Protocol of the Session on November 13, 2002

(Meyer (CSU): Er wurde ausgemustert!)

Im sogenannten Vorschaltgesetz bzw. dem Eilpaket der Bundesregierung wird trickreich an der Beitragsspirale gedreht. Jetzt sind wir bei einem Beitragssatz von 19,5%. Wir haben uns gestern damit beschäftigt. Die SPD betreibt ein doppeltes Spiel. Einerseits werden die Beiträge erhöht, was noch akzeptabel sein könnte, kostenwirksamer aber ist die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze. Das wird in der Öffentlichkeit leider nicht so wahrgenommen.

Weiterhin wollen Sie die Schwankungsreserve reduzieren, also das Finanzpolster der Rentenversicherung

absenken. Damit soll die Rentnerschaft noch abhängiger von den Regierenden gemacht werden. Das heißt, dass die Rentensicherung noch stärker dem Haushalt des Bundes unterliegt.

Ich bedaure, dass Sie die kleineren Krankenkassen liquidieren wollen, damit Sie es im Umgang mit den Krankenkassen leichter haben. Es ist einfacher, die Krankenkassen an die Schröder’sche Schröpfleine zu nehmen, wenn es nur 40 oder 50 statt 350 Kassen gibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie haben noch bis Freitag Zeit, alles zu tun, um auf Ihre Kollegen Einfluss zu nehmen, damit es nicht zu dieser dramatischen Erhöhung kommt.

Das letzte Jahr war das Jahr des Ehrenamts. Deshalb möchte ich dazu noch einige Takte sagen. Wir brauchen eine Weiterentwicklung des ehrenamtlichen Engagements, und wir brauchen eine neue Kultur der Verantwortung in Gesellschaft, Staat und Politik. Rot-Grün hat aber in den letzten zwei bis drei Jahren in dieser Beziehung nicht die glücklichste Rolle gespielt. Mit der Neuordnung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse wurden Leute im Ehrenamt bestraft. Bei der Abzugsfähigkeit der Spenden für karitative, soziale und gemeinnützige Zwecke scheinen Sie aber mittlerweile den Rückzug angetreten zu haben. Ich hoffe, dass es dabei bleibt. In Bezug auf die ehrenamtliche Tätigkeit gilt das Wort des weithin bekannten Wissenschaftlers Dettling, der gesagt hat: „Die Aufgabe der Politik ist es nicht, die Gesellschaft zu bedienen, sondern sie zu aktivieren.“ Es ist die Aufgabe der Politik, Anreize zu geben, damit viel für das Gemeinwohl geleistet werden kann. Wir brauchen das Engagement der Einzelmenschen und die Körperwärme des Nächsten, nicht aber soviel organisierte Wärme über sogenannte organisierte Fernwärmenetze. Dabei bleibt einfach zu viel auf der Stecke.

(Beifall bei der CSU – Frau Radermacher (SPD): Ich lasse mich nicht von jedem Körper wärmen!)

Die SPD und die GRÜNEN haben einige Anträge zur Selbsthilfe, Integration und Erziehung eingebracht. Auf diese Anträge möchte ich jetzt nicht weiter eingehen. Diesen Forderungen ist mit den Ansätzen im Haushalt weitestgehend Rechnung getragen worden, ob das die Selbsthilfekontaktstellen, die Freiwilligenzentren oder die Mittel für die Jugendsozialarbeit betrifft.

Frau Kollegin Steiger, Sie haben Ausführungen zu den Selbsthilfekontaktstellen gemacht. Diese 20000 e sind wirklich Peanuts. Was soll man mit 20000 e bei 17 regionalen Selbsthilfekontaktstellen tun?

(Frau Radermacher (SPD): Das ist besser als gar nichts!)

Dafür sind die Fachverbände auf den verschiedenen Ebenen verantwortlich. Was die Freiwilligenzentren betrifft, so soll nach dem Konzept der Staatsregierung ein Landesnetzwerk „Bürgerschaftliches Engagement“ aufgebaut und ab dem Jahr 2003 mit jährlich 300000 e gefördert werden. Insofern wird Ihrem Antrag mehr als entsprochen.

In puncto Beruf und Humanressourcen kann ich Ihnen sagen, dass die vorhandenen Landeskomplementärmittel für die gemeinsame Finanzierung mit Mitteln aus EUProgrammen ausreichen. Der Ansatz wird noch nicht einmal voll in Anspruch genommen. Sie aber wollen die Mittel erhöhen, obwohl die angesetzten Mittel nicht aufgebraucht werden. Wir lehnen diese Anträge ab, weil wir keinen Bedarf sehen.

Wir können in Bayern trotz der von Staatsministerin Stewens angesprochenen Finanzzwänge auf einen hervorragenden Einzelplan 10 blicken. Dafür gibt es Gründe und Ursachen, nämlich die Aufgeschlossenheit der Staatsregierung und insbesondere unseres Fraktionsvorsitzenden Alois Glück. Viele Initiativen aus der Fraktion und viele Impulse von Frau Staatsministerin Stewens, die die Politik von Barbara Stamm fortführt, und Staatssekretär Georg Schmid haben Erfolge und Durchbrüche gebracht, um die uns andere Bundesländer beneiden.

Wir sind in folgenden Bereichen anderen Ländern um Meilen voraus: bei der Familienförderung, bei den Ausbildungsplätzen, bei der Beschäftigung, beim Landesaltenplan, bei den Behinderten.

(Frau Steiger (SPD): Menschen, behinderte Menschen!)

Ich denke hier an das Gesetz über das Landesblindengeld für Zivilblinde. Das ist ein Highlight. Wir sind das einzige Land in der Republik, das über 100 Millionen Euro jährlich für Zivilblinde ausgibt. Leider wird darüber zu wenig gesprochen.

(Frau Steiger (SPD): Aber gemeinsamer Unterricht ist nicht gewollt!)

Bayern ist bundesweit der leuchtende Stern in der Beschäftigungs- und Ausbildungsplatzsituation. Die Rahmenbedingungen des Beschäftigungspaktes Bayern, die Hightech-Offensive und die Privatisierungskampagne mit Sozial- und Arbeitsmarktfond, haben ganz deutliche Spuren des Erfolgs hinterlassen.

Auf die Arbeitslosenquote von 5,8% können wir stolz sein. Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen habe ich genannt: 5,9%. Sie liegt auf Bundesebene um 50% höher.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist kein Grund, stolz zu sein!)

Bei den Ausbildungsplätzen kann derzeit ein nicht vermittelter Bewerber noch aus 2,5 nicht besetzten Stellen wählen. Auf Bundesebene drängen 1,4 Bewerber auf einen nicht besetzten Platz.

Wir haben auch heuer in Bayern die beste Ausbildungsstellenbilanz Deutschlands. Ganz aktuell stehen in diesem Jahr in Bayern 91137 Bewerbern 97229 angebotene Stellen gegenüber. In Bayern stehen derzeit 4614 unbesetzten Plätzen – das ist der aktuelle Stand – 2298 unvermittelte Bewerbern gegenüber. Hören Sie her: In Bremen entfallen auf 420 unvermittelte Bewerber nur

104 unbesetzte Stellen. Das heißt, dass rund 4 noch nicht vermittelten Bewerbern nurmehr eine unbesetzte Stelle gegenübersteht. In Hamburg ist die Situation ähnlich. Auf Bundesebene entfallen derzeit auf 23000 unvermittelte Bewerber rund 18000 unbesetzte Stellen. Das heißt, dass die Ausbildungsplätze nicht ausreichen. Wir haben in Bayern noch einen Überschuss.

Wir haben die Situation in den einzelnen Regierungsbezirken in Bayern aufgelistet: In der Oberpfalz entfallen zum Beispiel auf 161 unvermittelte Bewerber derzeit 362 unbesetzte Stellen. Das heißt, 2,5 freie Plätze pro unvermitteltem Bewerber.

(Frau Steiger (SPD): Gehen Sie einmal in die Region!)

In Niederbayern entfallen auf 127 nicht vermittelte Bewerber 662 offene Plätze. Das heißt, rund fünf Plätze stehen pro nicht vermitteltem Bewerber zur Verfügung. In Oberbayern entfallen auf 255 unvermittelte Bewerber 1640 unbesetzte Stellen. Das heißt, 6,4 freie Stellen auf einen nicht vermittelten Bewerber. Hier muss versucht werden, die Mobilität zu steigern, um die Bilanzen, die sich nicht im Gleichgewicht befinden, auszugleichen.

Ich möchte dazu eine kritische Anmerkung machen: Wenn wir zum Beispiel beim Bau von Studentenwohnheimen – was richtig ist – sehr viele Mittel investieren, damit Studenten an den Universitätsstandorten unterkommen, dann müssen wir möglicherweise in nächster Zeit genauer darauf achten, dass Auszubildende für Handwerksberufe ohne Familienanschluss am Ausbildungsort günstig untergebracht werden können. Wo es keinen Familienanschluss gibt, da kann man die Leute nicht im Hotel oder in einer Pension unterbringen.

Im Zusammenhang Arbeitsmarkt und Beschäftigung haben Sie zwei Anträge eingebracht: Arbeits- und Sozialgerichte. Da sind wir Ihnen voraus. Bereits Mitte des Jahres haben wir versucht, das abzuändern. Durch Umschichtungen werden im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit sechs zusätzliche Richterstellen geschaffen und im Bereich des Arbeitsgerichts vier weitere.

Zum von der Opposition angesprochenen Bereich der Familienpolitik: Da gilt eigentlich nur das, was unsere Ministerin schon dargestellt hat. Die Familienpolitik ist ein Herzstück unserer Politik. Von Bayern sind beinahe alle Impulse für Verbesserungen auf Bundesebene ausgegangen. Die Zukunft unserer Gesellschaft hängt nicht allein von der Globalisierung, von Wachstumsraten und Aktienkursen ab, sondern sehr stark von einem stabilen Fundament, nämlich von unseren Familien.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Herr Wiesheu hat gestern etwas ganz anderes gesagt!)

Das familienpolitische Klima muss sich natürlich im einen oder anderen Fall verbessern.

Das Landeserziehungsgeld in der vorliegenden Form mit 174,9 Millionen Euro im Jahr 2002 ist deutschlandweit wohl einmalig. Das wird bis zum Jahr 2004 weiterentwi

ckelt bis auf 188 Millionen Euro. In keinem anderen Land in dieser Republik gibt es eine solche Förderung. Unser Landeserziehungsgeld ist eine großartige familienpolitische Glanzleistung.

Auf die Kinderbetreuung möchte ich nicht weiter eingehen.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das glaube ich!)

Wir haben letzte Woche im Ausschuss umfassend über das Landesentwicklungsprogramm beraten. Es laufen Modellprojekte. In den nächsten fünf oder viereinhalb Jahren werden noch rund 300 Millionen Euro zusätzlich hier mit reingegeben. Das sind Glanzstücke der Sozialoder Familienpolitik.

Die vier Änderungsanträge, Jugendsozialarbeit, Förderung von Mütterzentren usw., sind bereits weitestgehend erledigt, weil die Weichenstellungen für eine Verbesserung bereits getroffen worden sind. Wir haben die Leistungen für Familien trotz des strikten Sparkurses von jeder Kürzung ausgenommen. Im Gegenteil: Wir sind mit diesen Maßnahmen deutschlandweit die echten Lobbyisten für die Familien.

Ich sage Ihnen, von der Opposition: Die Familienpolitik von Bundeskanzler Schröder bietet eigentlich nur Show anstatt Substanz. Die CSU will Ihnen nicht nacheifern und die Lufthoheit über den Kinderbetten beanspruchen. Eine staatliche Bevormundung bei der Kindererziehung lehnen wir ab.

Ein weiterer Eckpfeiler der Familienpolitik ist die Pflegeund die Altenpolitik. Frau Kollegin Schopper, wir haben hier sicher einen breiten Konsens. Es muss hier mehr getan und Vertrauen geweckt werden. Wir müssen versuchen, die räumlichen Kapazitäten auszuweiten, und dazu die Grundlagen ändern.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Behinderung – – Jetzt leuchtet das gelbe Licht für mich auf. Zur Krankenhausfinanzierung wäre natürlich noch Einiges anzubringen.

(Werner (SPD): Das Licht leuchtet, aber Ihnen ist noch kein Licht aufgegangen!) )

600 Millionen Mark werden in Bayern für die Krankenhausfinanzierung ausgegeben.

Ich darf mich namens der CSU-Fraktion bei allen Beteiligten, der Frau Ministerin, dem Herrn Staatssekretär, die mitgeholfen haben, dass wir eine so tolle Bilanz vorlegen können, bei den Beschäftigten in den caritativen Vereinigungen, bei allen Ehrenamtlichen herzlich für ihr Engagement bedanken.

(Beifall bei der CSU – Frau Christine Stahl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Der Bückling fehlt noch!)

Als Nächster hat Kollege Schultz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! An Dreistigkeit ist das Gesagte nicht zu überbieten. Zu dem selbst ernannten Sozialpropheten aus Passau –

(Lachen bei der SPD – Kobler (CSU): Ich bedanke mich!)

und zu all den Vorrednern – der geschätzte Kollege Winter und Frau Stewens, die jetzt wiederum nicht da ist – ist zu sagen: Erinnern Sie sich an die Zeit vor der Wahl. Da sind Herr Kobler, Frau Stewens und der Kandidat Stoiber unterwegs gewesen –

(Wahnschaffe (SPD): Jetzt ist sie da!)

und haben für ein Familiengeld in Höhe von 1200 DM pro Monat für jede Familie geworben. Diese Maßnahme hätte zu einer Unterdeckung von 50 bis 60 Milliarden Mark geführt. Nichts davon konnte gedeckt werden. Nichts davon war realistisch. Nach der Wahl haben Sie das in den Sack gesteckt und diesen wieder zugemacht.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wahnschaffe (SPD): Alles Schall und Rauch!)