Protocol of the Session on March 12, 2025

Es ist kein Zufall, dass genau diese Ideologie von rechten Kräften genutzt wird, um bei der Gleichberechtigung das Rad zurückzudrehen. Wer das romantisiert, ignoriert die gesell schaftlichen Konsequenzen. Frauen, die keinen eigenen finan ziellen Spielraum haben, sind einem erhöhten Risiko von Ge walt und Abhängigkeit ausgesetzt. Gleichberechtigung bedeu tet Wahlfreiheit. Aber diese Freiheit gibt es nur, wenn Frauen echte Alternativen haben. Deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass solche rückschrittlichen Ideale wieder salonfähig wer den.

Besonders drastisch ist die Lage in den USA, wo das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in vielen Bundesstaaten fak tisch abgeschafft wurde.

(Zuruf von der AfD: Sehr gut!)

Eine Entscheidung – – Da kommt ein „Sehr gut!“, spannend. Das wird vermerkt.

(Zuruf des Abg. Dr. Uwe Hellstern AfD)

Es ist eine Entscheidung, die Frauen entrechtet, sie in alte Ab hängigkeitsverhältnisse zwingt und die Errungenschaften von Jahrzehnten zunichtemacht.

(Zuruf von der AfD: „Errungenschaften“!)

Ein weiteres erschütterndes Beispiel struktureller Gewalt ge gen Frauen sind Femizide. Jeden dritten Tag wird in Deutsch land eine Frau von ihrem Ex-Partner getötet. Diese Morde sind keine Beziehungstaten oder Familiendramen, sie sind das tödliche Ende eines Systems, das Frauen nicht ausreichend schützt. Was bedeutet das konkret? Frauen sind nicht sicher, selbst wenn sie die Kraft aufgebracht haben, sich aus einer ge walttätigen Beziehung zu befreien. Es fehlt an Schutzräumen. Frauenhäuser sind überlastet, die Finanzierung ist unsicher

oder oft nicht nachhaltig gesichert. Bund und Länder müssen die finanzielle Ausstattung von Frauenhäusern endlich auf ei ne verlässliche Grundlage stellen. Gewalt gegen Frauen ist ein Verbrechen und muss auch so behandelt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen, der CDU und der SPD)

Die Realität ist alarmierend. Frauen, die in Frauenhäusern Schutz suchen, finden oft keine langfristige Wohnmöglich keit. Ihnen fehlt bezahlbarer Wohnraum, um ein neues Leben aufzubauen. Die Miete für die Wohnung der Familie läuft wei ter, nur eben ohne sie. Der Täter hingegen darf oft bleiben. Auch das ist Realität in Deutschland. Das zeigt: Strafverfol gung darf keine Option sein, sondern muss konsequent durch gesetzt werden.

In den letzten Tagen habe ich dazu einen Kommentar in der „Waiblinger Kreiszeitung“ gelesen, der mich ehrlicherweise sprach- und fassungslos zurückgelassen hat. Dort hieß es, der Schutz von Frauen sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das ist richtig. Aber wenn wir aufhören, konkrete politische Verantwortung einzufordern, bleibt dieser Satz nicht mehr als eine leere Floskel. Wer sich auf die Gesellschaft verlässt, macht es sich zu einfach. Frauenrechte brauchen handfeste politische Entscheidungen, nicht bloß moralische Appelle.

Noch naiver ist allerdings die Aussage, dass wir idealerweise gar keine Frauenhäuser mehr bräuchten. Das wäre wünschens wert; das gebe ich zu. Aber es ist derzeit vollkommen realitäts fern. Gewalt gegen Frauen verschwindet nicht durch Wunsch denken. Frauenhäuser sind eine Reaktion auf diese Gewalt, nicht deren Ursache. Wer wirklich möchte, dass Frauenhäu ser überflüssig werden, muss in Prävention, Schutzmaßnah men und konsequente Strafverfolgung investieren, statt naive Lippenbekenntnisse abzugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der Grünen, der CDU und der SPD)

Wer ernsthaft glaubt, dass sich dieses Problem von selbst löst, macht sich etwas vor. Also: Es geht darum, eine dauerhafte, verlässliche und ohne bürokratische Hürden versehene Finan zierung für die Frauenhäuser aufzustellen; denn die Alterna tive wäre, Frauen schutzlos zu lassen – und das ist keine Al ternative.

Gleichberechtigung bedeutet aber nicht nur gleiche Rechte auf dem Papier. Sie muss gelebt werden, und dafür müssen die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Ich nenne nur einmal die Steuer auf Menstruationsprodukte. Wir sind zwar inzwischen bei nur noch 7 % Mehrwertsteuer auf Tampons und Binden – das war ein erster Erfolg –,

(Zuruf von der AfD)

aber warum nicht 0 %? Menstruation ist kein Luxus, sondern eine biologische Notwendigkeit. Andere Länder zeigen, dass es geht. Und ehrlich: Wenn Männer menstruieren würden, hät te es diese Steuer vermutlich nie gegeben.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP – Beifall bei Abgeord neten der FDP/DVP, der Grünen und der SPD – Ver einzelt Beifall bei der CDU)

Stattdessen gäbe es vermutlich eine staatlich finanzierte Blu tungspauschale und Gratisprodukte in jeder öffentlichen Toi lette.

(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall – Unruhe)

Ein letztes, wirklich wichtiges Thema an dieser Stelle: Wir brauchen bei der medizinischen Forschung eine geschlechter sensiblere Ausgestaltung. Noch immer basieren viele Studien und Medikamente auf männlichen Normwerten. Frauen ha ben andere Symptome, andere Krankheitsverläufe, aber das wird viel zu selten berücksichtigt. Ein Beispiel ist der Herz infarkt, wo wir bei Frauen nach wie vor eine um bis zu 50 % höhere Sterblichkeitsrate haben als bei Männern.

(Zuruf von der AfD)

Frau Abg. Fink-Trauschel, kommen Sie bitte zum Schluss.

Dementsprechend: Der Begriff „Macht“ ist im Titel unserer heutigen Debatte be wusst doppeldeutig gewählt. Ja, es geht um politische Macht, aber es geht auch darum, Macht zu beanspruchen, sich nicht abhalten zu lassen, laut zu sein, sichtbar zu sein. Deshalb mein Appell: Frauen, macht Politik! Nutzt eure Stimmen, kämpft für eure Rechte und eure Themen und zeigt, dass Frauen in der Politik nicht nur notwendig sind, sondern unverzichtbar.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen und der CDU sowie Abgeordneten der SPD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Wolle das Wort.

(Abg. Carola Wolle AfD spricht mit Präsidentin Muh terem Aras, bevor sie ans Redepult tritt.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst muss ich von meinem Konzept abweichen, denn das Bashing gegen die AfD ist wirklich unerträglich.

(Zuruf von der AfD)

Das Frauen- und Familienbild der AfD ist so, dass Frauen selbstständig entscheiden sollen, ob sie Kinder erziehen wol len, ob sie arbeiten wollen oder ob sie beides wollen. Es geht darum, dass vor allem die linke Seite Frauen in die Berufstä tigkeit drückt und Frauen fast ein schlechtes Gewissen haben müssen, wenn sie sich nur für die Familie entscheiden. Es geht um eine freie Entscheidung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Was ist an der „Keimzelle der Familie“ denn so schlimm? Wie entstehen denn Kinder? Brauchen Sie wirklich Nachhilfeun terricht in Biologie, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Natalie Pfau-Weller CDU: Von Ihnen sicher nicht!)

Kinder entstehen durch die Vereinigung von Mann und Frau. Punkt!

(Abg. Isabell Huber CDU: Das sagt alles aus! – Un ruhe)

Wehrhaftigkeit der Männer: Glauben Sie denn wirklich, dass unsere verhätschelten Bubis tatsächlich das Land, das Sie jetzt verteidigen wollen, wo Sie Rüstung aufbauen wollen, vertei digen können? Glauben Sie das denn wirklich? Da braucht man Männer.

(Zurufe, u. a. des Abg. Manuel Hagel CDU – Unruhe)

Und Männer – das hat nichts damit zu tun, dass sie Frauen dann schlecht behandeln. Es ist Ihr Bild, das Sie projizieren. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Punkt!

(Beifall bei der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Ge nau so! Das ist eine Selbstverständlichkeit!)

Blicken wir in die Geschichte der Frauenbewegung, meine Damen und Herren. Ein zentrales Ziel der Frauenbewegung war das Wahlrecht, das die Frauen dann am 12. November 1918 in Deutschland erhalten haben. Die Frauenbewegung hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Frauen einen Beruf erler nen und studieren durften sowie Bildungsabschlüsse erhalten konnten. Dies ermöglichte den Frauen, einen Beruf zu ergrei fen. Allerdings war das in Westdeutschland bis 1977 von der Zustimmung des Vaters oder des Ehemanns abhängig.

Die Bewegung setzt sich für gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit ein. Dies führte zu gesetzlichen Regelungen gegen die Diskriminierung am Arbeitsplatz. Die Frauenbewegung hat sich dafür eingesetzt, dass Gesetze erlassen werden, die Frau en vor häuslicher Gewalt und sexueller Belästigung schützen.

Aus aktuellem Anlass möchte ich Sie daran erinnern, dass un ser zukünftiger Bundeskanzler Friedrich Merz 1997 im Deut schen Bundestag gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe gestimmt hat, meine Damen und Herren. Das kön nen Sie gern recherchieren.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der SPD)

Die Frauenbewegung war immer dann erfolgreich, wenn sie Männer nicht als Feinde betrachtet und behandelt hat, sondern als Partner auf einem langen gemeinsamen Weg.

(Abg. Dr. Natalie Pfau-Weller CDU: Das ist aus dem Zusammenhang!)

Die Frauen und Männer der Frauenbewegung hatten dann ih re größten Erfolge, wenn mutige Frauen mit klugen Argumen ten absurde Diskriminierung beiseitegeschafft haben. Drei Beispiele für die Klugheit solcher Frauen:

Hedwig Dohm lebte von 1831 bis 1919 als Schriftstellerin und Feministin und hat Hervorragendes für das Frauenwahlrecht und die Gleichbehandlung in Bildung und Beruf geleistet.

Bertha von Suttner lebte von 1843 bis 1914 und hat als erste Frauenaktivistin für den Frieden den Friedensnobelpreis er halten.

Die 82-jährige Alice Schwarzer schließlich gehört für mich zu den umstrittensten Figuren der deutschen Frauenbewegung.