Man muss auch daran erinnern, dass allein der Umstand, dass Sie die Kosten der Deutschen Einheit fast ausschließlich über die Sozialversicherungskassen finanzieren, einen zusätzlichen Beitrag von zwei Prozentpunkten ausmacht.
Wir wollen auch in schwierigen Zeiten den sozialen Ausgleich schaffen und die Zukunftschancen von Kindern und Familien verbessern. Herr Stoiber formuliert in seiner letzten Regierungserklärung in diesem Hause, Bildung sei die Holschuld des Einzelnen. Ich meine dagegen, Bildung ist die vornehmste Aufgabe und die vornehmste Bringschuld des Staates
und – um es genau zu sagen – in unserem föderalen System die wichtigste Aufgabe der Regierung des Freistaates Bayern.
Hier ist viel zu tun und genau hier müsste ein echter Schwerpunkt gesetzt werden. Die Antwort auf Pisa darf nicht heißen: Mehr vom Gleichen – also noch mehr Tests, noch mehr Differenzierung, noch mehr Fachwissen –, sondern mehr Kreativität, mehr Sport, mehr musische Bildung, Erlernen sozialer Kompetenz, gesellschaftliches Engagement, Integration von Kindern mit Behinderung und vor allem auch endlich Abbau sozialer Bildungsschranken und damit mehr Bildungsgerechtigkeit. Nichts davon findet sich in Ihrem Haushaltsplan.
(Kaul (CSU): Nichts davon in den SPD-Ländern! Ihre Rede schicken wir den Genossen in den anderen Ländern! Die werden sich wundern!)
Ich bin davon überzeugt, dass ein besseres Angebot an Ganztagsschulen ganz allgemein – davon haben wir in Bayern lediglich 25 –, nicht als Zwang, sondern als Angebot überall dort, wo es gebraucht und gewünscht wird, für die Erreichung all dieser Ziele nicht nur hilfreich, sondern auch notwendig wäre. Auch die Familien brauchen dringend Entlastung. Vor allem brauchen sie, um sich den Kinderwunsch zu erfüllen, ein gutes Angebot an ganztägigen Betreuungseinrichtungen, um Familie und Beruf miteinander in Einklang bringen zu können. Der Herr Ministerpräsident spricht an dieser Stelle immer von Wahlfreiheit. Ich halte dies für falsch und für entlarvend. Natürlich hat jeder und muss jeder und jede eine Wahl
möglichkeit haben und sich zwischen Beruf und Familie entscheiden dürfen. Das Problem ist aber ein anderes: In Bayern muss man sich zwischen Beruf und Familie entscheiden und das ist verkehrt.
Richtig wäre es, beides miteinander vereinbaren zu können, wenn man es will. Es gehört auch zur Wahlfreiheit, sich nicht entscheiden zu müssen.
Genau auf diesem Gebiet steht Bayern auf dem Abstiegsplatz in Deutschland und wird nach der Verabschiedung dieses Doppelhaushalts auf diesem Abstiegsplatz bleiben. Ihre heutige Haushaltsrede ist in Wahrheit in diesem Punkt eine echte Bankrotterklärung. Sie merken zwar langsam, was sie den Familien in Bayern in den letzten Jahrzehnten angetan und ihnen vorenthalten haben, aber Sie ändern auf diesem Gebiet nichts und auch der vorliegende Doppelhaushalt bringt keine echte Verbesserung.
Mit großer Freude habe ich vernommen, dass der CSUStaatsregierung tatsächlich alle Landesteile Bayerns gleichermaßen am Herzen liegen.
Das wäre allerdings eine echte Neuigkeit, leider ist es aber nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist nämlich, dass sich während Ihrer Regierungszeit die regionalen Unterschiede in Bayern nicht verringert, sondern leider vergrößert haben. Der Abstand in der Wirtschaftskraft zwischen den starken und den schwächeren Regionen war noch nie so groß wie er heute ist. Das ist das nackte Ergebnis Ihrer Regierungspolitik.
Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören. Sie versuchen diese Tatsache zu bestreiten; Sie befördern sogar rhetorisch die Region Schweinfurt in die Champions League. Aber das wird Ihnen nicht gelingen, weil die Menschen, die in Oberfranken, in der nördlichen Oberpfalz oder im Bayerischen Wald leben, es einfach besser wissen.
Kein Zweifel: Bayern ist ein schönes und ein erfolgreiches Land. Aber es kennt eben nicht nur Licht, sondern auch Schatten. Es kennt Wohlstand bei vielen, aber auch Knappheit bei anderen. Es kennt die Elitebildung, aber leider auch die teilweise extreme Vernachlässigung bei anderen, zum Beispiel in der Altenpflege. Bayern weist große regionale Unterschiede auf, nicht zuletzt in der Wohnungsversorgung. Darum ist es schlecht, wenn Sie jetzt die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 286 auf 200 Millionen e pro Jahr reduzieren und im erneuerten Haushaltsplan sogar noch weiter kürzen, statt gezielt dort zu fördern, wo es Wohnungsmangel gibt. Damit schließt sich auch der Kreis. Was nicht geht ist, die Bundesregierung anzuklagen, dass sie den Wohnungsbau durch Veränderungen bei der Eigenheimzu
lage angeblich zum Erliegen bringt, und gleichzeitig selber die größten Kürzungen ausgerechnet in diesem Bereich vorzunehmen. Beides zusammen geht nicht.
Auch ich möchte zum Abschluss meiner Rede mit einem Dank enden: Heute ist der Tag des Ehrenamtes. Der Einsatz Hunderttausender von Menschen in ehrenamtlichen Funktionen – in Kirchen, im Sport, in der Kultur, bei den Feuerwehren und in den sozialen Institutionen – ist vorbildlich und war im Sinne des Wortes Gold wert.
Im vorliegenden Haushalt könnte jedenfalls nicht aufgewogen und finanziert werden, was Ehrenamtliche im ganzen Land Tag für Tag leisten. Ganz abgesehen davon, dass sie unserer Gesellschaft ein menschlicheres Gesicht verleihen. Dafür möchte ich den hunderttausenden ehrenamtlich Tätigen in unserem Land ein herzliches Dankeschön sagen, dem sich hoffentlich das ganze Haus anschließen kann.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrte Damen und Herren! Herr Maget, ich knüpfe gern an Ihren Schluss an und schicke voraus: Natürlich ist Bayern kein Paradies. Aber Bayern ist ein schönes und erfolgreiches Land. Soweit dies den Ergebnissen der Politik der verdanken ist – wir behaupten nicht, dass wir alles in Bayern gestaltet hätten – sind es die 40 Jahre Regierungsverantwortung der CSU, die Bayern zu diesem erfolgreichen Land gemacht haben.
Wenn wir in all den Jahren einschließlich der Beratungen zu diesem Doppelhaushalt Ihren Forderungen nachgegeben hätten und eine SPD-Regierung die Politik geprägt hätte, wäre Bayern heute dort, wo jetzt Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind, nämlich am Ende der Skala in Deutschland.
Herr Maget, Sinn des politischen Wettbewerbs ist die Auseinandersetzung über unterschiedliche Zielvorstellungen. Wir sollten aber sorgsam mit den Fakten umgehen. Sie haben gerade behauptet, Bayern bekomme 40% der Bundesmittel für Forschung. Laut dem Jahresbericht des zuständigen Ministeriums beträgt der tatsächliche Anteil 17,1%. Dazwischen liegen Welten. Da so großzügig mit Fakten umgegangen wird, können wir nicht davon ausgehen, dass wir eine seriöse Diskussion miteinander führen können. Was die Größe der Staatskanzleien betrifft, so erkundigen Sie sich bitte in Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es einen größeren Stellenbesatz. Auch das ist wiederum ein sehr leichtfertiger Umgang mit den Fakten.
(Zurufe von CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Die Frage ist, was zutrifft! – Kaul (CSU): Er hat gesagt, Bayern habe die größte!)
Wir können uns über die politischen Bewertungen streiten. Wir sollten aber mit den Fakten seriös umgehen.
Die Krönung dieser Rede war für mich, dass Herr Maget bezogen auf den Bund gesagt hat, die Richtung stimme.
Heute habe ich in einer dpa-Meldung gelesen, der Bundesrechnungshof warne vor dem Zusammenbruch des Rentensystems. Das war der Bundesrechnungshof, nicht die CDU, nicht die CSU. Ich zitiere die Agenturmeldung:
Nach Überzeugung der Prüfer schrecke die Absicht der Bundesregierung, die die Nichtschwankungsreserve auf eine halbe Monatsausgabe zu senken, den Finanzspielraum der Rentenversicherung erheblich ein. Es wachse daher die Gefahr, dass die Zahlungsfähigkeit ab dem Jahr 2003 nur mit zusätzlichen Bundesmitteln gewährleistet sei.
Meine Damen und Herren, das heißt wiederum, dass der Haushaltsplan, den Herr Eichel gestern vorgelegt hat, schon wieder nicht mehr stimmt, Makulatur ist.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie waren in diesem Jahr wiederholt sehr stolz über Ihren Einfluss in Berlin.
Nach der Wahl wurde er – ich weiß es nicht – wegen Überforderung oder schlimmen Erfahrungen – was auch immer – schnell wieder aus dem Verkehr gezogen. Jetzt explodiert Herr Stiegler wieder einmal mit seinen Äußerungen über die Kommission, die der Bundeskanzler eingesetzt hat, und sagt, er habe die Schnauze voll von dem Professorengeschwätz, für das man den Kopf hinhalten müsse. Gestern habe ich in der Agenturmeldung gelesen, dass Sie, Herr Maget, zwar den Ton von Herrn Stiegler nicht immer so gut fänden, er in der Sache aber meist Recht habe.