Protocol of the Session on October 25, 2002

der Staatsregierung, ein Zentrum für Osteuropaforschung an der Universität Regensburg zu schaffen, setzt Bayern auch hierfür Maßstäbe.

Die gleichrangige Bedeutung der unterschiedlichen Wissenschaftssparten mit ihren Wirkungsprofilen für Staat, Gesellschaft und Wirtschaft sind ein Grundpfeiler bayerischer Wissenschaftspolitik.

Frau Kollegin Dr. Baumann, die Aussage im Zusammenhang mit dem Protonenbeschleuniger ärgert mich. Es war gerade Kollege Dr. Zimmermann, der auf eine Zusammenarbeit zwischen Universität und einem möglichen privaten Investor gedrängt hat. Die Kassen als Leistungsträger legen Wert auf ein solches Zusammenwirken zwischen dem Angebotsträger und der wissenschaftlichen und fachlichen Begleitung.

Ein Meilenstein, gleichzeitig aber auch das größte Ärgernis in der bayerischen Forschungs- und Wissenschaftspolitik überhaupt, bleibt auch nach den Bundestagswahlen ganz oben auf der Agenda: Das ist der neue Garchinger Forschungsreaktor, der auf seine Inbetriebnahme wartet. Wieder ist es die ideologievernagelte Rückwärtsgewandtheit der Berliner Chaos-Truppe, die die Inbetriebnahme der größten Forschungsinvestition in der Bundesrepublik Deutschland verhindert.

Jürgen Trittin versteht anscheinend mehr vom MoloBauen als von moderner Forschungspolitik.

(Beifall bei der CSU)

Wenn in absehbarer Zeit die beiden anderen Forschungsreaktoren in Jülich und Berlin stillgelegt werden, dann hat Rot-Grün im Zukunftsbereich Forschung das erreicht, was Sie anscheinend zur Philosophie ihrer zweiten Regierungsperiode machen wollen, nämlich Rückschritt statt Fortschritt. Dieses ideologisch begründete Versagen muss immer wieder öffentlich deutlich gemacht werden. Dabei gilt aber eines: Nicht Bayern oder Edmund Stoiber wischen Sie damit eins aus. Ihre Kameraden in Berlin verspielen die Zukunft unseres gesamten Landes in einem der wichtigsten Zukunftsbereiche.

Bayern ist der älteste Staat auf europäischem Boden. Kein anderes Land in der Bundesrepublik kann auf eine solche kulturelle und historische Tradition zurückblicken wie unsere Heimat.

Der Umgang mit der eigenen Geschichte ist der Ausweis für die Zukunftsfähigkeit eines Volkes. Bayern stellt sich dieser Verantwortung für sein Erbe, seine Geschichte und seine Kultur mit großem materiellem und intellektuellem Engagement. Das Umgehen mit der Vergangenheit, die Bewahrung des kollektiven Gedächtnisses unseres Landes hat grundlegende Bedeutung auch für die humane Kultur unserer Gesellschaft.

Die anstehende Novelle des Denkmalschutzgesetzes, die Rücknahme der Kürzungen in diesem Bereich und die großen Renovierungsprojekte setzen entscheidende Akzente für die seit Jahrzehnten betriebene nachhaltige Kulturpolitik in Bayern.

Staatsminister Hans Zehetmair und sein Haus haben hierbei bundesweit Maßstäbe gesetzt. Auch in der Frage der kulturpolitischen Verantwortung der Länder in unserer bundesstaatlichen Ordnung und der Versuche Berlins, den Kulturföderalismus als konstitutives, tief in unserer dezentralen Geschichte wurzelndes Element auszuhöhlen, haben wir uns gewehrt und werden wir uns weiterhin zu wehren wissen. Dies gehört zum Selbstverständnis und Selbstbewusstsein bayerischer Kulturpolitik.

Bayern ist das Land der Sammlungen und Museen. In keinem anderen Land der Bundesrepublik sind in jüngster Zeit so viele neue Museen errichtet worden; der Herr Staatsminister hat darauf hingewiesen. In der Hauptstadt Berlin wird im Gegenteil über die Schließung von Museen und Theatern diskutiert. Mit der Eröffnung der Pinakothek der Moderne vor wenigen Wochen hat die bayerische Kulturpolitik ein Museumsprojekt von Weltrang in die Welt gesetzt. Mit dem Entscheid des Architekturwettbewerbs für die Sammlung Brandhorst, mit dem Baubeginn des Erweiterungsbaus für die Akademie der Schönen Künste in München, mit der Erfolgsstory des Neuen Museums in Nürnberg, der Sammlung Schäfer in Schweinfurt – mit der erst vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen Spitzweg-Ausstellung konnte ein kultureller Meilenstein für die Industriestadt am Main gesetzt werden –, mit mittlerweile über 1000 Museen und Sammlungen steht Bayern als Kulturstaat an der Spitze, nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und im internationalen Vergleich.

Dass diese enormen Anstrengungen in Kunst und Kultur nicht selbstverständlich sind, zeigt der Vergleich mit anderen Ländern. Genau an dieser Stelle muss aber eine der irrwitzigsten Ideen der neuen Bundesregierung angesprochen werden, die Vorstellungen des Bundesfinanzministers im Bereich des Stiftungsrechts. Wer die in Deutschland ohnehin unzureichenden steuerrechtlichen Grundlagen zur Förderung von Kunst und Kultur nahezu zu zertrümmern sucht, der begeht den größten kulturpolitischen Kahlschlag der vergangenen Jahrzehnte.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und was ist mit der Sozialpolitik?)

Wie verzweifelt die Lage in Berlin sein muss, lässt sich angesichts dieser verrückten steuerrechtlichen Absichten erkennen. Die Wirkung solcher Investitionen für die Attraktivität und das Ansehen unseres Landes spricht für sich. Auch die Leistungen für Museen und Theater bleiben auf höchstem Niveau. Die Förderungen für die nichtstaatlichen Theater können erhöht werden, ebenso die Gelder für die Musikförderung. Langfristig ist die Frage eines Staatstheaters außerhalb Münchens – wohl in Franken – diskutierenswert. Diese Diskussion sollte als Mission betrachtet werden.

Das erste Projekt einer kommunalen Hochschule, nämlich die Musikhochschule Augsburg/Nürnberg, zeigt ebenso erfreuliche Ergebnisse, wie eine Mehrung der Zuschüsse ausweist.

Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur in Bayern haben – das ist unsere feste Überzeugung und

Grundkonstitutive unseres politischen Handelns – für die Bewahrung der Identität und Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes auch weiterhin höchste Priorität. Nirgendwo ist unsere politische Vision der Verbindung von Tradition und Fortschritt so klar und greifbar wie in der Kultur- und Wissenschaftspolitik der Bayerischen Staatsregierung.

(Beifall bei der CSU)

Um das Wort hat noch Herr Dr. Schuhmann gebeten. Bitte, Herr Kollege Dr. Schuhmann.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Vorlesung von Herrn Dr. Spaenle habe ich mich doch genötigt gesehen, zum Mikrophon zu gehen. Es wäre interessant zu wissen, wie viel Mühe er sich gegeben hat, um möglichst negative Hauptwörter und Adjektive zu finden, was Berlin und die Bundesregierung anbetrifft.

(Zurufe von der CSU)

Da wird von „Fratze“ gesprochen, da wird von „irrwitzig“ gesprochen, da wird vom „Verspielen der Zukunft“ gesprochen und ähnlichem mehr, wie zum Beispiel von der „Chaostruppe“.

(Zuruf von der CSU: Da hat er Recht!)

Sie scheinen auf dem Laufenden zu sein, was negative Ausdrücke anbelangt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ich bitte Sie aber, auch dorthin zu schauen, wo Sie Verantwortung tragen. Heute erfahren wir selbstverständlich aus dem Munde von CSU-Politikern und -Politikerinnen nur das, was wir schon wissen, nämlich dass Bayern Spitze sei.

(Sibler (CSU): So ist es!)

So ist es also, Herr Sibler. Danke schön.

Ich empfehle Ihnen, zu Arbeitstagungen beispielsweise des Bayerischen Musikrats oder anderer Gruppierungen zu gehen. Der Bayerische Musikrat hat vor acht Tagen ein mehrtägiges Seminar über die außerschulische Musikerziehung in Bayern abgehalten, die interessanterweise deswegen so dringlich geworden ist, weil die schulische Musikerziehung von dieser Regierung so unglaublich stark abgebaut wurde, dass die außerschulische immer wichtiger wird. Die Vertreter des Bayerischen Musikrats haben mitgeteilt, dass in diesem tollen Lande Bayern eine Musikschule bereits aufgelöst worden ist und zwei weitere in großer Gefahr sind. Eine davon befindet sich im Übrigen – wie ich zu meinem Erstaunen erfuhr – im Stimmkreis des Ministerpräsidenten. Das ist hochinteressant. Hier wird also ganz anders gesprochen.

Von den nichtstaatlichen Orchestern erfahren wir, dass sie nicht wissen, ob sie in diesem Jahr die Gehälter noch auszahlen können; die Weihnachtsgratifikationen mussten ohnehin schon gestrichen werden. Gehen Sie zu den nichtstaatlichen Theatern, die, nachdem sie ihren Spielplan erstellt und das Ensemble bestellt haben, von drohenden Haushaltssperren erfahren, die dann auch noch eintreten. Wenn man weiß, wie klein der Etat eines kommunalen Theaters für die Ausstattung ist im Vergleich zu einem einzigen Bühnenbild etwa der Staatsoper, fragt man sich, wo in diesem Flächenstaat etwas zertrümmert wird, wo nachhaltige Kulturpolitik betrieben wird.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, gestatten Sie mir, noch auf eines hinzuweisen, obwohl ich weiß, dass Ihre wohlwollende Unterstützung genauso wie die der Kollegen der CSU immer zugesagt wurde: Es gibt ein Georgisches Staatskammerorchester, das vor zehn Jahren nach Deutschland gekommen und nach einer Tournee nicht mehr zurückgekehrt ist. Es befindet sich in Ingolstadt und wird von der Stadt Ingolstadt und einer großen Autofirma gefördert. Das Orchester ist stark in die Musikerziehung in Bayern involviert. Es arbeitet mit der Münchner Hochschule für Musik und Theater zusammen, erarbeitet mit der Universität Regensburg regelmäßig Werke, arbeitet mit der Bayerischen Theaterakademie zusammen und hat in der David-Oistrach-Akademie Ingolstadt praktisch alle seine hochqualifizierten Musiker als Lehrer eingesetzt.

Nun hat dieses Orchester, das in Bayern eine Heimat gefunden hat und sich mittlerweile ausdrücklich „Georgisches Kammerorchester Ingolstadt“ nennt, einen äußerst bescheidenen Antrag in Höhe von 75000 e gestellt. Ich will niemand gegeneinander ausspielen. Wenn man aber weiß, wie viel Zuschüsse andere Orchester bekommen, sieht man das als äußerst bescheidene Forderung. Bei den Haushaltsberatungen ist es nicht einmal gelungen, den Antrag wenigstens – weil ich einsehe, dass wir momentan sparen müssen – als Merkposten in den Haushalt einzubringen – nicht einmal mit 1000 e. Das Argument, man könne den anderen nichts wegnehmen, die schon bestünden, läuft auf die Argumentation hinaus, dass sich eine Familie mit bereits zwei Kindern kein drittes leisten könne, weil dies anderen etwas wegnehmen könnte. Ich frage den Kollegen Dr. Spaenle, der weiß, dass ich ihn insgesamt als vernünftigen und schätzenswerten Kollegen betrachte, was die Reden hier sollen, wenn man vor Ort mitbekommt, wie stark man an der Härte leidet, die momentan auf die nichtstaatlichen Kulturorganisationen zukommt.

Wir kennen das Spielchen: Die Staatsregierung verkündet große Grausamkeiten, die CSU bringt den einen oder anderen Antrag, um die Grausamkeiten etwas zu erleichtern, und die Vertreter der Verbände verneigen sich artig und sagen: Danke, liebe CSU, dass ihr uns so großartig geholfen habt. Wir haben jetzt zwar weniger als vorher, aber immerhin habt ihr noch Schlimmeres verhindert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor mir sitzen einige, die vom so genannten flachen Land kommen. Herr

Obermeier, Sie zum Beispiel setzen sich in Eichstätt dafür ein, dass in Eichstätt wenigstens einiges mit Privatinitiative weiterlaufen kann. Es sind dann „bloß“ 200 Musikschüler weniger als vorher. Das sind aber auch 200 Talente, die nicht gefördert werden können, weil die Situation in dem Spitzenland Bayern so schlecht ist.

Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, ob in dem Flächenstaat Bayern nicht etwas mehr für die Grundversorgung auf dem Land – außerhalb der Landeshauptstadt München – getan werden kann. München soll weiterhin leuchten, aber etwas mehr vom Glanz Münchens dürfte auf die Flächen Bayerns fallen.

(Beifall bei der SPD)

Liegen weitere Wortmeldungen vor? – Ja, Herr Kollege Dr. Wilhelm. Die CSU hat noch 15 Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was der Minister ausgeführt hat und was als Summe der Arbeit dieser zwei Jahre im Haushalt vorliegt, rechtfertigt den schönen Satz: Bayern leuchtet durch seine Kunst und seine Wissenschaft. Bayern leuchtet mehr als fast alle anderen, die ihr Licht ebenfalls auf den Scheffel gestellt haben.

(Mehrlich (SPD): Mehr als alle Sterne des Firmaments!)

Meine Damen und Herren, das ist keine bloße Behauptung. Ich sage Ihnen einige Fakten.

(Mehrlich (SPD): Das Universum ist nichts dagegen!)

In Bayern ist die Studienzeit im Durchschnitt am kürzesten. Der Wissenschaftsrat hat in seiner letzten Untersuchung festgestellt: Im Vergleich der alten Länder liegt die durchschnittliche Studiendauer in 14 von 36 Fächern, die vom Wissenschaftsrat untersucht wurden, in Bayern am niedrigsten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Dr. Baumann?

(Dr. Wilhelm (CSU): Ja.)

Herr Kollege Dr. Wilhelm, kennen Sie die Studie des Deutschen Stifterverbandes, nach der Bayern beim Hochschulranking das Schlusslicht ist?

Frau Kollegin, ich kenne die Studie. Ich wundere mich, dass gerade Sie das fragen, weil der Deutsche Stifterverband die noch nicht ganz perfekte Globalisierung als Hauptpunkt zugrunde gelegt hat.

(Lachen bei der SPD)

In diesem Punkt, meine liebe Frau Kollegin Dr. Baumann, sind Sie ebenso skeptisch wie wir. Wir vertreten die Meinung – das habe ich Ihren Ausführungen entnommen und ich und die große Mehrheit der Kollegen teilen diese Auffassung –, dass nicht die Hochschule am besten ist, die am leichtesten über das Geld – wenig oder viel – verfügen kann, sondern dass es auf eine Reihe von Kriterien ankommt. Dieses war das Erste. Ich nenne Ihnen in Kürze fünf weitere Argumente und bitte Sie, gut zuzuhören.