Protocol of the Session on March 13, 2025

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Miller.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein interessanter Ti tel für die heutige Aktuelle Debatte: „Das Urteil des Verfas sungsgerichtshofs – Klatsche für den Innenminister! Anlei tung für eine Wahlrechtsreform?“ Ich werde die nächsten paar Minuten nutzen, um diesen Titel etwas näher zu untersuchen, ihn zu sezieren, unter die Lupe zu nehmen und ihn vielleicht auch zu bewerten.

Fangen wir mal an. Der Titel der Aktuellen Debatte fängt an mit „Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs“. Herr Rülke, Sie wissen es ganz genau: Am 28. Februar 2025 sind zwei Urtei le ergangen.

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Sehr richtig!)

Ich möchte Ihnen gern beide Urteile kurz vorstellen. Vor al lem das erste Urteil ist eigentlich ganz interessant gewesen. Da haben die FDP und ihr Rechtsbeistand gezeigt, dass man sich schon bei einfachster Gesetzeslektüre und Subsumtion des Gesetzes nicht ganz sicher war; denn es ging darum, ob Sie Antragsteller sind. In § 29 des Volksabstimmungsgesetzes steht über die Zulassung des Volksantrags:

Wird der Antrag abgelehnt, so können die Vertrauensleu te der Antragsteller binnen zwei Wochen... den Verfas sungsgerichtshof anrufen.

Jetzt haben Sie in Ihrem ursprünglichen Antrag aber gar kei ne Vertrauensleute bestellt.

(Oh-Rufe – Abg. Ulli Hockenberger CDU: Was? – Zuruf: Das gibt’s doch nicht!)

Jetzt sagt aber das Gesetz, weil es weiß, dass es nicht so schlimm ist, wenn man mal keine Vertrauensleute bestellt, in § 27 Absatz 5:

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Sind keine Vertrauensleute benannt, gelten die beiden ers ten Unterzeichner des Antrags als Vertrauensleute.

So weit, so gut. Die FDP/DVP hat aber gemeint, dass wir hier keine Vertrauensleute bestellen müssen und mussten. Sie ha ben dann – ganz interessant – mit dem Schreiben vom 20. No vember 2023 bei der FDP-Partei einfach mal Vertrauensleute bestimmt, ohne dass diese jeweils mit den Unterzeichnern ab gestimmt waren. Das ist schon eine sehr interessante Geset zesauslegung. Und was hat dann das Verfassungsgericht, der Verfassungsrichter dazu gesagt? „Der Antrag ist unzulässig.“

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Eine Klatsche für die FDP!)

Jeder Jurist, der mal zehn Minuten in einer Vorlesung saß, weiß, dass, wenn man einen Antrag als unzulässig einschätzt, dies dann offensichtlich eine Klatsche ist.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD)

Aber schauen wir uns mal die andere Entscheidung an, auf die Sie vielleicht eingehen wollten, bei der sich der Verfassungs gerichtshof inhaltlich zu den Fragen geäußert hat. Artikel 28 Absatz 1 der Landesverfassung sagt:

Die Abgeordneten werden nach einem Verfahren gewählt, das die Persönlichkeitswahl mit den Grundsätzen der Ver hältniswahl verbindet.

Das Innenministerium hat hier, meine ich, mit ganz guten Ar gumenten dem Persönlichkeitswahlelement – –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bindet das Verfassungsgericht nicht?)

Sie haben doch gerade eben eine Klatsche bekommen, wie ich Ihnen vorgestellt habe. Und jetzt kommen Sie hier mit Ih rem Geschwätz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Das sind offensichtlich Elemente der Persönlichkeitswahl und der Verhältniswahl. Herr Rülke, ich habe gerade bei Ihnen zu gehört. Ich habe das Gefühl, Sie haben sich die Entscheidun gen des Verfassungsgerichtshofs gar nicht durchgelesen. Was Sie hier von sich gegeben haben, hat vorn und hinten nicht ge stimmt.

(Abg. Julia Goll FDP/DVP: Sie haben sie nicht ver standen! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Guter Witz!)

Ich habe Sie nicht verstanden, Frau Goll. „Guter Witz“.

(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall)

Artikel 28 der Landesverfassung: die Persönlichkeitswahl mit der Verhältniswahl verbinden. Das Element der Persönlich keitswahl ist nach Ansicht des Innenministeriums und auch des Landtags, wenn Sie das Protokoll der Anhörung und un sere Stellungnahme gelesen haben, ein sehr wichtiges Ele ment.

Herr Rülke, die FDP/DVP-Fraktion hat ja schon seit der Ver fassunggebenden Versammlung 1953 ein sehr verstörtes Ver hältnis zur Persönlichkeitswahl.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Damals schon hat sich Ihr Kollege Dr. Gönnenwein mit al lem, was er hatte, gegen den Begriff „Persönlichkeitswahl“ in der Landesverfassung gewehrt. Wir haben es dann damals mit Stimmen der SPD trotzdem geschafft, das hineinzuschreiben, weil die Persönlichkeitswahl sehr wichtig ist. Wir finden es sehr wichtig, dass sich Leute vor Ort durchsetzen müssen und nicht in den Parteizentralen im Hinterzimmer bestimmt wird, wer in den Landtag einzieht.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Thomas Hentschel GRÜNE – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Gehen Sie irgendwann noch mal auf den Inhalt ein?)

Ja, ich gehe gerade auf Ihren Antrag ein, auf den Inhalt Ih res Antrags.

Der Verfassungsgerichtshof – wir müssen uns mal anschau en, was der Verfassungsgerichtshof entschieden hat – hat wört lich gesagt – weil Sie ja meinen,...

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, es ist zu laut.

... ich hätte die Entscheidung vielleicht im Wortlaut nicht verstanden –:

Die mit dem Volksbegehren angestrebte Verringerung der Zahl der Wahlkreise hält sich noch innerhalb des durch Artikel 28 Absatz 1 und 3 Satz 1 der Landesverfassung vorgegebenen Gestaltungsrahmens …

Sie hält sich n o c h im Rahmen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Der Mei nung war der Innenminister nicht!)

Das ist offensichtlich keine Klatsche. Wenn Sie die Entschei dung gelesen haben, dann haben Sie gesehen, dass sich doch der Verfassungsgerichtshof ausführlich damit beschäftigt hat, ob man es so oder so sehen kann, und auch angeführt, dass in Schleswig-Holstein, wo es ähnlich geregelt ist, diskutiert wird, wie man sieht. Die wissenschaftliche Literatur ist da uneinig. Hier von einer „Klatsche“ zu sprechen, zeugt nicht von einer besonderen juristischen Kompetenz,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

zumal es meine Vorrednerin ja angesprochen hat: Mit Klat schen kennen Sie sich eigentlich ganz gut aus. Die FDP im Bund hat es innerhalb von einem Jahr dreimal geschafft: ein mal mit dem Nachtragshaushalt – verfassungswidrig und nich tig –, dann haben Sie mit dem Wärmepumpengesetz das par lamentarische Verfahren verfassungswidrig nicht eingehalten, und dann haben Sie es sogar mit dem Wahlrecht im Bund hin bekommen, teilweise verfassungswidrig zu handeln. Von Ih nen lassen wir uns hier nichts zur Verfassungsgemäßheit sa gen.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Zuruf von der CDU: Genau!)

Ich habe mich schon gefragt, wenn man von einer Klatsche spricht, wie Sie überhaupt auf den Begriff „Klatsche“ kom men. Nachdem ich dann mal „Klatsche FDP“ gegoogelt ha be, war mir klar, warum Sie diesen Begriff heute verwendet haben: „Strack-Zimmermann: Klatsche für die FDP“, „FDPChef tritt nach Wahlklatsche zurück“, „Droht der FDP nach Wahlklatsche das Aus?“.

(Heiterkeit bei der AfD)

Sie haben also relativ viel mit Klatschen zu tun gehabt.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und der AfD)

Wahrscheinlich haben Sie deswegen gemeint, Sie müssten die sen Begriff hier erwähnen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Dann frage ich mich auch, warum Sie immer den Innenminis ter persönlich ansprechen. Es war offensichtlich nicht der In nenminister allein,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Er hat nichts damit zu tun?)

sondern auch das Innenministerium mit der Anhörung und der Stellungnahme des Landtags, der die Auffassung des Innen ministeriums vertritt.