Eines möchte ich zu bedenken geben: Es geht um den Heranwachsenden, der 18 bis 21 Jahre alt ist. Er kann zivilrechtlich jeden Vertrag schließen. Er kann eine Erbschaft ausschlagen, jede blödsinnige Verpflichtung eingehen. All das ist rechtsgültig. Im Strafrecht aber soll er entmündigt sein. Ich bin der Meinung, wir sollten zu dem Grundsatz kommen, im Normalfall ist er wie ein Erwachsener zu behandeln. Wenn ich bedenke, dass es Gerichte gibt, an denen 95% der Heranwachsenden nach dem Jugendstrafrecht behandelt werden, dann bekomme ich Zweifel, ob die intensive Abwägung des Gerichts tatsächlich stattfindet.
Nächster Punkt: Nachträgliche Sicherheitsverwahrung. In dieser Frage haben wir selbstverständlich schon etliche Anläufe unternommen. Ich allein habe schon drei Vorstöße im Bundesrat gemacht. Bei meinem dritten Vorstoß habe ich mich schon fast geniert. Dann aber habe ich Hoffnung geschöpft, weil der Kanzler zwei Tage vorher – es war Wahlkampf – große Sprüche machte und sagte: „Wer sich an kleinen Kindern vergeht, gehört für immer weggesperrt.“ Von Innenminister Schily wurde er nachhaltig darin unterstützt. Zwei Tage später bin ich in den Bundesrat gegangen und habe mir gedacht, jetzt wird es schon laufen, denn der Kanzler und der Innenmi
(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))
Dann hat man mit dem Herumeiern angefangen. Zunächst wurde gesagt, das ist nicht die Sache des Bundes, dafür ist der Bund nicht zuständig. Das sollen die Länder machen. Das haben wir dann auch gemacht in Form einer polizeirechtlichen Regelung. Als der Wahltermin dann aber näher rückte, als der Druck der Öffentlichkeit kam, hat man sich dann aber doch gedacht: „Moment mal, es könnte doch Sache des Bundes sein.“ Anschließend hat man die Vorbehaltsregelung eingeführt. Da ist einem also doch wieder etwas eingefallen. Wahrscheinlich, weil man Angst vorm Wähler hatte. Wie üblich hat man Handlungen vorgetäuscht, ohne wirkliche Verbesserungen zu schaffen. Ich sage deshalb noch einmal: Diese Vorbehaltslösung kann für künftige Fälle gelten, für künftig Verurteilte. Für all die Gefährlichen aber, die wir in den nächsten fünf oder sechs Jahren entlassen müssen, auf die ist die Regelung nicht anzuwenden. Genau um diese Fälle geht es aber. Ich als Justizminister trage die Verantwortung, dass diese Straftäter nicht auf die Menschheit losgelassen werden.
Nächster Punkt: Richtervorbehalt, DNA. Es dürfte allgemeine Meinung sein: Wenn die Zustimmung des Betroffenen vorliegt, braucht man keine Richterentscheidung. Das ist ein Randgefecht, über das brauchen wir gar nicht reden.
Was wurde noch angesprochen? 10% aller Geldstrafen sollen an Opferschutzverbände gehen. Kollege Dr. Hahnzog, das war wieder so eine plakative Forderung, die die Bundesjustizministerin kurz vor der Wahl aufgestellt hat.
Sie hat gehofft, dass sie hierfür große Zustimmung bei den Bürgern bekommt. Wissen Sie, was Kollege Dieckmann zu mir sagte? – „Die ist doch verrückt geworden.“ Kollege Dieckmann hat mir vorgerechnet: „Das macht bei mir 200 Richterplanstellen aus. Als ich das in der Zeitung gelesen habe – es war während einer Justizministerkonferenz – habe ich mich sofort ans Telefon gesetzt und gesagt: „Glaubt bloß nicht, dass wir das mitmachen werden.““ So ist es auch geschehen. Das ist ein totgeborenes Kind, weil sich das die Länder nicht leisten können, auch nicht die SPD-regierten Länder. Kollege Dieckmann ist inzwischen sogar zum Finanzminister aufgestiegen. Ich glaube deshalb, das zeigt, dass wir nicht vollkommen im Abseits stehen.
Nächster Punkt: Ich stelle die Errungenschaften der bayerischen EDV-Technik dar, und Sie sagen: „So weit seid Ihr gar nicht. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sind schon weiter.“ Da liegen Sie aber falsch, Herr Kollege Dr. Hahnzog. Computer ist nicht gleich
Computer. Diese Bundesländer haben zwar Computer, aber die Computer verfügen nur über Schreibprogramme. Entscheidend sind aber nicht Schreibprogramme, sondern die Fachverfahren, die man braucht, um die Justizarbeit umsetzen zu können.
Bei SolumStar und RegisStar sind wir in ganz Deutschland federführend. Die anderen Bundesländer schließen sich unserem Vorbild an. Wir sind darüber froh, weil Sie dann mitzahlen. Wir sind einsame Spitze, und darüber bin ich froh.
Sie haben die Sache mit dem Grenzabstand angesprochen. Das ist zwar ein Nebengefecht, aber auch Sie müssten wissen: AGBGB – unsere landesrechtliche Regelung ist Landesrecht. Bundesrecht bricht Landesrecht.
Wir haben eben den § 242 BGB – Leistung nach Treu und Glauben. Wir haben auch den § 226 BGB – Schikaneverbot. Die Gerichte legen die bayerische Regelung eben dahin gehend aus, dass damit das höherrangige Bundesrecht entgegensteht, dass es nicht gilt. Wir wollen das im Gesetz jetzt klarstellen. Andererseits haben wir gesagt, im Sinne der Deregulierung: Wenn es bisher so gegangen ist, dann geht es auch weiterhin ohne. Damit kann ich leben. Die Richter werden das Recht kennen und die Rechtsanwälte nach der Diskussion inzwischen hoffentlich auch.
Ich möchte auf jeden Fall deutlich sagen, dass wir trotz der schwierigen Zeit auf einem guten Weg sind.
Wie bitte? Ach ja, Berufung der Richter. Es geht jetzt darum, dass die Justizministerin gesagt hat, solange ich die nicht befördern kann, ist die Unabhängigkeit der Richter mir etwas wert. Ich darf Ihnen etwas sagen, der Präsidialrat, die von den Richtern gewählte Vertretung, die bei der Ernennung zu beteiligen ist, hat vor ungefähr zwei Monaten gewechselt. Ich habe für den bisherigen Präsidialrat ein Abschiedsessen gegeben. Der bisherige Präsident, Herr Gummer, hat mir eine Auflistung der von der Richterschaft gewählten Personen gemacht. Ich habe in den letzten drei Jahren knapp vierhundert Personalentscheidungen getroffen.
Nur in fünf von vierhundert Fällen hat der Präsidialrat einen Alternativvorschlag gemacht. Von fünf Fällen habe ich in vieren dem Vorschlag des Präsidialrats Rechnung getragen. Nur in einem einzigen Fall – es war eine nicht sehr bedeutende Position, es ging um den Direktor eines Amtsgerichts –, habe ich meine Meinung beibehalten. Nachträglich hat der Präsidialrat zum mir gesagt: „Sie haben wohl Recht gehabt.“ Auch der von der Richterschaft gewählte Präsidialrat stimmt also mit den Entscheidungen des Justizministers überein. So falsch können die Entscheidungen des Justizministers also nicht sein.
Frau Kollegin Stahl hat vorhin von den leuchtenden Augen des Justizministers gesprochen. Es ist richtig, ich bekomme leuchtende Augen, wenn ich an die bayerische Justiz denke.
Ich bekomme leuchtende Augen, wenn ich an die Leistung der bayerischen Justiz denke. Ich muss sagen, ich bin stolz darauf, dass ich als Minister für diese bayerische Justiz Verantwortung trage.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplans 2003/2004, Einzelplan 04, sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 14/11045 zugrunde. Der Einzelplan 04 wird vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in der Beschlussempfehlung genannten Änderungen zur Annahme empfohlen. Die Abstimmung soll in namentlicher Form erfolgen. Für die Stimmabgabe sind die gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne befindet sich auf der Seite der CSU-Fraktion, die NeinUrne auf der Seite der Opposition. Die Enthaltung-Urne befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses werden die Kolleginnen und Kollegen den Saal verlassen. Wir können mit der Sitzung fortfahren. Das Ergebnis wird später bekanntgegeben.
zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes, des Bayerischen Abfallwirtschaftsgesetzes, des Waldgesetzes für Bayern und des Bayerischen Gesetzes über die Zuständigkeit zum Vollzug von Vorschriften auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Anlagenund Produktsicherheit und des Chemikalienrechts (Drucksache 14/10997)
Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Staatsregierung nicht begründet. Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen als federführendem Ausschuss zu
Verehrte Damen und Herren an der Regierungsbank, ich habe die Bitte, dass Sie uns nicht weiter mit Ihrer lauten Unterhaltung stören.
Diese Bitte habe ich auch an die Kolleginnen und Kollegen im Plenum. Vielleicht können die Kolleginnen und Kollegen im Hintergrund ihre Besprechungen nach draußen verlegen, damit wir hier in Ruhe tagen können.
zur Änderung des Gesetzes zur parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Maßnahmen nach Artikel 13 Absatz 3 des Grundgesetzes sowie der Tätigkeit der Landesamts für Verfassungsschutz (Drucksache 14/9991)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Rudrof, entweder versuchen wir, hier einen halbwegs ordentlichen Betrieb aufrechtzuerhalten oder ich unterbreche die Sitzung, bis sich alle beruhigt haben. Es kann doch nicht sein, dass wir hier unter solchen Umständen verhandeln.