Protocol of the Session on December 5, 2002

Statt sich aber an solchen konstruktiven Projekten zu beteiligen, wollen Sie lieber einen Untersuchungsausschuss in Berlin.

(Dr. Bernhard (CSU): Genau!)

Weil dieser Untersuchungsausschuss sinnloser Klamauk ist, ist er selbst in Ihren Reihen höchst umstritten, aber auch deshalb, weil am Ende nur die Politik insgesamt in Misskredit geraten wird. Die Parteien werden sich gegenseitig der Lüge und des Betrugs bezichtigen und der Wähler wird sich abwenden von der Politik. Nachdem Sie einen solchen Untersuchungsausschuss aber nun dennoch unbedingt haben wollen, müssen wir uns mit dem Thema Wahlbetrug und Wahlfälschung leider doch kurz befassen.

Wahlfälschung ist bekannt in Bayern. Wir haben erst kürzlich davon gehört.

(Schultz (SPD): Dachau!)

Es war in Dachau und die Herren, die die Wahlen gefälscht haben, kamen aus Ihrer Partei.

(Beifall bei der SPD)

Wahlfälschung ist übrigens auch etwas anderes. Das will ich Ihnen ganz schnell vorlesen, weil es ganz witzig ist. Im Strafgesetzbuch gibt es den § 107, den Straftatbestand der Wahlfälschung. Hören Sie mal kurz zu, Herr Ministerpräsident.

(Ministerpräsident Dr. Stoiber: Da brauche ich nicht zuzuhören, das ist sowieso ein Schmarrn!)

Es ist ganz interessant, das muss man hören.

Ebenso wird bestraft, wer das Ergebnis einer Wahl unrichtig verkündet oder verkünden lässt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ebenso wird bestraft, wer das Ergebnis einer Wahl unrichtig verkündet.

Ich erinnere mich an den Wahlabend, als ich Fernsehen geschaut habe und Sie um 19.30 Uhr höchstpersönlich verkündeten: „Wir haben die Wahl gewonnen.“

(Heiterkeit bei der SPD)

Das habe ich selber gehört. Das ist ein Straftatbestand.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Dr. Bernhard (CSU): So ein Quatsch!)

Das steht da, das ist kein Quatsch. Das ist das Strafgesetzbuch, Herr Dr. Bernhard.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr Untersuchungsausschuss ist Quatsch!)

Wir wollen Ihnen das aber nicht als Straftat auslegen. Hier handelt es sich wohl eher um übereifrigen Ehrgeiz, der zuweilen eben etwas über das Ziel hinausschießt.

(Zuruf von der SPD: Etwas?)

Was Wahlversprechen angeht, so haben wir aus Bayern auch noch einige andere Anfragen. Wie sieht es eigentlich aus mit den Wahlversprechen des Kanzlerkandidaten der Union, der im Wahlkampf mit Spendierhosen durch die Lande gezogen ist und mal hier mehr Milliarden für die Bundeswehr, dort mehr Milliarden für den Osten, ganz generell sowieso viele Milliarden für die Familien versprochen hat und dazu noch Steuersenkungen auf breiter Front? Angesichts der realen konjunkturellen Lage und der tatsächlichen Spielräume war das geradezu eine Groteske, die nie und nimmer zu verwirklichen war.

(Dr. Bernhard (CSU): Wir haben ja nicht wissen können, dass ihr so lügt!)

Sie haben es nicht wissen können? Das ist interessant.

(Heiterkeit bei der SPD)

Was die Haushaltskorrekturen betrifft, die Bundesfinanzminister Eichel im Oktober und November vornehmen musste, weil er es auch nicht wissen konnte, – –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CSU – Dr. Bern- hard (CSU): Das werden wir noch klären, was der gewusst hat!)

Ja, was jetzt? Der Bundesfinanzminister und der bayerische Finanzminister sitzen in den gleichen Gremien der Steuerschätzung. Was der eine weiß, wird wohl der andere auch wissen können.

Was die Haushaltskorrekturen betrifft, die Bundesfinanzminister Eichel im Oktober und November vornehmen musste, so ist doch in Bayern die Situation um kein Jota besser.

(Glück (CSU): Oh!)

Auch der bayerische Finanzminister hat im Oktober seinen Haushalt eingebracht und dabei übrigens kein Wort über einen möglichen Korrekturbedarf verloren.

(Zuruf von der CSU: Doch, hat er!)

Nein, hat er nicht. Ich habe das noch einmal nachgelesen. Hat er nicht.

(Zuruf von der CSU: Er hat Vorbehalte angemeldet!)

Wochenlang hat er vielmehr die ganzen Ausschüsse und dieses Haus über die Einzelpläne diskutieren und sogar beschließen lassen, über Einzelpläne, die auf vollkommen falschen Zahlen beruhten. Erst am 12. November und dann erst auf Nachfrage der Opposition hat Herr Faltlhauser einräumen müssen, dass ihm 800 Millionen fehlen werden und die einzelnen Ressorts entsprechende Kürzungen vornehmen.

Frau Sozialministerin Stewens ist sogar so weit gegangen, hier noch einen Einzelplan vorzutragen,

(Schultz (SPD): Das war dreist!)

für den sie sogar selber schon vorher beim Finanzminister Kürzungen beim Blindengeld angeboten hat,

(Beifall bei der SPD)

ohne hier ein Wort davon zu berichten.

Auf diesem Hintergrund Rot-Grün in Berlin eine Haushaltslüge vorzuwerfen, ist schon der Gipfel der Heuchelei.

(Beifall bei der SPD und der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Lassen Sie mich abschließend zu diesem Thema den „Münchner Merkur“ vom 10. November zitieren. Dort heißt es:

Steuersenkungen auf breiter Front hat Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber den Wählern in Aus

sicht gestellt. Dieses Versprechen muss er nicht halten aus bekannten Gründen. Stattdessen verordnet Stoiber Bayerns Lehrern und Polizisten jetzt Nullrunden und Mehrarbeit. Es stimmt schon: Auch Bayerns Finanzminister Faltlhauser wusste früh über die Misere der öffentlichen Haushalte Bescheid. Für ihre öffentlich zur Schau getragene Empörung über die rot-grünen Wahllügen verdienen die Unionsgranden deshalb keinen Untersuchungsausschuss, sondern einen Oscar für hohe Schauspielkunst.

(Beifall bei der SPD)

Der bayerische Finanzminister Faltlhauser rechnet für das Jahr 2003 mit weiteren Steuerausfällen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags. Bereits vor der Sommerpause haben wir mehrfach darauf hingewiesen, dass es in Bayern im Jahr 2003 einen Schrumpfhaushalt geben wird, bei dem das Haushaltsvolumen gegenüber 2002 sinkt. Die Gründe für den bayerischen Schrumpfhaushalt 2003 sind im Wesentlichen hausgemacht, weil erstens die Rücklagen, die im Jahr 2000 noch fast 2,9 Milliarden e betrugen, nach massiven Entnahmen im Jahr 2001 und in diesem Jahr im kommenden Doppelhaushalt nahezu aufgezehrt sein werden. Zweitens: Seit 1994 standen dem bayerischen Staatshaushalt rund 5 Milliarden e zusätzlich an Privatisierungsmitteln zur Verfügung. Wenn ich ein Schaubild zeigen dürfte, könnte man sehen, wie dieser Zufluss an Privatisierungserlösen

(Glück (CSU): Wenn man dürfte, gell?)

es ist ja nicht so schlimm – in diesem, im nächsten und in den kommenden Jahren zurückgehen wird. Das ist der eigentliche Grund für den finanziellen Engpass des Freistaates Bayern,

(Glück (CSU): Oh mein Gott!)

dass jetzt die Privatisierungserlöse nicht mehr so üppig über den Haushaltsplan hinaus fließen, wie es in der Vergangenheit der Fall war.