Protocol of the Session on December 5, 2002

Ich lasse zunächst über den Tagesordnungspunkt 8 abstimmen. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/9991 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 14/11038 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltung? – Gibt es keine. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 9. Dieser Abstimmung liegen der Gesetzentwurf der Staatsregierung auf der Drucksache 14/10180 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf der Drucksache 14/11039 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmte bei seiner Endberatung ebenfalls

zu. Als Datum des Inkrafttretens schlägt er vor, in § 5 den „1. Januar 2003“ einzufügen. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Stimmenthaltungen? – 1 Stimmenthaltung. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, diese in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechtsund Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Stimmenthaltungen? – 1 Stimmenthaltung. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes, des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Art. 10 Grundgesetz, des Bayerischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes und des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes.

Ich komme auf den Tagesordnungspunkt 3 zurück und gebe das Ergebnis der Namentlichen Abstimmung bekannt: Mit Ja haben 84 gestimmt, mit Nein 63, Stimmenthaltungen 1. Damit ist der Einzelplan 04 mit dem vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Gemäß § 132 Abs. 5 der Geschäftsordnung haben zugleich die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge ihre Erledigung gefunden.

Eine Liste der Änderungsanträge liegt Ihnen vor.

(siehe Anlage 5)

Außerdem schlägt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlussfassung vor:

Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Einzelplans vorzunehmen.

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. So beschlossen.

Unter Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und

Finanzfragen auf Drucksache 14/11045 weise darauf hin, dass der Änderungsantrag auf der Drucksache 14/10713 seine Erledigung gefunden hat. Das Hohe Haus nimmt hiervon zustimmend Kenntnis. Die Beratung des Einzelplans 04 ist abgeschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 31

Antrag des Abgeordneten Hartenstein (fraktionslos)

Freier Zugang zur Internet-Datenbank „Funksysteme“ (Drucksache 14/9788)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt 15 Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Herr Hartenstein.

Hartenstein (fraktionslos) : Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Sommer dieses Jahres hat die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie eine Mobilfunkanlagen-Standort-Datenbank eingerichtet. In dieser sind Standortadressen, Montagehöhen, Hauptabstrahlrichtungen und einzuhaltende Sicherheitsabstände von über 50000 Mobilfunk-, Rundfunk- und Fernsehanlagen gespeichert. Zugriff auf die Daten erhalten jedoch nur Landes- und Kommunalbehörden sowie die kommunalen Spitzenverbände. Aber selbst diese unterliegen Einschränkungen und Auflagen. Bei der Online-Registrierung sind von den künftigen Nutzern die Postleitzahlen anzugeben. Auf diese einfache Art und Weise wird sichergestellt, dass die Suche nur im jeweiligen Zuständigkeitsbereich, also zum Beispiel der eigenen Kommune erfolgen kann. Per Unterschrift und Siegel muss gegenüber der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Antrag auf Freischaltung ferner bestätigt werden, dass „eine Weiterübermittlung der abgerufenen Daten an Dritte“ nicht vorgesehen ist.

Zynischer, meine Damen und Herren, kann man mit den Bürgerinnen und Bürgern eigentlich nicht mehr umgehen. Da werden die Menschen im Land kaltblütig einer Mobilfunkhochfrequenz-Dauerberieselung mit unbekannten Folgen ausgesetzt, und gleichzeitig enthält man ihnen auch noch die Informationen aus einer vorhandenen Internet-Datenbank vor, die zumindest grobe Rückschlüsse auf die jeweiligen Immissionsbelastungen zulassen.

In Ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der PDS auf Drucksache 14/9512 vom 20. 06. 2001 bekräftigt die Bundesregierung ihre Haltung. Hier heißt es: „Die Standortdatenbank wird den öffentlichen Stellen, zum Beispiel den Kommunalverwaltungen und den Immissionsschutzbehörden der Länder zur Verfügung stehen. Dabei werden die behördlichen Stellen bei berechtigtem Interesse durch die Standortbank interessierten Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu den gewünschten Informationen erteilen und zwar unter Beachtung des Anspruchs auf den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, § 4 Umweltinformationsgesetz (UIG), sowie unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Aspekte.“

Ganz abgesehen davon, dass nach dem UIG kein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden muss, ist diese Art der Informationsbeschaffung zeitaufwändig und von Kosten begleitet. Das wirkt abschreckend – ganz im Sinne der Informationsblockierer.

Dass es auch anders geht, zeigt uns Großbritannien. Sucht man unter dem Stichwort „sitefinder“ im Internet, so stößt man auf eine Datenbank, die zu den in England installierten Mobilfunkanlagen exakt das zum Ausdruck bringt, was die interessierten Bürger wissen wollen, nämlich den Namen des Netzbetreibers, die Montagehöhe der Antenne, den Frequenzbereich, die äquivalente isotrope Strahlungsleistung pro Kanal, die genehmigte Maximalleistung pro Kanal und die angewandte Mobilfunktechnik. Weitere Informationen können über ein Antragsformular per Mail angefordert werden. Und: Die Suche ist ganz einfach. Kriterien sind: Die Postleitzahl, der Name der Stadt und die Bezeichnung der Straße. Eingeblendet werden entsprechende Kartenausschnitte. In diesen sind die vorhandenen Basisstationen mit Antennenanlagen als blaue Dreiecke dargestellt. Klickt man darauf, öffnet sich ein Fenster mit den genannten Daten.

Am 24. und 25. Oktober 2002, meine Damen und Herren, trafen sich die Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes. In einer Entschließung stellte die Konferenz unmissverständlich fest: „Die gegenwärtige Regelung des Bundesimmissionsschutzgesetzes sieht keine ausdrückliche Ermächtigung zur Schaffung von Mobilfunkkatastern vor, sodass deren Erstellung und Veröffentlichung ohne Einwilligung der Grundstückseigentümer und -eigentümerinnen und der Antennenbetreibern keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage hat.“

Die Forderung der Konferenz an den Bundesgesetzgeber lautet deshalb, „im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Regelung über die Erstellung von Mobilfunkkatastern zu entscheiden.“

Mit der britischen Verfahrensweise dürfte ein Weg aufgezeigt sein, wie man dem Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nachkommen kann, ohne gegen geltendes Datenschutzrecht zu verstoßen. Ich bitte Sie deshalb um Unterstützung meines Antrags.

Um es der CSU-Fraktion doch noch etwas einfacher zu machen – es gab unterschiedliche Voten im Umwelt- und im Wirtschaftsausschuss – möchte ich meinen Antrag wie folgt abändern. Es sollen die Worte „unter Beachtung datenschutzrechtlicher Anforderungen“ eingeflochten werden.

Ich lese die gesamte Passage noch einmal vor. Der Antrag lautet:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, unverzüglich eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel zu ergreifen, dass die von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Auftrags des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie neu eingerichtete Internet-Datenbank für Funksysteme „unter

Beachtung datenschutzrechtlicher Anforderungen“ frei zugänglich gestaltet und ständig aktualisiert wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Schmidt-Sibeth.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem den Mitgliedern des Umweltausschusses, die immer wieder Petitionen zu Beschwerden bezüglich Mobilfunkantennenanlagen behandeln müssen, ist das Anliegen weiter Bevölkerungskreise sehr bekannt, über Standorte und Immissionsbelastungen von genehmigungsfreien wie genehmigungspflichtigen Mobilfunkantennenanlagen informiert zu sein.

Mit dem Antrag will Kollege Hartenstein erreichen, dass die von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie neu eingerichtete Internet-Datenbank für Funksysteme nicht nur Landes- und Kommunalbehörden und den kommunalen Spitzenverbänden zugänglich ist, sondern dass der Zugang unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorgaben allgemein für die Bevölkerung geöffnet wird. Im Sinne von mehr Transparenz bezüglich der Immissionseinflüsse des Mobilfunks ist es richtig und sinnvoll, diese Förderung unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorgaben zu unterstützen. Laut Auskunft der Regulierungsbehörde sind in unmittelbarer Nähe von Mobilfunkantennenanlagen Wohnende berechtigt, Auskünfte über Standort und Leistung dieser Anlage per Anfrage zu erhalten. Wie aber sollen Betroffenen von vorhandenen Standorten Kenntnis haben, wenn nicht alle Funksysteme gut erkennbar sind, und warum sollen Bürgerinitiativen keine Auskünfte erhalten?

In Kenntnis der Bedürfnisse vieler Bürger, möglichst breit angelegte Informationen zu erhalten, plant laut Auskunft von Ministerialrat Weigl, Umweltministerium, die Regulierungsbehörde deutschlandweit zumindest Karten der Standorte für die Allgemeinheit via Internet zugänglich zu machen.

Obwohl die Kolleginnen und Kollegen der CSU ihre Sympathie für den öffentlichen Zugang und für mehr Transparenz der Mobilfunkdaten bekunden, wurde der Antrag im Wirtschaftsausschuss abgelehnt mit der Empfehlung an Kollegen Hartenstein, er könne den Antrag erneut stellen, wenn sich der öffentliche Zugang zur Information im Internet erheblich verzögern sollte.

Dankenswerterweise haben sich die CSU-Kollegen im Umweltausschuss diesem nicht nachvollziehbaren Abstimmungsverhalten nicht angeschlossen. Ich frage mich ernsthaft, warum dieser Antrag heute mit der Vertröstung abgelehnt werden soll, man könne ihn zu einem späteren Zeitpunkt wieder stellen. Das ist weder logisch noch dient es der immer wieder beschworenen Transparenz von Daten über Mobilfunkinstallationen.

(Hofmann (CSU): Tun Sie nicht provozieren! – Pschierer (CSU): Ich bin jetzt versöhnlich gestimmt!)

Ich weiß nicht, wie Sie abstimmen werden. Herr Hofmann, mir ist nicht bekannt, was Sie andeuten. Ich habe gesagt, ich freue mich, dass die Mitglieder des Umweltausschusses zugestimmt haben, und ich möchte Sie dazu auffordern, dass wir heute ein einstimmiges Votum zugunsten des Antrags abgeben. Wenn Sie das tun, freue ich mich sehr.

(Beifall bei der SPD – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Es weihnachtet!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Dr. Runge.

(Hofmann (CSU): Wenn der einen Fehler macht, lehnen wir ab!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Antrag von Volker Hartenstein betreffend „Freier Zugang zur Internet-Datenbank Funksysteme“ im Wirtschaftsund im Umweltausschuss unterstützt, weil wir dieses Anliegen für sinnvoll und berechtigt halten. Wir werden dem Antrag selbstverständlich, wie alle Fraktionen hier, heute in der vom Kollegen Hartenstein geänderten Fassung zustimmen.

Dabei geht es um die strittige Frage der Öffnung der Datenbank von Sendeanlagen bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post. Kollege Hartenstein hat schon gesagt, dass die Datenbank alle Standorte enthalte, sofern sie die Standortbescheinigung erhalten haben. Allerdings gibt es dabei durchaus Ausnahmen, zum Beispiel militärische Funkanlagen und Anlagen von Behörden, die mit Sicherheitsaufgaben betraut sind.

Kollege Hartenstein hat auch aufgezählt, welche Informationen in dieser Datenbank zu finden sind. Man muss dabei klar feststellen, dass gar nicht alle Informationen abgefragt werden können. Diese Datenbank enthält weniger als die vorhin ebenfalls geschilderte Datenbank in Großbritannien. Man findet in der deutschen Datenbank zum Beispiel die Sendeleistung überhaupt nicht. Bisher gibt es nur einen begrenzten Nutzerkreis, im Wesentlichen kommunale Behörden und Landesbehörden. Der Zugang ist über ein durch Passwort geschütztes Berechtigungssystem möglich. Unter den Datenschutzbeauftragten der Länder gibt es eine heftige Diskussion darüber, ob man diese Daten weitergeben darf, zumal dann, wenn die betreffenden Immobilien im Besitz von Privatpersonen sind.

In der schon genannten Konferenz am 25. Oktober wurde eine einheitliche Regelung angemahnt. Konkret sind zwei Fragen zu klären, einmal die Frage nach dem öffentlichen Zugang zur Datenbank, zum anderen die Frage, ob Gemeinden von sich aus die Daten, die sie aus der Datenbank geholt haben, an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben dürfen. Gerade zur letzten

Frage gibt es unterschiedliche Auffassungen und eine unterschiedliche Herangehensweise. Manche Kommunen geben die Daten einfach weiter, ohne lange zu fragen. Hier besteht also Handlungsbedarf.

Diese Frage müsste aber nicht mehr geregelt werden, wenn beschlossen würde, dass die Daten in der Datenbank grundsätzlich freigegeben werden. Deshalb werden wir den heutigen Antrag unterstützen. Das Ganze ist auch als Zielformulierung in der Koalitionsvereinbarung genannt. Wir glauben aber, dass es nicht schaden kann, wenn wir vom Bayerischen Landtag aus alle noch ein wenig nachhelfen.