Protocol of the Session on February 13, 2019

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Jedoch bleibt der Austritt Großbritanniens kein erstrebenswer tes Szenario. Man kann nicht genug unterstreichen, wie schäd lich die Auswirkungen eines harten Brexits für das britische Volk, aber auch für uns, für ganz Europa, sein werden.

Unabhängig von dem Szenario des Austritts aus der Europä ischen Union wird die britische Wirtschaft in Turbulenzen ge raten. In den neuesten Studien zu den Folgen des Brexits wer den erhebliche negative Auswirkungen vor allem in wirt schaftlicher Form beschrieben. So zeigt eine Studie der Bank of England, dass das BIP langfristig um 8 % geringer ausfal len wird,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Abwarten!)

dass sich die Arbeitslosenrate auf 7,5 % erhöhen wird

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Abwarten!)

und die Inflation auf 6,5 % steigen wird.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Abwarten!)

Die britische Währung könnte sogar bis zu 15 % an Wert ver lieren.

Der Austritt wird unmittelbare praktische Auswirkungen ha ben, vor allem bei einem harten Brexit, den die Bevölkerung direkt spüren wird. Bei einem No-Deal-Brexit würde der rei bungslose Warenhandel über Nacht enden. Alles, was danach nach Großbritannien versendet wird, müsste dann an der Gren ze kontrolliert werden, was zu massiven Verzögerungen und sicher auch zu einem Verkehrskollaps führen wird. Genauso würden britische Firmen plötzlich ihre Rechte verlieren, ihre Dienstleistungen EU-weit zu verkaufen. Britische Fluggesell schaften dürften erst gar nicht mehr in die EU fliegen, da die Zulassungen dieser Fluggesellschaften durch die EU nicht mehr anerkannt würden.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das liegt an der EU!)

Kurzfristig könnte es zu einer Einschränkung der Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten sowie zu Preiserhöhun gen kommen, die auch langfristig anhalten könnten.

Glauben Sie denn, dass diese Fakten dem britischen Volk im Jahr 2016 – vor der Abstimmung zum Brexit – bekannt wa ren?

(Zuruf: Natürlich!)

Man hätte erwarten können, dass zumindest die politische Eli te einen Plan dafür hat. Sagen Ihnen die Namen Nigel Farage oder Boris Johnson noch etwas?

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Direkt nach der Volksabstimmung haben sich nämlich die bei den prominentesten Brexit-Befürworter, Boris Johnson und Nigel Farage von den Rechtspopulisten, aus dem Staub ge macht.

(Oh-Rufe von der AfD)

Das war und ist verantwortungslos, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Oh-Rufe von der AfD)

Jetzt ist keine Zeit mehr für Spielchen und Zockereien. Das Schicksal von Menschen und auch von künftigen Generatio nen steht auf dem Spiel. Das ist wichtiger als jedes parteipo litische Taktieren in so einer Sache. Wir brauchen jetzt näm lich verantwortliches Handeln der Regierenden und des briti schen Volkes.

(Zuruf von der AfD: Volksentscheid!)

Deshalb ist es umso wichtiger, dass das britische Volk über den ausgehandelten Brexit-Vertrag abstimmen kann, um die Handlungsunfähigkeit der britischen Legislative und der bri tischen Exekutive zu überwinden.

Großbritannien soll aus unserer Sicht die Tür zu einem Ver bleib in der Europäischen Union offenstehen. Denn eines hat die Diskussion um die Brexit-Frage deutlich gezeigt: Statt des von manchen angekündigten Dominoeffekts, dass nach dem Brexit ein Mitgliedsstaat nach dem anderen austreten würde, sehen wir heute, dass sich viele Mitgliedsstaaten eher bestärkt darin sehen, weiterhin ein starkes Mitglied in der Europäi schen Union zu bleiben.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Warten Sie mal ab! – Ge genruf: Ruhe!)

Uns in Baden-Württemberg ist das schon länger bewusst. Wir werden deshalb weiter für die Entwicklung und Stärkung der EU kämpfen und für eine EU, die für ihre Bürger Sorge trägt,

(Vereinzelt Beifall)

so wie wir es auch in unserem Leitbild beschrieben haben. Wir treten ein für die Stärkung von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten, für die Bewahrung von Frieden und Sicher heit und für den Erhalt und Schutz unserer natürlichen Le bensgrundlagen. In Baden-Württemberg werden wir uns wei ter für eine starke Union einsetzen und hoffen immer noch, dass sich Großbritannien an diesem Zukunftsprojekt weiter hin beteiligen wird. Denn davon würden alle profitieren – auf der Insel und auf dem Kontinent.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Herr Abg. Kößler, bitte, für die CDU.

(Abg. Willi Stächele CDU: Er hat mir versprochen, jetzt Englisch zu reden! – Abg. Thomas Blenke CDU: Good Morning! – Abg. Willi Stächele CDU: Hello!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die Kollegen haben vorgeschlagen, ich solle die englische Na tionalhymne und die Europahymne singen.

(Vereinzelt Beifall)

Das werde ich natürlich nicht tun.

(Oh-Rufe – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Schade! – Abg. Peter Hofelich SPD: Land of Hope and Glory!)

Es passiert dem Landtag nicht oft, dass er ein Gesetz verab schieden muss, das er eigentlich gar nicht wollte. Man muss natürlich die Entscheidung Großbritanniens akzeptieren. Aber wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht zum großen Nachteil für uns ist.

Ich will Donald Trump, nein, Donald Tusk, zitieren.

(Zuruf: Donald Duck! – Heiterkeit)

Auch nicht Donald Duck. – Ich will Donald Tusk zitieren. Er hat Folgendes gesagt:

Ich denke manchmal darüber nach, wie der besondere Platz in der Hölle für jene aussieht, die den Brexit voran getrieben haben, ohne auch nur eine Skizze eines Plans zu haben, ihn sicher über die Bühne zu bringen.

Die Wortwahl mag vielleicht kritikwürdig sein, aber die Äu ßerung zeigt, wie stark die Verärgerung in Brüssel und im sonstigen Europa über Großbritannien ist.

(Beifall des Abg. Raimund Haser CDU)

Es ist klar: Diese wichtige Entscheidung wurde planlos und ohne Konzept angegangen.

(Zuruf des Abg. Raimund Haser CDU)

Nicht nur die Regierung, sondern auch die Menschen in Groß britannien sind nicht vorbereitet.

(Abg. Anton Baron AfD: Das ist doch klar geregelt!)

Aber eines ist klar: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir bringen ein Gesetz ein, das auf alle Eventualitäten vorbe reitet. Ich begrüße deshalb den Entwurf der Landesregierung für ein Brexit-Übergangsgesetz. Das bringt Rechtssicherheit für den Übergangszeitraum. Darüber, dass dies notwendig war, besteht kein Zweifel. Das haben auch die Anhörungen gezeigt. Alle Verbände, die berührt sind, insbesondere die Wirtschaftsverbände, haben klar gesagt: Dieses Gesetz ist not wendig.

Der Minister ist schon auf die wirtschaftlichen Folgen einge gangen, insbesondere für Baden-Württemberg. Wenn man

ganz Deutschland betrachtet, geht es um 100 000 Arbeitsplät ze. Insbesondere die Autoindustrie ist dabei sehr belastet. Mehrbelastungen an Zöllen von 2 Milliarden € würden bei ei nem ungeordneten Brexit entstehen. In Baden-Württemberg wären davon insbesondere die Automobilindustrie und die Elektroindustrie betroffen.