Protocol of the Session on February 20, 2019

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Glück das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Ich bin davon überzeugt, dass wir al le gerade beim Thema Insektenschutz noch viel lernen müs sen. Es gibt einfach manche Mythen, die sich da halten, und die werden eben auch nicht dadurch wahrer, dass man sie im mer öfter wiederholt.

Ich möchte bloß ein Beispiel herausziehen. Frau Rolland, sei en Sie mir bitte nicht böse, wenn ich dazu jetzt Ihren Beitrag aufgreife. Sie haben vorhin z. B. gesagt, dass jährlich mehr Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Wenn man sich das anschaut, stellt man fest, dass das richtig ist –

(Abg. Gabi Rolland SPD: In den letzten zehn Jahren!)

aber inklusive der inerten Gase. Rechnet man die inerten Ga se heraus, die man braucht – z. B. für einen Silospeicher; das ist überhaupt nicht auf dem Acker, hat mit Insekten auch nichts zu tun –, ergibt sich, dass wir deutschlandweit über die vergangenen zehn Jahre hinweg stabil bei ungefähr 30 000 bis 35 000 t pro Jahr liegen. Das ist jetzt nur ein Beispiel.

Auf der anderen Seite bin ich davon überzeugt: Wir können auch viel von Ihnen lernen. Ich glaube, wir müssen beim The ma Insekten einfach zusammenarbeiten.

Übrigens, ein ganz zentraler Punkt – deswegen bin ich auch noch mal ans Redepult gegangen, weil das niemand gesagt hat –: Vielleicht können wir auch im Namen dieses Hauses den Landwirten im Land einfach einmal Danke schön dafür sagen, dass sie jedes Jahr wieder Blühstreifen einsäen. Ich fin de, das Hohe Haus könnte dafür einfach ein lautes Danke schön sagen. Ich möchte das an dieser Stelle formulieren.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Vielleicht hilft es ja auch, wenn man einmal persönlich zu dem einen oder anderen Bauern geht und ihn wegen seiner Blüh streifen lobt. Das könnten tatsächlich alle machen.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Liebe Regierungsfraktionen, ich möchte Ihnen an dieser Stel le ganz klar sagen: Wenn Sie das Thema Insektenschutz ohne Eigenlobhudelei betreiben, ohne dass Sie da ideologisch eine einseitig gefärbte Brille aufsetzen, dann kann ich Ihnen von unserer Seite aus das Angebot machen: Wenn Sie möchten, dass wir beim Insektenschutz ehrlich zusammenarbeiten, dann werden Sie in uns eine konstruktive Oppositionsfraktion fin den.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung er teile ich Herrn Minister Hauk das Wort.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Er nimmt der Opposition wieder die Chance, darauf zu reagieren! Das gehört sich nicht!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin den Grünen – das wurde schon wieder holt gesagt – sehr dankbar, dass wir über das Thema Bienen sterben und die gesellschaftspolitischen Auswirkungen des Volksbegehrens in Bayern diskutieren können, auch um in der Öffentlichkeit darzustellen, dass wir in Baden-Württemberg im Vergleich mit unseren östlichen Nachbarn anders sind und in vielen Bereichen auch besser sind und uns da nicht verste cken müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Natur- und Artenschutz sind nicht durch die Grünen erfunden worden, und sie werden auch nicht allein durch politische Maßnahmen praktiziert. Vielmehr werden Natur- und Arten schutz in allererster Linie von Landwirten – das sind nämlich die Landnutzer – und von Forstwirten praktiziert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das ist ein Teil, den ich einfach vorausschicke. Denn eines ist auch klar: Wir sprechen über besonders geschützte Arten und besonders zu schützende Habitate fast überall dort, wo es um Kulturlandschaften geht – und nirgendwo dort, wo es um sich selbst überlassene Flächen geht, um Bannwälder, Urwälder und dergleichen. Das sind die extensiven Wiesen – egal, in welcher Ausprägung –, das sind Magerwiesen und derglei chen. Dort haben wir die höchste Artenvielfalt, dort haben wir die höchste Biodiversität, und dort wird Land seit Urzeiten genutzt. Deshalb sind es Land- und Forstwirte, die maßgeb lich dafür stehen, dass Artenschutz und Naturschutz gelingen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Deshalb brauchen wir – da gibt es vielleicht eine Nuance, ei nen Unterschied zu unserem grünen Koalitionspartner – ei nen Flächenansatz und keinen Inselansatz. Was meine ich da mit? Wir haben schon immer den Flächenansatz gewählt. Es ist eine Selbstverständlichkeit – früher im MEKA, heute im FAKT –, dass wir extensive Grünlandnutzungen, vor allem in den Hanglagen, also in Mittelgebirgslagen wie im Schwarz wald, auf der Schwäbischen Alb oder im Schwäbischen Wald, fördern wollen, weil sie u. a. artenreich sind, aber auch weil sie landschaftstypisch sind und weil sie damit dem Waldvor schub ein Stück weit entgegenstehen. Das ist unser Anliegen. Deshalb fördern wir seit 40 Jahren die extensive Grünland nutzung im Schwarzwald.

Ohne diese Förderung und auch ohne die Europäische Union, die uns dabei unterstützt, gäbe es diese Form der extensiven Grünlandnutzung gar nicht mehr, sondern es wäre schon al les bewaldet. Auch das muss man immer wieder mal darstel len.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU sowie des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

Meine Damen und Herren, dass Ge- und Verbote nicht alles bewirken, will ich an einem Beispiel festmachen. Der Kolle ge Untersteller und auch die Kollegin Braun haben vorhin das Umbruchverbot gelobt.

(Abg. Martina Braun GRÜNE: Nein! Nicht!)

Das Lob ist im Regelfall aus Naturschutzgründen sogar be rechtigt. Aber im Einzelfall heißt ein Umbruchverbot bei den intensiv genutzten Wiesen in Oberschwaben, dass keine Blüh streifen angelegt werden können, weil auch Blühkulturen Ackerkulturen sind. Da muss ein Umbruch des Grünlands vo ranschreiten, wenn man sie dann ansehen will, auch wenn sie mehrjährig sind. Auch das gehört dazu. Dem steht das Grün landumbruchverbot entgegen.

Dasselbe gilt natürlich für die Gewässerrandstreifen. Auch an den Gewässerrandstreifen herrscht ein Umbruchverbot. Dem steht entgegen, dass wir dort keine Blühstreifen anlegen kön nen, was eigentlich sinnvoll wäre. Deshalb werden wir versu chen, zu erreichen, dass mehrjährige Blühstreifen in solchen Bereichen angelegt werden.

Die Agenda des Koalitionsvertrags sieht zum Thema Um bruchverbot noch eine Prüfung vor. Ich glaube, dort, wo das Umbruchverbot mit Naturschutzzielen inkompatibel ist, müs sen wir im Prinzip auch Veränderungen anstreben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Martin Hahn GRÜNE)

Dasselbe gilt für die produktionsintegrierten Naturschutzkom ponenten. Wer glaubt, man könne Naturschutz nur inselartig fördern und vielleicht entlang von Bändern im Biotopverbund und dergleichen – das kann man natürlich auch machen –, der wird am Ende irren. Meines Erachtens ist es zwingend not wendig, dass wir um des Insektenschutzes willen beispiels weise auch Blühflächen verstärkt in Produktionsflächen von Getreide, Mais etc. mit einbringen.

Das kann man über produktionsintegrierte Kompensations möglichkeiten machen. Hier werbe ich sehr dafür, dass diese auch für den Naturschutzausgleich anerkannt werden, damit die Landwirte einen Nutzen – wenn auch keinen direkten ma teriellen Nutzen – davon haben. Es wäre also quasi ein An reizsystem. Darüber werden wir uns in den nächsten Wochen und Monaten im Rahmen der Neuregelung der Ökokonto-Ver ordnung noch auseinandersetzen müssen. Für uns ist es ein unabdingbarer Teil, dass solche produktionsintegrierten Kom pensationen in die Ökokonto-Verordnung mit eingebaut wer den, genauso wie die Ökolandbauregelung, damit auch der Ökolandbau von vornherein eine produktionsintegrierte Kom pensation ist und damit auch ökokontofähig wird. Das halte ich für zwingend notwendig.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Im Bereich des MLR hat das Biodiversitätsprogramm, für das ich sehr dankbar bin, noch einmal einen Schub gebracht. Von großer Bedeutung ist dabei das Thema Pflanzenschutzmittel reduktion. Demokratie braucht ihre Zeit. Es liegt nicht an der Untätigkeit des Ministeriums, dass es bisher noch nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat. Die internen Abstim

mungsprozesse sind vielfältig. Insofern kann ich Ihnen aber zusichern: Es wird demnächst das Licht der Öffentlichkeit er blicken.

(Zuruf von den Grünen: Das hoffe ich doch!)

Wir haben uns darauf verständigt, die Blühstreifen deutlich zu verstärken. Frau Rolland, wenn Sie mit offenen Augen – auch schon im letzten Jahr – durch die Gegend gefahren wä ren, hätten Sie bemerkt, dass es deutlich mehr Blühstreifen gibt – auch in der Rheinebene,

(Abg. Gabi Rolland SPD: Stimmt!)

und zwar auch in den Ackerbaubereichen. Es ist einfach so: Das Programm wird nachgefragt wie warme Semmeln. Die Landwirte stürzen sich darauf. Wenn wir mehr Geld zur Ver fügung hätten, könnten wir das Doppelte oder Dreifache da für ausgeben. Das wird angenommen. Es ist also eine Mär, zu sagen, die Landwirte würden sich dem verschließen. Vielmehr ist es so, dass dieses Programm wirklich top nachgefragt wird und wir deutlich mehr machen könnten, wenn wir hierfür noch mehr Geld einsetzen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Dann geht es natürlich auch darum, dass wir das Thema Be ratung – auch Beratung für die Landwirte – für neue Acker kulturen, gerade in Ackerbauregionen, verstärken müssen. Auch das geht nicht von heute auf nachher. Wichtig ist auch, dass wir unsere Forschung im landwirtschaftlichen Sektor ak tivieren müssen. Gerade die Digitalisierung spielt sowohl bei der Pflanzenschutzmittelreduktion als auch beim Thema „Mög lichkeiten für Biodiversität“ eine Rolle. Da brauchen wir ein fach auch digitale Formen, und das müssen wir umsetzen.

Bei der Pflanzenschutzmittelreduktion ist es darüber hinaus notwendig, dass wir die Meteorologie stärker in der Präven tion mit einsetzen, das heißt, dass dies im Sinne der Vorher sagegenauigkeiten, die ja immer stärker auf einzelne Gemar kungen heruntergebrochen werden können, aktiviert wird und dass die Landwirte Zugang hierzu haben. Das halte ich für ganz entscheidend, damit sie auch zeitgerecht Pflanzenschutz mittel ausbringen können.

Ich sage eines noch einmal ganz klar: Ein Pflanzenschutzmit tel ist ein Mittel zum Schutz der Pflanze. Es ist nicht per se ein Insektenvernichtungsmittel, sondern das wird geprüft. Das kann man im Regelfall ausschließen – um auch das einmal klar zu sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb ist die Kaprizierung von Ihnen, Frau Rolland, auf das Thema Pflanzenschutzmittel im Prinzip abstrus. Wer sich er nähren will, braucht Kulturpflanzen, und wer Kulturpflanzen will, braucht hierfür auch Pflanzenschutzmittel. Daran führt kein Weg vorbei. Das ist halt so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An ton Baron AfD)

Wer sich ernähren will, wird auch in Zukunft Düngung brau chen. Wenn Sie an Wirtschaftskreisläufen, an einer Kreislauf wirtschaft interessiert sind, dann werden Sie auch daran inte

ressiert sein müssen, dass der organische Dünger, den die Tie re ausscheiden – das ist halt so; es gibt noch keine reststoff freie Kuh, kein reststofffreies Schwein –, wieder in den Kreis lauf geführt wird. Denn damit können natürlich auch Mangel elemente wie beispielsweise Stickstoff und Phosphor substi tuiert werden. Anderswo baut man Phosphate ab, und es ent stehen Bürgerkriege. Hier liefert im Prinzip der Dünger die notwendigen Spurenelemente, die auch in die Kreisläufe zu rückkehren. Man darf das nicht verunmöglichen.

(Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

Was Sie tun, was Sie auf Bundesebene getan haben, Frau Rol land, ist einfach Folgendes: Sie haben eine Düngeverordnung konzipiert, die alle über einen Kamm schert, egal, ob die Grundwasserverhältnisse in Ordnung sind oder nicht.