Was wir seit Wochen erleben ist nichts anderes als eine Vergiftung des politischen Klimas in Deutschland, die uns insgesamt schweren Schaden zufügt.
Sie lachen. Ich sage Ihnen: Wenn in Neuburg an der Donau Schmierereien „Tötet Schröder!“ auftauchen, dann weiß man, wie sehr der Hass bereits geschürt worden ist und wie gefährlich das sein kann. Den Bundeskanzler in einer solch ehrabschneidenden Weise herunterzumachen und zu verleumden, wie das in den letzten Wochen durch die Union aus ihrer nicht verwundenen Niederlage heraus geschehen ist, ist nicht in Ordnung und wird übrigens auch irgendwann auf sie zurückfallen.
Herr Goppel, der noch hier ist, tut sich in diesem Zusammenhang besonders hervor. Ich möchte mich nicht auf sein Niveau hinabbegeben und seine unsäglichen Aussagen über gleichgeschlechtliche Partnerschaften kommentieren.
Diese sprechen nun wirklich für sich. Aber zu seinem Vergleich der politischen Landkarte vor 1933 und der von heute möchte ich schon einen Satz anmerken. Wer wie Herr Goppel allen Ernstes – so weit geht das nämlich schon – einen Vergleich zwischen den SPD-Wählern und den Wählern der NSDAP herstellt, der fälscht nicht nur Geschichte, sondern diffamiert auch die Opfer des Nationalsozialismus und diejenigen, die der Nazi-Diktatur mutig entgegentraten.
Wer dann auch noch so tut, als sei Bayern ein stabiler Hort des Widerstandes gegen Hitler gewesen, der hat nun wirklich jeden Rest an politischer Ernsthaftigkeit verloren. Im nächsten April, meine sehr geehrten Damen und Herren, jährt sich zum siebzigsten Mal der Tag, an dem im Bayerischen Landtag dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten zugestimmt wurde. Einzig und allein die sozialdemokratischen Abgeordneten sind es damals gewesen, die den Mut aufgebracht haben, gegen die Abschaffung der Demokratie in Bayern zu stimmen. Alle anderen haben dafür gestimmt.
Schon allein aus diesem Grund sage ich Ihnen von der CSU: Wir Sozialdemokraten haben von Ihnen keine Belehrungen in Sachen Demokratie, Glaubwürdigkeit und Ehre nötig; kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür!
Im Übrigen sage ich auch: Jeder Vergleich mit Weimar, mit Brüning oder gar Hitler bezogen auf heute ist Unfug, ist falsch und ist schädlich. Dabei ist es egal, ob ein solcher Vergleich von Lafontaine oder von Goppel kommt. Es ist immer ein Schmarrn!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil Herr Stoiber offensichtlich glaubt, doch noch durch die Hintertür irgendwie in das Kanzleramt kommen zu können, ist ihm im Augenblick jedes Mittel recht. In einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ behauptet er zum Beispiel, dass im Augenblick die größte Steuerhöhung in der Geschichte Deutschlands erfolge. Das ist glatt gelogen – und das auch noch bewusst!
Unwahrheit, Herr Stoiber! – Vielleicht weil Sie davon ablenken wollen, dass die größten Steuererhöhungen in der Geschichte der deutschen Nachkriegszeit in der Zeit der Regierungen der CDU/CSU zwischen 1983 und 1998 stattgefunden haben. Damit ist die Union als die klassische Steuererhöhungspartei Deutschlands in die Geschichte eingegangen.
Die Mehrwertsteuer wurde erhöht, und zwar zweimal. Der Solidaritätsbeitrag wurde eingeführt, und zwar entgegen ursprünglich gegenteiligen Versprechungen Ihrerseits. Die Mineralölsteuer wurde erhöht, und zwar fünfmal, usw. usf.
Oder weil Sie vergessen machen wollen, dass am Ende Ihrer Regierungsverantwortung die Bürgerinnen und Bürger in Bayern die höchste Arbeitslosigkeit, die höchste Schuldenlast, die höchste Staatsquote, die höchsten Beiträge zur Sozialversicherung und die höchste Steuerbelastung zu ertragen hatten.
Ich bedaure sehr, dass die CSU aus einer bloßen Konfrontationsstrategie heraus eine bewusste Vergiftung des innenpolitischen Klimas in Kauf genommen hat. Dieses Klima wird niemandem nutzen. Es wird nur unsere wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern, wenn wir nicht schnell alle miteinander zur Besinnung kommen.
Jetzt kommt es darauf an, den Kurs der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte fortzusetzen und Subventionen überall da auf den Prüfstand zu stellen, wo das möglich ist. Dazu gehören auch das Schließen von Steuerschlupflöchern und eine Reform der Unternehmensbesteuerung, wie sie jetzt angegangen wird, damit die Unternehmen, die Gewinne ausweisen, ebenfalls wieder einen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten.
Unser aller Ziel muss es sein, die wirtschaftliche Entwicklung weiter so zu befördern, dass es zu einer Steuerentlastung für die Bürger und den Mittelstand kommen kann, so wie wir das mit der nächsten Stufe der Steuerreform zum 1. Januar 2004 beabsichtigen.
Die Konfrontationshaltung der CSU, in die sie sich seit dem 22. September verrannt hat, wird Bayern nicht helfen. Warum sucht die Staatsregierung eigentlich nicht die Zusammenarbeit und die Kooperation mit der Bundesregierung? Dazu verpflichtet sie ja nicht nur unsere Verfassung, dazu verpflichten sie auch die Interessen unseres Landes.
Soll es wirklich so weitergehen wie in der letzten Legislaturperiode, als ich als Oppositionsführer nach Berlin reisen musste, um Bundesmittel für bayerische Straßen und Schienen herauszuholen,
Soll es so bleiben, dass die SPD und die GRÜNEN in Berlin weiter allein bayerische Interessen vertreten müssen und für den Weiterbau der A 94, der A 8, der A 73, der A 6 und der A 99 allein kämpfen müssen
oder dafür, dass Schienenprojekte und Forschungsvorhaben des Bundes weiterhin überdurchschnittlich nach Bayern fließen? Über 40% der Forschungsmittel des Bundes fließen in unser Land.
(Kaul (CSU): Das spricht doch für uns! Das habt doch nicht Ihr gemacht! – Weitere Zurufe von der CSU)
Über 40% der Bundesmittel für erneuerbare Energien fließen nach Bayern. Wir wollen, dass das so bleibt, und wir wollen, dass dies auch gemeinsam erreicht wird.
Es ist ein Fehler und es ist Parteipolitik auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, wenn man hier die Gemeinsamkeit nicht sucht.
Dass sehr vieles gut ist, Herr Kollege Bernhard, was aus Berlin kommt, hat sich auch in der Bayerischen Staatsregierung mittlerweile herumgesprochen. So verteilt zum Beispiel der bayerische Finanzminister an die Steuerzahlerinnen und die Steuerzahler sein Heft „Steuertipps für Familien“ und er verkündet dort folgende frohe Botschaft – ich zitiere wörtlich –:
So wurde insbesondere das Kindergeld für das erste und das zweite Kind auf jeweils 154 Euro monatlich angehoben. Gleichzeitig wurde der Kinderfreibetrag erhöht und ein neuer Freibetrag für den Betreuungs– und Erziehungs– oder Ausbildungsbedarf geschaffen. Außerdem können Kinderbetreuungskosten in begrenztem Umfang wieder als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden.
Wunderbar, alles richtig, alles gut. Aber von wem wurde das denn gemacht? Doch nicht von Ihnen, sondern von uns.
Weil Ihre familienpolitische Bilanz so blank ist, muss sich Ihr Finanzminister als Häuptling „Fremde Feder“ mit den Errungenschaften der Bundesregierung schmücken, um seine Blöße zu überdecken.
Eines der ganz wenigen Wahlversprechen, die die SPD im Bundestagswahlkampf tatsächlich abgegeben hat, wird im Augenblick umgesetzt. Ich spreche vom Investitionsprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“, mit dem in den nächsten Jahren durch den Bund rund 4 Milliarden Euro angeboten werden, um die Qualität der Bildung zu stärken und benachteiligte Kinder besser zu fördern. Mit diesem Program soll der Aufbau von zusätzlich bis zu 10000 Ganztagsschulen in Deutschland unterstützt werden.
Warum beteiligt sich Bayern daran nicht? Nach dem vorgeschlagenen Verteilungsschlüssel der Bundesregierung stehen für unser Land 2007 insgesamt fast 600 Millionen e Bundesmittel zur Verfügung, die wir sonst niemals erhalten würden. Angesichts der Haushaltslage, die hier mit eindringlichen Worten beschrieben worden ist, kann es doch gar nichts anderes geben, als sich an diesem Programm zu beteiligen, noch dazu weil es einen gewaltigen Mangel im Freistaat beheben könnte, nämlich die Versorgung im Land mit Ganztagsschulen mit pädagogischem Konzept.
Diese Investitionsmittel, die uns der Bund anbietet, ohne eigentlich dafür zuständig zu sein, müssen wir unbedingt in Bayern annehmen. Man kann auch darauf verzichten, wenn man will. Ich rate dazu, sie anzunehmen. Es kann doch nicht so bleiben, dass die Frauen und die Männer, die in Bayern Beruf und Familie miteinander in Einklang bringen wollen, viel zu wenig Betreuungs- und schulische Angebote für ihre Kinder in guter Qualität vorfinden.