Wir wissen zwar, dass die jüngeren Kinder schneller eine Sprache erlernen, als das bei den älteren oder auch bei Er wachsenen der Fall ist. Trotzdem ist es auch hier notwendig, noch einmal diesen Querverweis auf die Muttersprache als Ausgangsbasis für den Erwerb einer neuen Sprache herzustel len. Die Muttersprache sicher zu beherrschen ist eine notwen dige Voraussetzung, um eine neue Sprache lernen zu können.
Wir konnten heute im „Morgenmagazin“ zufällig einen Be richt sehen, in dem es um die zentrale Frage von Berufsfähig keit und Spracherwerb ging. Der Tenor des Gesprächs mit den IHK-Vertretern lautete: Auch berufsbegleitend muss mehr für den Erwerb von Sprachkenntnissen getan werden; insbeson dere die berufsspezifischen Inhalte bedürfen einer intensiven Vermittlung. Da stellt sich dann natürlich als Nächstes die Fra ge: Sind die Berufsschulen darauf vorbereitet?
Die Frage der Ressourcen habe ich hier noch gar nicht gestellt. Der Mehrbedarf an Deputaten für VKL und VABO liegt bei 1 280 Stellen. 1 165 sind aber nur zusätzlich als Deputate zur Verfügung gestellt worden. Der Rest wird laut Ministerium über die allgemeine Unterrichtsversorgung abgedeckt. Ich möchte einfach noch einmal feststellen: In Anbetracht dessen, was ich jetzt ausgeführt habe, ist es schon unverständlich, dass nicht mehr Personen zur Sprachförderung eingestellt werden und die 1 165 zusätzlichen Stellen auch noch mit k.w.-Vermer ken versehen sind, die nur scheibchenweise verlängert wer den.
Liebe Kollegen, auch wenn sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den VKL- und den VABO-Klassen mittelfris tig verringert, sollten wir auf die Kompetenz der Lehrkräfte, die an diesen Schulen arbeiten, nicht verzichten und die Sprachförderinstrumente an den Schulen halten. Diese Lehr kräfte müssen wir festhalten. Ich habe ja deutlich gemacht, dass es auch nach dem Besuch der VKL- und der VABO-Klas sen einen Sprachförderbedarf gibt. Den können wir mit die sen Personen abdecken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Integration ist für das Land eine wichtige Maßnahme, und zwar für alle Kinder und Ju gendlichen mit Migrationshintergrund – egal, ob sie mit einer
Damit Integration gelingen kann, ist Sprache der wichtigste Schlüssel. So sind die Vorbereitungsklassen und die Klassen für die Vorbereitung auf Ausbildung und Beruf wichtige Be standteile unserer Bildungslandschaft in Baden-Württemberg, und zwar nicht erst seit dem Jahr 2015. Das will ich an dieser Stelle einfach betonen: nicht erst seit dem Jahr 2015, als durch die Flüchtlinge mehr Kinder und Jugendliche mit Migrations hintergrund zu uns kamen. Vielmehr war Baden-Württemberg schon immer ein Zuwanderungsland, und so sind die VKL- und VABO-Klassen an unseren Schulen schon seit Jahrzehn ten an vielen Stellen ein fester Bestandteil.
Viele Lehrerinnen und Lehrer haben es in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, Kinder und Jugendliche mit Migrati onshintergrund mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen bei uns in Baden-Württemberg durch Sprachförderung zu in tegrieren. Dafür unser herzlicher Dank.
So, wie sich die VKL- und die VABO-Klassen in den letzten 20 Jahren verändert haben, so hat sich auch in den letzten vier Jahren die Thematik innerhalb der VKL- und der VABO-Klas sen verändert. Ich finde es richtig und gut, dass die Landesre gierung in all diesen Phasen immer wieder auch die Konzep te und die Anforderungen in diesem Bereich angepasst hat.
Als wir 2015 bis 2017 mehr Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung an den Schulen integriert haben, war nicht nur das Thema Sprachförderung ein wichtiger Bestandteil. Diese Kinder haben nicht nur nicht die deutsche Sprache mit gebracht, sondern sie haben Erfahrungen mitgebracht, die über vieles hinausgehen, was wir Erwachsenen uns überhaupt vor stellen können.
In dieser Phase war es extrem wichtig, dass Schulen die Mög lichkeit hatten, über Monetarisierung auch Ehrenamtliche ein zustellen, die den Kindern nicht nur die Sprache vermittelt ha ben, sondern die den Kindern auch andere Räume zur Verfü gung gestellt haben, die ihnen andere Erfahrungen mitgege ben haben. Auch das ist ein großer Schatz, den Baden-Würt temberg in sich trägt: dass es immer wieder Menschen gibt, die sich in dieser Situation zur Verfügung stellen und auf schwierige Situationen reagieren und hier in diesem Fall Kin der und Jugendliche so unterstützt haben, dass sie heute über Spracherfahrung bei uns in Baden-Württemberg Fuß fassen konnten.
Wir stellen aber fest, dass in den letzten zwei Jahren auch durch eine veränderte Flüchtlingspolitik die Zahl der Schüle rinnen und Schüler in den Klassen zurückgeht, sich aber auch die Schülerinnen und Schüler in den Klassen verändern. Es sind wieder mehr Kinder mit Zuwanderungshintergrund da, deren Eltern aus europäischen Staaten – Rumänien, Spanien, Italien, Frankreich – zu uns kommen, weil sie hier Arbeit fin den, und weniger Kinder mit einem Flüchtlingshintergrund. So verändert sich auch die Anforderung in den VKL- und den VABO-Klassen.
Daher war es richtig, dass das Kultusministerium die Ange bote angepasst hat und heute auch einen Schwerpunkt darauf legt, dass Kinder und Jugendliche nach der ersten VKL-Klas se, also wenn sie aus der Vorbereitungsklasse kommen, in der Regelklasse zusätzliche Stunden bekommen, um ihre Sprach kenntnisse zu vertiefen. Tatsächlich glaube ich, dass der Blick heute wieder viel mehr und intensiver auf die Sprachförde rung in den Klassen gelegt werden muss als in den Jahren 2015 bis 2017. Auch darauf haben wir reagiert. In den VKLKlassen kann wieder intensiv Sprachförderung betrieben wer den. So ist es richtig und wichtig, dass wir die Angebote ge rade in VKL und VABO immer auf ihre Wirksamkeit und auf das Notwendige überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Daher haben wir auch im vergangenen Jahr Anpassungen vor genommen. Wir haben beispielsweise trotz der rückläufigen Zahlen bei den Schülerinnen und Schülern alle Stellen im Sys tem belassen – das sind 524 Stellen von Lehrerinnen und Leh rern –, um intensivere Maßnahmen in den Vorbereitungsklas sen vorhalten zu können, um die Sprachförderung in den Re gelklassen zu verbessern und auch die Angebote in den Vor bereitungsklassen für Ausbildung und Beruf zu verstärken.
Herr Kollege Kleinböck, Sie haben es angesprochen: Die Aus bildungsreife ist für uns extrem wichtig. So wird, wenn wir feststellen, dass die Zahlen weiterhin zurückgehen, der nächs te Schritt sein, tatsächlich noch einmal hinzuschauen, wie wir junge Erwachsene, Jugendliche – auch über das 21. Lebens jahr hinaus – in den VABO-Klassen unterstützen können, da mit sie in Ausbildung und Beruf integriert werden können.
Daher werden wir auch – das ist unser Anspruch als grüne Fraktion – immer die Entwicklung im Blick haben – so wie in den letzten 20 Jahren, wie in den letzten vier Jahren und in die Zukunft gerichtet –, damit wir das beste Angebot für Kin der mit Zuwanderungshintergrund bei uns haben. Denn nur wenn wir sie über die Sprachförderung bei uns integrieren, werden sie am Ende ein Teil unserer Gesellschaft sein. Dafür werden wir auch in Zukunft alles tun.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kleinböck, ich denke, Frau Boser hat gleich den ersten Satz, den Sie gesagt haben, schon sehr überzeugend widerlegt. Ich möchte das nur noch einmal betonen. Sie haben gesagt, dass es gerade auf grund der Flüchtlingszuwanderung so eine große Herausfor derung ist. Ich glaube, wir müssen andersherum argumentie ren und sagen: Selbstverständlich ist der Stellenaufbau, der Deputatsaufbau, den wir dort haben, der Flüchtlingswelle ge schuldet. Wir sollten aber die Ressourcen tatsächlich nutzen, um den Spracherwerb insgesamt an den Schulen auch dauer haft zu verbessern.
Bei uns zu Hause, in der IHK-Region Bodensee/Oberschwa ben, gab es jüngst eine Erhebung, wie viele in den VABOKlassen mittlerweile tatsächlich noch Flüchtlinge sind. Diese
Zahl sinkt rapide. Trotzdem werden die VABO-Klassen nicht unbedingt kleiner. Das liegt schlicht und einfach daran, dass zurzeit der Zuwachs an Beschäftigten bei uns hauptsächlich aus dem europäischen Ausland kommt. Das sind Menschen, die auch bleiben werden. Auch ein Rumäne, ein Pole, eine Un garin oder eine Kroatin haben Anspruch darauf, in diese Ge sellschaft aufgenommen zu werden. Ich glaube, es ist uns im mer stärker bewusst, welche Rolle Sprache dabei spielt.
Wenn wir sagen, dass Bildung der Schlüssel zu einem selbst bestimmten Leben, also zu einem auch beruflich erfolgreichen Leben ist, dann müssen wir noch einmal einen Schritt zurück gehen und sagen: Die Voraussetzung für Bildung ist die Spra che. Denn Biologie, Geschichte, Gemeinschaftskunde, irgend wann vielleicht auch Betriebswirtschaftslehre, Volkswirt schaftslehre oder Jura werden nun einmal in Deutsch unter richtet. Deswegen ist es als Schlüssel wichtig, dass man Deutsch spricht.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)
Das ist auch ein Unterschied zu der Zuwanderung, die wir in den Sechziger-, Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts und vielleicht noch in den Neunzigerjahren, als die Spätaussied ler zu uns gekommen sind, hatten. Früher war das kein Prob lem. Wir hatten so viele Arbeitsplätze mit einfachen Tätigkei ten, die man auch ohne große Sprachkenntnisse problemlos 40 Jahre lang ausüben konnte. Gerade im industriellen Be reich gab es sehr viele Berufe, in denen man gut Geld verdie nen konnte, auch wenn man kein einziges Wort Deutsch spre chen konnte.
Ein Unternehmen, das ich jüngst besucht habe, ist eine Glas fabrik. Dort wird schwere Arbeit verrichtet. Dort war die ers te Sprache, die die Gastarbeiter gesprochen haben, Türkisch. Da hat man alles auf Deutsch und auf Türkisch hingeschrie ben. Dann hat man es auf Deutsch, Türkisch, Italienisch und Spanisch hingeschrieben. Irgendwann kamen Portugiesisch und in den Neunzigerjahren Russisch und Rumänisch hinzu.
Dann hat die Geschäftsleitung gesagt: Wir sind ein deutsches Unternehmen, und hier wird Deutsch gesprochen. Das hatte den positiven Effekt, dass Menschen plötzlich Deutsch gelernt haben, die vorher 40 Jahre lang kein Wort Deutsch gespro chen haben.
Ich glaube, das müssen wir auch als Auftrag annehmen, dass das Thema „Erwerb der deutschen Sprache“ viel, viel wichti ger ist. Deswegen dürfen wir auch in den Ressourcen nicht nachlassen.
Ich möchte auf zwei Punkte noch besonders eingehen. Es geht nicht nur um die Ressourcen, sondern es geht auch darum, mit der Heterogenität der Schülerschaft in diesen VKL-Klassen umzugehen. Es sind nicht alle, die kein Deutsch können, au tomatisch auf derselben Bildungsstufe. Im Bereich der VABOKlassen sitzt etwa die rumänische Gymnasiastin neben dem Analphabeten aus Afghanistan. Das muss man irgendwie zu
sammenbringen. Deswegen ist es gut, dass es mit der Online plattform 2P – Potenzial und Perspektive –, die jetzt noch wei terentwickelt wird, die Möglichkeit gibt, auf diese Heteroge nität einzugehen.
Ein zweiter wichtiger Punkt, der verändert wurde, ist, dass der Deutscherwerb nicht nur in der VKL-Klasse möglich ist, son dern dass der Übergang in die Regelbeschulung sanfter ge staltet wird. In welchem Umfang, muss man, wie ich glaube, ein Stück weit auch immer lernen.
Insgesamt ist es ein lernendes System. Es hat mit Menschen zu tun, und zwar immer mit unterschiedlichen Menschen. Die Situation 2015 war anders als die Situation 2019, und die Si tuation 2025 wird wieder anders sein.
An dieser Stelle danke ich allen Lehrerinnen und Lehrern und allen Ehrenamtlichen, die in den vergangenen Jahren in die ser wirklich schwierigen Aufgabe, die für uns alle nicht ein fach war, schwierige Situationen überstanden haben und auch mit Problemen konfrontiert waren, die für Deutsche vielleicht sehr ungewöhnlich sind und bei denen vieles unklar war. Mein größter Dank für dieses Engagement. Wir werden Sie in un seren Überlegungen nicht vergessen.
Für die AfD hat Herr Abg. Baron das Wort. – Zuvor darf ich diejenigen, die sichtbar Zei tung lesen, bitten, das einzustellen.
Ja, ja, an die Geschäftsordnung hal ten, meine Freunde. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Damen und Herren Abgeordnete! „Ausstattung der Schulen für Vorbereitungsklassen“ – ich habe bei dem Wort „Ausstattung“ zuerst die Tische, Bänke und Tafeln vor mir ge sehen, auch wenn es hier natürlich in erster Linie um die Lehrerstellen geht.
Ich finde es sehr gut: Die Migranten – in Wahrheit sind es hauptsächlich Migranten und nur vereinzelt Flüchtlinge – sol len ihre Ausstattung – Tische und Stühle – selbst herrichten. Sie kennen die von den Schülergenerationen beschmierten Ti sche. Die kann man putzen. Die alten Holztische konnte man sogar abschleifen und wiederaufbereiten.
Diese Menschen bzw. deren Eltern kommen nach Deutsch land mit dem Traum von einem besseren Leben. Die meisten haben eine idealisierte Vorstellung von Europa, oft haben sie vollkommen überzogene Erwartungen. Und jetzt bringen Sie diese Menschen dazu, ihre Tische selbst zu putzen.
Meine Damen und Herren, ich halte das für notwendig, damit die Schüler gleich merken, dass sie in eine Gesellschaft ge kommen sind, in der sie sich Wohlstand erarbeiten sollen.
Was Deutschland jahrelang auszeichnete, war die Durchläs sigkeit des Systems. Es war die Möglichkeit des sozialen Auf stiegs durch Leistung, die Möglichkeit, sich durch Arbeit Wohlstand erwerben zu können. Viele Migranten der ersten Generation haben dies begriffen und genutzt. Dieses allerers