Ich halte es für falsch, wenn ich von ernsten Konsequenzen, welcher Art auch immer, überhaupt nichts mehr wissen will und wenn ich mein Abstimmungsverhalten mit dem Ziel einer Entlastung von Saddam Hussein schon offen lege, bevor die Inspekteure überhaupt etwas sagen. Das ist politisch falsch und es führt auch nicht zu einer weiteren Sicherung des Friedens. Das sage ich Ihnen ganz offen. Das ist kein substanzieller Beitrag zur Sicherung des Friedens.
Es ist überhaupt keine Frage, man kann unterschiedlicher Meinung sein. Ich halte es aber für unakzeptabel, sich gegenseitig zu unterstellen, man führe Deutschland in den Krieg.
Ich glaube, jeder hat Verständnis dafür, dass ich meine Stellungnahme zum Irak natürlich davon abhängig gemacht habe, was heute Nacht der amerikanische Präsident gesagt hat. Das wollte ich noch einmal deutlich machen.
(Beifall bei der CSU – Frau Christine Stahl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben einfach nicht zugehört! – Maget (SPD): Würden Sie eigentlich meine Frage, ob Sie einem Militäreinsatz zustimmen, beantworten?)
Von Seiten der Opposition, vor allem von der vorletzten Rednerin, ist gesagt worden, die anderen Länder würden sich erholen, Bayern würde an Vorsprung gegenüber den anderen Ländern verlieren.
Dazu muss ich ganz ehrlich sagen, zeigen Sie mir bitte ein Land, das den Abstand in der wirtschaftlichen Leistungskraft gegenüber Bayern verkürzt hat.
Wir haben leider eine gerade gegenläufige Situation. Gegenläufig bedeutet, dass wir im Laufe der letzten Jahre das Land mit dem größten Finanzausgleichsbeitrag geworden sind. Wir müssen uns das noch einmal vor Augen führen. Wir geben weit über 2,3 Milliarden e an Finanzausgleichsleistungen an die anderen Länder. Wenn ich den Umsatzsteuervorwegausgleich auch noch hinzurechne, zahlen wir bis zu 4 Milliarden e für die anderen Länder. Eine Änderung – sie haben das damals sehr hart kritisiert – bekommen wir erst zum 1. Januar 2005. Dann wird sich die Reform des Länderfinanzausgleichs noch mehr zu Gunsten Bayerns auswirken, als wir es vor zwei Jahren noch absehen konnten. Wir werden also eine wesentlich größere Entlastung bekommen. Ich glaube, wir können hier sehr deutlich machen, dass unser Land eine gewaltige wirtschaftliche Potenz hat. Deswegen brauche ich in diesem Zusammenhang hier keine Schweiß-, Blut- und Tränenrede halten. Diese Rede muss, soweit es um die makroökonomischen Bedingungen geht, andernorts geführt werden.
Hier entscheiden wir nicht über die Veränderungen an den sozialen Sicherungssystemen, welche dringend notwendig sind. Darüber werden wir an anderer Stelle entscheiden. Wir brauchen diese Veränderungen allerdings, und wir müssen sehen, was wir in unserem Lande tun können, um bestimmte Fehlentwicklungen zu korrigieren. Ich nenne nur die Bildungspolitik. Wir sind ein attraktives Land. Ich nenne die Mittelstandspolitik, soweit das Land dafür zuständig ist. Vor allen Dingen sind wir auch für die Sicherheitspolitik und für die Kulturpolitik zuständig. Das sind Schwerpunkte, bei denen die bayerische Landespolitik in bestimmten Bereichen autonom handeln kann. Diese Zuständigkeiten haben wir im Laufe der letzten Jahre auch massiv genutzt, um eine entsprechende Entwicklung zu erreichen.
Ich habe hier gehört, Bayern wäre nicht weltoffen. Wir sind das Land mit den meisten Zuwanderern, die zu uns kommen. Ich möchte mich an Fakten orientieren. Fakt ist aber nun einmal, dass, wie ich in meiner Rede ausgeführt habe, im Saldo jedes Jahr hunderttausend Menschen in unser Land kommen. Circa zwei Drittel davon sind Inländer. Für viele Leute sind wir ein attraktives Ziel, wo man bessere Arbeitsplätze, eine bessere Schulbildung, eine bessere Hochschulbildung und in manchen Bereichen auch bessere Lebensbedingungen als in anderen Ländern findet. Sonst würden sich die Menschen nicht zu uns begeben. Ein Drittel der Zuwanderer – also rund 30000 Menschen – sind Ausländerinnen und Ausländer. Also geht diese Attraktivität auch über die Grenzen Deutschlands hinaus.
Einerseits sind wir das Land, welches die größten Ausgleichsleistungen für andere Länder trägt. Vor zehn Jahren waren wir das noch nicht. Andererseits sind wir ein Land mit massiver Zuwanderung. Genau das negieren Sie. Sie negieren die Fakten und bilden sich ein Bild von Bayern, welches der Wirklichkeit nicht entspricht. Wir können das richtige Bild mit Fug und Recht deutlich darstellen, weil wir über viele Jahrzehnte weg in diesem Lande immer wieder die Mehrheit bekommen haben.
Das letzte Wahlergebnis von fast 60% bedeutet ja nicht gerade eine Demotivierung der CSU und der Staatsregierung, sondern das Gegenteil.
Lassen Sie mich ein paar Detailpunkte aufgreifen, die ich für so wichtig halte, dass wir darüber weiter diskutieren und beraten. Herr Maget, Sie haben ganz besonders kritisiert, dass wir die Altersteilzeit verändert haben. In meiner letzten Regierungserklärung habe ich darauf hingewiesen, dass wir in eine ganz schwierige Situation kommen. Von 1970 bis 2001 – also während der letzten 30 Jahre – stieg das Volumen der Versorgungsausgaben von 700 Millionen DM auf 5,0 Milliarden DM, wenn ich das noch einmal in der alten Währung rechne. Damit sind die Versorgungsausgaben deutlich stärker gestiegen als im gleichen Zeitraum der Staatshaushalt insgesamt. Sie wissen, dass die Rentenlaufzeiten immer länger werden und dass das Renteneintritts- bzw. Pensionseintrittsalter unter 60 Jahren liegt. Einerseits haben wir immer weniger junge Menschen, andererseits aber werden die Renten- und Pensionslaufzeiten aufgrund der veränderten Lebensbedingungen immer länger. Teilweise dauern sie über 20 Jahre. Diesen Prozess kann ich nicht einfach weiterlaufen lassen, auch wenn meine Maßnahmen Kritik auslösen.
Im Übrigen hat die Altersteilzeit wesentlich größere Ausmaße angenommen, als es die Initiatoren geglaubt haben. Vor allen Dingen wurde sie hauptsächlich im höheren Dienst, weniger aber im einfachen, im mittleren und gehobenen Dienst in Anspruch genommen. Über das Blockmodell bekommen wir praktisch einen immer größeren Anteil von frühzeitig pensionierten Beamten. Wenn Sie schon einen so kleinen Einschnitt kritisieren und sagen, dieser sei nicht gerechtfertigt, dann frage ich Sie, Herr Maget, wie Sie größere Reformen durchführen wollen, um unsere Sozialstruktur zu sichern. Das möchte ich in aller Deutlichkeit noch einmal herausheben.
Zur Frage der Bürokratie. Ich war viereinhalb Jahre lang Innen- und Kommunalminister und hatte damit mit sehr vielen Eingriffsbestimmungen zu tun. Deshalb nehme ich im Zusammenhang mit Bürokratieabbau den Mund nicht so voll wie jemand, der mit solchen Fragen weniger praktische Erfahrung hat. Wir haben beim Abbau von Vorschriften Vieles erreicht. Allerdings ist dieser Abbau an Vorschriften durch immer neuere Vorschriften, von denen jede für sich einen Sinn macht, überkompensiert worden.
Jede Vorschrift hat einen Sinn. Heute geht es aber um die Dichte unserer Vorschriften, die unser Land wie ein Mehltau in den Griff genommen haben. Deswegen ist es heute nicht mehr zu akzeptieren, dass jede Vorschrift, auch wenn sie vernünftig ist, eingeführt wird. Jeder, der eine Vorschrift im Parlament bzw. im Kabinett vorschlägt, muss sie begründen und nachweisen, dass diese neue Vorschrift das Dickicht an Bürokratie nicht noch dichter macht. Das ist eine substanzielle Veränderung. Bisher ist es nur darum gegangen, ob eine Vorschrift vernünftig
und praktikabel ist. Das wird künftig nicht mehr ausreichen. Den gewaltigen Problemkreis kann man sonst nicht aufbrechen.
Sie haben die Frage einer Elementarversicherung angesprochen. Ich bin für eine Elementarversicherung.
Nein, das ist nicht neu. Wir haben nach dem Pfingsthochwasser 1999 gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft versucht, in der Breite eine Elementarversicherung durchzusetzen. Das Problem liegt darin, dass hier sehr schwierige rechtliche Fragen zu klären sind, beispielsweise, ob jemand, der auf einem Berg wohnt – als Extrembeispiel – eine Pflichtversicherung auferlegt bekommen kann.
Auf den Wirtschaftsministerkonferenzen der letzten zehn Jahre ist diese Frage mehrfach behandelt worden und niemals mit einem positiven Votum versehen worden. Auch die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich mit diesem Thema beschäftigt. Nach den jüngsten Hochwasserproblemen habe ich das Thema noch einmal angesprochen, auch im Gespräch mit dem Bundeskanzler im vergangenen Dezember. Jetzt ist eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden. Ich möchte auf jeden Fall erreichen, dass wir eine wesentlich größere Absicherung der Hochwassergefahren von heute, morgen und übermorgen haben – soweit das überhaupt möglich ist. Das ist immer unsere Position gewesen. Alleine können wir das nicht durchsetzen, weil das natürlich auf der Bundesebene geklärt werden muss. Ohne den Bund und die anderen Länder können wir das nicht erreichen.
Sie haben die Frage des Sitzenbleibens angesprochen. Das ist sicherlich ein Thema, das die Menschen, die Väter und Mütter sehr bewegt. Ich muss aber auch deutlich sagen: In den SPD-regierten Ländern gibt es weitaus mehr Sitzenbleiber als in Bayern. Sie können diese Zahl hinterfragen.
Sie haben wesentlich mehr Rückstellungen als in Bayern. Mit der Einführung der sechsstufigen Realschule R 6 haben wir die Quote der Sitzenbleiber an den Realschulen um deutlich mehr als 60% gesenkt. Ich halte das für einen sinnvollen Weg. Die Förderung in der Schule ist das Entscheidende. Die generelle Abschaffung halte ich in der Tat für keinen klugen bildungspolitischen Vorschlag.
Im Übrigen will ich etwas deutlich machen, das mir sehr am Herzen liegt: Das ist die Finanzsituation unserer Kommunen in Bayern bzw. in ganz Deutschland. Ich glaube, dass die Diskussion über die kommunale Finanzausstattung – jedenfalls bislang – die Fachleute und die Kommunalpolitiker bewegt, aber eigentlich nicht die große politische Diskussion ausgelöst hat. Ich glaube, dass in den großen politischen Diskussionen im Bundestag und in den großen Talk-Runden die Probleme und Nöte der Kommunen eigentlich nie eine Rolle spielen. Es werden sinnvolle und wünschenswerte Sozialmaßnahmen beschlossen; diese sind dann zu einem
wesentlichen Teil den Kommunen auferlegt worden. Denken Sie an das Zuwanderungsrecht, das in dieser Form niemals den Bundesrat passieren wird. Entweder nimmt die Bundesregierung substanzielle Änderungen vor, oder es wird ein solches Zuwanderungsrecht nicht geben. Man müsste dann eine wesentlich verkleinerte Fassung zusammenstellen, um überhaupt die wichtigsten Probleme zu lösen. Dieses Zuwanderungsrecht wird so nicht in Kraft treten. Darin ist wiederum eine Belastung für die Kommunen enthalten, die zu wenig beachtet wird.
Die mangelnden Deutschkenntnisse von Ausländerinnen und Ausländer, die bereits bei uns wohnen, sind ein zentrales Problem. Wenn man das Erlernen der deutschen Sprache von Seiten des Bundes nicht mehr fördern will, sondern diese Aufgaben alleine den Ländern bzw. den Kommunen auferlegt, dann stößt das auch auf den Widerstand der kommunalen Spitzenverbände – –
Sie können mir glauben, dass ich das Gesetz besser kenne als Sie, Herr Maget. Ich habe mich damit gründlich auseinandergesetzt.
Dieses Gesetz wird gerade deshalb von uns angegriffen, weil es nur noch Sprachförderung für neu Hinzukommende aber nicht mehr für im Lande befindliche Ausländerinnen und Ausländer vorsieht. Darin bestehen die entscheidenden Probleme.
Diese Probleme sind dann von den Kommunen auf Kosten ihrer Investitionstätigkeit und Investitionsfähigkeit zu lösen. Auch mit einem noch so guten Finanzausgleich können wir dieses Problem nicht alleine lösen, wenn die Reform der Gemeindefinanzen nicht endlich in Angriff genommen wird.
1998 hat man das in einer Regierungserklärung im Bundestag angekündigt. Dann hat man den ersten Schritt zur Gemeindefinanzreform knapp vier Jahre später im Sommer getan und eine Kommission eingesetzt. Praktisch vier Jahre lang hat man nichts getan. Jetzt wurde die Kommission eingesetzt, und ein Termin nach dem anderen wird verschoben. Die Kommission unter Federführung von Herrn Eichel kommt wiederum nicht in die Gänge.
Ich sage Ihnen voraus: Dieses Thema müssen wir mit Vehemenz vorantreiben, weil wir den Kommunen eine andere Finanzbasis geben müssen. Das Lebensgefühl der Menschen hängt ganz entscheidend von der Daseinsvorsorge, von der Schulausstattung, von den Gesellschaftseinrichtungen, von den Verkehrssituationen und all diesen Dingen ab. Aufgrund der kommunalen Schwierigkeiten beginnt sich diese Lebensqualität in Deutschland ins Negative zu verkehren.
Natürlich sind wir in Bayern noch besser dran. Alleine mit politischen Maßnahmen in Bayern können wir das aber
Meine Damen und Herren, wir stehen vor schwierigen und interessanten Monaten, weil wir die außenpolitische Lage und Situation heute noch nicht abschätzen können. Zum anderen sehe ich mit großer Sorge, dass die wirtschaftliche Situation in unserem Lande in diesem Jahr außerordentlich schwierig wird. Locker vom Hocker wird hier – meines Erachtens auch aus Unkenntnis – die Einführung einer Dienstwagensteuer mit der Begründung gefordert, bisher werde ein paar Dienstwagenfahrern, vor allen Dingen den Ministerinnen und Ministern oder Vorstandsvorsitzenden, ein kleiner Obolus gegeben. Ich nenne das als Beispiel dafür, mit welcher Lockerheit und Naivität Sie an Probleme herangehen, von denen Sie wirklich nichts verstehen.
(Beifall bei der CSU – Widerspruch der Frau Abge- ordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))