Kümmern Sie sich lieber um den Erhalt und die Verbesserung der bayerischen Staatsstraßen, für die Sie zuständig sind und die sich teilweise in bemitleidenswertem Zustand befinden.
Auch die Bahn hat im letzten Jahr mehr Mittel des Bundes für den Ausbau und die Verbesserung des Schienennetzes erhalten als jemals zuvor,
sogar mehr, als sie mit ihren Planungskapazitäten umsetzen konnte. Dass es beispielsweise seit Jahren unzumutbare Zustände bei der Münchner S-Bahn gibt und dass es mit dem dringenden Ausbau bei der S-Bahn in der Region Nürnberg nicht weiter geht, ist nicht die Schuld des Bundes, sondern liegt einzig und allein im Verantwortungsbereich des bayerischen Wirtschaftsministers.
Wessen Rede vor Selbstgerechtigkeit strotzt, von dem kann man auch kein anständiges Verhalten Kollegen gegenüber erwarten.
Ich will mit meinen Ausführungen fortfahren; vielleicht stößt dies ja bei den anderen, vielleicht bei Ihnen, Herr Dr. Goppel, auf Interesse.
Wunderbar waren Ihre Ausführungen, Herr Ministerpräsident, zum Transrapid-Projekt. Sie haben ebenfalls versucht, eine angebliche Benachteiligung Bayerns herbeizureden. Tatsache ist, dass Ihr bayerischer Wirtschaftsminister, mit dem Sie gerade plauschen, leider nicht in der Lage ist, das Transrapid-Projekt in Bayern augenblicklich und in naher Zukunft zu verwirklichen. Im fehlen dazu nämlich sämtliche Voraussetzungen: Er hat keine Trasse, auf der der Transrapid fahren könnte; er hat kein Geld, um ihn zu finanzieren; er hat keinerlei Akzeptanz in der betroffenen Bevölkerung; er hat keine Planungssicherheit; er kann vor allem nicht ausschließen, dass die Finanzierung des Transrapid zulasten anderer öffentlicher Nahverkehrsprojekte geht.
Wer selbst nicht in der Lage ist, ein solches Projekt auf die Beine zu stellen, sollte sich lieber nicht beim Bund darüber beklagen, dass er angeblich benachteiligt wird.
Im Übrigen hat Ihr Wirtschaftsstaatssekretär Spitzner gestern von diesem Platz aus Bundesverkehrsminister Stolpe ausdrücklich – ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben – für seine Kooperation und die von ihm zugesicherten Finanzierungsanteile des Bundes gelobt.
Eine weitere Hilfe des Bundes, die wir dringend benötigen würden, wollen Sie offensichtlich überhaupt nicht annehmen. Ich spreche vom Investitionsprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“, mit dem in den nächsten Jahren vom Bund rund 4 Millionen e angeboten werden, um die Qualität der Bildung zu stärken und benachteiligte Kinder besser fördern zu können. Mit Hilfe dieses Programms könnten in Deutschland bis zu 10000 Ganztagsschulen unterstützt werden. Ich frage: Warum beteiligen wir uns an einem solchen Programm nicht, wo wir doch in Bayern bei Ganztagsschulen leider den größten
Aus diesem Programm stehen nach dem Verteilungsschlüssel für Bayern bis zum Jahr 2007 fast 600 Millionen e Bundesmittel zur Verfügung, die wir sonst niemals erhalten würden und die der Bund den Ländern ohne rechtliche Verpflichtung zur Verfügung stellt. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass Sie dann auch noch beklagen, dass das nur eine Anschubfinanzierung, aber keine dauerhafte Hilfe ist.
Wollen Sie denn wirklich – das wäre allerdings neu – dauerhaft eine Beteiligung des Bundes an Aufgaben, die ursächliche und ureigene Aufgaben der Länder sind, nämlich Schule und Bildung, und nach unserer Auffassung auch bleiben sollen? Wir wollen das nicht. Wenn der Bund auf diesem Gebiet aber zu Recht einen gewaltigen gesellschaftlichen Reformbedarf und einen Rückstand erkennt, den Sie aus ideologischen Gründen nicht beseitigen wollen, dann ist es doch sinnvoll und positiv, wenn die entsprechenden Mittel zumindest angeboten werden. Sie müssen Sie ja nicht nehmen. Wir raten aber: Wir sollten sie nehmen; das würde unserem Land gut tun.
Meine Damen und Herren, es kann doch nicht so bleiben, dass in Bayern Frauen und Männer weiterhin Beruf und Familie nicht miteinander in Einklang bringen können, weil Sie nicht bereit und in der Lage sind, genügend Betreuungseinrichtungen für die Kinder zur Verfügung zu stellen.
Mein Fazit aus den von Ihnen vorgetragenen Perspektiven für die kommenden Jahre lautet wie folgt: Wir sind in Deutschland Schlusslicht bei den Angeboten an Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem bei Kinderkrippen und Nachmittagsangeboten. Das werden wir leider auch bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, offensichtlich wird auch bei der Altersteilzeit mit zweierlei Maß gemessen. Der Bund hält sich an den vereinbarten Stufenplan. Sie gehen dagegen wiederum drei Schritte in die falsche Richtung. Sogar gegen den Beschluss des Bayerischen Landtags wollen Sie die Antragsaltersgrenze von 63 auf 64 Jahre heraufsetzen. Das ist angesichts der in Bayern dramatisch gestiegenen Arbeitslosigkeit eine bedenkliche Fehlentscheidung, die ihnen die Personen, die im Vollzugsdienst, bei den Feuerwehren, bei der Polizei und in der Justiz tätig sind, nicht danken werden. Diese Personen werden es Ihnen auch nicht danken, dass Sie
unsere Anträge auf notwendige Stellenmehrungen bei der Justiz und der Polizei stets abgelehnt haben.
Alle sind sich einig, dass es in dieser wirtschaftlichen Situation darauf ankommt, einen Stimmungsumschwung zu schaffen und bei wichtigen Unternehmensentscheidungen, aber auch beim Handwerk und beim Mittelstand, zu helfen. Wenn man dagegen sieht, wie derzeit gezielt schlechte Stimmung gemacht wird, damit sich ja nichts bessert, braucht man sich über nichts mehr zu wundern. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang ein paar kurze Anmerkungen zu der gestern von der bayerischen Wirtschaft gestarteten Kampagne „Aufbruch jetzt“. Was die Vertreter der bayerischen Wirtschaft hier anzetteln – übrigens in erkennbarer zeitlicher Kooperation mit den Oppositionsparteien –, hat mit Reformbemühungen für unser Land wahrlich nichts zu tun.
Hier geht es nur um ein Ziel, nämlich eine egoistische Besitzstandswahrung. Dieses Ziel wird von Wortführern vorgetragen, die mit ihren großen Unternehmungen zu den Meistbegünstigten der Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung gehören.
Wer wie die Vertreter der bayerischen Wirtschaft immer wieder den Abbau von Subventionen fordert und Subventionen als nicht marktwirtschaftlich bezeichnet, gleichzeitig aber jede Kürzung von Subventionen bei sich selbst strikt ablehnt bzw. jegliche Beseitigung von Ausnahmeregelungen für sein eigenes Klientel kritisiert, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern auch ein plumper Egoist und Lobbyist.
Der Präsident des Bayerische Städtetages, Josef Deimer hat diese Aktion zu Recht als scheinheilig bezeichnet. Herr Rodenstock fordert Reformen, weil, ich zitiere, „Besitzstände verändert werden müssen“. Leider meint er damit immer andere. Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose sollen Kürzungen hinnehmen, ebenso Rentnerinnen und Rentner. Kranke sollen für ihre Behandlung mehr bezahlen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen gefälligst auf ihren Kündigungsschutz verzichten. Alle sollen Einschränkungen hinnehmen, die Unternehmer aber nicht. Dabei zahlen diese Herrschaften aus den großen Unternehmen ohnehin schon längst keine Steuern mehr. Diese staatsbürgerliche Verpflichtung überlassen sie anderen, nämlich den Arbeitnehmern, den Handwerkern und den kleinen und mittleren Unternehmen.
Vorschläge sind gefragt, zum Beispiel zur Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Landesteilen Bayerns. Wenn die Staatsregierung jetzt im Landesentwicklungsprogramm davon spricht, dass dieser Auftrag weitgehend erfüllt sei – ein Verfassungsauftrag –, spricht diese Aussage der Lebenswirklichkeit der Menschen in vielen bayerischen Regionen Hohn. Alle Indikatoren wie Einkommen, Kaufkraft, Beschäftigung, schulische Bildung, berufliche Ausbildung usw. belegen ebenso wie die Daten des Bayerischen Sozialberichts, dass die Dis
paritäten zwischen den Regionen des Freistaates immer größer werden, dass die Schere immer weiter auseinander klafft. Dies ist auch Auswirkung der verfehlten Verwendung der üppigen Privatisierungserlöse, die nach dem Motto „Wer hat, dem wird gegeben“ ausgereicht werden.
Mit dem gestern vom Parlament verabschiedeten Landesentwicklungsprogramm wird hier leider keine neue Entwicklung eintreten. Wenn Ihnen zu den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in den verschiedenen bayerischen Landesteilen nichts besseres einfällt, als mit einer lächerlichen Umfrage für die Staatskanzlei die Franken als verklemmt zu diffamieren, wie ich das unlängst in der „Abendzeitung“ gelesen habe, dann ist das ein Armutszeugnis. Als Münchner kann ich dazu nur sagen: Für uns Oberbayern ist ein solches Verhalten peinlich. Wir wollen nicht immer das Klischee der Arroganz und der Überheblichkeit angehängt bekommen, das dadurch im ganzen Land verbreitet wird.
Meine Damen und Herren, ich begrüße ausdrücklich, dass wieder einmal ein Bürokratieabbau in Bayern angekündigt wird. Der Abbau von Bürokratie ist überfällig, notwendig und sinnvoll. Das Kabinett hat gestern beschlossen, dass nur noch Regelungen beschlossen werden, die notwendig sind. Ich frage mich, welche Regelungen Sie in der Vergangenheit beschlossen haben.
Herr Ministerpräsident, wenn Sie Ihre Minister richtigerweise anweisen, nur noch Verordnungen zu erlassen, die einen Sinn machen, muss ich Sie fragen, welche Verordnungen in den letzten Jahren erlassen wurden.
Ich hoffe, dass Sie es diesmal ernst meinen. Schon im Jahre 1998 haben Sie uns vor der Landtagswahl eine interministerielle Arbeitsgruppe angekündigt, die von Herrn Staatsminister Huber geleitet werden sollte. Dies ist dann im Sande verlaufen. Ich glaube, diese Kommission hat nicht einmal einen Schlußbericht zustande gebracht.
Mit der angekündigten Entbürokratisierung sollten sie an den bayerischen Hochschulen und den Schulen beginnen. Wir müssen diesen Institutionen mehr Autonomie und Entscheidungsfreiheit geben. In den Schulen sollte nicht täglich ein kultusministerielles Schreiben ankommen. Ein eigenes Profil, mehr Eigenverantwortung und pädagogischer Freiraum wären hilfreich, kosteten nichts und sparten sehr viel Geld. Zu einer nüchternen Bestandsaufnahme der bildungspolitischen Situation in Bayern gehört die ehrliche Feststellung, dass Bayern im bundesweiten Vergleich die wenigsten Abschlüsse, die niedrigste Abiturientenquote und die meisten Durchfaller und Sitzenbleiber hat. Sage und schreibe 10 Prozent