Bei Kohle denken die meisten Menschen zuerst an den Ruhr pott. Nur wenige bringen Baden-Württemberg damit in Ver bindung. Dabei liegt Steinkohle hier direkt hinter der Kern energie und ist einer der wichtigsten Energielieferanten. Viel leicht ist das auch der Grund, warum der Pensionsfonds in Ba den-Württemberg 190 Millionen € in Kohle-, Öl- und Gas konzerne investiert hat – mehr als vergleichbare Fonds in al len anderen Bundesländern. 2016 wurde eine Änderung an gekündigt, doch bis heute ist nichts passiert. Das ist doch die klassische grüne Doppelmoral.
So lautete der Kommentar von Kristin Schwietzer vom WDR. Sie sieht die Verbraucherpreise steigen, weil der angeblich saubere grüne Strom mehr kostet. Auch stellt sie die entschei dende Frage:
Einer der größten Nachteile ist der schwankende Ertrag aus erneuerbaren Energien. Auch sind die Speichermöglichkeiten aktuell nicht ausgereift, und sie werden es auch nie sein; die Physik lässt es gar nicht zu.
Darum ist es für mich wichtig, bei der Energiefrage auf Effi zienz zu setzen. Steinkohle beziehen wir aktuell günstig auf dem Weltmarkt aus politisch stabilen Regionen. Bei Erdgas sieht es ganz anders aus. Hier sorgen politische Krisen regel mäßig für Versorgungsengpässe und Preisschwankungen. Ge nau darum rate ich davon ab.
Für die Bürger hoffe ich, dass die Regierung einen Weg findet, ein weiteres Ansteigen der Energiepreise zu verhindern. Das sollte aller dings nicht so geschehen, wie es sich Herr Minister Unterstel ler vorstellt, nämlich dass man einfach mal die Zahlen hin und her schiebt, damit der Bürger nicht merkt, dass er mehr zahlt. Im Idealfall sollte es sogar eine spürbare Entlastung sein – am besten durch sofortige Abschaffung der Fantasterei Energie wendegesetze. Nehmen wir uns ein Beispiel an Donald Trump, und werden wir vernünftig.
(Lachen bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Zuruf: So viel zum Thema Koksen! – Abg. Nicole Razavi CDU: Vielen Dank für den Ab riss!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist auch die Aktuelle Debatte unter Punkt 3 der Tages ordnung erledigt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der AfD – Gesetz zur Änderung der Vorschriften über das Wahl recht der Deutschen – Drucksache 16/5113
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat festgelegt, in der Zweiten Beratung auf eine Aussprache zu verzichten.
Wir können gleich in die A b s t i m m u n g über den Ge setzentwurf einsteigen. Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ih nen in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/5535, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte Sie, damit einverstanden zu sein, dass ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstim mung stelle. – Das ist der Fall. Vielen Dank.
Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 16/5113 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun gen? – Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abgelehnt und Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Straßengesetzes – Drucksache 16/5279
Hier hat das Präsidium für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Heute ist ein historischer Tag für das Straßenwesen in Baden-Württemberg, ein sehr gu ter historischer Tag. Denn mit der Erweiterung des Straßen gesetzes gestalten wir drei Bereiche neu. Das nützt dem Kli ma, das nützt den Menschen, und das nützt unseren Kommu nen. Radschnellverbindungen bekommen Gesetzesrang: Sie können damit schneller und effizienter realisiert werden. Das stationäre Carsharing bekommt Vorfahrt, das Angebot kann leichter ausgebaut werden. Und unsere Gemeinden bekom men Gestaltungshoheit bei Straßenfesten, Bürokratie wird ab gebaut.
Zu den Radschnellverbindungen: Schauen wir doch einmal kurz in die Historie. Bereits 1879 wurden in Schleswig-Hol stein Straßenklassen per Gesetz definiert. In diversen deut schen Kleinstaaten und preußischen Provinzen gab es zu nächst nur innerörtliche Gemeindestraßen und Provinzstra ßen. Später wurden Kraftfahrtbahnen, Reichsstraßen und Landstraßen erster und zweiter Ordnung eingeführt. Nach dem Krieg wurden daraus die uns bekannten Kategorien Autobahn, Bundesstraße, Landesstraße und Kreisstraße. Diese Einteilung hat sich bewährt; denn sie ist bedarfsgerecht. Seit 70 Jahren hat sich daran nichts geändert.
Aber heute erheben wir hier in Baden-Württemberg die Rad schnellverbindungen in Gesetzesrang in diesem System. Sie werden gleichwertig zu den üblichen Straßen, sie werden ge adelt. Endlich sind Radwege nicht mehr ein Anhängsel, nicht mehr Wege zweiter Klasse – zumindest die wichtigsten. Sie können nun schneller und effizienter aus einer Hand gebaut werden. Sie werden auch auf Strecken über 5 km Länge für viele eine Alternative zum Auto sein.
Denn das sichere Pendeln zur Arbeit oder die Fahrt zum Sport wird ohne die derzeit noch bestehenden größeren Zeitverlus te möglich sein. Das nützt dem Klima, das nützt den Men schen.
Gestern Abend haben wir im Ausschuss über den Gesetzent wurf diskutiert. Wir freuen uns sehr über die Zustimmung der SPD. Sie, Herr Rivoir, haben angemahnt, dass wir die Lücken
im Radnetz nicht vernachlässigen dürfen. Damit haben Sie natürlich recht. Aber deswegen haben wir ja das RadNETZ des Landes erarbeitet, um die wichtigsten Alltagsrouten mit einem hohen Standard zu sichern und auszubauen und um Lü cken zu schließen.
Herr Haußmann bemängelte für die FDP/DVP, dass aufgrund der verschiedenen Kategorien und Anforderungen an die Zahl der Radfahrerinnen und Radfahrer keine Radschnellverbin dungen im ländlichen Raum gebaut werden können.
Aber Sie und der Rechnungshof würden uns doch als Aller erste aufs Dach steigen, wenn wir im dünn besiedelten länd lichen Raum Radschnellverbindungen bauen, die dann hinter her niemand oder kaum jemand nutzt.
Noch ein Schmankerl am Rande: Ich habe gestern zur Pilot strecke Mannheim–Heidelberg recherchiert und mich sehr ge freut, dass diese Radschnellverbindung auf der Website des Regierungspräsidiums schon eine tolle Bezeichnung hat: Das wird unsere L 9000.
Auch beim Carsharing betreten wir historisches Neuland. Das ist ein guter Tag für die moderne Mobilität. Nach Bayern ist Baden-Württemberg erst das zweite Bundesland, welches die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schafft, dass die Gemein den auf klassifizierten Straßen explizite Flächen für das stati onsbasierte Carsharing schaffen können. Bisher durften sol che Stellplätze nur auf privaten Flächen wie z. B. dem Park platz der Gemeinde am Rathaus ausgewiesen werden. Zukünf tig geht dies auch an und auf klassifizierten Straßen, also z. B. der Landesstraße am Bahnhof.
Mit dieser Änderung erleichtern wir es den Kommunen, ein zusätzliches Angebot zu schaffen. Wir erleichtern es den Men schen, auf das eigene Auto zu verzichten. Auch das schont Ressourcen, und es schafft Platz in unseren Städten und Ge meinden.
Der letzte Punkt scheint der unwichtigste im Gesetz zu sein, aber er betrifft fast alle Kommunen im Land: Wir geben den Gemeinden im Land auch ein Stück Gestaltungshoheit zurück. Bisher mussten die Kommunen, die keine eigene Straßenver kehrsbehörde haben, wegen jeder einfachen temporären Stra ßensperrung einen Antrag beim Landratsamt stellen. Das dürf ten so um die 900 Kommunen sein. Das wird zukünftig nicht mehr erforderlich sein. Sei es für die Kerwe, den Weihnachts markt oder ein Straßenfest – die Gemeinden dürfen die Be schilderung selbst vornehmen. Das nützt den Verwaltungen, und wir bauen so etwas Bürokratie ab.
Heute ist ein historischer, guter Tag für das Straßenwesen in Baden-Württemberg durch zusätzliche Mobilitätsangebote und durch weniger Bürokratie. Heute ist insbesondere ein grandioser Tag für die Radfahrerinnen und Radfahrer durch mehr sichere, direkte und schnelle Radwege. Mögen es im mer mehr Radfahrerinnen und Radfahrer werden, jeden Tag, auch im Winter, und nicht nur auf Radschnellverbindungen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Mit dem hier vorge legten Gesetzentwurf zur Änderung des Straßengesetzes be weisen wir im Landtag von Baden-Württemberg erneut unse re Vorreiterrolle in puncto Mobilität. Kernpunkte dieses Ge setzentwurfs sind erstens die Neuregelung zur Baulast beim Bau von Radschnellwegen, zweitens die Neuregelung zur Er teilung der Sondernutzungserlaubnis im Bereich Carsharing und drittens die Vereinfachung durch Regelungen zur einver nehmlichen Übertragung der Zuständigkeiten für das Aufstel len von Verkehrsschildern auf der Ebene der Gemeinden.