Protocol of the Session on April 3, 2019

die gute alte Glaskugel, also der Glaube.

Bleiben Sie bei Ihrem Glauben. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen allen einen schönen und warmen Sommer.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von den Grünen: Na toll!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Was wir heute Vormittag bei dieser von der CDU beantragten Debatte erleben durften – vor allem die Beiträge der Redner der beiden Regierungsfraktionen –, lässt doch nur den einen Schluss zu: Diese Regierung stand ges tern am Abgrund, aber heute ist sie definitiv einen Schritt wei ter.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit „Ja zum Klimaschutz“ hat die CDU diese Debatte überschrieben. Da kann man nicht widersprechen. Denn wer beim Klimaschutz Nein sagt, der lebt wohl definitiv auf einem anderen Planeten. Dass wirksa

mer Klimaschutz sowohl Enthusiasmus als auch Realismus braucht, dürfte auch völlig unbestreitbar sein. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei all den schönen Über schriften, die diese Regierung gern produziert, braucht es doch dringend auch Resultate für die Zukunft dieses Planeten.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Hermann Kat zenstein GRÜNE)

Herr Kollege Nemeth, Sie haben vorhin gesagt, es gebe für Sie viele Wahrheiten. Sie können jetzt gern in den philosophi schen Diskurs mit dem Ministerpräsidenten eintreten.

(Zuruf der Abg. Nese Erikli GRÜNE)

Ich glaube, der Begriff der Wahrheit

(Zuruf der Abg. Nese Erikli GRÜNE)

ist keiner, der viele Wahrheiten verträgt.

(Zuruf der Abg. Nese Erikli GRÜNE – Unruhe)

Frau Kollegin, Sie haben die mangelnde Impulssteuerung als Kernproblem.

Herr Abg. Stoch, einen Mo ment bitte.

Aber es gibt eine Wahrheit.

Moment bitte, Herr Stoch. – Liebe Frau Abg. Erikli, wenn Sie eine Frage stellen wollen, melden Sie sich. Ansonsten bitte ich um etwas mehr Ruhe. Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP/ DVP)

Liebe Kolleginnen, liebe Kolle gen, es gibt eben nicht viele Wahrheiten, es gibt eine Wahr heit. Es ist schon bemerkenswert, wenn von Ihnen dargelegt wird, dass Ihnen innerhalb der Regierung Hinhaltetaktik vor geworfen wird. Denn, meine sehr geehrten Damen und Her ren, lassen Sie uns mal die Fakten anschauen. 2013 wurde in diesem Landtag – Sie haben es erwähnt – ein Gesetz zur För derung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg beschlos sen – mit den Stimmen der damaligen Regierungsfraktionen GRÜNE und SPD, aber eben auch mit Unterstützung der CDU. Dieses Ziel war ehrgeizig, aber es war ein gutes Ziel. Baden-Württemberg sollte ein Vorreiter beim Klimaschutz werden.

Deswegen ist es sechs Jahre später sicherlich auch angemes sen, einmal Bilanz zu ziehen. Man kann eines ganz klar sa gen: Was die Vorreiterrolle eines Landes Baden-Württemberg betrifft, in dem das Umweltministerium seit acht Jahren grün geführt wird, ist irgendetwas schiefgegangen. Wir haben eben keine Vorreiterrolle in Baden-Württemberg. Das sollten Sie sich mal durch den Kopf gehen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Wir streichen in diesem Haus gern heraus – heute Morgen ge hört –, dass Baden-Württemberg gern vorn liegt. Nehmen Sie mal das Thema Treibhausgase. Baden-Württemberg liegt beim Abbau dieser Treibhausgase für die Jahre 1990 bis 2014 auf

dem 13. Platz von 16 Bundesländern. Baden-Württemberg hat bis 2014 gerade mal etwas mehr als die Hälfte des Rückgangs erreicht, der im Bundesschnitt erzielt wurde. Da sollte man den Zeigefinger – der dann ganz schnell, Herr Kollege Wal ter, auf den Bund zeigt – wieder einfahren und sich selbst ein mal die eigene Bilanz anschauen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Ich meine, das muss man unterstreichen: Auch wenn die Lan desregierung selbst in letzter Zeit immer wieder zugab, dass es an diesem Punkt nicht vorwärtsging, so kam das Einge ständnis doch immer Hand in Hand mit dem Hinweis, der Bund sei wegen der Rahmenbedingungen verantwortlich.

Lassen Sie uns mal auf den Bund schauen. Auch aktuell kri tisieren die Grünen in Berlin die Bundesregierung, weil auf Bundesebene das Ziel verfehlt wird, bis 2020 die Treibhaus gasemissionen um 40 % zu senken. Erreicht werden wohl nur 32 %.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Ja, das ist nicht befriedigend, aber angesichts der Dramatik der Lage müssen wir auch einmal nach Baden-Württemberg schauen. Die Ausgangslage ist hier unbestritten eine schwie rigere, aber das Ziel wird noch viel stärker verfehlt, Herr Kol lege Walter. Deswegen sollte man sich hier nicht selbstgerecht hinstellen – nicht die Grünen in Baden-Württemberg, nicht ei ne baden-württembergische Landesregierung. Sie haben Ih ren Beitrag zum Klimaschutz ebenfalls nicht geleistet, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Völliger Blödsinn!)

Wenn der Sprit teurer wird, wie im letzten Jahr, dann führte das tatsächlich zu dem Effekt, dass weniger verbraucht wur de, und dann ist eine erfreuliche Auswirkung festzustellen. Aber, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, unter dem Strich ist Ihre Bilanz schlecht.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Bei dieser Bilanz wird klar, dass es mehr als Enthusiasmus und Realismus braucht; es braucht nämlich Taten. Ich kann Ihnen sagen, was es nicht braucht: Es braucht nicht ständige Lippenbekenntnisse, die durch tägliches Handeln konterka riert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie haben sicher auch überrascht gehört, wie geradezu flehend Herr Kol lege Nemeth von der CDU darum bat, dass Sie noch viel kon kreter in Ihren Anforderungen werden. Herr Umweltminister, Sie haben es vielleicht auch verwundert zur Kenntnis genom men: Herr Kollege Nemeth fordert von Ihnen mehr Verbind lichkeit geradezu ein.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Jetzt ist es ja gut, wenn wir es verstanden haben! – Zuruf des Abg. Dr. Mar kus Rösler GRÜNE)

Ich denke, Sie werden nachher die Gelegenheit nutzen, die Fragen des Herrn Kollegen Nemeth von hier vorn aus zu be antworten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, betrachten wir nur einmal die Bilanz dieser Landesregierung im Bereich der Windkraft. Die Situation hat viel damit zu tun, dass in dieser Landesregierung eben nicht der Mindestabstand von 700 m zur Wohnbebauung relevant ist, weil man sich in einem halb seidenen Kompromiss mit der CDU auf 1 000 m geeinigt hat.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist gar nicht das Problem!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen in der Regierung, dann ist es auch schwierig, wenn man hinterher kritisiert, dass Erfol ge ausbleiben, wie es z. B. die CDU tut, es aber letztlich ein Teil des Problems ist, dass Flächen, die man nutzen könnte, um Windkraftanlagen aufzustellen, nicht genutzt werden kön nen, weil ein Formelkompromiss diese Regierung zusammen hält und der Ministerpräsident nicht in der Lage ist, an dieser Stelle ein Machtwort zu sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen stelle ich mir beim Thema Klimaschutz die Frage: Welches Klima wird bei Ihrer Politik eigentlich geschützt, das Klima auf diesem Planeten oder das Klima in dieser Landes regierung?

Windkraft ist sicherlich nicht die einzige Art, klimaneutral Energie zu erzeugen. Eine Alternative wären z. B. Solaranla gen, Freiflächenanlagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Da müssten Sie einmal Ihr Problemthema „Landschafts- und Naturschutz“ im Zusammenhang mit dem Thema „Klima schutz und Energiewende“ klären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Baden-Württemberg trägt nicht einmal ein hal bes Prozent zur Klimaschädigung auf diesem Planeten bei. Das sollten wir uns auch bewusst machen.

(Abg. Klaus Burger CDU: Hört, hört!)

Aber wenn ein Technologieland wie Baden-Württemberg an diesem Punkt kein Vorbild ist, dann liefern wir eine Bankrott erklärung ab.

(Beifall des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Denn es darf nicht sein, dass sich die Regierungsfraktionen zwar im Ausrufen von Zielen überbieten, sich im Erreichen dieser Ziele aber gegenseitig ausbremsen. Deswegen, um beim Thema dieser Debatte zu bleiben: Enthusiasmus und Realis mus dürfen sich nicht ständig gegenseitig ein Bein stellen.