Protocol of the Session on December 19, 2018

Die nächste Frage kommt von Frau Abg. Krebs.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Überraschung!)

Lieber Herr Minister, entschul digen Sie, dass ich zu spät gekommen bin. Im Gegensatz zu mir hat es die Frau Präsidentin rechtzeitig geschafft, obwohl

wir auf Einladung der Präsidentin mit dem Petitionsausschuss beim Mittagessen waren. Ich habe gerade noch schnell die letzte Gabel in den Mund gesteckt, und ich bin leider zu spät gewesen. Also entschuldigen Sie das bitte vielmals.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Thomas Blenke CDU: Dann holen Sie die Gabel lieber wieder raus!)

Trotz allem möchte ich Ihnen auch noch eine Frage zum The ma stellen. Sie haben ja jetzt schon fast alles dazu ausgeführt, wie viel Geld wir ausgeben und welche Projekte wir fördern.

Es gibt ja noch immer eine paradoxe Ansicht bei vielen Bür gerinnen und Bürgern. Einerseits wollen viele, dass keine klei neren Krankenhäuser geschlossen werden. Das wissen wir al le. Das ist ein riesiges Geschäft vor Ort. Das muss man poli tisch gut begründen. 80 % der Menschen wollen nicht, dass ein Krankenhaus in ihrer Umgebung geschlossen wird. Auf der anderen Seite möchten sich nur ca. 50 % der Menschen in diesen Häusern operieren oder behandeln lassen. Dieses Pa radox gibt es.

Ich möchte jetzt gern die Frage stellen: Was können Sie uns aus Ihrer Arbeit berichten, was wir alles Gutes dafür tun, dass diese Leute, auch wenn ein kleines Krankenhaus geschlossen wird, trotzdem eine gute Gesundheitsversorgung erhalten?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das kann jetzt aber wie der dauern!)

Ja. – Verlängern wir heute die Regierungsbefragung?

Die Regierungsbefragung wird nicht verlängert.

Frau Präsidentin, lassen Sie mich wenigstens ein paar Schlag worte sagen.

(Abg. Petra Krebs GRÜNE: Ja, genau!)

Zum einen ist es tatsächlich so, dass wir dort, wo wir Konzen trationsprozesse machen – ich beziehe mich da auf den Nach barwahlkreis des Kollegen Hinderer, den Wahlkreis Neckar sulm –, z. B. an den zwei Standorten Brackenheim und Möck mühl – –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das bin ich!)

Herr Gall, Entschuldigung. Wie konnte ich nur? Sie sehen es mir nach. – Dort werden wir medizinische Versorgungszen tren errichten, wobei uns die KV, die für die ambulante Ver sorgung – die 103 Mittelbereiche – zuständig ist, als wichti ger Partner zur Seite steht, und Übergangsmodelle machen. Wir können jetzt z. B. auch Budgetübertragungen verhandeln. Wir können im Rahmen des neuen Strukturfonds Ambulanti sierungstendenzen oder telemedizinische Tendenzen beim Umbau von Kliniken etablieren.

Sie wissen ja, Kollegin Krebs, aus Ihrem eigenen Landkreis, dass es ein Modellprojekt gibt, mit dem wir bei der sektoren übergreifenden Versorgung in der ersten Projektlinie jetzt auch sogenannte PORT-Zentren fordern, Primärversorgungszent ren. Im Landkreis Reutlingen, in Hohenstein und anderswo gibt es, auch gemeinsam mit der Bosch Stiftung, entsprechen de Modelle der inter- und multidisziplinären Gesundheitsver

sorgung unterhalb der Schwelle von Krankenhäusern oder auch Nachsorgezentren.

Unlängst hatte ich eine Tagung zur sektorenübergreifenden Versorgung. Ein leitender Klinikdirektor einer großen Klinik im Land hat gesagt: Unsere Quartiersstrategie mit integrier ten ärztlichen und pflegerischen Angeboten und auch unser neues Pflegestrukturgesetz wird die Basis des Gelingens der Gesundheitsversorgung in der Zukunft sein.

Sie sehen, dass wir zum einen starke, leistungsfähige Kran kenhäuser haben, die auch im Hinblick auf Weiterbildungser mächtigungen für das Personal attraktiv sind. Sie wissen, dass wir große Anstrengungen unternehmen müssen, um genügend Ärzte zu bekommen. Wir haben im Moment in Baden-Würt temberg die Situation, dass Kliniken in der Tat Stationen schließen, weil sie das Personal nicht haben – große, leistungs fähige Zentralversorger mit Maximalanteil. Das sind Zustän de, die wir beheben müssen.

Wir haben einen Strauß von Maßnahmen. Beispielsweise rich ten wir gemeinsam mit der Wissenschaftsministerin an allen Universitäten Facharztlehrstühle für Allgemeinmedizin ein. Ein wichtiger Parameter: Wir hatten in den vergangenen Jah ren immer ungefähr 100 Abschlüsse von Fachärztinnen und Fachärzten für Allgemeinmedizin; nun gab es zwei Mal hin tereinander 190 Abschlüsse. Genau diese benötigen wir, da mit sie sich in Praxismodelle begeben.

Sie wissen, dass wir unterschiedliche Projekte haben. Im länd lichen Raum haben wir jetzt Genossenschaftsprojekte, Mach barkeitsstudien, Versorgungszentren, neue Beschäftigungsmo delle, auch zugunsten der sogenannten Work-Life-Balance.

Natürlich arbeiten die Ärztinnen und Ärzte nicht mehr so viel wie früher. Der Doktor, der mich seinerzeit im oberbayeri schen Hinterland auf die Welt gebracht hat, war einmal im Jahr eine Woche in Kitzbühel und sonst hat er gearbeitet. Er hat dann halt von den Hinterhoflandwirten ab und zu einen Gockel mit heimgenommen. Das ist heute schon ein bisschen anders. Aber aus uns ist dann schon etwas geworden. Aller dings war die Kindersterblichkeitsrate in den Sechzigerjah ren, wie Sie wissen, deutlich höher als jetzt.

Aber wir unternehmen tatsächlich viel. Sie wissen das: in haltsgleiche Doppelstrukturen, Klinikstrukturen in Nachbar schaften, Schwerpunktbildungen und Profilbildungen auch ge meinsam mit dem Innenministerium und in der Notfallversor gung auch mit dem Bundesgesundheitsminister. Das betrifft auch die Notfallaufteilung in der Versorgung. Herr Hinderer hat unlängst eine sehr kluge Anfrage dazu gestellt, wie wir das besser ordnen können. Auf diesem Weg sind wir gemeinsam mit Minister Spahn unterwegs, um die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, gezielter einsetzen zu können.

Danke schön. – Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Blenke.

Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Minister Lucha, ich darf mich zunächst erfreut darü ber zeigen, dass die grün-schwarze Landesregierung mit den Schwarzwaldtälern auch im Krankenhausbereich sehr pfleg lich und positiv umgeht.

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Ich darf mich auch bedanken für die Unterstützung nicht nur für Freudenstadt, sondern auch für Nagold. Das ist sehr sinn voll; vielen Dank dafür.

Ich möchte aber ganz ernsthaft fragen bzw. in Erinnerung ru fen: Im Landkreis Calw ist der Klinikverbund Südwest der Träger. Dem liegt ja eine Gesamtkonzeption mit der Neuord nung der Kliniken zugrunde. Die Maßnahme in Nagold ist jetzt ein erster Schritt. Ich möchte Sie einfach nur fragen: Sie haben schon auch den zweiten Schritt mit dem Neubau in Calw im Hinterkopf?

Wir haben alles im Hinterkopf, vor allem die „Working Pistols“ aus der Planungsabteilung. Sie wissen, dass wir auch auf dem dortigen Campus ein PORT-Zentrum planen. Da gibt es jetzt noch einen Zwischenschritt konzeptioneller Art.

Noch mal: Wir schauen uns jeden Standort, jede Region ganz genau an. Wir besprechen mit den Trägern, auch in den Ge sundheitskonferenzen die medizinisch-pflegerischen Konzep te, setzen das dann abgestimmt um und gießen es in ein In vestitions- und Bauprogramm. Wer A sagt, wird natürlich im mer auch B sagen; das gilt auch für die drei Planungsraten, die wir jetzt zur Verfügung gestellt haben.

Beispielsweise wird dann das Klinikum Sindelfingen-Böblin gen, das ja gar nicht so weit weg von Ihnen ist, das erste vir tuell geplante Klinikum, seit es tatsächlich ganz neue Wege geht, auch in der Konzept- und Bauplanung, in der Kubatur. Oder auch Freudenstadt: Mit welcher Professionalität da jetzt herangegangen wurde, das ist unglaublich.

Ich muss mich einmal bei allen Partnerinnen und Partnern auch im Land, bei den Klinikträgern bedanken. Ein Kranken haus zu bauen ist für die Geschäftsführer, die leitenden Mit arbeiter und die Aufsichtsräte eigentlich eine lebensverkür zende Maßnahme; die arbeiten rund um die Uhr. Man muss ganz großen Respekt zollen, was die Menschen dort leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der AfD und der FDP/DVP)

Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Hinderer.

Herr Minister, noch einmal ei ne Frage zu den Zahlen. Sie verstehen es ja ganz tricky, das mit Bundesmitteln aus dem Strukturfonds oder ohne Bundes mittel aus dem Strukturfonds so darzustellen, dass es immer mehr Mittel sind.

Jetzt haben Sie selbst gerade Ihre Vorgängerin im Amt und den letzten Finanzminister angesprochen. Ich möchte jetzt doch noch einmal zwei Zahlen in den Raum stellen. 2011 wur den für die Krankenhausfinanzierung im Land 332 Millio nen € zur Verfügung gestellt, 2016 waren es 455 Millionen €; beide Zahlen ohne Bundesmittel für den Krankenhausstruk turfonds, weil es den da noch gar nicht gab. Das ist eine Stei gerung um 123 Millionen € oder plus 37 %.

Meine erste Frage: Kennen Sie sonst ein Handlungsfeld der letzten Landesregierung, bei dem so massiv aufgestockt wor

den ist? Zweitens: Wie passt zu dieser Aufstockung Ihre Aus sage – wenn die „Bild“-Zeitung Sie heute richtig zitiert –?:

Die Ausgaben der Vorgängerregierungen waren pupsig.

Herr Minister, möchten Sie das bitte richtigstellen?

Ja.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Herr Kollege, da habe ich meinen Finger auf dieser Grafik hier gehabt, bei 2006. Ich habe explizit auch bei dieser Pressekon ferenz erwähnt, dass die damalige grün-rote Landesregierung – – Wir beide waren ja auch Arbeitskreisvorsitzende und schon damals leidenschaftliche Krankenhausförderer. Ich er innere mich noch an unser Wahlprogramm seinerzeit, 2010, Herr Sckerl, in das wir hineingeschrieben haben, dass wir die Mittel deutlich erhöhen müssen. Und wir haben das umge setzt.

Ich habe hier schon fünf Mal erklärt, und ich erkläre noch ein mal: Ich musste jetzt für zwei Jahre meinen Haushaltskonso lidierungsbeitrag aus diesem Bereich nehmen, was keinem leichtfällt. Aber ich konnte es tun, weil wir wussten und wis sen, dass wir in den langen Linien alle notwendigen Projekte abfinanzieren können. Es war, glaube ich, schon auch mein Einsatz in der Gesundheitsministerkonferenz, der dazu geführt hat, dass es diesen Strukturfonds gibt. Das war ein badenwürttembergischer Konzeptantrag. Darum haben wir in der Regierung gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen im ganzen Kabinett und den Fraktionen auch die vollständige Ko finanzierung des Bundesstrukturfonds beschlossen. Das sind Mittel on the top, die regulären Programme gehen weiter.

Wir waren unlängst in einer der schönen Kliniken in Ihrer Hei mat. Sie wissen, wir haben manchmal Ausschreibungen, da haben wir einen Haufen Gewerke. Wir hatten neulich in einer großen und wichtigen Klinik im Land auf eine Ausschreibung auf ein großes Gewerk kein Angebot. Dann musste man auf Handwerker, auf Unternehmen zugehen und wirklich darum ringen, dass die den Auftrag übernehmen. Der Bau eines Kran kenhauses – das wissen Sie – ist fast so komplex wie der BER, nur: In Baden-Württemberg bekommen wir das hin. Herr Hin derer, Sie wissen ja, wie es in Heilbronn war, wo dann die Schleusen, die Türen noch falsch getriggert waren. Das sind schon große Herausforderungen.

Letzter Satz dazu: Ich bin unserem zuständigen Referat un heimlich dankbar, dass wir mit den Planungen, aus denen wir dann die Förderzusage machen, ganz, ganz nah an die Bau reife gelangt sind, dass die wirklich sehr zeitnah wissen, was sie zu erwarten haben, und dann auch schnell ausschreiben können, damit die Baupreise nicht davonlaufen.

Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrter Herr Mi nister Lucha, der Bund hat sich ja jetzt auch aufgemacht, mehr und mehr Qualitätsindikatoren festzulegen. Im Landeskran kenhausgesetz haben Sie das ja noch einmal ausgeklammert, aber trotzdem die Frage: Wie weit sind die Planungen im So zialministerium für eigene Qualitätsindikatoren? Als Stich wort nenne ich hierbei die Digitalisierung. Dafür haben Sie

über den Nachtragshaushalt 10 Millionen € bereitgestellt be kommen. Jetzt wissen wir, dass zur Digitalisierung deutlich mehr Anfragen und Anträge gekommen sind. Werden Sie im Bereich der Digitalisierung auch einen Schwerpunkt für un sere Krankenhäuser – dann auch mit einer Finanzierung aus diesen Zusatzmitteln – vorsehen?

Vie len Dank für die Nachfrage. – Ich darf jetzt etwas zu den Qua litätsindikatoren sagen. Sie haben ja auch diesen Bericht vor liegen, wonach wir für das Land acht Monierungen hatten. Hinterher hat sich dann herausgestellt, dass drei davon schon obsolet waren, weil wir die Einrichtungen bereits geschlossen hatten. Es herrschte aber große Verunsicherung.