Protocol of the Session on February 21, 2019

Er kommt nicht daher, dass wir hier diskutiert haben. Das in teressiert niemanden. Der Wert ist doch schon da.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der AfD, u. a. Abg. Bernd Gögel: Das ist doch auch Ihre Aufgabe als Re gierung!)

Die Luft ist so sauber wie noch nie. Wir halten bundesweit die Feinstaubgrenzwerte ein. Wir haben einen Gesundheitsschutz, wie er in den letzten Jahrzehnten nie vorhanden war. Trotz dem ist halt in Stuttgart die Luft am wenigsten sauber, und es gibt flächendeckende Fahrverbote für Fahrzeuge mit der Eu ronorm 4. Daran kann nicht allein der Bundesverkehrsminis ter schuld sein. Das muss auch mit lokalen und regionalen As pekten etwas zu tun haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Landesverkehrsminister!)

Wir haben nachher wieder eine wunderbare, von der SPD be antragte Aktuelle Debatte. Hätten Sie einmal in den Jahren 2011 bis 2016 so viele Maßnahmen umgesetzt, wie Sie heute Aktuelle Debatten führen, hätten wir kein einziges Problem.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie ziehen sich aber locker aus der Verantwortung! Wer hat denn die Ver gleiche geschlossen? Das waren doch Sie! – Gegen ruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Das Engagement der Stadt Stuttgart für bessere Luft ist eben falls ausbaufähig. Druck des Landes und sehr viel Geld, dann tun die etwas. Jetzt hat der OB mit der ökosozialen Mehrheit noch beschlossen, einen Fußgängerüberweg einzurichten, der die Luft schlechter und nicht besser macht.

(Zuruf von der FDP/DVP: Jawohl!)

So machen wir keinen Gesundheitsschutz.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Umso mehr freut es mich, dass sich auf der Ebene des Lan des jetzt einiges bewegt. Um es vorwegzunehmen: Ohne die Sprungrevision hätten wir längst flächendeckend Fahrverbo te für Fahrzeuge mit der Euronorm 5. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist doch Quark! Sie hätten ja Berufung einlegen können! Sie haben den Schwanz eingezogen! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch Unfug!)

Sie haben doch in der Koalition damals gar nichts durchge setzt. Seien Sie jetzt einfach ruhig!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Andreas Stoch: Pfeifen im Walde!)

Viele Maßnahmen wie die Busspur, der ÖPNV-Ausbau und die innovativen Maßnahmen, zu denen die CDU den Mut hat te, wurden durchgeführt. Ja, manche werden nicht funktionie ren, aber viele werden funktionieren, und damit erreichen wir die saubere Luft.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wenn wir jetzt schauen – 2017, 2018 stärker –, sehen wir, dass selbst entlang der 100 m am Neckartor die aktuelle Messsta tion keine signifikanten Ergebnisse liefert, und deshalb haben wir dort nicht einen Wert von 71 Mikrogramm, sondern einen deutlich niedrigeren Wert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Zudem darf man bis zu 10 m von der Straße entfernt messen. Deshalb messen wir jetzt an zig weiteren Stellen im Stadtge biet, um ein Bild davon zu bekommen, wie die Luft wirklich aussieht.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die Messstelle wurde un ter der CDU-Regierung aufgestellt!)

Ja, bevor irgendwelche Grenzwerte – –

(Zurufe von der SPD, u. a.: Ihr!)

Sie müssen nicht schreien. – Sie wurde aufgestellt, als die Konsequenzen gar nicht bekannt waren. Ja, wie hätten denn die Leute im Jahr 2004 eine Regelung mit bis zu 10 m erra ten sollen? Man kann auch, wenn eine Regel neu kommt – wie zu Ihrer Zeit –, anfangen zu denken. Aber vielleicht ist das schwierig.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der AfD)

Nach dem, was ich gesagt habe, wird es mit der CDU-Frakti on keine flächendeckenden Fahrverbote für die Diesel mit der Abgasnorm Euro 5 geben, weil wir sie nicht brauchen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der AfD – Abg. Nicole Razavi CDU: Ge nau!)

Wir werden auch im schlimmsten Fall mit der Ausnahme von ganz wenigen Strecken unter die 50 Mikrogramm kommen. Dann braucht man eben keine Fahrverbote mehr. Das wird uns nicht daran hindern, danach weiter mit innovativen Maßnah men auch die 40 Mikrogramm für einen noch besseren Ge sundheitsschutz zu erreichen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der AfD)

Dazu brauchen wir weitere Nachrüstungen der Flotte, bei der schon vier Millionen Fahrzeuge nachgerüstet sind, eine Stär kung des ÖPNV, Umfahrungsmöglichkeiten für Pkws, eine Verflüssigung des Verkehrs, eine Verbesserung der Radwege, damit mehr Menschen Rad fahren – nicht, damit es weniger Autospuren gibt –, und wir brauchen weiter die genannten in novativen Maßnahmen. Fahrverbote oder populistische An träge, die zum Teil vom Bund schon beschlossen worden sind, brauchen wir dazu nicht. Deshalb lehnen wir sie ab.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Selcuk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Seit 2010 gelten in Deutsch land wie in der ganzen EU strengere Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide, Grenzwerte, die gut begründet sein müssen und deren Konsequenzen nicht einseitig zulasten weniger Be troffener gehen dürfen. Dass die Grenzwerte ehrgeizig und streng sind, kann man auch daran erkennen, dass es außerhalb der EU kaum strengere Grenzwerte gibt.

In Kalifornien z. B., das in diesen Fragen ja als besonders fort schrittlich und streng gilt, gelten 57 Mikrogramm für NOx.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Und Fein staub?)

Außerdem wird nicht wie bei uns in Deutschland direkt ne ben der Straße gemessen. Mit der dortigen Regelung stünde bei uns also kein einziges Fahrverbot im Raum. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss uns zu denken geben.

Doch wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir hier im Land Grenzwerte nicht nach Belieben ändern können. Die Ge

setzeslage ist eindeutig, und die parlamentarische Mehrheit ist nicht bereit, eine entsprechende Initiative zu starten. Aber ebenso eindeutig können und müssen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, für einen verhältnismäßigen Umgang sorgen und uns dem Thema stellen.

Knapp acht Wochen ist es her, dass in Stuttgart deutschland weit das größte Fahrverbot für Dieselfahrzeuge eingeführt wurde. Regelmäßig kommt das Thema zur Sprache, fast wö chentlich ist davon in der Zeitung zu lesen. Es ist ein Thema, das bewegt – bei einem so weitreichenden Eingriff zu Recht.

Auch politisch birgt das Thema Sprengkraft, vor allem bei der CDU, die im Land gespalten ist.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Nein! Wieso ist die CDU gespalten?)

So langsam kann sie sich auf kleine Kompromisse mit Herrn Kretschmann einigen – reichlich spät, wie ich meine,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Die CDU ist nicht gespal ten!)

denn der Schaden ist immens, und viel Vertrauen ist zerstört.

Die nun erzielten Kompromisse hängen sicherlich auch mit der jüngsten Mitteilung der EU-Kommission zusammen, wo nach sie keine grundsätzlichen Bedenken hat, eine Verhältnis mäßigkeit von Fahrverboten erst ab einer durchschnittlichen Belastung von 50 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft anzuerkennen.

Für viele Städte in unserem Land ist das eine gute Nachricht. Sollte diese Regel tatsächlich Anwendung finden, müsste das Thema Fahrverbote z. B. auch für meine Heimatstadt Reut lingen vom Tisch sein.

Für Stuttgart bedeutet diese Mitteilung jedoch kein Ende der Fahrverbote, wie in dem gerade debattierten Antrag verlangt wird. Jedoch machen die jüngsten Meldungen aus dem Koa litionsausschuss auch für die Landeshauptstadt Hoffnung. So begrüßen wir die Freigabe der Park-and-ride-Parkplätze für Euro-4-Diesel.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Lange überfäl lig!)

Richtig. Wir haben es ja schon lange gefordert.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Totale Verwir rung im Ministerium!)

Auch die Erhöhung der Anzahl von Messstationen von 14 auf 52 ist ein wichtiger Schritt in Richtung repräsentativer Mess werte für die Stadt.

Wichtiger als die Messstationen selbst werden jedoch die Kon sequenzen sein, die diese Landesregierung aus den neuen Er kenntnissen schlussfolgert. Denn so scheint es aktuell vielen Akteuren nicht um die Umwelt zu gehen, sondern allein um den Kampf gegen das Auto auf der Grundlage einer strengst möglichen Auslegung der Grenzwerte.