Protocol of the Session on January 29, 2003

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist erwähnt worden, dass Kollege Faltlhauser zur Vorbereitung der Finanzministerkonferenz in Berlin sein muss. Ich bin dankbar, dass man dafür auch Verständnis hat. Ich freue mich selber allerdings, das sage ich ganz offen, dass ich als Vertreter der Kommunalaufsicht und damit auch der Sparkassenaufsicht in den Gremien der Landesbank auch einige Bemerkungen machen darf.

Ich will zunächst hervorheben, dass ich meine, dass jedenfalls eine breite Mehrheit in diesem Haus ein großes Interesse daran haben muss, das unterschiedlich gegliederte Bank- und Kreditwesen aufrechtzuerhalten trotz Wegfall von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast. Deswegen hatten wir ja auch, übrigens sogar einstimmig, das Sparkassengesetz geändert. Aber jedermann muss klar sein, dass die Sparkassen auf Dauer in der Konkurrenz nur bestehen können, wenn sie auch ein schlagkräftiges Dachinstitut haben. Deswegen muss unser gemeinsames Anliegen sein, in dieser schwierigen Umstrukturierungsphase bei Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast, dass wir trotzdem – Kollege Bernhard hat es angesprochen – dauerhaft bei einem hervorragenden Rating bleiben, weil das für die Arbeit des Instituts, aber damit letztlich auch der kommunalen Sparkassen von großer Bedeutung ist.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schönen Gruß an Wiesheu!)

Deswegen bitte ich alle eindringlich darum, der Versuchung zu widerstehen, die Landesbank als parteipolitisches Instrument zu missbrauchen. Wenn Sie bei Vertretern der Sparkassenseite nachfragen, wird Ihnen jeder bestätigen, dass es in den Gremien der Landesbank keinerlei parteipolitische Diskussionen oder Interessen gibt. Die Angelegenheiten werden natürlich manchmal aus unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachtet. Da ist die Frage, ob es regionale Interessen gibt, wie zum Beispiel bei der Schmidt-Bank, wo Landesbank und die Sparkassen gefordert waren, oder bei der Firma Grundig, wo andere dann unter Umständen andere regionale Interessen haben. Aber den Eindruck zu erwecken, dass hier sozusagen ein parteipolitisches Spielchen betrieben wird, das ist grundfalsch und schädigt alle Beteiligten: die Landesbank, die Sparkassen,

aber auch die Interessen des Freistaats Bayern. Ich bitte also, das in der Zukunft zu unterlassen.

Wenn der Kollege Strasser gesagt hat: Die Landesbank muss raus aus den negativen Schlagzeilen, dann hat er sicher Recht. Er muss sich aber fragen lassen, ob nicht gerade solche Veranstaltungen wie der heutige Dringlichkeitsantrag ganz bewusst die negativen Schlagzeilen schaffen, um daraus, wie man meint, einen kleinen politischen Vorteil zu haben. Ich glaube, das wäre schlecht und würde nicht im Interesse der bayerischen Sparkassen insgesamt sein.

Ich will zu den Dringlichkeitsanträgen einiges ganz Eindeutiges und Klares sagen. Zunächst muss es eine Selbstverständlichkeit und keine Frage der Geschäftspolitik sein, dass sämtliche Kredite nur nach sorgfältiger bankmäßiger Prüfung vergeben werden dürfen. Ebenso selbstverständlich ist es, dass dabei auch bankaufsichtsrechtliche Vorschriften einzuhalten sind. Darauf legt die Landesbank natürlich großen Wert. Im Übrigen ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auch entsprechend massiv tätig, um sicherzustellen, dass alle diese Vorschriften eingehalten werden. Nach den Vorfällen in Ostasien wurden umfassende Maßnahmen zur Optimierung des innerbanklichen Risiko-Controllings durchgeführt. Dass nach Südostasien – und jetzt sage ich ganz bewusst: noch vor der Sonderprüfung im Zusammenhang mit dem Kirch-Engagement – darüber hinaus eine umfassende Neuorganisation des Kreditgeschäfts erfolgt ist, zeigt, dass die Aufsichtsgremien nur die grundlegenden Fragen behandeln, sich aber keineswegs in die einzelnen Kreditvergaben einmischen. Das könnten wir auch gar nicht.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat gerügt, dass Kreditvorlagen teilweise nicht mit der banküblichen Sorgfalt bearbeitet worden waren. Die Aufsichtsgremien sind ihrer Aufgabe aber grundsätzlich gerecht geworden.

Ich will auch folgenden Hinweis geben: Die Geschäfte der Landesbank werden vom Vorstand geführt. So bestimmt es das Gesetz. Der Verwaltungsrat beschließt die allgemeinen Richtlinien für die Geschäftspolitik der Bank und überwacht deren Geschäftsführung. Hier haben auch die vom Freistaat entsandten Mitglieder mitzuwirken, übrigens genauso wie die Sparkassenvertreter. Es ist aber nicht Aufgabe der Staatsregierung, einzelne Kredite zu vergeben oder die Geschäftspolitik im Einzelnen festzulegen.

Bezüglich der Frage nach dem Ergebnis ist es mir auch ein Anliegen, deutlich zu machen, dass zwar, wie bei fast allen Großbanken, das rein operative Geschäft wohl negativ sein wird, dass aber das Jahresergebnis im Unterschied zu manch großem Institut – das sage ich ganz bewusst – nach heutigem Erkenntnisstand wohl positiv sein wird, wenn nicht alle Auskünfte trügen, die bisher vom Vorstand gegeben worden sind. Das heißt, dass in der Tat, natürlich auch durch die Hebung stiller Reserven, insbesondere Beteiligungsveräußerungen – öffentlich ist ja schon eine größere Veräußerung im Energiebereich genannt worden, nämlich Thüga –, ein positives Jahresergebnis erreicht wird. Ich kann Kollege

Strasser beruhigen, dass damit die Landesbank die Vorgabe erreicht, dass schwarze Zahlen deutlich besser sind als rote Zahlen. Das gilt für die Politik, aber das gilt natürlich auch und in besonderer Weise für die Landesbank. Dabei handelt es sich um einen eindeutig zulässigen und bei anderen Banken auch selbstverständlichen Vorgang. Es wird also nicht zu einer Belastung oder Inanspruchnahme der Gewährträger der Landesbank kommen. Das muss in aller Klarheit und Massivität gesagt werden.

Ich will auch deutlich sagen und herausstellen, dass die Landesbank über eine solide Eigenkapitalausstattung verfügt. Die aufsichtsrechtliche Eigenkapitalkennziffer liegt bei circa 9,8% und damit deutlich höher als die bankaufsichtsrechtlich geforderten 8%. Somit ist ein guter Puffer vorhanden, um das Volumen der Kreditvergabe in keiner Weise zu gefährden. Dass allerdings die Kreditvergabe in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit und unter den Kriterien von Basel II größere Probleme bereitet und dass damit auch Rückgänge im Kreditgeschäft zu verbuchen sind, liegt auf der Hand. Dies ist der eigentliche Grund für die wirklich schmerzliche Reduzierung der Zahl der Mitarbeiter. Ich weise aber darauf hin, dass diese Rückgänge im Vergleich zu den Reduzierungen der Beschäftigtenzahl bei anderen großen Banken und Finanzinstituten am untersten Rand angesiedelt sind. Gerade als jemand, der diese Entwicklung nicht nur am Standort München, sondern auch am Standort Nürnberg mit großem Interesse und manchmal auch mit Sorge sieht, sage ich noch einmal, dass ich den Verlust jedes einzelnen Arbeitsplatzes bedauere. Die Zahl liegt aber insgesamt bei circa 700. Nicht nur auf Bayern bezogen, sondern auch insgesamt ist diese Zahl im Verhältnis zu den Reduzierungen bei anderen großen Kreditinstituten eher gering und zeigt, dass die Landesbank insgesamt wirtschaftlich gesund ist. Allerdings müssen auch große Anstrengungen unternommen werden, um die Geschäftspolitik auf die neue Situation nach Wegfall der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung einzustellen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen und herzlich darum bitten, sich seiner Verantwortung bewusst zu sein. Trotz des politischen Vorteils, den man meint, mit irgendeiner Schlagzeile zu erzielen, würde man den Sparkassen und deren Dachinstitut einen Bärendienst erweisen. Eine vernünftige, kritische Aufsicht ist selbstverständlich. Ich meine auch, dass selbst die Oppositionsseite einräumen muss, dass Kollege Faltlhauser im Haushaltsausschuss sehr offensiv und sehr umfangreich berichtet hat. Ich glaube, dies kann nicht ernsthaft bestritten werden. Ich habe den Bericht selbst gelesen. Ich weiß auch, dass der Finanzminister und das Finanzministerium so offensiv wie nur möglich informiert haben. Unter reinen Bankgesichtspunkten hätte man das lieber etwas defensiver gehabt, weil Bankkunden es ungern sehen, dass derartige Fragen in der Öffentlichkeit diskutiert werden.

Also noch einmal: Eine kritische Überprüfung in den Gremien muss selbstverständlich sein. Ich bitte aber eindringlich darum, der Versuchung zu widerstehen, mit billigen parteipolitischen Spielchen die Interessen der Landesbank, der Sparkassen und des Freistaates Bayern zu gefährden. Der Vorstand hat die Aufgabe, das Geschäft

sorgfältig zu führen. Die Gremien haben ihrer Verantwortung nachzukommen und tun das auch, weswegen es derartiger Dringlichkeitsanträge, wie sie heute vorliegen, nicht bedarf. Deswegen bitte ich, diese entsprechend abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Minister. Damit ist die Aussprache zu diesem Punkt beendet. Wir können aber noch nicht abstimmen, weil die CSU namentliche Abstimmung beantragt hat und die Viertelstunde Karenzzeit noch nicht abgelaufen ist. Deswegen fahren wir in der Behandlung der Dringlichkeitsanträge fort und stimmen nach angemessener Zeit über diese beiden Dringlichkeitsanträge später ab. Ich wiederhole: Namentliche Abstimmung ist beantragt.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Elisabeth Köhler und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entschließung zur Irakkrise (Drucksache 14/11410)

und die nachgezogenen Dringlichkeitsanträge:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Dr. Bernhard, Dr. Fickler und anderer und Fraktion (CSU)

Entschließung zum Irak-Konflikt (Drucksache 14/11442)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Prof. Dr. Gantzer und Fraktion (SPD)

Entschließung zum Irak-Konflikt (Drucksache 14/11443)

Ich eröffne dazu die gemeinsame Aussprache. Wortmeldungen: Zunächst Frau Köhler.

Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Nachrichten in diesen Tagen sind geprägt von einem drohenden Krieg im Irak. Die Rede von Präsident Bush in der vorangegangenen Nacht lässt aus meiner Sicht nur eine Deutung zu: Amerika ist wild entschlossen, das Regime in Bagdad durch einen Krieg zu beseitigen. Die amerikanische Regierung will diesen Krieg notfalls auch ohne UNO-Unterstützung führen. Seit Wochen werden von der US-Regierung Beweise versprochen, die diesen Krieg rechtfertigen sollen. Bis heute wurden diese Beweise aber nicht vorgelegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Menschen sind zutiefst beunruhigt darüber, welche Auswirkungen dieser Krieg haben wird und zu welchen Verwerfungen es kommen wird. Deshalb halten wir es für angebracht, dass auch

der Bayerische Landtag zu diesem Konflikt Stellung bezieht.

Nun habe ich gestern zwischendurch gehört, dass man in der CSU-Fraktion der Ansicht war, dass bei diesem Thema der bayerische Bezug fehle. Ich musste mich doch sehr, sehr wundern; denn das Thema „Krieg und Frieden“ hat diesen Landtag in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigt. Ich habe daraufhin im Archiv nachgesehen und festgestellt: Vor dem letzten Irak-Krieg 1990 gab es ebenfalls von allen drei Fraktionen Entschließungsanträge. Zu den Entwicklungen zum Beispiel im ehemaligen Jugoslawien gibt es eine ganze Reihe von Anträgen, die wir damals diskutiert haben und wozu der Bayerische Landtag Position bezogen hat. Aus meiner Sicht wäre es für dieses Parlament ein Armutszeugnis, wenn es sich nicht mit solchen existenziellen Fragen beschäftigen würde.

Die rot-grüne Bundesregierung hat schon sehr früh deutlich gemacht, dass sie eine Beteiligung an diesem Krieg ablehnt. Wir begrüßen diese eindeutige Position und stellen fest, dass dieses Nein zum Krieg seit Monaten konsequent durchgehalten wird. Was wurde nicht alles geschrieben, um diese Position zu verunglimpfen? Auch heute Vormittag haben wir wieder einige dieser Vorwürfe gehört: Deutschland würde sich isolieren und hätte international keinen Einfluss mehr. Ein weiterer Vorwurf: Das Nein zum Krieg wäre Antiamerikanismus.

Mittlerweile muss man feststellen, dass dieses klare Nein Deutschland keineswegs in die Isolation getrieben hat, sondern dass viele unserer europäischen Nachbarn mit uns auf einer Linie sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernhard (CSU): Kein einziger!)

Haben Sie die „Süddeutsche Zeitung“ vom Samstag nicht gelesen? Dort wurde aufgelistet, welches Land in dieser Frage welche Position einnimmt.

(Willi Müller (CSU): Welches Land zum Beispiel?)

Ich nenne nur als Beispiel den Umdenkungsprozess der britischen Regierung. Beim deutsch-französischen Gipfel war ebenfalls eine Annäherung an die deutsche Position zu beobachten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Willi Müller (CSU): Das war aber nicht die gleiche Position!)

Meine Damen und Herren, auch in der amerikanischen Öffentlichkeit entwickelt sich immer mehr Skepsis und Ablehnung gegenüber dem Krieg, was sich in den Umfragen und Demonstrationen zeigt, die dort durchgeführt werden. Diese Entwicklung ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass weder die amerikanische Regierung noch die Waffeninspekteure bisher Beweise vorgelegt haben, die einen Krieg rechtfertigen würden. Diese Entwicklung macht deutlich, dass die Bundesregierung mit ihrer Ablehnung richtig liegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Worum geht es bei diesem Krieg? Hier möchte ich ein bißchen in die Geschichte zurückblicken. Ein von den westlichen Staaten abgelehnter und mit modernsten Waffen ausgerüsteter Diktator treibt in einer Region sein Unwesen, deren Erdöl für die USA und die Industriestaaten lebensnotwendig ist. Als dieser Diktator in den Siebziger- und Achtzigerjahren seine eigene Bevölkerung aus den Dörfern und Städten vertrieb, sie in Sammellager steckte, massenhaft umbringen ließ und sogar Giftgas gegen sie einsetzte, hat sich niemand für diese Gräueltaten interessiert. Man wusste in Europa und Amerika: Saddam Hussein ist ein Schurke, aber ein Schurke, der auf der richtigen Seite stand. Man hat ihm die Teile, aus denen er die gefährlichen Massenvernichtungswaffen baute, ohne Hemmungen geliefert. Auch deutsche und bayerische Firmen waren daran beteiligt. Dies haben die Prozesse, die vor einigen Jahren liefen, bewiesen. Herr Dr. Stoiber hat heute Vormittag in seiner Regierungserklärung beklagt, dass Massenvernichtungswaffen in den Händen von Diktatoren liegen. Das genügt nicht. Wer nicht will, dass Diktatoren Massenvernichtungswaffen herstellen, muss zusammen mit den Grünen für eine restriktive Waffenexportpolitik kämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier vermisse ich Ihr Engagement. Saddam Hussein wurde für die westliche Welt erst zur Gefahr, als er Kuwait überfiel. Er wurde zu eigenmächtig. Unter seiner Führung drohte der Irak zu einer arabischen Großmacht aufzusteigen. Dies wurde mit dem zweiten Golfkrieg durch eine breite Allianz von westlichen und arabischen Staaten mittels einer militärischen Invasion verhindert. Kuwait wurde befreit. Als jedoch am Ende des zweites Golfkriegs die Opposition im Irak, nämlich die Schiiten im Süden und die Kurden im Norden, über einen Aufstand einen Regimewechsel herbeiführen wollten, wurden sie von den alliierten Streitkräften schmählich im Stich gelassen. Den Regimewechsel, den man heute herbeibomben will, hätte man vor zwölf Jahren vollziehen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies hätte dem irakischen Volk viel Leid erspart. Statt dessen wurde ein Embargo verhängt, das in der Bevölkerung zu einer unglaublichen Verelendung führte. Nur eine Zahl: Rund 1,38 Millionen Iraker und Irakerinnen sind bis August 2000 an den Folgen der Sanktionen gestorben, darunter 563000 Kleinkinder unter 5 Jahren. Dieses Embargo konnte jedoch die Auffüllung der Waffenarsenale und die Bereicherung des Familienclans von Saddam Hussein nicht verhindern. Wer eine Möglichkeit hat, das Land zu verlassen, tut dies. Das können wir an den Flüchtlingszahlen ablesen. Des weiteren wurden im Süden und im Norden des Irak so genannte Flugverbotszonen eingerichtet, in denen die Amerikaner bis heute ständig Kontrollflüge durchführen und irakische Flugzeuge, aber auch andere Einrichtungen, permanent bombardieren. Ich sage Ihnen: Saddam Hussein ist einer der bestkontrolliertesten Diktatoren dieser Welt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach dem zweiten Golfkrieg, in den Jahren 1992, 1993 und 1996, war ich in den Kurdengebieten des Nordiraks unterwegs. Ich habe gesehen, was dieses brutale Regime angerichtet hat. Von 5000 kurdischen Dörfern wurden 4500 dem Erdboden gleichgemacht. Die Menschen wurden in Sammellager mit Stacheldraht und militärischer Bewachung gesteckt. Ich habe die Folterkammern gesehen und die Massengräber, in denen die Menschen verscharrt wurden. Ich habe mit den Barsan-Witwen gesprochen, die bei einer einzigen Militäraktion all ihre männlichen Angehörigen – Ehemänner, Brüder, Söhne und Väter – im Alter von 3 bis 90 Jahren verloren haben. 8000 dieser männlichen Angehörigen sind bei dieser einzigen Militäraktion verschwunden. Deshalb sage ich Ihnen: Ich bin für einen Regimewechsel im Irak. Ich bin aber gegen diesen Krieg. Meine Damen und Herren, dieser Krieg birgt die Gefahr in sich, dass es in der gesamten Region zu nicht mehr kontrollierbaren Verwerfungen kommt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Region ist von dem ungelösten und ständig eskalierenden Palestinakonflikt gekennzeichnet. Die arabischen Herrscherhäuser, die mit den Amerikanern paktieren und dafür große Summen und Militärhilfe bekommen, haben nicht mehr den Rückhalt in ihrer Bevölkerung. Was die Menschen in der arabischen Welt empört – um nur ein Beispiel zu nennen –, ist der Umstand, das der Westen, dass Amerika mit zweierlei Maß mißt. Diese Menschen sagen: Wenn Isarel eine UNO-Resolution verletzt, passiert nichts. Solche Äußerungen hört man auch immer wieder in englisch-sprachigen Diskussionssendungen. Wenn jedoch der arabische Führer Saddam Hussein eine UNO-Resolution verletzt, wird er bestraft; dann wird gegen ihn ein Krieg geführt. Man mag diese Sichtweise für völlig falsch halten.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Ja!)

Wir dürfen jedoch nicht ignorieren, dass diese Sichtweise bei den Menschen in den arabischen Ländern vorherrscht und Wut erzeugt.