnen geht es um ein bürokratisches Monster; Sie können es in Ihrem Antrag nachlesen, so wie er ursprünglich formuliert worden ist und in welcher Art über ihn diskutiert worden ist. Herr Kollege Sackmann hat den Antrag der CSU – wir werden es im Protokoll nachlesen können – ganz immens ausgeweitet und aufgebläht. Herr Sackmann, Sie haben eben gesagt, Sie könnten sich vorstellen, auch noch den Diebstahl und den Hagel mit hineinzupacken. Wir wissen dann, was Sie wollen. Sie wollen eine Zwangsversicherung für Elementarschäden, die noch mehr einschließt, und zwar für jedermann und jede Frau, welcher bzw. welche Immobilien besitzt. Die Versicherung soll sich nicht nur auf bestimmte Hochwasserzonen beziehen, wie es ursprünglich in Ihrem Antrag formuliert war.