Protocol of the Session on February 13, 2003

Ich bin nicht bereit, den Hochwasserschutz auf die lange Bank schieben zu lassen, nur weil Ausbaufragen ungeklärt sind.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Nichts ist ungeklärt!)

Bis heute liegt kein Antrag des Bundes auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vor. Deshalb hat sich die Bayerische Staatsregierung – ich sage das in Abstimmung mit Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu – dafür entschieden, den Hochwasserschutz an der Donau in dem Abschnitt zwischen Straubing und Vilshofen zu forcieren, um für unsere Bürgerinnen und Bürger schnellstmöglich Sicherheit vor einem „Hundertjährigen Hochwasser“ herzustellen. Wir haben deshalb entschieden, den Hochwasserschutz an der Donau von den Fragen des Ausbaus abzukoppeln.

(Frau Peters (SPD): Das können Sie nicht!)

Dem Bund haben wir Unterlagen für weitere Hochwasserschutzprojekte zwischen Straubing und Vilshofen vorgelegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie so tun, als ob der Freistaat Bayern hier in irgendeiner Weise die Verantwortung trägt, dann werden sie den Ball, den Sie nach Bayern zu schießen versuchen, in Ihrem Berliner Tor wiederfinden. Seit 2. Januar dieses Jahres liegt in Berlin – Frau Peters, vielleicht schreiben Sie das mit, damit Sie in Berlin nachfragen können –

(Frau Peters (SPD): Jawohl, Herr Lehrer!)

ein Antrag des Bayerischen Umweltministeriums auf Durchführung weiterer Hochwasserschutzmaßnahmen zwischen Straubing und Vilshofen in einem Volumen von 40 Millionen e vor. Inzwischen sind sechs Wochen vergangen. Wir haben bis heute nicht einmal eine Antwort auf dieses Schreiben erhalten. Deshalb werden wir von unserer Seite alles daran setzen, den Hochwasserschutz in diesem Abschnitt, der gerade einem „Zwanzigbis Dreißigjährigem Hochwasser“ Schutz bietet, weiter zu forcieren und auf das Niveau eines Schutzes vor

einem „Hundertjährigen Hochwasser“ zu bringen. Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, werden wir für die Hochwasserschutzausbaumaßnahmen an der Donau die Variante A zugrunde legen.

Vom Bund ist zu fordern, dass er endlich nicht nur tönt und große Sprüche klopft. Erinnern Sie sich an die Flusskonferenz, die eine Woche vor der Wahl – das hat es noch nie gegeben – stattgefunden hat. Fünf Bundesminister saßen auf ihren Stühlchen, und das eine Woche vor der Bundestagswahl. Damals wurde gesagt, der Hochwasserschutz sei eine nationale Aufgabe. Wenn es aber darum geht, Farbe zu bekennen und nicht nur Sprüche zu klopfen, sondern ein paar Euro für den Hochwasserschutz an der Donau – das ist eine Bundeswasserstraße – herüberzuschieben, warten wir sechs Wochen auf eine Antwort. Daran sieht man doch, wie „ernst“ es dem Bund mit dem Hochwasserschutz ist.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb sage ich hier noch einmal: Wir treiben den Hochwasserschutz voran, wir treiben ihn unabhängig von den Ausbaudiskussionen voran. Wir legen die Variante A zugrunde, und wir haben bereits Projekte mit einem Volumen von 40 Millionen e angemeldet. Wenn man weiß, dass der gesamte Ausbau etwa 300 bis 400 Millionen e kostet, dann weiß man, was man noch vor sich hat.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Rotenhan?

Gerne, Herr Präsident.

Herr Staatsminister, kann es sein, dass Sie deshalb keine Antwort auf die Hochwasserfrage aus Berlin bekommen haben, weil den Verantwortlichen dort das Wasser bis zum Hals steht?

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Kaul (CSU): Die üben sich im Überlebenskampf!)

Herr Kollege Rotenhan, ich kann das nicht ausschließen, allerdings würde ich dafür keine Hochwasserschutzmaßnahmen ergreifen wollen.

(Heiterkeit bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, Sie sollten sowohl den Antrag der SPD als auch den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in diesem Lichte sehen. Die Gespräche sind im Gange. Herr Kollege Dr. Wiesheu hat mit dem Kollegen Stolpe ein Gespräch geführt. Außerdem hat in dieser Woche ein Gespräch auf Arbeitsebene stattgefunden. Das Schreiben des Umweltministeriums liegt in Berlin und ist nicht beantwortet.

Lassen Sie uns den Weg, den die Bayerische Staatsregierung im Interesse des Schutzes der Bürgerinnen und Bürger in Niederbayern vor Hochwasserereignissen eingeschlagen hat, fortsetzen. Ich weiß nicht, was Sie wollen. Wenn wir den Hochwasserschutz zwischen Straubing und Vilshofen nach der Variante A verwirklichen, müsste Ihnen eigentlich das Herz höher schlagen. Anstatt Dringlichkeitsanträge in München zu stellen, sollten Sie lieber Ihre Kraft darauf verwenden, in Berlin dafür zu sorgen, dass die Euros herübergeschoben werden, damit wir den Hochwasserschutz so schnell wie möglich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger finanzieren können.

(Beifall bei der CSU)

Um das Wort hat Herr Kollege Weber gebeten.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Kollegen! Ich möchte in meinem Beitrag drei inhaltliche Facetten dieses Themas beleuchten. Zum Ersten geht es um das Thema „Hochwasser“. Wir sind uns in diesem Hause darin einig, dass das derzeit das Topthema ist – Frau Kellner hat darauf hingewiesen – und dass bei jeder Variante, die wir jetzt angehen, sichergestellt werden muss, dass der Hochwasserschutz für die betroffenen Bürger den DIN-Standard „Hundertjähriges Hochwasser“ plus einen Meter erreicht. Die Konzepte dafür liegen auf dem Tisch. Der Minister hat darauf hingewiesen. Frau Peters, insofern entbehrt es jeder Grundlage, wenn Sie sagen, RMD soll jetzt planen. Die Konzepte liegen auf dem Tisch. Ich kann ein paar Beispiele nennen: Kindach, Mariaposching, Herzogbach. Alle diese Projekte wurden schon gebaut auf der Grundlage der bisherigen Vereinbarungen zwischen Berlin und München. Deswegen liegt der Schwarze Peter bei der Blockade wirklich in Berlin. Dort sollte bitte endlich die Unterschrift geleistet werden.

Wir haben die Polder an der Donau entlang, mit denen wir im Jahr 2002 schon hervorragende Erfahrungen gemacht haben. Ich kann Sie nur einladen, als Abgeordnete vor Ort dafür zu werben, dass diese Sache vorangetrieben wird.

Sehr verehrte Kollegin Kellner, Sie haben darauf hingewiesen, dass es keine Trennung zwischen dem Hochwasserschutz und der Variantenfrage geben darf, also die Variantenentscheidung nicht an das Hochwasser gekoppelt werden darf. Ich darf feststellen, dass genau diese Trennung zu einer Blockade führt. Wir müssen akzeptieren, dass es in München und Berlin unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, wie wir die flussbaulichen Ziele erreichen.

Dazu gibt es unterschiedliche Ansätze. Wenn man nicht bereit ist, den Hochwasserschutz zu entkoppeln und voranzutreiben, dann kommt es wirklich zu einer Blockadehaltung, und es passiert für die Bürger vor Ort nichts.

Das Thema Schifffahrt – das zweite Thema – spielt bei der Opposition leider überhaupt keine Rolle. Ich komme aus dem Landkreis Kelheim. Wir haben am Hafen Saal,

der nach dem Rhein-Main-Donau-Kanal gebaut wurde, mittlerweile 500 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das spielt in ihrer Diskussion überhaupt keine Rolle. Wir haben mittlerweile drei Mal so hohe Umschlagszahlen an diesem Hafen, wie für die Gegenwart prognostiziert waren. Mittlerweile werden dort über 1 Million Tonnen an Gütern umgeschlagen. Auf die Frage, wie Sie die erwartete große Zunahme des Verkehrsaufkommens – bis zum Jahr 2015 wird für Bayern eine Zunahme des LkwVerkehrs um 35% prognostiziert – abfangen wollen, zucken Sie nur mit den Schultern. Deshalb muss auch die Schifffahrt berücksichtigt werden.

Immer wieder wird insbesondere von Naturschützern die Frage gestellt, was der Donauausbau bringt. Im Straubinger Hafen hatten wir im Jahr 2002 – Gott sei Dank – wenig Zeiten mit Niedrigwasser. Aufgrund dieser guten Situation hatten wir 300% mehr Umschlag im Straubinger Hafen. Das hat zur Steigerung der Wirtschaftskraft und Entwicklung in der Region geführt. Das hatte auch einen positiven ökonomischen Effekt. Leider spielt das in der Diskussion kaum eine Rolle.

Das dritte Thema ist der Naturschutz. Erlauben Sie mir, die Verlogenheit der Umweltapostel, die durch das Land ziehen, bei diesem Thema deutlich zu machen.

(Widerspruch bei der SPD)

Sie sprechen vom bayerischen Amazonas, sie sprechen vom letzten Stück der frei fließenden Donau.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Kollegin Werner-Muggendorfer sagte es gerade. Die Donau ist bis zum Donaudurchbruch bei Weltenburg zwar kanalisiert, aber trotzdem ist sie ein frei fließender Fluss. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das ist genau der springende Punkt. Wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie den Bürgern vor Ort erklären, was Sie unter Kanalisierung der Donau verstehen. Der Ausbau zwischen Straubing und Vilshofen erfolgt in erster Linie aufgrund des Hochwasserschutzes. Wir bauen einen Deich, um künftig den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Jede Kanalisierung im Bereich Kelheim dient dem Hochwasserschutz, weil unsere Vorfahren nun einmal an die Donau herangebaut haben. Da können wir im Nachhinein nicht sagen, das sei schlecht; das ist eben so. Den Hochwasserschutz wird wohl niemand in diesem Raum infrage stellen. Die Kanalisierung, die Sie hier kritisieren, wird in erster Linie wegen des Hochwasserschutzes gemacht.

Frau Kollegin Peters hat oft darauf hingewiesen, dass sie viel Zeitung liest. Sie sollte auch die Gutachten lesen. In den Gutachten steht beispielsweise, dass die Isar früher in einem Delta mit vielen Verzweigungen in die Donau einmündete. Wenn wir die Staustufe bei der Mühlheimer Schleife bauen könnten, dann hätten wir die Stabilisierung, die derzeit das natürliche Geschiebe bringt. Wir könnten das Isartal wieder zu einem natürlichen Delta machen. Was Sie hier als Naturschutz praktizieren, ist konservativer, als es sich mancher vorstellen kann. Sie sagen, was derzeit besteht, ist gut. Mit diesem

Argument müsste man jede Rekultivierung einer bestehenden Kanalisierung ablehnen, weil sie im Prinzip zu einer Veränderung der derzeitigen Situation führt. Das Gleiche gilt für die Mühlheimer Schleife und andere Projekte.

Ich habe vor Ort mit den Leuten gesprochen. Die Straubinger Staustufe ist ein mächtiges Bauwerk. Viele ökologisch Denkende werden sagen, das war ein massiver Eingriff in die Natur, es wurde viel zerstört. Mittlerweile ist im Hinterland der Staustufe Straubing ökologisch Wertvolles entstanden. Die Schifffahrtsverwaltung hat dazu eine Broschüre herausgegeben; ich habe sie hier vorliegen. Darin wird dargestellt, was dort entstanden ist. Mittlerweile diskutiert man darüber, ob man diesem Bereich den FFH-Status verleihen sollte. Um die Verlogenheit deutlich zu machen: Die Schifffahrtsverwaltung wurde angewiesen, dass diese Broschüre vor der Bundestagswahl nicht verteilt wird, weil sie positive Aspekte enthält.

(Zurufe der Abgeordneten Kaul (CSU) und Meyer (CSU))

Die Schifffahrtsverwaltung hat angegeben, die Broschüre darf nicht verteilt werden, weil positive Aspekte darin stehen. Das zeigt doch die Verlogenheit. Sie wollen sich nicht mit den Fakten beschäftigen.

(Beifall bei der CSU – Kaul (CSU): Bundesbehörde!)

Ich werde gerade darauf hingewiesen: Die zuständige Bundesbehörde hat das untersagt.

Ich fasse zusammen: Beim Hochwasserschutz verwischen Sie die aktuelle Situation. Die Planungen liegen in Berlin auf den Schreibtischen und sind gefälligst zu unterschreiben, damit wir an die weitere Umsetzung der Projekte gehen können. Schifffahrt spielt bei Ihnen keine Rolle; die wirtschaftlichen Argumente, Arbeitsplatzargumente spielen bei Ihnen keine Rolle. Beim Naturschutz sind Sie konservativer, als man uns das unterstellen kann. Sie sagen, alles was besteht, sei gut. Sie streuen – aus meiner Sicht – den Menschen Sand in die Augen.

Zum Antrag: Der Punkt 1, das Auffordern zum Gespräch, ist mittlerweile erledigt; auf Arbeitsebene, aber auch auf Ministerebene wird mittlerweile verhandelt. – Zu Punkt 2: Die RMD-Planungen stehen; die Unterlagen liegen in Berlin. – Zu Punkt 3: Sie werden von uns keine Vorfestlegung auf die Variante A erhalten, weil wir in ein offenes Verfahren gehen wollen. Der Antrag ist hinfällig und in der Sache falsch. Deshalb werden wir beide Anträge ablehnen.

Zum Schluss sei mir zunächst noch eine Bemerkung zu Kollegin Kellner gestattet. Sie hat gefragt, wie das die Menschen vor Ort aufnehmen. Als niederbayerischer Abgeordneter möchte ich sagen – ohne dass das falsch verstanden wird: Die Wahlergebnisse vor Ort zeigen auch im Hinblick auf den Wahlkampf, der mit dem Hochwasser und dem Donauausbau gemacht wurde, dass wir, die CSU, zu Recht behaupten können, dass wir für die Bürger vor Ort sprechen und nicht irgendwelche linken Ideologen.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte einen Vorschlag unserer niederbayerischen CSU-Kollegen einbringen, der von Frau Kollegin Kellner schlecht dargestellt worden ist, nämlich das Verfahren zu trennen und zu unterscheiden zwischen Isarmündung aufwärts und abwärts. Wenn wir aus der Blockade herauskommen wollen – wir haben unterschiedliche Meinungen zu der Frage des Ausbaus –, dann lasst uns ab der Isarmündung trennen. Dann kommen wir endlich einen Schritt weiter. Wenn wir die Regierung in Berlin wieder übernehmen, werden wir das auch regeln.

Die SPD und die GRÜNEN sollten sich im Hinblick auf den Naturschutz mehr mit den Fakten beschäftigen und den Menschen keinen Sand in die Augen streuen, wenn es um den Naturschutz geht. Herrn Minister möchte ich dabei bestärken, Druck in Berlin zu machen, damit wir hier weitermachen können.

(Beifall bei der CSU)

Um das Wort hat noch einmal Frau Kollegin Peters gebeten.

Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Es könnte der Eindruck entstehen, dass heute der „unsinnige Donnerstag“ ist. Ich habe im Kalender nachgeschaut: Er ist es nicht.

(Meyer (CSU): Das war doch mit aller Sachlichkeit!)