Protocol of the Session on December 11, 2002

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte Ihnen noch eines mit auf den Weg geben. Wenn es im Neuen Testament eine Predigt gegen die Selbstgerechtigkeit gibt, dann ist das die Bergpredigt. Vielleicht lesen Sie sie noch einmal nach; vielleicht sprechen Sie dann das nächste Mal zum richtigen Thema.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Eykmann (CSU): Gerne messe ich mich mit Ihnen im Lesen der Bibel!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Zu einer persönlichen Erklärung gemäß § 110 der Geschäftsordnung hat jetzt Kollege Wörner das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es wurde offensichtlich aufgrund von Zuträgern, denen die Kälte gestern nicht ganz gut tat, behauptet – da hört man manchmal das, was man hören will, und das, was man nicht hören will, hört man nicht – –

Herr Kollege, Sie können nur persönliche Angriffe zurückweisen, aber nicht zur Sache sprechen.

Es wurde behauptet, ich hätte gestern im Namen der SPD-Landtagsfraktion etwas gesagt. Sie differenzieren ja schon untereinander. Der Herr Staatsministers behauptet, ich hätte für die SPD Bayern gesprochen. Was gilt denn nun in Wirklichkeit? Es wird also behauptet, ich hätte gesagt, die SPD-Landtagsfraktion begrüßt die 3-%-Forderung. Dieses weise ich zurück. Ich habe gestern wörtlich gesagt: Wir können diese Forderung verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein kleiner Unterschied. Deshalb weise ich das zurück und darf aus der Bibel zitieren: Du sollst kein falsches Zeugnis geben.

(Beifall bei der SPD – Ach (CSU): Wir lesen einmal das Protokoll!)

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/11214 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Herr Kollege Hartenstein und Frau Kollegin Gote. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Gote und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Islamischer Religionsunterricht (Drucksache 14/11215)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Gote.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 13. Dezember 2000 hat der Bayerische Landtag die Staatsregierung fraktionsübergreifend dazu aufgefordert, an den bayerischen Schulen islamischen Religionsunterricht einzurichten. Das Ziel dieses Antrages – das war über alle Fraktionen hinweg klar – war eindeutig ein Religionsunterricht, keine islamische Unterweisung. Jetzt sind fast auf den Tag genau zwei Jahre vergangen.

(Herrmann (CSU): Es steht beides in dem Antrag!)

Beides steht im Antrag, aber Sie wissen, und ich sage es auch hier, dass in der Debatte von allen ganz klar gesagt worden ist: Wir wollen den Religionsunterricht; das ist unser Ziel. Zwei Jahre später, fast auf den Tag genau, sind wir noch keinen Schritt weitergekommen. Man muss den Eindruck haben, dass blockiert wird. Die Staatsregierung will offensichtlich den Beschluss des Landtags nicht umsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird zugunsten des abgespeckten Modells blockiert. Im Antrag stand beides, das ist schon richtig, auch die islamische Unterweisung. Die islamische Unterweisung in deutscher Sprache ist das Lieblingskind des Kultusministeriums, während der islamische Religionsunterricht wohl das Stiefkind bleiben soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum ist das so? – Weil man sich dann nicht mit den islamischen Gemeinschaften auseinander setzen muss, sprich an einen Tisch setzen muss, weil man dann weiter den alten Pfad verfolgen kann. Ich sage Ihnen: Diese islamische Unterweisung ist mir eindeutig zu türkisch orientiert.

(Zuruf von der CSU)

Ich sage nur, welcher Eindruck sich mir aufdrängt. Man kann sagen: Vielleicht ist das Kultusministerium einfach nicht in der Lage, das umzusetzen. Wenn ich es aber näher betrachte, muss ich schon sagen: Ich habe ganz deutlich den Eindruck, dass der Islam nicht die gleiche Stellung wie die anderen Religionen, sprich die christliche oder die israelitische Religion, genießen darf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wird blockiert, obwohl ein klarer Beschluss und Auftrag des Landtags vorliegt. Entlarvend ist doch die Aussage eines Vertreters des Kultusministeriums im Rahmen einer Tagung in Bad Boll. Ich finde es sehr traurig, dass vom Kultusministerium niemand da ist; denn ich hätte dazu ganz gern eine Stellungnahme gehört.

(Frau Radermacher (SPD): Dann müssen wir eben ein bisschen unterbrechen!)

Ich werde trotzdem in meinem Redebeitrag fortfahren. Es ist entlarvend, dass ein Vertreter des Kultusministeriums auf einer Tagung in Bad Boll, wo er auf den Beschluss des Landtags zum islamischen Religionsun

terricht und seiner Einrichtung an bayerischen Schulen angesprochen wurde, sinngemäß sagte: Na ja, das ist zwar die Legislative, aber wir sind die Exekutive. Ich würde jetzt gerne von der Regierungsbank wissen, ob das tatsächlich die Haltung des Hauses gegenüber dem Landtag ist. Wenn ich die leere Bank sehe, muss ich sagen, dass es tatsächlich so zu sein scheint.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Hahnzog (SPD): Das ist bei diesem Ministerium meistens so!)

Ich will eine Klarstellung, ob Beschlüsse des Landtags – –

(Herbert Müller (SPD): Unterbrechen und zitieren!)

Ich kann nur erkennen, dass auf der Regierungsbank Unterlagen liegen, die offenbar einem Mitglied der Staatsregierung aus dem Kultusministerium gehören. Entschuldigt ist niemand. Ich habe nur erkannt, dass Herr Böger von der Staatskanzlei offenbar den Versuch unternimmt, den Herrn Staatssekretär zu finden. Mehr weiß ich auch nicht.

Die Haltung des Kultusministeriums ist für mich offensichtlich. Ich möchte, dass sich dies ändert und dass Beschlüsse des Landtags, der Legislative, von der Staatsregierung auch umgesetzt werden.

Fazit des ersten Teils. Wir sehen also: Die Staatsregierung ist in zwei Jahren so gut wie keinen Schritt weitergekommen; es ist nichts passiert. Was aber hat die islamische Seite in dieser Zeit getan? – Bereits im Sommer 2001 hat sich die islamische Religionsgemeinschaft Bayern gegründet. Die Muslime haben also ihre Hausaufgaben gemacht. Sie haben sich als Ansprechpartner für das Kultusministerium formiert, und sie haben einen Antrag auf Einrichtung des islamischen Religionsunterrichtes gestellt.

(Dr. Spaenle (CSU) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Sie können nachher gerne reden; ich nehme an, das tun Sie sowieso.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Spa- enle (CSU): Genau!)

Dann hat das Ministerium ein Jahr lang geprüft, nämlich bis Ende Oktober dieses Jahres, und dann kam der Ablehnungsbescheid. Für diesen Ablehnungsbescheid des Kultusministeriums muss die islamische Religionsgemeinschaft auch noch 500 e zahlen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Spaenle (CSU))

Hören Sie zu, falls es Ihnen gelingt – aufgrund des Dazwischengeredes des Herrn Spaenle ist das vielleicht etwas schwierig –: Sie müssen auch noch 500 e wegen entstandenem erheblichen Aufwand zahlen, der erhöhend berücksichtigt wurde.

Ich sage: Das Kultusministerium hätte lediglich seine Pflicht erfüllen sollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe den Bescheid gelesen, was mühsam genug war. Dieser Bescheid dreht sich im Kreis, weil immer wieder das gleiche Argument hin und her gewendet wird: Die Islamische Religionsgemeinschaft könne nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt werden, weil sie in ihrer zentralen Aufgabenstellung nicht die allseitige Erfüllung der durch ihr Bekenntnis gestellten Aufgaben bezwecke. Außerdem wird in diesem Ablehnungsbescheid mehrfach auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf Bezug genommen, das noch gar nicht rechtskräftig ist.

Dabei haben wir alle – auch Sie, Herr Kollege Dr. Spaenle – den Muslimen diesen Weg gewiesen. Wir haben ihnen Hoffnung gemacht, so das Problem des fehlenden Ansprechpartners zu lösen. Jetzt, nach mehr als einem Jahr, sagen wir ihnen: Tut uns Leid, das reicht uns nicht, ihr seid doch den falschen Weg gegangen. Wir erkennen euch nicht an. Ich muss sagen: Das ist eine Austrickserei in übelster Weise, um nicht einen schärferen Begriff zu gebrauchen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Staatsregierung blockiert und macht keine konkreten Lösungsvorschläge. Sie weigert sich bis heute, zusammen mit der Islamischen Religionsgemeinschaft nach Wegen zur Lösung der verfassungsrechtlichen Hürden zu suchen. Ein Nebenbeispiel: Die orthodoxe Religionslehre.

(Dr. Spaenle (CSU): Sie haben keine Ahnung, was in Bayern los ist! Das war bereits im Ausschuss so!)

Hier ist die Kommission der orthodoxen Kirchen in Deutschland offenbar der Ansprechpartner für das Kultusministerium. Auch für die orthodoxen Christen gibt es einen gemeinsamen orthodoxen Religionsunterricht auf der Grundlage eines Lehrplans, der im Jahre 1999 von einer Kommission der orthodoxen Kirchen in Deutschland formuliert wurde.

(Dr. Spaenle (CSU): Wie lange hat das gedauert?)

Ich frage Sie: Ist diese Kommission eine Religionsgemeinschaft oder nicht? – Wo ist der Unterschied zu den Muslimen? –