Protocol of the Session on March 12, 2003

gegeben sind. Es wird ein Gutachten erstellt, und stimmen dann die Erziehungsberechtigten der Aufnahme in eine Förderschule nicht zu, entscheidet das Schulamt.

Die Position der Eltern ist an dieser Stelle denkbar schwach. Sie sind über das Gutachten lediglich zu informieren und anzuhören. Zwischendurch waren Sie schon einmal mutiger und wollten die Eltern zumindest beteiligen. Wahrscheinlich aber sind Sie vor ihrer eigenen Courage erschrocken und haben diesen Vorschlag schnellstmöglichst zurückgenommen. Das empfinde ich sehr schlimm, weil gerade die Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sich oftmals an den Rand gedrängt und nicht ernst genug genommen fühlen. Hier gibt man ihnen ein deutliches Zeichen, dass sie in diesem ganzen Prozess nichts zu sagen haben, sondern lediglich zu informieren und anzuhören sind.

Nach Ihrem Vorschlag findet auf Antrag der Eltern vor der Entscheidung des Schulamtes eine Erörterung mit den Beteiligten statt, und die Erziehungsberechtigten können verlangen, dass eine unabhängige Fachkommission das Gutachten überprüft. Hierzu ist festzustellen, dass dieses Verfahren Eltern voraussetzt, die sich getrauen, Ansprüche zu artikulieren, und die in der Lage sind, ihre Interessen zu vertreten und sich durchzusetzen. Diese Vorgehensweise finde ich falsch, weil nicht alle Eltern in der Lage sind, sich so vehement für ihr Kind einzusetzen. Gerade dann, wenn sich die Eltern einer Übermacht der schulischen Seite gegenübersehen, ist es für sie sehr schwierig, für ihr Kind zu sprechen.

Da Sie den Eltern nicht das Recht einräumen wollen zu entscheiden, dass ihr Kind in die Regelschule gehen soll, haben wir in unserem Änderungsantrag ein anderes Vorgehen vorgeschlagen, das die Position der Eltern stärkt. Das Verfahren läuft automatisch ab und hängt nicht von der Aktivität der Eltern ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mich hätte es gefreut, wenn das wenigstens von Ihnen aufgenommen worden wäre. Unser Vorschlag lautet: Sind die Eltern nicht damit einverstanden, dass ihr Kind in die Förderschule geht, findet automatisch eine mündliche Erörterung mit dem Ziel der Einigung statt. Damit dieses Ziel realistischerweise erreicht werden kann, wird die Erörterung von einer unabhängigen Person, die die Methode der Mediation beherrscht, geleitet. Kommt trotzdem keine Einigung zustande, wird das Gutachten automatisch von einer Fachkommission überprüft. Mit diesem Verfahren wären die Eltern wirklich entlastet, und es käme nicht darauf an, ob sie durchsetzungsfähig sind. Das Verfahren läuft ab, und es wird im Sinne der Eltern gehandelt, wenn jemand teilnimmt, der die Methoden der Mediation beherrscht.

Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zum Schulfinanzierungsgesetz sagen. Es geht um ein Thema, das in den vergangenen Wochen zu heftigen Auseinandersetzungen in diesem Haus und außerhalb geführt hat, nämlich um die Lehrpersonalkostenzuschüsse für kommunale Schulen. Es hat sich herausgestellt – wir wissen es schon lange –, dass diese vollkommen unbefriedigend sind. Es soll zwar eine Steigerung

des Kostenersatzes von 60 auf 61% beschlossen werden; das ist allerdings nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein ist und hilft den Kommunen nicht weiter. Nicht nur die Stadt München kann die Mehrkosten für die kommunalen Schulen nicht mehr im bisherigen Umfang aufbringen, es sind dies auch andere Schulstädte wie Würzburg. Die hitzigen Debatten der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Am vernünftigsten wäre es, die Kosten für die kommunalen Schulen zu 100% zu übernehmen. Das Zweitvernünftigste wäre, die kommunalen Schulen zu verstaatlichen, wenn die Kommunen dies wünschen. Es reicht nicht, für bestimmte Städte Einzellösungen auszuhandeln. Vielmehr muss es ein befriedigendes Finanzierungskonzept für alle kommunalen Schulen und unabhängig von der Schulart geben.

Kolleginnen und Kollegen, die Änderungen des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen gehen uns nicht weit genug. Die Änderungen des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes sind unbefriedigend. Wir lehnen beide Gesetzentwürfe ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Schneider, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Aussprache zu diesem Gesetzentwurf bringt deutlich die Unterschiede zutage. Frau Goertz sagte, die SPD wolle diesen Gesetzentwurf rundweg ablehnen. Frau Münzel erkannte in dem Gesetzentwurf wenigstens ein paar Schritte in die richtige Richtung. Uns wird vorgeworfen, wir stünden mit diesem Gesetzentwurf ganz alleine, und niemand könne daran etwas Gutes finden. So ist es beileibe nicht. In einer Presseerklärung begrüßen sowohl der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband als auch der Verband der Sonderschulpädagogen grundsätzlich die geplante Gesetzesänderung. Beide sprechen davon, dass es ein erfreulicher pädagogischer Paradigmenwechsel sei.

(Frau Radermacher (SPD): Das ist allerdings richtig!)

Dass von den Vertretern eine bessere Finanzausstattung gewünscht ist, ist verständlich. Ich weise aber darauf hin – Kollege Thätter hat es deutlich ausgeführt –, dass das Bundesverfassungsgericht ausführt, die Ausstattung könne im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel geschehen, da der verantwortliche Politiker die gesamten Ausgaben sehen und versuchen müsse, allen Bereichen gerecht zu werden.

Die SPD meint, mit ihrem Vorschlag vom letzten Platz auf den ersten Platz kommen zu können. Diese Meinung vertritt die SPD öfter. Letztendlich hat es sich stets rentiert, nicht den Vorschlägen der SPD zu folgen, sondern die wichtigen Beschlüsse nach eigenem Willen zu fassen.

(Zurufe von der SPD)

Frau Goertz, Sie haben auf die Bielefelder Laborschule verwiesen. Die Presseerklärung dieser Schule war eine ganz tolle Selbstdarstellung. Das Max-Planck-Institut hat, wie Sie wissen, aber deutlich gemacht, dass die Ergebnisse der Laborschule höchstens Mittelmaß sind und nicht als besondere Leistung herausgestellt werden können.

Ich danke Frau Ministerin Hohlmeier ganz herzlich, dass sie die hervorragende Arbeit, die in den Förderschulen geleistet wird, die hohe Fachlichkeit an den Förderschulen, das Know-how und den Umgang mit den Schülerinnen und Schülern gewürdigt hat. Ich danke auch Frau Münzel für ihre Darstellung. Sie, Frau Goertz, haben bei mir den Eindruck erweckt, als käme die Arbeit in den Förderschulen bei Ihnen nicht vor. Ich will zwar nicht sagen, dass Ihnen die Arbeit der Förderschule nichts wert wäre.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist eine Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der SPD)

Dieser Eindruck hat sich mir vermittelt. Sollten Sie eine andere Wahrnehmung haben, so ist das Ihre Sache.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Sie besucht öfter Förderschulen, als Sie glauben!)

Für die CSU muss die erste Frage lauten, welcher Förderort für das Kind richtig ist und wo das Kind am besten gefördert werden kann. Integration ist nicht nur dann gegeben, wenn ein Kind in der Regelschule eingeschult wird. Integration ist das Ergebnis der Bemühungen an den Förderschulen und die sich anschließende schulische und berufliche Integration. Sie erwecken den Eindruck, als wäre allein schon die Einschulung in die Regelschule Integration. Das ist eine falsche Sichtweise.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde bereits darauf hingewiesen, dass in Bayern derzeit über 10000 Schülerinnen und Schüler in Regelschulen integriert sind und wir die Außenklassen und die Kooperationsklassen weiter ausbauen werden.

Die SPD schreibt in ihrem Entwurf, dass die Integration Einsparungen bringen werde. Gleichzeitig wird geklagt, dass im Gesetzentwurf der Staatsregierung die Kostenschätzung fehle. Das passt doch nicht zusammen. In intensiven Gesprächen mit den Kommunen haben wir abgeklärt und mehr oder weniger Einverständnis erzielt, sodass mit dem Dringlichkeitsantrag der CSU den Bedenken der kommunalen Spitzenverbände Rechnung getragen wird.

In punkto Elternbeteiligung beinhaltet der Änderungsentwurf der CSU-Fraktion eine Klarstellung. Er besagt, wie neben den üblichen Beteiligungsrechten auch bei der Diagnose, beim Revisionsverfahren, bei der Information und der Anhörung das Elternrecht gestärkt wird.

Der Gesetzentwurf bietet insgesamt die große Chance, ein differenziertes Angebot von Lern- und Förderorten für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf auszubauen. Das ist keine Aussage von mir, sondern das Resümee bei der angesprochenen Presseerklärung

des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes und des Verbandes der Sonderschulpädagogen. Ich bitte, dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Radermacher.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich aus ganz persönlicher Sicht, da ich wahrscheinlich diejenige bin, die am längsten um dieses Thema gerungen hat, ein paar Worte sagen: Der Gesetzentwurf ist weit von meiner Vision von Integration entfernt, aber trotzdem glaube ich, dass wir heute einen ganz positiven Schritt machen. Ich erinnere daran, mit welcher Intensität wir seit 1986 in dem Kulturpolitischen Ausschuss bzw. dem Bildungsausschuss um Integration gerungen haben, wie wir Hunderte von Petitionen in Einzelberatungen zu einem Ergebnis geführt haben. Herr Thätter, was Sie gesagt haben, nämlich, dass wir sehr stur und einseitig seien, ist für die SPD also nicht gerechtfertigt. Wir haben um jeden einzelnen Fall gerungen, und wir haben Lösungen herbeigeführt.

Es war schlimm, mit welcher Vehemenz sich manchmal die CSU dagegen gewehrt hat. Ich habe nicht vergessen, dass es der Einsatz von Frau Riess und Herrn Thätter war, der die Tür mit aufgemacht hat. Gemessen an dem, was 1986 an starrer Haltung auf Ihrer Seite vorhanden war, ist ein Fortschritt erzielt worden. Deswegen sollten wir gemeinsam auf diesem Weg weitergehen. Es ist nicht immer verkehrt, auf das zu hören, was die SPD in diesen Fragen sagt. Ich könnte es Ihnen auch an anderen Beispielen, Herr Schneider – Autonomie von Schule u.ä., mehr Selbstständigkeit –, beweisen; das wissen Sie auch. Seien Sie mutig, gehen Sie weiter! Es ist ein erster Schritt, und vielleicht kann in der Tat die Vision verwirklicht werden, Menschen mit Behinderung frühzeitig zu integrieren. Das wäre mein Wunsch, auch wenn wir diesen Gesetzentwurf in der Form, in der Sie ihn letztendlich akzeptieren, ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

Zunächst lasse ich in namentlicher Form über den Tagesordnungspunkt 7 abstimmen. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/8602 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs.

Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt: die Ja-Urne auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf Seiten der CSUFraktion und die Enthaltungs-Urne auf dem Stenografentisch. Mit der Abstimmung kann nunmehr begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, nach der Abstim

mung im Saal zu bleiben, da wir noch eine Reihe von weiteren Abstimmungen durchzuführen haben.

(Namentliche Abstimmung von 12.03 bis 12.08 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Ich möchte die Kollegen bitten, Ihre Plätze wieder einzunehmen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.

(Unruhe)

Wir fahren zwischenzeitlich mit der Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 8 fort. Dieser Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/9152, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/10635 und 14/11579 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport auf der geänderten Drucksache 14/11165 zugrunde.

(Anhaltende Unruhe)

Ich bitte, die Gespräche einzustellen oder sie außerhalb des Plenarsaals zu führen. Es ist sehr mühsam, die Sitzung durchzuführen.

Zunächst lasse ich über den vom federführenden Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 14/10635 abstimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das ist der Kollege Hartenstein. Der Änderungsantrag ist somit abgelehnt.

Den Gesetzentwurf empfiehlt der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport mit der Maßgabe verschiedener Änderungen zur Annahme. Ich verweise insoweit auf die geänderte Drucksache 14/11165. Wer diesem Gesetzentwurf mit den vom federführenden Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport vorgeschlagenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion und Herr Hartenstein. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die SPD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die CSU-Fraktion und Kollege Hartenstein. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die SPD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine.

Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und weiterer Gesetze“.

Durch die Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag der Abgeordneten Glück, Siegfried Schneider und anderer auf der Drucksache 14/11579 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Maget, Irlinger, Goertz und anderer (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes auf der Drucksache 14/8602 bekannt. Mit Ja haben 67 gestimmt, mit Nein 93. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt. Die Tagesordnungspunkte 7 und 8 sind damit erledigt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Im Einvernehmen mit den Fraktionen rufe ich außerhalb der Tagesordnung auf:

Wahl eines neuen stellvertretenden Vorsitzenden für den Gefängnisbeirat in der Justizvollzugsanstalt Augsburg