Protocol of the Session on February 20, 2019

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich betonen, dass im Gegensatz zu dem, was rückwärtsgewandte Kräfte oft behaupten, nicht die Maßnahmen des Naturschutzes für das Höfesterben verantwortlich waren, sondern die fehlgeleitete Agrarpolitik

(Abg. Carola Wolle AfD: Die Sie mit zu verantwor ten haben!)

unter dem Motto: Wachse oder weiche!

(Beifall bei den Grünen)

Das Volksbegehren in Bayern hat deswegen zu Recht gefor dert, jetzt das Überleben der Artenvielfalt zu sichern und das Höfesterben zu bremsen.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Sehr gut!)

Naturschutz, meine Damen und Herren, braucht die Landwirt schaft, ob sie ökologisch oder konventionell ist.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Viele Forderungen, die in Bayern erhoben wurden, sind bei uns bereits umgesetzt, etwa der Schutz durch Gewässerrand streifen. Gefordert wird aber auch, Feldgehölze und Hecken als Biotope zu schützen, in Naturschutzgebieten den Pesti zideinsatz zu verbieten oder einen Biotopverbund aufzubau en; auch diesbezüglich sind wir in Baden-Württemberg schon sehr weit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Staatssekretär Andre Baumann hat vor Kurzem gesagt: 80 % der Forderungen, die in Bayern erhoben werden, sind in Ba den-Württemberg schon umgesetzt oder auf bestem Weg.

(Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: So ist es!)

Das ist ein Erfolg, auf den wir wirklich stolz sein können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wenn nun Herr Söder Interesse daran hat, die Südschiene wie der aufleben zu lassen, dann können wir ihm nur entgegenru fen: Kommen Sie zu uns nach Baden-Württemberg, und schau en Sie, wie Naturschutz funktioniert!

(Beifall bei den Grünen)

Natürlich sollten wir auch die 20 % nicht verschweigen. Da zu gehört insbesondere die Pestizidreduktion. Meine Kolle gin Martina Braun kämpft seit Jahren leidenschaftlich dafür, dass diese endlich auf den Weg gebracht wird.

Wir unterstützen ein weiteres Ziel des bayerischen Volksbe gehrens: Wir wollen, dass 30 % der landwirtschaftlich genutz ten Fläche ökologische Fläche sein wird. Wir sind erst bei 12 %. Wir alle wissen aber, dass die Nachfrage nach Biole bensmitteln so groß ist, dass wir immer noch sehr viel aus dem Ausland importieren müssen. Das könnten wir ebenfalls zu mindest reduzieren, wenn wir selbst mehr biologischen An bau hätten.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Politik muss immer die Frage stel len: Wie wollen wir morgen leben? Wenn wir den Wohlstand von heute ins Morgen retten wollen, dann müssen wir auf manchen Gebieten vieles radikal verändern.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Richtig! Weg mit den Grünen, das wäre das Erste!)

Meine Damen und Herren, wir haben – ich habe es schon aus geführt – in den acht Jahren mit grüner Regierungsbeteiligung viel erreicht. Wir dürfen jetzt aber im Naturschutz nicht nach lassen. Vielmehr sind der Schwund der Artenvielfalt und der Klimawandel Anlass dafür, das Tempo nochmals zu erhöhen. Lassen Sie uns also auf diesem Weg fortfahren – aber aus nahmsweise ohne Tempolimit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Haser.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Zeig, was in dir steckt!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sollte Gott, wie es in dem Buch Genesis steht, jemals tatsächlich den Befehl ausgege ben haben: „Macht euch die Erde untertan“, können wir im 21. Jahrhundert Vollzug melden. Die Erde ist bebaut. Sie ist aufgeteilt, sie ist bewirtschaftet, sie ist zersiedelt, und sie ist erobert.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Wir sind also schon zum Erdkern vorgedrungen?)

Wir haben die Technik erfunden, um mehr als sieben Milliar den Menschen zu ernähren. Das ist eine schier unglaubliche Leistung. Das Dumme ist nur: Ganz nebenbei haben wir auch Techniken entwickelt, erfunden und eingesetzt, die geeignet

sind, die Lebensgrundlage für ebendiese mehr als sieben Mil liarden Menschen zu zerstören.

Deswegen haben wir heute drei Möglichkeiten. Wir können erstens eine Strategie fahren, die heißt: Wir reduzieren die Weltbevölkerung auf z. B. eine Milliarde Menschen, ziehen vielleicht im Endausbau sogar wieder in die Höhlen zurück und leben vom Jagen und Fischen.

Zweitens: Wir tun einfach nichts. Es gibt große Industriestaa ten, die genau das tun und sagen: „Das gibt es alles nicht. Die Problematik ist herbeigeredet. Wir tun einfach nichts.“ Es gibt wahrscheinlich auch eine Partei, die so etwas Ähnliches nach her sagen wird.

(Vereinzelt Lachen bei der AfD)

Drittens – Sie ahnen, worauf ich hinauswill –: Wir tun das, was wir am besten können. Wir stemmen uns mit aller Macht gegen die Folgen unseres eigenen Tuns. Wir hinterfragen Selbstverständliches und streben nach Lösungen, die die Er füllung beider Wünsche vereinen – den Wunsch nach einem warmen Wohnzimmer, bezahlbarem Essen, einem komfortab len Lebensstil, Mobilität und Energie auf der einen Seite,

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

und auf der anderen Seite den Wunsch nach einer Welt, die an der Existenz des Menschen nicht zerbricht.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie des Abg. Jürgen Keck FDP/DVP)

Ich glaube, dass das geht. Die Technologien und Errungen schaften, die Entwicklungen in Wissenschaft und Forschung, die uns schon so oft an den Rand der Existenz gebracht ha ben, sind zugleich Faktoren, die uns retten können – mitsamt den Bienen und Insekten, mitsamt den Vögeln, Fischen und Wildtieren.

Das bayerische Volksbegehren, das bis auf ein paar dem Zeit geist geschuldete handwerkliche Fehler die unschätzbare Chan ce in sich birgt, dass Veränderungen endlich einmal nicht nur angemahnt, sondern auch im eigenen Tun der Bevölkerung akzeptiert werden, sollte uns Mut machen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Die Initiatoren des Volksbegehrens fordern eine Biotopver netzungsstrategie – die haben wir schon.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU)

Die Bayern wollen 30 % Bio – das fordern wir schon. Die Bayern wollen ein Pestizidverbot – wir arbeiten längst an Stra tegien, die Pestizide, so gut es geht, obsolet machen. Die Bay ern fordern ein Programm für die Biodiversität, das auf wis senschaftliche Erkenntnisse in Sachen Artenschwund setzt – das hat diese Regierung aus CDU und Grünen im Rahmen der Biodiversitätsstrategie längst auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Zuruf von der CDU: Genau!)

Nun fragen Sie sich wahrscheinlich – ich frage mich das auch –: Reicht das? Das weiß ich nicht. Mal ehrlich: Sie wis

sen es auch nicht. Niemand weiß das. Aber unsere eigene Ge schichte sollte uns Mut machen.

Es gab eine Zeit, da schwamm im Rhein kein Fisch mehr, weil das Wasser so dreckig war. Heute schwimmt im Bodensee kein Fisch mehr, weil das Wasser zu sauber ist. Einst sorgte der saure Regen für das Waldsterben. Mal ehrlich: Wann ha ben Sie zum letzten Mal dieses Wort gehört?

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Einst fürchteten wir uns vor Müllbergen, und heute streiten sich die Müllverbrennungsanlagen um jedes Gramm Müll. Mehr als 90 % des Plastikmülls, der in den Weltmeeren schwimmt, stammt aus fünf Flüssen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Genau so ist es!)