Protocol of the Session on May 6, 2003

Als Vertreterin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Stahl.

Herr Präsident, meine Herren und Damen! Unscheinbar kam es daher, das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich am 24. März 1933. Mit fünf Artikeln, der längste acht Zeilen lang, abgedruckt auf einer dreiviertel

Seite, entmachtete sich der Reichstag selbst und öffnete den Weg für eine Diktatur mit den bekannten katastrophalen Folgen.

Es wundert deshalb nicht, dass es den Vätern und Müttern des Grundgesetzes von 1945 ein dringendes Anliegen war, der Möglichkeit, so viel unkontrollierte Macht auf Wenige zu konzentrieren, einen verfassungsrechtlichen Riegel vorzuschieben. Unser Grundgesetz verbietet daher eine alleinige Übertragung der förmlichen Gesetzgebung vom Parlament auf andere Staatsorgane. Es gilt seitdem der Grundsatz der Gewaltentrennung und Gewaltenteilung. Oft genug – Sie kennen das ja aus den Ausschüssen – müssen wir den Bürgern und Bürgerinnen, die sich mit einer Petition Hilfe suchend an uns wenden, dies erklären und auf diesen Grundsatz verweisen, der es uns verwehrt, in die Verwaltung oder die Justiz hineinzuregieren. Häufig genug ist dieser Grundsatz nicht vermittelbar, vor allem dann nicht, wenn ein Vorgang oder eine Behandung als zutiefst ungerecht empfunden wird und wir Abgeordnete vor die Frage gestellt werden: Muss Humanität und Gerechtigkeit nicht vor Strukturen, vor Gewaltenteilung und Gewaltentrennung gehen? Wer die Geschichte des Ermächtigungsgesetzes kennt, wird jedoch verstehen, weshalb wir auf der Einhaltung des genannten Grundsatzes bestehen müssen.

Es verwundert deshalb auch nicht, dass eine große Öffentlichkeit 1968 höchst sensibel auf die Notstandsgesetzgebung reagierte, die trotz massiver Proteste ihren Niederschlag in der bundesdeutschen Verfassung fand und die wir in Teilen heute noch nicht für notwendig halten. Ich denke dabei zum Beispiel an den Einsatz der Bundeswehr bei einem innerdeutschen Spannungsfall, wie immer dieser dann definiert wird. Selbst konservative Verfassungsrechtler nennen die Notstandsgesetzgebung ein ungemein gefährliches Instrument – so auch Herr Maunz, ein Parteigänger von Ihnen, bekannt durch den Grundgesetzkommentar von Maunz-Dürig –, auch wenn es dem Bundestag als durchaus demokratisch legitimiertem Organ überlassen bleibt festzustellen, wann nun ein Spannungsfall vorliegt.

(Unruhe bei der CSU)

Noch zwei Tage vor Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes inszenierten Hitler und seine Schergen in Potsdam nach dem Reichstagsbrand eine „Rührkomödie“ – so eine Pressestimme –, um mit Show, Schmalz und Sentimentalitäten die wahren Absichten zu verkleistern, nämlich die totale Machtübernahme in der Weimarer Republik und die Ausrufung des Dritten Reichs.

Wir alle kennen das Bild in den Geschichtsbüchern, auf dem sich Hitler tief vor Reichspräsident Hindenburg verbeugt, um damit die Verbindung des alten konservativen Deutschlands mit der so genannten nationalsozialistischen Erneuerungsbewegung symbolisch zu zelebrieren. Begleitet wurde er von Vertretern der Verwaltung, der Wirtschaft und den Kirchen. Nur zwei gesellschaftliche Gruppen blieben dem Ereignis fern: die Sozialdemokraten, die bewusst auf eine Teilnahme verzichteten, und die Abgeordneten der KPD, die, wie es Innenminister

Frick formulierte, durch nützliche Arbeit in den Konzentrationslagern – wie zynisch! – verhindert waren.

Wo wären wir GRÜNEN gewesen, hätte es uns gegeben? Ich wünschte mir, wir wären so mutig gewesen wie die SPD-Abgeordneten, aber ich weiß es nicht. Es ist immer in der Nachbetrachtung etwas leichter, heldenhaft zu sein. Wir mussten die Geschichte nicht erleiden; wir durften aus ihr lernen. Deshalb sind uns die Grundsätze des liberalen Rechtsstaats so wichtig, und deshalb haben wir uns als Partei besonders dem Schutz der Bürgerrechte verschrieben. Das werden Sie auch morgen in der Debatte zum Polizeiaufgabengesetz erleben.

(Unruhe bei der CSU)

Um unsere funktionierende Demokratie und unsere verfassungsrechtlich verbrieften Rechte schätzen zu können, muss man sich auch den Verlauf der Abstimmung zum Ermächtigungsgesetz selbst nochmals vor Augen führen. Wie langweilig finden manche Kolleginnen und Kollegen und Bürgerinnen und Bürger etwa die Debatten und Verhandlungen um eine gerechte Geschäftsordnung; das kennen wir ja. Wie wichtig eine Geschäftsordnung ist, weil sie elementare Beteiligungsrechte, gerade auf der Opposition, enthält, zeigt eben gerade diese Erinnerung. Da eine Zweidrittelmehrheit der Anwesenden zur Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes notwendig, jedoch nicht sichergestellt war, haben die Nationalsozialisten für die entsprechenden Mehrheiten eben Vorsorge getroffen. Die 81 KPD-Abgeordneten waren erst gar nicht ordnungsgemäß geladen worden oder waren ohnehin „verhindert“. 26 SPD-Abgeordnete waren bereits verhaftet oder geflohen. Durch Zusagen an die Kirchen gelang es zudem den Nationalsozialisten, das konservative katholische Lager, BVP und Zentrum, zu einer Zustimmung zu bewegen.

Sehr geehrte Damen und Herren, bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich in meinem kurzen Beitrag nochmals auf die den meisten von Ihnen – davon bin ich überzeugt – bekannten historischen Vorgänge eingehe, die auf die junge Generation nur noch exotisch wirken müssen, weshalb uns auch eine pädagogische Aufbereitung dieser Zeit so ungemein wichtig ist. Doch nur wenn es gelingt, sich in diese Zeit hineinzuversetzen, wird verstanden, weshalb unsere Verfassung mit der darin verankerten Gewaltenteilung und unser föderalistisch angelegtes politisches System so kostbar sind und warum Demokratie mit ihren Grundsätzen von Gleichheit und Gerechtigkeit täglich aktiv aufs Neue geschützt werden muss.

Bei einigen Grundsätzen erschließt sich nicht auf den ersten Blick, warum wir sie beibehalten wollen und warum sie beibehalten werden müssen. Ich denke dabei an die Trennung von Staatsregierung und Mehrheitsfraktion, die ja ohnehin die Regierung stellt, oder an die Frage, weshalb der Kernbereich der Verwaltung geschützt werden muss, wenn doch die Verwaltung, mit Steuermitteln finanziert, eigentlich bezahlte Dienstleisterin der Bürger ist und damit transparent sein soll. Selbstverständlich gibt es auch hier im Landtag und draußen bei den Veranstaltungen Auseinandersetzungen um den Umfang dieses Schutzauftrags der Verfassung.

Was in der Öffentlichkeit als Streit ankommt, ist jedoch nichts anderes als der legitime Versuch, die jeweilige Auffassung von unserem Verfassungsrecht durchzusetzen. Allerdings sollten wir uns in Erinnerung an die geschichtlichen Umstände, unter denen das Ermächtigungsgesetz zustande kam, in diesen Auseinandersetzungen möglichst nicht dazu hinreißen lassen – damit meine ich uns alle –, dem politischen Gegner zu unterstellen, er handele aus unlauteren Motiven heraus; denn genau das haben die Nationalsozialisten getan, indem sie den Sozialdemokraten und Kommunisten den Anspruch bestritten, nationale und soziale Interessen zu vertreten.

Im Zusammenhang mit der Unterstellung, man würde nicht aus lauteren Motiven handeln, frage ich mich schon, weshalb man uns als „Sicherheitsrisiko“ immer noch einen Sitz in der Parlamentarischen Kontrollkommission verwehrt.

Der Sündenfall vom 24. März 1933 zeigt auf, welche Verantwortung eine mit großer Mehrheit ausgestattete Landtagsfraktion hat. Sie muss gleiches Recht walten lassen. Die von ihr gestellte Regierung muss gleichmäßig und unparteiisch handeln. Das ist an sich eine Selbstverständlichkeit. Leider mussten wir die Staatsregierung immer wieder an diese Spielregeln erinnern.

(Widerspruch bei der CSU)

Meine Herren und Damen, wir können froh sein, heute nicht beweisen zu müssen, dass wir uns trauen, wie es der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion am 24. März wagte, den Nationalsozialisten ihr unrechtmäßiges Handeln und die Verletzung demokratischer Grundsätze in einem Redebeitrag vorzuhalten. Das war ein mutiges Verhalten. Menschen wurden in der Folge schon für weniger hingerichtet.

Gleiche Rechte und Respekt vor dem politischen Gegner sind daher die Schlüsselworte im Vokabular der Demokraten und Demokratinnen, an die wir uns halten müssen. Nehmen wir die Verantwortung, die wir hier in diesem Landtag nach 1945 übernommen haben, ernst!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich danke der Sprecherin und den Sprechern der Fraktionen für die Erklärungen, die sie abgegeben haben.

Nun kommen wir zur Tagesordnung. Ehe ich den ersten Tagesordnungspunkt aufrufe, gebe ich das Ergebnis der am Schluss der letzten Plenarsitzung am 4. April durchgeführten namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Odenbach, Irlinger, Dr. Baumann und anderer betreffend „Verstärkung der politischen Bildung“ auf Drucksache 14/9400 bekannt. Es wurden 61 JaStimmen abgegeben, 79 Kolleginnen und Kollegen haben mit Nein gestimmt; Stimmenthaltungen gab es nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der CSU vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde beantragt zum Thema „Ausbildungsplätze in Bayern – Situation und Perspektiven“.

In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen.

Auf Wunsch einer Fraktion erhält eines ihrer Mitglieder zehn Minuten Redezeit. Dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion angerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung für mehr als zehn Minuten das Wort, erhält eine Fraktion auf Antrag eines ihrer Mitglieder zusätzlich fünf Minuten Redezeit. Ich bitte Sie, jeweils auf mein Signal zu achten. Der erste Redner ist Herr Kollege Dinglreiter. Er spricht zehn Minuten. Bitte, Herr Kollege Dinglreiter.

Sehr verehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es fällt nach dieser Stunde des Gedenkens – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kolleginnen und Kollegen, wir haben keine allgemeine Plauderstunde, sondern eine Aktuelle Stunde.

Ich beginne noch einmal. Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es fällt nach dieser Stunde des Gedenkens und der dabei deutlich gewordenen weitreichenden Dimension politischen Handelns nicht leicht, wieder zu politischen Tagesthemen zurückzukehren. Mit Blick auf die Massenarbeitslosigkeit Ende der Zwanzigerjahre und Anfang der Dreißigerjahre und der damit einhergehenden Not von Millionen von Menschen, die es der NSDAP leichter gemacht hat, an die Macht zu kommen, bin ich jedoch der Meinung, dass Ausbildungsplätze für junge Leute in Bayern heute ein Thema ist, das wir wichtig und ernst nehmen sollen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Situation der Ausbildungsplätze macht uns heuer erstmals auch in Bayern Sorgen. Zwar haben wir ein positives Verhältnis von Angebot und Nachfrage von Lehrstellen in weiten Bereichen, so etwa in den Regierungsbezirken Oberbayern und Schwaben sowie in den Arbeitsamtsbezirken Regensburg, Ansbach, Nürnberg, Würzburg, Landshut und Pfarrkirchen. In den übrigen Bereichen Bayerns sieht es allerdings nicht so gut aus.

Insgesamt wurden bis März 2003 bei der Berufsberatung der Arbeitsämter 14,3% Stellen weniger gemeldet als im Jahr vorher. Das waren insgesamt 72680 Ausbildungsstellen. Die Zahl der Bewerber nahm in Jahresfrist um 0,4% zu und beträgt nun 70341 Bewerber. Insgesamt

gesehen ist das Verhältnis also positiv. 72680 gemeldete Stellen stehen 70341 Bewerbern gegenüber. Dennoch gab es bis Ende März 2003 10,2% mehr unversorgte Bewerber als noch im Vorjahr. Das kann zu einem kleinen Teil auch daran liegen, dass ein Teil der Vermittlung von Lehrstellen mittlerweile über das so genannte Computerprogramm ASIS erfolgt; denn diese Vermittlungen werden in den Ämtern nicht mehr registriert.

Die Probleme, die wir zu verzeichnen haben, sind einmal die regional unterschiedliche Verteilung der Angebote, was sicherlich zum Ersten damit zu tun hat, dass strukturschwache Räume durch die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung stärker betroffen sind als die stärkeren Räume Bayerns. Zum Zweiten hat es damit zu tun, dass viele junge Leute und deren Eltern immer noch bevorzugt so genannten Traumberufen nachgehen wollen, zum Beispiel eine Lehre bei den Banken machen wollen, obwohl dort weiter Arbeitsplatzabbau stattfindet. Viele Handwerksberufe tun sich dagegen schwer, ihre Lehrstellen zu besetzen. Nach den Zahlen des Jahres 2002 konnte der Bau nur 75% der angebotenen Lehrstellen besetzen, das Metall- und Elektrohandwerk nur 83%, der Nahrungsmittelbereich nur 87%, und bereits angemeldete Lehrlinge haben in 3300 Fällen ihre Stelle nicht angetreten. Dieser Umstand führt – das habe ich in vielen Gesprächen mit den Handwerkskammern in den letzten Wochen mitbekommen – dazu, dass viele keine Lehrstellen anbieten, weil es mit Blick auf das Jahr zuvor wenig Sinn macht. Das ist vielleicht die Ursache dafür, dass das Handwerk bis Ende März 2003 23% weniger Lehrstellen angeboten hat, obwohl dort noch hohe Bereitschaft besteht, Ausbildung zu leisten, weil man weiß, dass dies für die Zukunft wichtig ist.

Wir müssen auch an die Berufsberatung der Arbeitsämter appellieren, damit sie ihrer Aufgabe insoweit künftig noch besser nachkommen und für die Handwerksberufe stärker Werbung betreiben. Meines Erachtens ist das nicht in jedem Falle ausreichend geschehen. Wir können für die Auszubildenden die Lehrstellen nicht „schnitzen“, wie jeder sie gerne haben will. Es kann nur dort eine Lehrstelle angeboten werden, wo Berufe nachgefragt sind. Das ist die Realität. Darauf müssen sich die Auszubildenden stärker einstellen.

Die derzeit schwierige Zeit erfordert auch mehr Flexibilität der jungen Leute in Bezug auf den Ausbildungsort. In diesem Zusammenhang wird das Ausbildungsprogramm der Staatsregierung für die besonders schwierigen Gebiete Oberfranken und nördliche Oberpfalz begrüßt. Dort werden Mobilitätshilfen bei auswärtiger Unterbringung angeboten. Dort werden Fahrtkostenzuschüsse ohne auswärtige Unterbringung geleistet. Da gibt es das Projekt „Ausbildungsbus“: Die jungen Leute werden zu Betrieben gebracht, die ausbilden wollen, aber an ihrem Ort keine Auszubildenden bekommen. Es wird Hilfestellung angeboten für Jugendliche im Bewerbungsverfahren durch dafür geeignete Paten.

Es gibt Maßnahmen für Ausbildungsabbrecher. In diesem Zusammenhang bitte ich darum, miteinander dazu beizutragen, dass die Einarbeitungszuschüsse nicht abgeschafft werden; denn diese haben gerade den jungen Menschen geholfen, durch learning by doing wieder

in ein geordnetes Arbeitsverhältnis zu kommen, das eine spätere Qualifizierung in diesem Arbeitsverhältnis erst ermöglicht. Ohne dies ist es sicher schwieriger. Es geht auch um zusätzliche Ausbildungsplatzakquisiteure und vieles mehr, und es geht auch um die Förderung des berufsbegleitenden Erwerbs der Ausbildereignung. Das ist wichtig.

Aber, meine Damen und Herren, genauso wichtig ist es, dass wir in diesem Zusammenhang die Meisterprüfung nicht auf breiter Ebene in Frage stellen. Wer Handwerksmeister künftig nicht mehr in dem Umfang wie bisher zur Verfügung hat, dem fehlen Ausbilder, die in den Handwerksbetrieben die Ausbildung in weiten Bereichen sichern.

(Beifall bei der CSU)

Es geht um eine Vielzahl weiterer Punkte, die ich jetzt nicht im Einzelnen ansprechen will.

Das Problem der fehlenden Ausbildungsplätze hat aber auch grundsätzliche Ursachen, die dringend behoben werden müssen. Das ist einmal das Problem der Massenarbeitslosigkeit und die damit verbundene Schwierigkeit für die Wirtschaft, und da sind die Insolvenzen. Meine Damen und Herren, wenn seit Jahr und Tag pro Tag 110 Betriebe von der Bildfläche verschwinden, verschwinden auch viele, die bisher Ausbildungsplätze angeboten haben. Deshalb ist es wichtig, für die Wirtschaft wieder den Aufschwung zu schaffen, Sicherheit zu schaffen und Vertrauen zurückzugewinnen, weil das ein Beitrag ist, damit Lehrstellen entstehen können.

Zurzeit gibt es allerdings wenig Klarheit. Selbst die Regierungserklärung des Bundeskanzlers und der Leitantrag für den Parteitag widersprechen sich. Der Leitantrag bleibt hinter der Regierungserklärung zurück. Während Schröder in der Regierungserklärung ein Bekenntnis zur Senkung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 13% abgab, bleibt der Leitantrag hinter dem zurück.

Ich könnte noch eine ganze Reihe anderer Dinge ansprechen. Klarheit gibt es in dem Leitantrag nämlich nur an einer Stelle: an der Beschreibung der derzeit desaströsen Lage unserer Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die Frage ist mit Blick auf die fehlenden Lehrstellen deshalb auch: Wie lange muss Deutschland angesichts der gewaltigen Probleme noch warten, bis endlich endlich etwas Entscheidendes geschieht? Die Frage ist: Wann wird endlich mit dem Regieren begonnen? Wann wird der Fuß von der Bremse genommen, damit etwas geschieht?

Meine Damen und Herren, gestern habe ich mir in „Phönix“ die Erklärung des Bundeskanzlers angesehen. Ich muss Ihnen sagen: Was ich hörte, hat mich erschüttert. Dem Bundeskanzler ist es nicht mehr möglich, die SPDMitglieder in der Sache zu überzeugen.

(Frau Steiger (SPD): Das hat er! – Weitere Zurufe von der SPD)

Er muss die Zustimmung der SPD mit einer Drohung seines Rücktritts und damit mit der Möglichkeit eines Machtverlusts der SPD erpressen.