Protocol of the Session on April 4, 2019

Das lässt vermuten, dass hier einmal mehr mit Willkür vorge gangen wird – sollte der „hinreichende“ Anteil nicht hinrei chend genug sein, vermutlich mit Strafzahlungen. Für die Pri vatwaldbesitzer ist das eine weitere Bevormundung und ein weiterer Versuch, sie einzuschränken und mürbe zu machen.

Zum Abschluss noch ein paar Fakten, die die Landesregierung an ihre Pflicht erinnern sollen. In den letzten fünf Jahren wur

den hierzulande 740 ha Forst gerodet, z. B. für Windkrafträ der. Die Gesetzgebung in Deutschland sieht vor, dass dafür mindestens die gleiche Fläche aufgeforstet werden muss. Tat sächlich hat es die Landesregierung nur geschafft, 430 ha Wald neu anzupflanzen.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Das ist ein Defizit von rund 300 ha in nur einem halben Jahr zehnt. Wohin soll denn das führen? Bevor man nun also die Privatwaldbesitzer durch eine Gesetzesänderung mit neuen Auflagen und einer Erhöhung von Kosten gängelt, sollte man sich vielleicht an die eigene Nase fassen und bestehende Ge setze umsetzen. Herr Minister, Sie haben dabei eine gute Auf gabe.

Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Ich bitte jetzt noch um Aufmerksamkeit für die nächsten beiden Redner. – Zunächst spricht Herr Abg. Gall für die SPD.

Herzlichen Dank, Frau Präsiden tin, dass Sie die Kolleginnen und Kollegen zur Aufmerksam keit verpflichtet haben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nur bei Ihnen!)

Ich finde, das Thema gibt dies auch her.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es ist unstrittig – je denfalls nach der Meinung der Mehrheit hier im Haus –, dass das Land aufgrund eines Urteils des BGH gezwungen ist, ge setzgeberische Maßnahmen zu ergreifen. Das Urteil hat uns zwar recht gegeben, aber es hat nicht richtig geholfen, son dern Handlungsbedarf aufgezeigt.

Das Bundeswaldgesetz, das geändert worden ist, gibt uns ge wisse Flanken, die in unserem Sinn sind – jedenfalls, was die Mehrheit in diesem Haus anbelangt – und auf denen man auf bauen kann.

Deshalb, wie gesagt: Die Notwendigkeit dieses Gesetzes ist unstrittig. Aber folgende Fragen sind natürlich erlaubt – und es ist auch unsere Aufgabe, sie zu stellen –: Wird dieses Ge setz einer kritischen Betrachtung gerecht? Kann dieses Gesetz einer kritischen Betrachtung standhalten, was die ökologische Sicht betrifft, was die Interessen der Beschäftigten und der Betroffenen insgesamt, also auch der Waldbesitzer, betrifft? Sind diese berücksichtigt? Passt die Organisationsstruktur auf Baden-Württemberg und auf unsere Art der Waldbewirtschaf tung? Sind auch zukünftig eine fachkundige Beratung und Be wirtschaftung tatsächlich gewährleistet? Bietet dieses Gesetz dem Wald die Rahmenbedingungen, damit er auch in Zukunft all die Aufgaben, die wir an ihn stellen, tatsächlich erfüllen kann?

Jetzt wissen wir – es wurde von meinem Vorredner gerade an gedeutet –, dass es eine Vielzahl von Einwendungen und An regungen gegeben hat. Wir wissen, es gibt erhebliche Vorbe halte gegen die beabsichtigte Konkretisierung der guten fach lichen Praxis mit besser und genauer definierten, meinetwe gen auch härter definierten Standards der Waldbewirtschaf tung.

Ich will an diesem Punkt sagen: Da sind wir auf der Seite der Landesregierung. Denn der Zustand des Waldes, die allgemei nen Veränderungen, die wir tatsächlich zur Kenntnis zu neh men haben, und die Erfordernisse, die wir an den Wald stel len, was Wasserhaushalt anbelangt, was Naturschutz anbe langt und was den Erholungswert des Waldes betrifft – insge samt: mehr Nachhaltigkeit –, erfordern ganz einfach, mehr zu tun, als wir alle dies in der Vergangenheit gemacht haben. Da gilt ganz einfach auch der Grundsatz: Das haben alle zu tun. „Eigentum verpflichtet“ gilt auch in diesem Fall.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, viel mehr Positives können wir dem Gesetzentwurf jedoch nicht abgewinnen. Zu Ihrem so genannten partnerschaftlichen Verfahren höre ich auch ande res von denen, die vor Ort beteiligt – oder pseudo-beteiligt – worden sind. Was für ein Gefühl haben die? Was ist es wert gewesen, sich einzubringen? Wie wird gewichtet, was sie tat sächlich gesagt haben?

Damit haben wir Erfahrungen gemacht. Beispielsweise die Gewerkschaft BAU kritisiert dies. Ich habe selbst einen Pra xistag im Wald gemacht, hatte also auch Gelegenheit, mit Förstern und Waldarbeitern zu sprechen. Von denen höre ich ganz einfach, dass kritisiert wird, dass es bei diesem ganzen Prozedere tatsächlich an Informationen mangelte und dass vor allem das Desinteresse an ihren Anliegen wirklich zu spüren war. Ob das besser wird, wenn der Gesetzentwurf jetzt ins Ver fahren kommt, wage ich ganz einfach zu bezweifeln, weil es so ist, wie es bei Ihnen immer ist, wenn Sie Gesetze vorlegen: Sie sind am Ende doch nicht bereit, entscheidende Dinge zu verändern.

(Zuruf von den Grünen: Ja, was willst du denn?)

Grundsätzlich richtig ist, dass Sie durch die von Ihnen gewähl te Organisationsstruktur den Betroffenen, in diesem Fall den Kommunen und den Privatwaldbesitzern, schon Möglichkei ten eröffnen, sich entsprechend zu positionieren und sich neu zu organisieren. Aber natürlich sind damit auch Gefährdun gen verbunden, beispielsweise die, dass der Begriff der ge nossenschaftlichen Verbünde verwässert wird und insbeson dere das, was das Genossenschaftsrecht erfordert, keine An wendung findet. Logischerweise besteht auch tatsächlich die Gefahr, dass jetzt jeder sein Einzelinteresse vor das Gemein interesse stellt und für sich das Beste sucht, ohne zu berück sichtigen, was dies für das gemeinschaftliche Interesse bedeu tet. Man orientiert sich eher und überwiegend daran, was ei nem selbst im Bereich der Holzvermarktung nützt, während all die anderen Dinge eher weniger berücksichtigt werden, als es wünschenswert ist.

Eines müssen Sie sich vorhalten lassen – da bin ich mir ganz sicher; Stichwort „Zukunft des Personals und Personalman gel in der Forstwirtschaft“ –: Ihr Rückzug aus der Ausbildung in diesem Bereich – das steht so im Gesetz; ich weiß eigent lich nicht, Herr Pix, woher Sie die Hoffnung nehmen, dass da noch etwas veränderbar ist, denn das ist Ihr Gesetzentwurf, den Sie da festlegen – wird dazu führen, dass wir im Bereich der gesamten Forstwirtschaft bei Förstern und Waldarbeitern zukünftig einen erheblichen Mangel mit Auswirkungen bei spielsweise in den Bereichen Beratung und Bewirtschaftung haben werden.

(Zuruf von der CDU)

Die teufelsche Verwaltungsreform hat uns da jede Menge Bei spiele geliefert.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb will ich abschließend sagen: Man hätte dieses Gesetz deutlich besser machen können. Man hätte das Einheitsforst amt nicht vollständig zerschlagen müssen. Da hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben.

(Zuruf von der CDU: Welche denn?)

Dass Sie da handwerklich ziemlich schludrig oder hemdsär melig unterwegs gewesen sind, merkt man doch auch daran: Lesen Sie doch einfach mal in Ihrem eigenen Gesetzentwurf, wie Sie mit den auf fast 80 Seiten vorgetragenen Einwendun gen umgegangen sind. Da finden Sie nur Aussagen wie: „Be fürchtungen werden nicht geteilt“, „dem Vorschlag kann nicht gefolgt werden“, „es besteht kein zwingender Zusammen hang“, „wird nicht übernommen“ und „Änderungen nicht er forderlich“. So haben Sie die meisten der Einwendungen ge wichtet und bewertet und nicht im Gesetz berücksichtigt.

(Zuruf des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Natürlich ist das einfach so.

Herr Abg. Gall, jetzt muss ich Sie auf die Redezeit hinweisen.

Sofort, Frau Präsidentin. – Herr Pix, dass Sie denen dann einfach vorwerfen, sie hätten das al les nicht verstanden, das halte ich schon für ein ziemlich star kes Stück.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin mir ganz sicher – um das abschließend zu sagen –: Wären Sie in der Opposition, würden Sie diesem Gesetz nie im Leben zustimmen. Wir werden es auch nicht tun.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Dann hat Herr Kollege Glück für die FDP/DVP das Wort.

(Zurufe, u. a. des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Jimmy, jetzt höre ich dich von dieser Seite. Aber immer hört man dich.

(Zurufe)

Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Der Kollege Zimmermann kommt wirklich rum wie Falschgeld. Aber das ist ja gut so. – Alles bestens; wir werden damit klarkommen.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz zur Umsetzung der Neuorganisation der Forstverwaltung in Baden-Württemberg ist ein umfangreiches Gesetz mit 28 Ar tikeln. Die Reform ist aus verschiedenen Gründen erforder lich. Zwar hat der Bundesgerichtshof – das wurde bereits ge sagt – den langjährigen Streit mit dem Land Baden-Württem berg nun zugunsten des Landes entschieden; nichtsdestotrotz

gilt natürlich eine Verpflichtungszusage des Landes aus dem Jahr 2008.

Insbesondere machen auch die Änderungen in § 46 des Bun deswaldgesetzes jetzt eine Änderung bei uns nötig. So sollen wettbewerbsgerechtere Rahmenbedingungen für die forstli chen Dienstleistungen geschaffen werden. Sie können sich vorstellen: Dem stehen wir Liberalen natürlich erst einmal po sitiv gegenüber. Wir erkennen die Notwendigkeit der Reform durchaus an, und auch die Überführung des Staatsforsts in ei ne Anstalt des öffentlichen Rechts ist zunächst einmal etwas, womit wir sehr gut umgehen können. Weite Teile des Geset zes insgesamt sind auch nicht strittig.

So harmonisch ist es aber dann doch nicht; denn bei diesem Gesetz gibt es insbesondere zwei Punkte, die ich hier anspre chen möchte, die uns tatsächlich Schwierigkeiten bereiten.

Der eine sind die waldbaulichen Grundpflichten, die jetzt auf bürokratische Art und Weise ausgebaut werden sollen. Der an dere ist eine unschlüssige Kostenrechnung der gesamten Struk turreform.

Zu Punkt 1, den waldbaulichen Grundpflichten: Zwar ist es der CDU gelungen – das möchte ich Ihnen zugestehen –, viel leicht die eine oder andere Kröte da irgendwo herauszuneh men, aber grundsätzlich sind trotzdem weitere Verschärfun gen der gesetzlichen Grundpflichten für eine naturnahe und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder vorgesehen.

Jetzt ist es tatsächlich so: Auch wir, die Freien Demokraten, wollen eine naturnahe und nachhaltige Waldbewirtschaftung haben. Aber beim Landeshaushalt gilt halt der Grundsatz: Al les, was als Gesetz festgeschrieben ist, kann nachher nicht ge fördert werden. Das kann eben durchaus ein Problem darstel len. Wenn ich etwas zum Gesetz mache, kann ich nachher nicht über Fördergelder – so wie es jetzt passiert – manche Dinge unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Als konkrete Beispiele möchte ich Ihnen beispielsweise § 14 nennen, der die Privatwaldbesitzer dazu verpflichtet, dass die Bodenfruchtbarkeit erhalten bleiben oder verbessert werden soll. Schreiben Sie das jetzt in ein Gesetz hinein, dann wird z. B. eine Bodenkalkung des Waldes zukünftig nicht mehr ver gütet, gefördert werden. Denn nur deshalb, weil jemand das Gesetz erfüllt, kann man keine Fördergelder dafür auszahlen. Das halte ich für ein riesengroßes Problem.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das gilt natürlich auch für die Pflichten nach dem Natur- und Artenschutz. Das gefährdet letztlich das bewährte System der Ökopunktekonten, die der Privatwaldbesitzer eben bisher so nutzen kann.