Meine Damen und Herren, Frau Abg. Felder hat das Wort. Ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe. Herr Abg. Dr. Merz, das gilt ganz besonders auch für Sie.
(Abg. Stefan Räpple AfD: Der wurde doch gerade an gegriffen! – Lachen bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Sabine Wölfle SPD: Realitätsverlust der AfD!)
Meine Damen und Herren, dieser Titel ist ganz schweres Geschütz. Die Worte Abtreibung, Ge sinnungsprüfung und Kindergarten in einem Satz unterzubrin gen, das ist eine sprachliche Leistung.
Da hat sich wohl jemand Scrabble unter den Weihnachtsbaum gewünscht. 100 Punkte für das AfD-Phrasen-Bingo. Die Halb sätze sind wahrscheinlich beim Plakatemalen übrig geblieben. Nimm ein paar Begriffe, mix etwas, und servier es dann. Der Sinn ist wie immer zweitrangig.
(Lebhaftger Widerspruch bei der AfD – Abg. Bernd Gögel AfD: Das Thema lächerlich zu machen ist ei ne absolute Schande! Den § 218 lächerlich zu ma chen! Eine Schande! – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Das ist eine Frechheit! Schämen Sie sich!)
(Abg. Nicole Razavi CDU: Gute Rede! Die regen sich auf! – Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Wo ist das C aus Ihrem Parteilogo? – Ich komme dazu. Präsidentin Muhterem Aras: Frau Abg. Felder, warten Sie. Einen Moment, Frau Abg. Felder. (Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Was wollen wir denn noch akzeptieren?)
Meine Damen und Herren, vor allem die Abgeordneten der AfD-Fraktion, ich bitte Sie zum letzten Mal um mehr Ruhe.
Herr Abg. Dr. Merz, Sie sind jetzt genügend mit negativen Zwischenrufen aufgefallen. Ich habe das Letzte nicht gehört. Ich werde überprüfen, was ins Protokoll aufgenommen wor den ist. Dann werden wir entscheiden, ob im Nachhinein ein Ordnungsruf erteilt wird oder nicht.
Der Sinn ist zweitrangig – klar; das wäre sonst ja auch nicht die AfD. Nur: Wo AfD draufsteht, kann kein Inhalt drin sein.
Zur Abwechslung bleiben heute einmal die Begriffe Deutsch, Islam und Fremde in der rechten Garage. Also, heute keine Höchstzahl im AfD-Scrabble.
Im Ernst, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD: Nicht alles, was aus den Echokammern der sozialen Medien zusam mengetragen wird, ist auch schon ein politisches Konzept.
Und nicht jede schlechte Broschüre mit dem Vorwort einer Bundesministerin taugt zum Skandal. Wir halten fest: Es ist keine geplante Verfassungsänderung, kein Gesetzentwurf, kei ne Verordnung; es ist eine Broschüre – eine Broschüre für Er zieherinnen und Erzieher, um in kritischen Situationen des Alltags einer Kindertagesstätte Anregungen und Hilfestellung für die eigene Arbeit zu erhalten, mehr nicht.
Das Beispiel zeigt aber vielleicht auch, dass wir keinen Be darf an mehr Berlin in der Bildungspolitik haben. Wir halten es für nicht akzeptabel, dass die wertvolle Arbeit, die Erzie herinnen und Erzieher tagtäglich in unseren Kindertagesein richtungen leisten, derart diskreditiert wird.
Denn dort, in den Kindertagesstätten, treffen Kinder unter schiedlicher Herkunft zusammen – das passt Ihnen vielleicht nicht, aber es ist so –, dort zeigt sich die Verschiedenheit der jeweiligen Elternhäuser, was Bildung, Erziehungsbild und na türlich auch Beschäftigung mit dem Kind angeht. In der Kita kommt die Lebenswirklichkeit zusammen. Hier erfahren Kin der oftmals die erste Sozialisation.
Die Erzieherinnen und Erzieher sind die tragende Säule un serer frühkindlichen Bildung. Gerade wir in Baden-Württem berg haben diesem frühkindlichen Ansatz ganz besondere Auf merksamkeit gezollt. Die ersten Lebensjahre sind die prä gendsten. Daher ist es völlig legitim, dafür zu sensibilisieren, ob besondere Problemstellungen im Elternhaus erkennbar sind – die dann natürlich auch thematisiert werden müssen.
Die Erzieher und Erzieherinnen vermitteln den Kindern wich tige Werte, fördern gezielt die kognitive und auch die körper liche Entwicklung und legen damit die Bausteine für die früh kindliche Bildung.
Diesen Pädagogen nun aufgrund einer als Informations- und Beratungsangebot gedachten Broschüre vorzuwerfen, sie wür den sich für eine linksideologische Gesinnungsprüfung inst rumentalisieren lassen, wird weder ihrem Selbstverständnis noch der Bedeutung ihrer Arbeit gerecht. Das ist nur eines: Das ist absurd.
(Unruhe bei der AfD – Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!)
Hören Sie zu! – Gleichzeitig umfasst aber der frühkindliche Bildungsauftrag natürlich auch die Aufgabe der Wertevermitt lung.
(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Welcher Werte? – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Der Werte, die Sie vorge ben!)
Dazu gehört zweifellos – ich komme gerade dazu, Herr Merz – ein altersgerecht zu vermittelndes Verständnis für Men schenrechte, für Demokratie und – stellen Sie sich vor! – auch für gegenseitigen Respekt.
Lassen Sie mich hinzufügen: Ich habe großes Vertrauen in die Fachlichkeit und das demokratische Selbstverständnis, ja, auch in die geistige Eigenständigkeit der Erzieherinnen und Erzieher in unserem Land. Sie können ganz sicher ohne die künstliche Skandalisierung der AfD die in Rede stehende Bro schüre lesen, reflektieren und daraus auch die richtigen Schlüsse ziehen.
Die Erzieherinnen. Herr Merz, hören Sie zu. – Ich glaube auch, dass sie es richtig einschätzen – also auch wieder die Erzieher –, wenn etwas nicht stimmt und fragliche Anzeichen thematisiert werden müssen. – So weit, so krude!
Lassen Sie mich zu den von Ihnen in der Überschrift der Ak tuellen Debatte so genannten „sozialdemokratischen Abtrei bungsplänen“ kommen – was auch immer Sie damit meinen. Die Jusos haben auf ihrem Bundeskongress gefordert, die §§ 218 und 219 zu streichen. Vermutlich haben Sie davon ge hört, weil Sie aus Versehen auf die Homepage der Jusos ge langt sind. Nun, dafür verspüre ich leichtes Verständnis. Man muss ja, um zu erkennen, was die SPD politisch will, mittler weile bei den Jusos nachschauen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Bernd Gögel AfD: Der erste gute Satz! – Abg. Andreas Stoch SPD: Schauen Sie mal nach Berlin, wer da ar beitet!)