Protocol of the Session on July 13, 2016

Das gefällt Ihnen. Es gefällt ihm. Schön.

Ich will jetzt nicht jeden einzelnen Aspekt dieser Verjüngungs kur aufzählen, sondern mich auf einige wichtige Punkte kon zentrieren. Der Kollege Sckerl ist ja schon recht umfänglich auf den Inhalt des Gesetzentwurfs eingegangen.

Zum einen: Wir stärken die Rechte des Ausschusses und sor gen dafür, dass ein Ausschuss seinem Auftrag besser gerecht werden kann. So kann der Ausschuss jetzt an Stellen, wo es aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen besonders schwie rig wird, einen Ermittlungsbeauftragten einsetzen. Er muss sich also nicht mehr mit der „Krücke“ eines Sachverständi gen behelfen, wie es noch im NSU-Ausschuss gemacht wer den musste.

Zum Zweiten: Die Pflicht zur Aktenvorlage wird jetzt aus drücklich auf elektronische Akten ausgedehnt. Das ist folge richtig, weil die Lebenswirklichkeit seit Jahren so aussieht,

dass auch in Verwaltung und Regierung zunehmend elektro nisch kommuniziert und gespeichert wird.

Zum Dritten: Gleichzeitig ziehen wir da eine gesetzliche Grenze ein, wo es um Daten mit streng persönlichem Charak ter geht. Solche Daten darf ein Untersuchungsausschuss nicht erhalten. Das stellen wir mit unserer gesetzlichen Regelung sicher.

Und noch ein wichtiger Punkt: Wir stärken die Rechte der Minderheit im Ausschuss. Mit der Neuregelung in § 1 Ab satz 4 schaffen wir die Möglichkeit, dass eine einsetzungsqua lifizierte Minderheit, also 25 % oder zwei Fraktionen, einen von der Mehrheit eingesetzten Untersuchungsausschuss vor dem Verfassungsgerichtshof auf seine Verfassungsgemäßheit überprüfen lässt. Dies ist eine Lehre aus dem Untersuchungs ausschuss „Schlossgarten II“, bei dem dem Parlament eine solche Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung durchaus gut zu Gesicht gestanden hätte.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Kurz gesagt: Wir stärken die Rechte des Parlaments im Un tersuchungsausschuss. Wir machen das Verfahren moderner, rechtssicherer und transparenter. Wir machen den Untersu chungsausschuss zukunftsfähig.

Meine Damen und Herren, auch ich darf mich dem Dank des Kollegen Sckerl anschließen. Ich danke allen, die so einver nehmlich und konstruktiv daran gearbeitet und mitgewirkt ha ben. Vielen Dank.

Die CDU-Fraktion wird dieser Novelle natürlich zustimmen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen, Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP sowie der Abg. Dr. Chris tina Baum AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Binder.

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Der Untersuchungsausschuss, liebe Frau Kollegin Razavi, ist nicht nur das schärfste Schwert der Opposition, sondern vor allem das schärfste Schwert des gesamten Parlaments.

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Denn die Kontrolle der Regierung obliegt nicht nur der Op position, sondern dem gesamten Parlament.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr gut!)

So sieht es die Gewaltenteilung vor. Wir haben auch in Un tersuchungsausschüssen der letzten Legislaturperiode genau das sehen können – beim EnBW-Untersuchungsausschuss zum Teil, aber beim NSU-Untersuchungsausschuss in voller Gänze. Das gesamte Parlament hat da gemeinsam an einem Strang gezogen. Deshalb ist es folgerichtig, dass die Empfeh lungen, die Vorschläge der drei in der letzten Legislaturperi ode eingesetzten Untersuchungsausschüsse jetzt eine Umset zung finden.

Die Kollegin Razavi hat es zu Recht angesprochen. Das Ge setz aus dem Jahr 1976 ist jetzt im besten Schwabenalter an

gekommen. Mit 40 wird man bekanntlich gescheit, wie es im Schwäbischen heißt.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Da hast du aber noch ein bisschen!)

Deshalb habe ich noch ein bisschen Zeit. Ich bin aber auf dem besten Weg dorthin. Dennoch bin ich froh, dass ich die 40 noch nicht erreicht habe.

Deshalb werden wir dieses Gesetz aus dem Jahr 1976 deut lich verbessern müssen. Denn in allen drei Untersuchungsaus schüssen sind wir immer wieder zu rechtlichen Fragen gekom men, die nicht nur schwer zu lösen waren, sondern deren Klä rung auch zur Unterbrechung der Arbeit der Untersuchungs ausschüsse geführt hat.

Vorgesehen ist die Möglichkeit der Einsetzung eines Ermitt lungsbeauftragten, um bei Untersuchungsausschüssen, wie dies beim NSU-Untersuchungsausschuss der Fall war, wesent liche Aktenteile aus einer großen Anzahl von Akten für die Mitglieder des Untersuchungsausschusses herausfiltern zu können, damit nicht der Regierung die Entscheidung darüber überlassen wird, was für den Untersuchungsausschuss wich tig oder nicht wichtig ist. Vielmehr kann der Untersuchungs ausschuss so in eigener Zuständigkeit die wesentlichen Ak tenteile heraussuchen.

Auch der Aktenbegriff soll verändert werden. Die Kollegen haben das angesprochen. Wir haben in dem einen oder ande ren Untersuchungsausschuss festgestellt, dass der Einblick in E-Mails und SMS richtig spannend sein kann. Dies hat dann auch Auswirkungen auf den Abschlussbericht.

Nun zur Bewertung durch die Obleute in Untersuchungsaus schüssen. Ich würde jetzt nicht sagen, dass wir Obleute uns in der vergangenen Legislaturperiode rechtswidrig verhalten hät ten. Wir bewegen uns künftig aber auf einer festen rechtlichen Grundlage, um noch besser bewerten zu dürfen. Insofern wer den wir nun das Gesetz an die Realität angleichen, was drin gend notwendig ist.

Die Klarstellung der Rechte und Pflichten von Betroffenen umfasst einen Teil der Regelungen, die aufgrund der Betrof fenheitsregelung im EnBW-Untersuchungsausschuss notwen dig waren. Allerdings bin ich der Auffassung, dass dieser Be troffenenstatus selten zur Anwendung kommen wird, weil es eher selten vorkommt, dass sich jemand als ein von einem Un tersuchungsausschuss Betroffener sieht. Wer will sich schon vor Abschluss eines Untersuchungsauftrags als Betroffener anerkennen lassen?

Ich erkenne an, das Sie – so, wie Sie es dargestellt haben – großzügig gegenüber den Oppositionsfraktionen gehandelt haben. Neben den Minderheitenrechten, die uns als Opposi tion aufgrund der Verfassung und der gesetzlichen Regelun gen zugestanden werden, werden nun auch die Minderheiten rechte bei Verfahrensangelegenheiten in Bezug auf die Zeu genvernehmung gestärkt. Das ist aber nicht besonders inno vativ, weil wir die Regelungen des Deutschen Bundestags übernehmen. Das ist also ein guter Brauch. Trotzdem bedan ke ich mich bei diesem Punkt für die hervorragende Zusam menarbeit bei der Ausarbeitung dieses Gesetzentwurfs. Das gilt auch für alle anderen Punkte.

(Abg. Nicole Razavi CDU: So ändern sich die Zei ten!)

Insofern glaube ich, dass wir eine gute Grundlage geschaffen haben, damit das gesamte Parlament die Regierung in Zukunft noch besser und noch genauer kontrollieren kann, damit wir zügiger zu Ergebnissen kommen, weil die Verfahrensfragen geklärt sind. Zudem haben wir nun auch gerichtliche Entschei dungen umgesetzt.

Daher steht der Einsetzung eines zweiten NSU-Untersu chungsausschusses nichts mehr im Wege. Der Untersuchungs ausschuss kann am nächsten Mittwoch mit dem Einsetzungs antrag, der nach der zweiten Lesung dieses Gesetzentwurfs auf der Tagesordnung steht, seine Arbeit aufnehmen. Insofern ist das Parlament voll handlungsfähig.

Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, den Grünen und der CDU so wie Abgeordneten der FDP/DVP)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich dem Kollegen Dr. Kern das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der heute in erster Lesung zu bera tende Gesetzentwurf zur Änderung des Untersuchungsaus schussgesetzes zeigt, dass die interfraktionelle Zusammenar beit von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP zu guten Ergeb nissen führen kann. Anlass waren die zahlreichen Reformvor schläge in den Abschlussberichten der Untersuchungsaus schüsse der letzten Legislaturperiode. Auch nach meiner per sönlichen Erfahrung im Untersuchungsausschuss „Schloss garten II“ erschien mir eine Reform dringend geboten.

Die zu beschließenden Änderungen lassen sich grob in vier Kategorien einteilen:

Zum einen haben wir Vorschriften an die technische Entwick lung der letzten Jahre angepasst. So wird beispielsweise der Aktenbegriff auf die modernen Kommunikationsmittel erwei tert. Zum anderen schreiben wir die an sich schon bestehen de Rechtslage noch einmal explizit ins Gesetz. Mit Blick auf die Geltung der Geheimschutzvorschriften ist dies durchaus sachdienlich. Denn dann – so hoffen wir – wird das Parlament selbstbewusster auf Vorschläge der Regierung reagieren, mit denen über das Erforderliche hinaus Sondervorschriften zur Geheimhaltung vereinbart werden sollen.

Für Klarheit sorgen wir auch für das Verfahren während einer verfassungsrechtlichen Überprüfung von Untersuchungsauf trägen oder mit Blick auf die Stellung von Betroffenen. Indem wir Letzteren mit Blick auf die Feststellungen des Untersu chungsausschusses explizit das Recht zur Gegendarstellung einräumen, verhindern wir, dass sie zum nahezu wehrlosen Spielball politischer Interessen werden. Gleichzeitig muss sich der Untersuchungsausschuss die Darstellung der Betroffenen nicht zu eigen machen.

Mit der Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes wer den auch Vorschriften, die sich bisher nicht immer bewährt haben, reformiert. So wird beispielsweise die strikte Beschrän kung der Größe von Untersuchungsausschüssen gelockert.

Schließlich holen wir hier im Land an zwei Punkten nach, was es im Bundestag schon lange gibt und was sich dort bewährt hat. Dazu erweitern wir die Handlungsoptionen im Untersu chungsausschuss durch die Möglichkeit, einen Ermittlungs beauftragten einzusetzen. Dieser führt im vom Ausschuss vor gegebenen Umfang eigene Untersuchungen durch und erstat tet darüber Bericht. Die erfolgreiche Arbeit des NSU-Unter suchungsausschusses des Bundestags wäre ohne einen sol chen Ermittlungsbeauftragten nicht denkbar gewesen.

Zudem sorgen wir dafür, dass die jeweilige Ausschussminder heit an der Festlegung der Reihenfolge der zu vernehmenden Zeugen beteiligt wird. Da jetzt auch von der Ausschussmin derheit gewünschte Zeugen gehört werden müssen, können sich die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss ein um fassenderes Bild vom jeweiligen Untersuchungsgegenstand machen. Dies wird den Wert der Untersuchungen erhöhen und dadurch auch den Bürgern zugutekommen, die an einer ernst haften Aufklärung von Sachverhalten interessiert sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, mit dem vorlie genden Gesetzentwurf haben sich Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP in vorbildlicher Weise auf eine Modernisierung der rechtlichen Grundlage der Arbeit von Untersuchungsausschüs sen verständigt. Ich bedanke mich für die wirklich gute Zu sammenarbeit und für die gute Unterstützung durch die Land tagsverwaltung und die parlamentarischen Berater.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU und des Abg. Andreas Kenner SPD)

Ich hoffe, dieser Gesetzentwurf zu Beginn der neuen Legis laturperiode setzt auch bei den Möglichkeiten des interfrakti onellen Zusammenarbeitens ein Zeichen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und fraktionslosen Ab geordneten)

Für die AfD-Fraktion er teile ich Frau Kollegin Dr. Baum das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Ein Untersuchungsausschuss ist eines der wertvollsten Kontrollinstrumente des Parlaments. Er eignet sich daher nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen. Darüber sind sich alle Parteien einig, wie ich gerade gehört habe.

Genau wie die Geschäftsordnung soll das Untersuchungsaus schussgesetz die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sichern und in diesem Rahmen auch die Rechte der Minderheiten schüt zen. Dies ist zum Glück Konsens in unserem Land und drückt sich auch durch die besondere Anwendung von Minderhei tenrechten in der aktuellen Wahlperiode des Deutschen Bun destags aus.

Dennoch darf die Änderung des Untersuchungsausschussge setzes nicht einfach durchgewinkt werden. Nicht zuletzt, wie wir schon alle mehrfach gehört haben, wird ein Untersu chungsausschuss als das scharfe Schwert des Parlaments, ins besondere der Opposition, bezeichnet. Deshalb bedarf auch

der vorliegende Gesetzentwurf einer entsprechenden Würdi gung.