Die 82-jährige Alice Schwarzer schließlich gehört für mich zu den umstrittensten Figuren der deutschen Frauenbewegung.
Das meine ich durchaus positiv. Unumstrittene Mitläufer ha ben dieses Land und dieses Parlament bereits genug. Man muss Alice Schwarzer nicht in all ihren Positionen zustim men, aber sie hat jahrzehntelang Großartiges für die Definiti on und Durchsetzung von Frauenrechten in der Bundesrepu blik geleistet. Sie gründete 1977 die feministische Zeitschrift EMMA. Schwarzer hat mit ihren kontroversen Standpunkten die mediale Aufmerksamkeit für bis dahin vernachlässigte Frauenthemen gesteigert.
Sie hat mit ihren lautstarken Kampagnen gegen sexuelle Ge walt in der Ehe mobilisiert. Auch wenn ich ihre extremen Po sitionen zur Abtreibung nicht teilen kann, so hat sie dafür trotzdem meinen vollen Respekt verdient. Denn ohne Alice Schwarzer hätte man sich mit dem Thema Abtreibung nicht auseinandergesetzt und Lösungen gesucht.
Ich schätze ihren Mut, die Frauenfeindlichkeit des Islams an zusprechen und diesen auch scharf zu kritisieren. Die Liste der Täter bei Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen wird von Afghanen und Syrern angeführt. Gruppenvergewaltigun gen treten erst in jüngster Zeit auf. Den Frauen in diesem Land wird ein schlechter Dienst erwiesen, wenn durch einen mas siven Zuzug von Menschen mit extremer patriarchaler Prä gung 200 Jahre Frauenbewegung infrage gestellt werden.
Auch der politisch eher linke Feminismus muss bereit sein, sich der Realität zu stellen – und damit meine ich Sie, meine Damen und Herren.
Er muss bereit sein, sich kritisch mit den Begleiterscheinun gen einer vorwiegend männlich-muslimischen Migration aus einanderzusetzen. Denn eines ist sicher: Der Import dieser pa triarchalen Kultur steht im Widerspruch zu den liberal-femi nistischen Errungenschaften. Vor dieser Rückkehr in die Stein zeit muss sich unsere demokratische Gesellschaft schützen. Warum diese berechtigte Kritik nicht ernst genommen wird und der Islam hierzulande noch immer kritiklos hingenom men wird, ist mir ein Rätsel.
Meine Damen und Herren, Frau Abg. Wolle hat das Wort. Stellen Sie bitte Ihre Gesprä che und Zwischenrufe ein. Danke.
Wem, glauben Sie, haben Sie mit dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Ge schlechtseintrag einen Dienst erwiesen?
Denn mit Ihrem Gesetz rauben Sie den Frauen ein Stück Si cherheit: ihre Rückzugsräume in Umkleidekabinen,
ihre Sicherheit in Frauenhäusern oder sogar in Gefängnissen und die bisherige Chancengleichheit im Sport, insbesondere im Leistungssport. Das nenne ich buchstäblich einen Schlag ins Gesicht der Pioniere der Frauenbewegung.
Den Müttern und Vätern der Frauenbewegung ging es immer um die Beseitigung von Benachteiligung, nicht um die Schaf fung neuer Ungerechtigkeiten. Es ging ihnen darum, dass sich Frauen und Männer in ihrem sozialen Umfeld auf Augenhö he begegnen und dass Frauen ganz selbstverständlich in Bil dung, Beruf und Politik aktiv sind.
Wie lächerlich ist das, wenn Frauen per Quote in Führungs positionen befördert werden, ohne über die notwendige Qua lifikation und Erfahrung nachzudenken?
Bei offensichtlich gescheiterten Politikerinnen denke ich an die ehemalige Verteidigungsministerin oder eine bereits ab gewählte Außenministerin.
Ein wirklich ernsthaftes Problem will ich nicht verschweigen. Es betrifft die Ungleichheit der Bezahlung von Frauen. Die bereinigte Lohnlücke liegt derzeit bei 6 %. Das klingt nicht so hoch. Aber unbereinigt liegt sie bei 16 %.
In meiner Kreiszeitung konnte ich am vergangenen Wochen ende die zunächst beruhigende Nachricht vom kontinuierli chen Schrumpfen der Lohnlücke lesen. Interessant ist die Ana lyse. An erster Stelle werden Teilzeit und Karriereunterbre chung genannt, offensichtlich im Zusammenhang mit Erzie hungszeiten, gefolgt von Unterschieden in der Berufswahl. So arbeiten Frauen traditionell häufiger in sozialen Berufen, die ebenso traditionell schlecht bezahlt werden.
Sehr weit vorn bei den Ursachen des Lohnunterschieds ran gieren unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Das stellt ein dramatisch wachsendes Problem dar, da die Kom munen den gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr eben nicht erfüllen können. Haupt ursache ist die Überlastung der Kommunen mit der Bewälti gung der ungeregelten Migration.
Meine Damen und Herren, ich sehe in diesem Land ein Fami lienbild, von dem meine Mutter nur geträumt hat. Ich sehe junge Männer, die sich völlig selbstverständlich um den Nach wuchs kümmern, ihre Pflichten im Haushalt wahrnehmen und obendrein erfolgreich im Beruf sind.
Ich möchte mich abschließend an Sie wenden, an die zahlrei chen Väter hier in unserem Landtag: Bitte denken Sie einen
Augenblick lang darüber nach, welchen Anteil Sie an der täg lichen Hausarbeit Ihrer Familie leisten, welchen Anteil Sie an der Erziehung und Pflege Ihrer Kinder haben oder hatten, ob Sie Ihre Ehefrau tatsächlich bei der Vereinbarkeit von Fami lie und Beruf unterstützen. Bitte denken Sie daran, dass Ihre Glaubwürdigkeit nicht an der Plausibilität der Reden gemes sen wird.
Gerade heute sollten Sie, liebe Väter mit Landtagsmandat, da ran denken, dass Frauenrechte vor allem in der Familie gelebt werden. Das tut Ihrer Frau gut und vor allem Ihnen und Ihren Kindern.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Abgeordnete! Wie jedes Jahr hält uns der Internationale Frauentag einen Spiegel vor: Wie steht es um die Gleichstellung der Geschlechter? Was wurde erreicht? Aber vor allem auch: Was ist noch zu tun?
Daher will ich gleich zu Beginn festhalten: Wir haben bereits viel erreicht. Ich möchte allen Frauen danken, die mit ihrem Mut und ihrer Beharrlichkeit wichtige politische und gesell schaftliche Veränderungen angestoßen haben und dies weiter hin tun, die trotz vieler Hürden und Anfeindungen nicht auf geben, sondern sich für Geschlechtergerechtigkeit, für eine starke Demokratie einsetzen.
Natürlich tun das vereinzelt auch Männer, und natürlich ist es ganz wichtig, dass mehr Männer das tun. Aber im Moment ist es leider so, dass die wesentlichen Veränderungen in Bezug auf Gleichstellung tatsächlich von einer starken Frauenbewe gung getrieben werden. Und dieser bedarf es auch.
Als Erfolge möchte ich benennen – darauf wurde in verschie denen Reden schon eingegangen – das Gewalthilfegesetz und die Landtagswahlrechtsreform. Dazu komme ich später noch ausführlicher.
Das Motto der heutigen Debatte „Frauen. Macht. Politik.“ hebt dieses Engagement und diese Erfolge hervor. Aber es zeigt auch: Es ist noch viel zu tun, und es kommen ständig neue Aufgaben dazu. Daher ist es wichtig, dass sich mehr Frauen aktiv in die Gesellschaft und in die Politik einbringen und dass wir vor allem auch Strukturen schaffen, die dieses Einbringen erleichtern und Frauen willkommen heißen. Es gibt nämlich tatsächlich noch viele Hürden zu überwinden.
Der Abbau dieser Hürden kann nur gemeinsam gelingen. Da her freue ich mich über die Debatte heute, weil sie gezeigt hat, dass es allen demokratischen Parteien hier im Landtag wich tig ist, in der Gleichstellung voranzukommen.
Parallel zur Arbeit an einer geschlechtergerechten Gesellschaft gibt es leider auch erstarkende Strömungen in die andere Rich
tung. Antifeminismus ist auf dem Vormarsch. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Es ist eine Ideologie und eine politische Strategie, die sich gegen Gleichberechtigung und Selbstbestimmung richtet. Sie wird von rechtsextremen Parteien angetrieben – mit frauenverachtenden Videos, mit Parolen – wie auch von den sogenannten Tradwives, die ein Frauenbild der 1950er-Jahre propagieren.
Was sie vereint, ist die Idee und Botschaft, dass Frauen dem Mann untergeordnet sind. Antifeminismus ist eine Ideologie der Ungleichheit und Abwertung. Dahinter stecken Glaubens sätze wie: „Frauen sollen backen, Kinder erziehen und den Männern die Entscheidungen überlassen“,