Protocol of the Session on May 16, 2019

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Genau! Nur ein Bezirksverband!)

Dann haben Sie erklärt, diejenigen, die saubere Luft haben wollen, zerren an den Grünen, und Gerichtsurteile würden ein gehalten. Und es gebe Kompromisse. Wie sieht denn der Kompromiss bei der Euronorm 5 aus? Es steht nach wie vor der Satz von Herrn Strobl, es werde nicht zu flächendecken den Fahrverboten kommen. Sie haben am heutigen Tag er klärt: Gerichtsurteile werden eingehalten.

Meine Damen und Herren, was passiert denn, wenn Sie auch in der Berufung verlieren? Was passiert denn, wenn auch die Berufungsinstanz Fahrverbote für Euro-5-Diesel verlangt? Da fehlt noch immer die Antwort. In dieser Frage gibt es eben keinen Kompromiss; da stehen Sie sich nach wie vor unver söhnlich gegenüber, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dann war von bezahlbarem Wohnraum die Rede, das sei die wichtigste soziale Frage unserer Zeit. Wohlgemerkt, Herr Mi nisterpräsident: Sie haben behauptet, Sie hätten Krisen und Konflikte aufgelöst. Was haben Sie denn beim Wohnraumpro blem aufgelöst, meine Damen und Herren? Überhaupt nichts haben Sie aufgelöst.

Die Wirtschaftsministerin – wir haben es gehört – durfte nicht verkünden, dass man bei der Änderung der Landesbauord nung ein Stück weitergekommen ist, geschweige denn, dass irgendetwas in den parlamentarischen Gang eingespeist wur de, geschweige denn, dass es wirklich Entscheidungen gibt.

Dann loben Sie sich immer selbst dafür, dass Sie irgendwel che Palaverkreise gründen. Das ist dann die große Lösung.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Sie holen alle Beteiligten an den Tisch, unterhalten sich einen halben Tag lang, laden dann die Presse ein und erklären: „Wir waren uns einig“ oder „Wir waren uns einig, dass wir uns nicht einig sind“, und das war es dann. Aber wirkliches Re gierungshandeln und eine klare Linie Ihrer Politik sind doch nicht zu erkennen.

Sie haben in keiner Weise aufgezeigt, wie Sie das Wohnraum problem in Baden-Württemberg lösen können. Von Ihnen, Herr Ministerpräsident, stammt der Satz – den ich schon mehrfach gelobt habe –, dass man ohne privates Kapital das Wohnraumproblem nicht lösen kann. Das haben Sie hier an dieser Stelle einmal gesagt, Herr Ministerpräsident.

Wenn das so ist, dann vermisse ich aber eine Antwort auf die Frage, wie wir dieses private Kapital auch in die Wohnungs baupolitik des Landes Baden-Württemberg hineinbekommen. Dafür müssen Sie nämlich Anreize setzen. Da müssen Sie da für sorgen, dass der Grunderwerbsteuersatz wieder sinkt. Da brauchen wir eine Lösung beim Thema Grundsteuerreform – dazu war auch nur zu hören, dass Sie sich zwischen Grünen und CDU nicht einig sind. Da müssen wir uns die Frage stel len, welche Anreize man bei der energetischen Sanierung setzt, beispielsweise bei der steuerlichen Absetzungsfähigkeit. Da müssen wir uns die Frage stellen, wie wir das Mietrecht entrümpeln – dazu könnten Sie beispielsweise eine Bundes ratsinitiative auf den Weg bringen.

Anreize für privates Kapital sehen wir bei dieser Landesre gierung nicht. Es wird immer nur über staatliche Zwangsmaß nahmen geredet, wie beispielsweise Fehlbelegungsabgaben und Mietpreisbremsen, aber für einen wirklichen Anreiz, der notwendig ist, die Lösung der Bremsen machen Sie keine Vor schläge.

(Beifall des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Im Gegenteil: Aus Ihrer eigenen Partei kommen dann noch Enteignungsfantasien. Das ist das Gegenteil dessen, was not wendig ist, um privates Kapital zu mobilisieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Sie sprachen ferner von drei großen Zukunftsaufgaben, von drei großen Feldern, auf denen Sie die Zukunftsaufgaben des Landes Baden-Württemberg lösen wollen. Gut, schauen wir uns diese drei Felder einmal an:

Das ist zum einen das Thema Klimawandel. Herr Minister präsident, Sie haben behauptet, noch nie habe eine Landesre gierung zum Thema Klimawandel so viel auf den Weg ge bracht. Es ist noch gar nicht lange her, da wurde hier in die sem Landtag von Baden-Württemberg auf Antrag der CDUFraktion eine Aktuelle Debatte zum Thema Klimawandel ge führt. Es war ein bemerkenswertes Schauspiel innerkoalitio närer Zerfleischung, das Sie da vorgeführt haben.

Jetzt behaupten Sie, Sie hätten nach drei Jahren das Problem gelöst, der Koalitionsvertrag sei abgearbeitet. Das wurde be hauptet. Das Einzige, worauf Sie sich verständigt haben, sind Eckpunkte. Noch nicht einmal ein Gesetzentwurf hat das Licht der Welt erblickt. Das verkaufen Sie als großen, tiefgreifen den Erfolg. „Noch nie hat eine Landesregierung beim Klima wandel so viel geleistet.“ Sie haben in diesen drei Jahren nichts geleistet, weil Sie sich in dieser Koalition bis zum heu tigen Tag nicht einig sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Sie sprachen vom Zusammenhalt der Gesellschaft. Das sei Ihr großes Thema. In Ihrer ersten Amtszeit war immer die Rede von der „Politik des Gehörtwerdens“. Die meisten Menschen haben „Politik des Gehörtwerdens“ so verstanden, dass die Bevölkerung mitreden darf, dass es mehr Mitwirkungsmög lichkeiten für die Bevölkerung gibt. Sie haben dann irgend wann einmal gemerkt, dass sich „Politik des Gehörtwerdens“ zwar in der Opposition gut anhört, in der Regierungsverant wortung aber unter Umständen unbequem wird. Dann haben Sie aus der „Politik des Gehörtwerdens“ schnell eine Politik gemacht, von der Sie sagten: „Gehört werden heißt nicht er hört werden.“

Das heißt mit anderen Worten: Die Bevölkerung darf sagen, was sie will, aber die Regierenden entscheiden. Den Nach weis erbringen Sie in den letzten Wochen aufs Nachhaltigste. Die Grünen als eine Partei, die angeblich immer für Bürger beteiligung und Bürgerentscheide gewesen ist, lehnt im Wo chentakt Initiativen ab, die genau das zum Ziel haben.

In der vergangenen Woche wurde die Einführung der Volks abstimmung auf Landkreisebene von den Grünen abgelehnt. Gestern haben Sie, meine Damen und Herren, einen bemer kenswerten Eiertanz aufgeführt, um zu begründen, warum Sie die von der SPD gewünschte Volksabstimmung zum Thema „Gebührenfreie Kitaplätze“ nicht wollen. Offensichtlich ha ben Sie Angst vor dem Ergebnis.

Wohlgemerkt, meine Damen und Herren: Wir, die FDP/DVPFraktion, sind nicht für gebührenfreie Kitaplätze. Wir sind da für, das Geld in die Qualität zu investieren, und wir sind da für, dass die Kommunen vor Ort entscheiden. Aber es muss doch möglich sein, die Bevölkerung zu diesem Thema zu fra gen und dies als Grüne nicht abzuwürgen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

So kann der Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht funktio nieren. Auch bei diesem Thema kommen nur Lippenbekennt nisse, Herr Ministerpräsident. Wenn es aber ernst wird, haben Sie nichts auf der Pfanne. Dann wollen Sie alles abwürgen und von oben her entscheiden.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Heiße Luft!)

Das dritte Thema, meine Damen und Herren, ist die Digitali sierung. Da haben Sie die Koalition auch gelobt. Sie haben gesagt – ich zitiere –:

... bei der Digitalisierung... sind wir hellwach...

Angesichts der Funklöcher in Baden-Württemberg müssen Sie das auch sein. Da muss man hellwach sein. Niemand an ders als Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat vor nicht allzu langer Zeit – – Herr Strobl, Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln. Sie wissen ja noch gar nicht, was ich sagen wer de. Da schüttelt er jetzt schon den Kopf.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Der schüttelt immer den Kopf, entweder von links nach rechts oder von oben nach unten!)

Moment. – Herr Minister Strobl, ich bitte Sie, von der Regierungsbank aus von Äuße rungen abzusehen. – Danke.

Er hat ja nichts ge sagt. Mit dem Kopf wackeln darf er.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Nichtsdestotrotz ist es schon bemerkenswert, dass er mit dem Kopf wackelt, bevor jemand etwas sagt.

Und es ist eben nicht falsch, Herr Strobl, dass der Minister präsident kürzlich bei einer Regierungspressekonferenz über die Funklöcher in Stuttgart gejammert hat. Da haben Sie, Herr Ministerpräsident, gesagt:

Wenn ich durch Stuttgart fahre: immer die gleichen Funklöcher. Und was mich am meisten deprimiert, ist: Jetzt bin ich acht Jahre Ministerpräsident, und es gibt immer noch die gleichen Funklöcher.

Das verstehen Sie als Digitalisierungserfolge.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP)

Sie sagen: „Wir sind hellwach.“ Nein, Sie haben acht Jahre lang geschlafen, wenn Sie acht Jahre das Land regieren und in Stuttgart noch immer dieselben Funklöcher erkennen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Die Leuchttürme, die Sie im Bereich der Digitalisierung ha ben, sind wahrlich auch kein Ruhmesblatt. Bei „ella“ haben Sie eine zweistellige Millionensumme verbrannt, haben alles auf null gestellt und wieder neu angefangen. Ist das das Hell wache Ihrer Digitalisierungspolitik?

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Der zweite Schuss muss sitzen!)

Oder: Bei ASV-BW haben Sie inzwischen 47 Millionen € auf den Weg gebracht – mit äußerst dürftigem Ergebnis. Heißt das, in der Digitalisierungspolitik hellwach zu sein?

Nein, meine Damen und Herren, Sie erzählen von drei gro ßen Themen – Klimawandel, Zusammenhalt der Gesellschaft, Digitalisierung –, und in keinem dieser Bereiche haben Sie wirklich etwas zustande gebracht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Abschließend, Herr Ministerpräsident, zur Frage der Koaliti on: Sie haben erklärt, ich würde „lindnern“. Das heißt, die FDP laufe vor der Verantwortung davon.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Das machen Sie auch!)

Ich bin mittlerweile gut 30 Jahre Mitglied dieser Partei, und 30 Jahre lang hat man mir immer vorgeworfen, die FDP sei eine Partei, die unbedingt mitregieren wolle, egal, ob sie et was durchsetzt oder nicht. Jetzt ist es umgekehrt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Und jetzt ist es auch nicht recht, gell?)

Jetzt ist es auch wieder nicht recht, Herr Kollege Schwarz. Jetzt heißt es, die FDP laufe vor der Verantwortung davon.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ist es!)