Protocol of the Session on May 16, 2019

Ich habe vor, gleich den Kollegen Klein zu loben. Das sollten Sie mir nicht verderben, Frau Razavi.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Nicole Razavi CDU: Ach so, kommt das jetzt?)

(Abg. Nicole Razavi CDU: Oh ja!)

Wir erinnern uns aber schon, was Andreas Stoch in der vori gen Debatte gerade gesagt hat: Man hält die kommunalen Lan desverbände fast ein Jahr lang hin, lässt den Doppelhaushalt entgegen der Tradition passieren, verstreichen. Man hat dann einen Nachtragshaushalt, in dem die berechtigten Forderun gen der Kommunen vom Land im Grunde alle aufgenommen werden. Das ist das, was passiert ist, meine Damen und Her ren. Da würde ich schon sagen: Das ist eher ein Timing für die Selbstinszenierung gewesen und kein Timing für die Städ te, Gemeinden und Landkreise in unserem Land.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deswegen möchte ich eines hier schon einmal kurz abräumen – die Sache mit der Inszenierung gibt mir gerade das Stich wort dazu –: Die alte Melodie „Wohnungsbau, und Nils Schmid ist an allem schuld“, „kommunalfeindliche Politik“ – – Wie gesagt, ich steige gleich auf das Positive in dem Bei trag des Redners der CDU ein.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Jetzt wird es aber Zeit!)

Aber wir waren diejenigen, die 2011 hier eine Situation über nommen haben, in der die Kommunen knapp davor waren, zu klagen, was die U-3-Unterbringung angeht. Verantwortlich waren Sie. Und wir haben es geheilt und haben in einem part nerschaftlichen Verhältnis mit den Kommunen erst wieder ei ne gute Gesprächsgrundlage geschaffen, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Es war insgesamt eine kommunalfreundliche Politik in die sen Jahren. Da können Sie keine andere Inszenierung bringen, übrigens auch keinen selbstvergessenen Ministerpräsidenten, der uns vorwirft, wir hätten im Vergleich mit der jetzigen Si tuation nur die Hälfte der Investitionsmittel für den Woh nungsbau gehabt. Es ist doch unglaublich, dass der Mann, der im Kabinett am Ende jede Entscheidung mitverantworten muss, dies hier so hineinzitiert.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Unglaublich! – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Er ist jetzt nicht mehr da. Aber da klatschen Leute bei ihm. Und ein anderer sagt gerade, wir würden unter pathologischen Schmerzen leiden. Ich glaube eher, dass Sie unter einer ande ren psychologischen Krankheit leiden, nämlich unter Be wusstseinsspaltung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Aber ich würde gern über ein paar Punkte sprechen. Das eine ist das Thema „Kommunaler Finanzausgleich“, für den in der Zukunft mehr Spielräume benötigt werden. Ich erinnere an die Ausführungen von Herrn Landsberg vom Städte- und Ge meindebund.

Zweitens müssen wir, Land und Kommunen, die Defizite in der kommunalen Infrastruktur in unserem Land gemeinsam angehen.

Und wir brauchen drittens ein Gefühl dafür, was die neuen Herausforderungen sind, denen wir uns stellen müssen – auch wiederum gemeinsam.

Ich will, was den kommunalen Finanzausgleich angeht, wie gesagt, positiv beginnen. Die Gesamtschau, die ja vor allem auch, schätze ich mal, auf Initiative der CDU zustande kam, gibt ein positives Bild. Ein erheblicher Teil der Landeshaus haltsmittel wird für die Stärkung unserer Städte, Gemeinden, Landkreise und Regionen eingesetzt, und dies zum Glück wei terhin in größerem Umfang als in anderen Bundesländern. Das ist kein neuer Befund, aber es ist ein stabilisierter Befund. Es ist eine lange Linie in unserem Bundesland.

Sorgen muss man sich allenfalls machen, wenn in den Ver handlungen mit den kommunalen Landesverbänden etwas kol portiert wird, wenn jemand sagt, man könne die Steuerquote von 23 % ja zur Debatte stellen, wenn man sich nicht einigt. Ich kann nur sagen: Wer so etwas in den Raum stellen sollte, würde das vielleicht auch machen. Man sollte hier ganz klar feststellen: Wir stehen zu den 23 % über all die Jahre hinweg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich stelle solchen Versuchungen unsere Überzeugung gegen über: Die Flächenstärke Baden-Württembergs hat viel mit der investiven Stärke und der sozialen Integrationskraft unserer Städte und Gemeinden zu tun. Unsere Kommunen brauchen dafür Spielräume. Dafür stehen wir, die SPD, hier und in al len 1 101 Städten und Gemeinden in diesem Land, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wie gesagt, den Zeitpunkt der Debatte lassen wir jetzt einmal hinter uns. Wir halten fest: Die etablierten Programme – Städ tebauförderung wurde genannt, ELR –, all das, was wir an Quellen haben und was das gesamte Antwortpaket des Finanz ministeriums ausweist – Bund und Land, etablierte und neue Programme –, wird in der Zukunft mindestens genauso nötig sein wie in der Vergangenheit. Dazu sollte man auch stehen.

Ich finde nur, dass es wichtig ist, dass wir die Spielräume für die Kommunen nicht dadurch einengen, dass es zu viele „gol dene Zügel“ gibt. Das ist nicht das, was wir uns wünschen können.

Mir ist – das will ich schon einmal sagen – in den Jahren, in denen Sie jetzt grün-schwarz regieren, aufgefallen, dass die Regierung Kretschmann II eine Psychologie von Gönnertum und Drohkulisse zeigt, ein System der Überordnung und der Unterordnung von Kommunen. Ich sage nur eines, meine Da men und Herren: Das ist nicht Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Stephen Brauer FDP/DVP)

Die kommunale Selbstverwaltung braucht finanzielle Ressour cen, sie braucht vor allem aber Respekt. Es gibt hier einen Kli mawandel – wir können alle darüber rätseln, wer ihn verur sacht hat –, der menschengemacht ist: Es ist in den letzten Jah ren kühler und stürmischer geworden im Verhältnis zwischen Land und Kommunen – leider. Als umso wohltuender emp finde ich die Ausführungen, die hierzu gemacht worden sind.

Eines will ich aber ansprechen: Der Sündenfall ist die Vorweg entnahme des Landes aus dem kommunalen Finanzausgleich. In der Vergangenheit gab es die Richtung leicht nach oben; dann haben wir das in der sozialdemokratischen Finanzver waltung abgeschmolzen – minus 90 Millionen € –, bis Sie von Grün-Schwarz kamen und ohne jede finanzielle Not

(Abg. Reinhold Gall SPD: So ist es!)

den Städten und Gemeinden wieder viel Geld vorenthalten ha ben. Angesichts dessen, was jetzt die Spitze ist – ich glaube, wir gehen auf 850 Millionen € zu –, ist dieses Hinausposau nen des kommunalen Sanierungsfonds mit 600 Millionen € ein seltsamer Kontrast dazu.

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten den Sündenfall an anderer Stelle beenden können. Das Abschmelzen der Vorwegentnahme, das wir für die Zu kunft fordern, ist der Lackmustest für die Kommunalfreund lichkeit in unserem Land, weil das eine Politik zugunsten ei genständig wahrgenommener Spielräume der Kommunen wä re und den goldenen Zügel zurückdrängen würde. Ich sage einmal: Uns Sozialdemokraten fällt eine solche Linie – weni ger goldene Zügel – historisch nicht so leicht, aber unsere Fraktion hat sich dazu durchgerungen, diese Spielräume für unsere Kommunen wahren zu wollen.

Deswegen glaube ich nicht, dass die Einführung des Flächen faktors für Kommunen mit relativ niedriger Einwohnerzahl ein taugliches Gegenmittel wäre oder eine Kompensation für die Vorwegentnahme. Man kann das separat diskutieren, aber es hat dahin gehend keine unmittelbare Gegenwirkung.

Ich will zwei Punkte ansprechen, bevor ich zu einem dritten Punkt komme, zur kommunalen Infrastruktur.

Ich finde schon, dass wir in der Schullandschaft eine enge Ver knüpfung von Land und Kommunen haben. Wir haben mit den Gemeinschaftsschulen und mit verstärkten Ganztagsan geboten Stabilität in der Fläche hinbekommen. Sie offenba ren jetzt aber Schwächen bei der weiteren Fortentwicklung.

Man muss auch darüber reden, dass wir neue Aufgaben ha ben. Kommen Sie endlich mit der veränderten Rolle der Schulleiter so zurecht, dass wir die Finanzierung der Schul leiterstellen auf neue Beine stellen können, damit es mehr Spielräume für die einstmals wichtige Rolle des Schulrektors in der Gemeinde gibt. Über eine Residenzpflicht sprechen wir ja schon lange nicht mehr, aber diese Rolle muss gestärkt wer den. Der Schulleiter ist heute natürlich mehr Manager, er muss andere Aufgaben wahrnehmen. Lassen Sie uns dabei endlich vorankommen. In den Städten und Gemeinden wird das er wartet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das Zweite: Im Wohnungsbau – dieses Thema will ich schon aufgreifen – wird einfach so dahergeredet. Der Fraktionsvor sitzende der Grünen, der jetzt wieder eingetroffen ist, nennt eine LEG – das muss man sich einmal vorstellen: die grüne Partei nutzt das Vokabular des Neoliberalismus – ein „Büro kratiemonstrum“. Schämt sich dafür eigentlich noch irgend jemand angesichts der Vergangenheit der Grünen?

(Abg. Andreas Stoch SPD: Nein! Schamlos!)

Vermutlich niemand mehr. Man bezeichnet es als „Bürokra tiemonstrum“, weil wir etwas wollen, was in diesem Land be reits existiert hat. Der Ministerpräsident, der so eitel ist, dass ja kein Vorschlag der SPD zum Zuge kommt,

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

nennt selbst das Stichwort Konzeptförderung, weil er wollte, dass genau das getan wird. Er hat doch darauf gedrängt, dass etwas passiert, und hat jetzt sozusagen sein eigenes Ding ge macht – unzulänglich – und unseres abgewehrt, obwohl un seres das Richtige ist, weil es öffentlich, institutionell und nachhaltig ist.

Deswegen ist in diesem Land die Forderung nach einer LEG, die beratend, aber auch investierend tätig ist, weiterhin rich tig. Kommen Sie auf uns zu, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Es gibt Themen, an denen wir gemeinsam ar beiten müssen. Es gibt in der Antwort der Landesregierung vieles, wovon wir sagen können: Da haben sich in Zeiten des finanziellen Wohlstands und Überflusses richtige Entwicklun gen ergeben. Wir sehen, dass die kommunalen Landesverbän de insbesondere bei der Sozialpolitik richtige Dinge durchge bracht haben – nicht überall; Krankenhausbau; aber es sind viele Dinge geschehen. Wir sind daran interessiert, dass es ge meinsam weitergeht. Dazu werde ich am Ende noch etwas sa gen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Peter, du hast den letzten Punkt vergessen!)

Kommt noch.

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Brauer.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir liegt es fern, Herrn Hofelich zu kritisieren oder zu verbessern,

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Das ist gut!)