Protocol of the Session on December 20, 2018

Der Landkreis Karlsruhe weist auch auf die Bedeutung der kreisübergreifenden Zusammenarbeit hin, z. B. bei Themen wie Digitalisierung, Tourismus und Schülerströme. Aber er weist auch darauf hin, dass die Kreisgrenze dabei keine Rol le spielt, dass diese Verflechtung heute bereits gelebt wird, dass sie auch funktioniert. Als ein schönes Beispiel wird hier auch das berufliche Bildungszentrum Ettlingen gesehen.

Außerdem sieht der Landkreis Karlsruhe eine – zumindest mögliche – Verschlechterung der Finanzkraft des Landkrei ses, wenn Bad Herrenalb als Stadt dazukäme, und fordert auch einen finanziellen Ausgleich durch das Land im Falle einer Umkreisung, wenn wir die denn beschließen würden.

Insgesamt sieht auch der Landkreis Karlsruhe jedenfalls kei ne überwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls, die einen solchen Wechsel erforderlich machen würden oder sinnvoll erscheinen lassen.

Als selbst in dieser Region lebende Abgeordnete möchte ich auch noch einmal sagen: Diese Einschätzung der bestehenden Verflechtungen kann ich wirklich bestätigen. Da gibt es – das ist auch naheliegend – wirklich eine gefühlte Nähe der Bür ger und Bürgerinnen von Bad Herrenalb zu Karlsruhe und auch umgekehrt. Die Menschen aus Bad Herrenalb kommen zu uns nach Karlsruhe zum Einkaufen, zum Arbeiten; wir ge hen gern am Wochenende nach Bad Herrenalb, um dort zu wandern und uns zu erholen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sie sind uns immer herzlich willkommen!)

Sehr schön; das freut mich. Ich werde sicher noch öfters kommen. – Diese Nähe ist sehr real; sie wird gelebt, und sie funktioniert auch sehr gut und wird von allen Seiten als eine Bereicherung empfunden. Aber all das funktioniert heute doch schon sehr gut, meine Damen und Herren. Insofern legt auch das jetzt nicht nahe, dass hier ein Landkreiswechsel erforder lich wäre.

Wir haben uns deswegen in der Gesamtabwägung aller Argu mente gegen den Landkreiswechsel entschieden, da die Ge setzesänderung im Sinne des öffentlichen Wohls keine Vor teile bringt. Beide Landkreise erwarten Nachteile, und das gilt natürlich ganz besonders für den Landkreis Calw. In der Ge samtbetrachtung würden auf jeden Fall auch durch die Um strukturierung Mehrkosten entstehen. Wir meinen, diese Ko operation funktioniert heute schon sehr gut, auch wenn da si cher noch einiges zu verbessern wäre.

Auch wenn wir diesem Wunsch nach einem Landkreiswech sel heute nicht nachkommen können, möchte ich betonen, dass wir, die grüne Fraktion, das Engagement der Bürgerinitiative ausdrücklich würdigen. Die Diskussion hat schon dazu bei getragen, dass man sich mal mit den Konsequenzen eines Landkreiswechsels genauer beschäftigt, sich diese genauer anschaut, man vielleicht auch manches hinterfragt, was sich an Strukturen in den letzten Jahrzehnten eingespielt hat. Da für erst einmal ein großes Dankeschön an die Bürgerinitiati ve „Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe“.

Wir sehen – das habe ich vorhin schon angedeutet – sehr wohl auch Potenzial für Verbesserungen, gerade in der interkom munalen, in der regionalen Zusammenarbeit, beispielsweise beim öffentlichen Personennahverkehr, bei der Kooperation von Bildungseinrichtungen, bei Fragen wie dem Breitbandaus bau. Hier könnte man interkommunal sicher noch mehr zu sammen machen. Das gilt übrigens auch für das Einsparen von Behördengängen durch ein verbessertes E-GovernmentAngebot. Auch da ist noch viel Potenzial, um Wege zu ver kürzen, die heute zurückgelegt werden müssen.

Deswegen meinen wir – das ist uns auch ganz wichtig –, dass aus diesem Diskussionsprozess heraus die Chancen jetzt ge nutzt werden sollten, über die Kreisgrenzen hinweg verstärkt und besser zusammenzuarbeiten. So ist auch unser Entschlie ßungsantrag formuliert. Ich meine, wenn das gelingt, dann ha ben sich diese Initiative und dieser ganze Prozess auch wirk lich für alle Beteiligten gelohnt. In diesem Sinn bitte ich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Blenke.

(Zuruf: Guter Mann!)

Danke schön. – Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 1791 wurde das damals kleine Dorf Herrenalb als württembergischer Ort ge gründet. 225 Jahre später gab es einen Bürgerentscheid in der Stadt Bad Herrenalb zu der Frage: Gehören wir weiter zum Kreis Calw, oder wechseln wir in den Kreis Karlsruhe?

1 872 Menschen haben sich für einen Wechsel in den Kreis Karlsruhe ausgesprochen, 1 829 wollten im Kreis Calw blei ben, also ein sehr knappes Ergebnis. Aber so ist es in der De mokratie: Eine knappe Entscheidung ist auch eine Entschei dung.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Dieses Ergebnis habe ich mit Überraschung und mit Interes se aufgenommen. Wir werden schließlich nicht jeden Tag mit dem Ansinnen eines Kreiswechsels konfrontiert.

Die Stadt hat aufgrund des Votums einen Antrag u. a. an den Landtag auf einen Wechsel des Kreises gestellt. Der Antrag wurde von uns – darauf hat Frau Kollegin Lisbach schon hin gewiesen – mit großer Sorgfalt und mit großem Verantwor tungsbewusstsein behandelt.

Wichtig war uns von der CDU-Landtagsfraktion, vor Ort das Gespräch mit den Beteiligten zu suchen. Die Kollegen Ho ckenberger, Klein und ich waren alsbald in Bad Herrenalb und haben das Gespräch mit der Bürgerinitiative, der Stadt und dem Landkreis gesucht.

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Sehr richtig!)

Fakt ist, dass eine Umkreisung durch ein Gesetz erfolgen muss und dieses Gesetz zwingend bedingt, dass Gründe des öffent lichen Wohls einen Kreiswechsel erforderlich machen. Das besagt Artikel 74 der Landesverfassung. Gründe des öffentli chen Wohls sind alle Interessen der Allgemeinheit an einer Gebietsänderung, die ein Festhalten am unveränderten Be stand überwiegen. Das muss erfüllt sein.

Mit anderen Worten: Es kommt auch, aber eben nicht nur auf die Interessen der Stadt Bad Herrenalb an. Es geht auch um die Interessen der betroffenen Landkreise Calw und Karlsru he und auch um die Interessen des Landes Baden-Württem berg. Ich sage nur Landesplanung und Raumordnung.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Dies ist eine zwingende rechtliche Voraussetzung für einen Kreiswechsel.

Deswegen, um die Tatsachengrundlagen zu schaffen, haben wir uns mit einer Großen Anfrage an die Landesregierung ge wandt und alle Aspekte abgefragt. Ich bedanke mich, Herr In nenminister Strobl, beim federführenden Innenministerium für die ausführliche und sorgfältige Beantwortung unserer Fra gen.

Die Drucksache ist nicht ganz so dick wie die zu Reutlingen, sie hat aber immerhin 137 Seiten. Das dürfte ungefähr dem Umfang des Telefonbuchs von Bad Herrenalb entsprechen.

(Zuruf von der CDU: Doch so viele!)

Die Koalitionsfraktionen haben auf der Basis dieser Antwort der Landesregierung auch eine öffentliche Anhörung durch geführt.

Ich denke, dass mit dieser Chronologie deutlich wird, dass wir hier heute keine leichtfertige Entscheidung fällen.

Ich freue mich auch – das will ich ausdrücklich sagen –, dass das Interesse vor Ort so groß ist. Beide Landräte, der Bürger meister, die Bürgerinitiative und weitere Interessierte sind heute hier anwesend und wollen diese Debatte hier persönlich verfolgen.

Ein weiteres positives Moment des Bürgerentscheids war, dass die Menschen sich an einem politischen Entscheidungspro zess beteiligt haben und möglicherweise Themen vor Ort nun auch intensiver diskutiert werden.

Mich persönlich hat es sehr gefreut, dass die ganze Bürger schaft ein Jahr nach dem Bürgerentscheid geschlossen hinter der Gartenschau, diesem Jahrhundertereignis für die Stadt Bad Herrenalb, gestanden ist und diese nicht durch anhaltende Dis kussionen über einen Landkreiswechsel überlagert wurde.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Großes Kompliment an die Stadt Bad Herrenalb und ihre Bür gerinnen und Bürger! Die Gartenschau 2017 war ein Weckruf für ein neues Wirgefühl in der Stadt, das bis zum heutigen Tag positiv wirkt. Man hat gesehen, wozu diese Stadt fähig ist, wenn alle zusammenhalten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Ähnliches gilt für die interkommunale und die kreisübergrei fende Zusammenarbeit. Gerade die Stadt Bad Herrenalb ist auf diesem Gebiet schon jetzt sehr gut unterwegs. Das ist si cherlich auch der geografischen Lage im Kreis Calw geschul det. Sie liegt am Rand des Kreises Calw, und sie läge am Rand des Kreises Karlsruhe.

Gern möchte ich ein paar wenige Punkte hervorheben. Die Kollegin Lisbach hat die meisten schon genannt; um uns Wie derholungen zu ersparen, beschränke ich mich auf wenige.

Erstens – das Wichtigste –: die touristische Entwicklung. Bad Herrenalb ist als übernachtungsstärkste Kommune ein wich tiger Bestandteil im Tourismuskonzept des Landkreises Calw. Bad Herrenalb ist für viele Gäste, die aus Baden, der Pfalz und aus Frankreich in den Schwarzwald kommen, ein Portal zum nördlichen Schwarzwald. Ein Blick auf die Autokenn zeichen der Besucher der Stadt zeigt dies eindrucksvoll.

Dies war übrigens bei der Kreisreform Anfang der 1970erJahre ein maßgeblicher Grund, Bad Herrenalb beim touris tisch geprägten Landkreis Calw zu belassen. Dies gilt heute nach wie vor und umso mehr.

Bad Herrenalb ist eine Tourismusstadt. Der Tourismus im Kreis Calw passt zu ihr. Der Kreis Karlsruhe ist dagegen ein Technologiekreis – eine ganz andere Ausrichtung.

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Sehr richtig!)

Die Landesregierung erwartet in ihrer Antwort hier nachteili ge Auswirkungen sowohl auf den Landkreis als auch auf die Stadt Bad Herrenalb. Eher weniger Auswirkungen hätte ein Kreiswechsel bei der Ansiedlung von Gewerbe. Wir wissen, dass die Befürworter eines Landkreiswechsels, die Bürgerin itiative, die Hoffnung haben, dass ein Landkreiswechsel die Neuansiedlung von Gewerbe erleichtern würde.

Meine Damen und Herren, die Entscheidung für Gewerbean siedlungen hängt aber weniger von der Zugehörigkeit zu ei nem bestimmten Landkreis ab. Sie hängt davon ab: Ist Bau land verfügbar? Wie sind die Preise? Wie ist die Verkehrsan bindung? Wie ist das Arbeitsangebot? Wie ist die Kinderbe treuung? Wie sind die Bildungseinrichtungen? Wie ist die me dizinische Versorgung usw.?

Auch bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen ist der Landkreis Calw so ausgerichtet, dass die Stadt Bad Herren alb integraler Bestandteil ist, dass sie dazugehört. Ein Heraus lösen hätte erhebliche Auswirkungen auf das Gefüge des rest lichen Kreises.

Auch hierzu noch ein kleines Beispiel: das Feuerwehrwesen. Ein Kreiswechsel würde vermutlich dazu führen, dass Bad Herrenalb den heutigen Status einer Stützpunktfeuerwehr auch für andere umliegende Gemeinden verlieren würde.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Es gibt keine Stützpunkt feuerwehr!)

Dies würde maßgeblich die Versorgung in der Nachbarge meinde Dobel treffen. Diese bleibt aber im Kreis Calw und wäre dann ohne eine ortsnahe Stützpunktfeuerwehr.

Wir respektieren ausdrücklich – da schließe ich mich der Kol legin Lisbach an – das Bestreben der Bürgerinitiative und dan ken für deren Engagement. Sie benennt auch Argumente, die aus ihrer Sicht für einen Kreiswechsel sprechen. Die aller meisten davon lassen sich jedoch auch mit interkommunaler Zusammenarbeit lösen und bedingen keinen Kreiswechsel.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Die einstimmig von der grün-schwarzen Landesregierung be schlossene Antwort auf unsere Große Anfrage endet mit dem Satz: