Beides geht nicht zusammen. Ich bin der absoluten Überzeu gung, dass wir hier schärfere Regeln brauchen.
Lassen Sie mich nun noch einen letzten Punkt ansprechen: In den vergangenen Tagen – auch darüber war ich nicht begeis tert – wurde teilweise der Eindruck erweckt – von einigen wurde sogar bewusst Angst geschürt –, dass in Baden-Würt temberg Zigtausende gefährliche Straftäter auf freiem Fuß sei en. Dazu sage ich klipp und klar: Das ist falsch.
Richtig ist: Es gibt momentan etwa 20 000 offene Haftbefeh le. Von dieser Größenordnung ist im Übrigen jedes Bundes land, jedes Land in der Bundesrepublik Deutschland relativ gesehen gleichermaßen betroffen.
Das gilt, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch nicht erst seit heute oder gestern, sondern seit vielen Jahren, um nicht zu sagen, seit Jahrzehnten.
Es gab im Übrigen auch schon eine größere Anzahl offener Haftbefehle in Baden-Württemberg, als es jetzt im Jahr 2018 der Fall ist. Richtig ist aber auch, dass nur in etwa 15 % der Fälle die Verfolgung von Straftaten zugrunde liegt, dass also nach einem flüchtigen Tatverdächtigen gesucht und gefahn det wird.
Ja. Aber vielleicht nehmen Sie einfach auch einmal ein biss chen polizeiliche Arbeit an. Viele von denen halten sich gar nicht mehr in Deutschland auf. Ich will Ihnen einmal ein Bei spiel nennen – das ist sogar ein Beispiel, das einen realen Hin tergrund hat –:
die Rockerorganisation der Osmanen. Gegen diese Leute ha ben wir Haftbefehle. Sie tauchen dann in der Türkei ab. Wir wissen nicht, wie lange sie in der Türkei abtauchen – Mona te, Jahre, vielleicht für immer.
Selbstverständlich wird der Haftbefehl gegenüber solchen Leuten aufrechterhalten, weil es durchaus möglich sein kann, dass sie aus der Türkei irgendwann wieder in die Bundesre publik Deutschland, nach Baden-Württemberg zurückreisen.
Das heißt, es gibt eine bestimmte Anzahl von offenen Haftbe fehlen gegenüber Personen, die sich gar nicht in der Bundes
republik Deutschland aufhalten, weil sie im Ausland unterge taucht sind. Aber selbstverständlich bleibt der Haftbefehl of fen und taucht auch in der Statistik auf.
Deswegen ist es einfach nicht in Ordnung, hier einen falschen Eindruck zu erwecken. Natürlich arbeiten wir jeden Tag dar an, Haftbefehle zu vollziehen. Auch hier ist die baden-würt tembergische Polizei erfolgreich; im Jahr 2016 wurden bei spielsweise durchschnittlich 20 Festnahmen pro Tag durchge führt. Das ist eine beachtliche Zahl, und sie zeigt, dass auch in diesem Bereich die Polizeiarbeit in Baden-Württemberg unseren Respekt verdient.
Erstens: Ich habe Vertrauen in die Arbeit der Polizei vor Ort. Ich werde nicht zulassen, dass ohne Rücksicht auf Verluste und nur zum Zweck persönlicher, unsachlicher und falscher Angriffe die wertvolle Arbeit unserer Beamtinnen und Beam ten diskreditiert wird.
Zweitens: Gleichzeitig stehe ich dafür, dass die Vorgänge in Freiburg rückstandsfrei aufgeklärt werden, und ich werde Vor schläge machen, was wir besser machen können. Bis zu die sem Zeitpunkt jedoch steht der Innenminister zu seinen Poli zistinnen und Polizisten, auch dann, wenn der Wind etwas rau er ist.
Eine letzte Bemerkung möchte ich machen – auch sie ist mir wichtig –: Baden-Württemberg ist eines der sichersten Län der in dieser Republik, in ganz Deutschland. Wir haben eine erfreuliche Entwicklung in der Polizeilichen Kriminalstatis tik. In der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik verzeich nen wir einen Tiefstand der letzten Jahrzehnte.
Bei der Aufklärung haben wir ein Jahrzehntehoch. Wir haben also einen doppelten Erfolg: weniger Straftaten und eine hö here Aufklärungsquote. Das verdanken wir einer hervorragen den polizeilichen Arbeit in einer hoch motivierten Polizeior ganisation in Baden-Württemberg, die unter schwierigen Be dingungen – Stichwort Personalsituation – eine erstklassige Arbeit leistet.
Wer vor diesem Hintergrund ein Verbrechen wie in Freiburg politisch instrumentalisiert, um daraus billig politisches Ka pital zu schlagen, wer in diesem Zusammenhang die Men schen in unserem Land verunsichert und wer es in Kauf nimmt, dass die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten diskreditiert wird, der handelt verantwortungslos und unfair gegenüber unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.
Meine Damen und Herren, nach § 60 Absatz 3 der Geschäftsordnung gibt es für die Frak tionen eine kurze Verlängerung der Redezeit um jeweils 1,5 Minuten, sofern Bedarf besteht.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und liebe Kollegen! Herr Innenminister Strobl, ich den ke, Sie machen es sich zu einfach, denn an diesem Pult wur de – jedenfalls was uns, die SPD-Fraktion, angeht – kein An griff auf die Polizei gestartet.
Der Inhalt meines Vortrags bezog sich darauf, welche Äuße rungen von Ihnen im Nachgang zu Freiburg gekommen sind. – Ich möchte um Verzeihung bitten, dass ich Ihnen vorgewor fen habe, nicht in Freiburg gewesen zu sein, wenn Sie tatsäch lich dort waren; ich nehme diese Behauptung zurück.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn durch Äuße rungen des Innenministers weitere Unsicherheit entsteht, näm lich bei der Frage, warum der Haftbefehl nicht vollzogen wur de, unterschiedliche Versionen im Raum stehen, und wenn Sie, Herr Minister Strobl, die Zahl von 20 000 offenen Haft befehlen nach außen geben, ohne dass Ihnen klar ist, dass die Menschen doch fragen: „Wie kann es denn sein, dass 20 000 offene Haftbefehle vorhanden sind?“, dann ist doch das Pro blem, dass Sie diese Zahlen nicht einschätzen können und dass Sie keine Erklärung dafür hatten, jedenfalls nicht auf die Fra gen der Journalistinnen und Journalisten.
Deswegen haben wir den Eindruck, dass Sie vieles von dem, was Sie tun – dieser Vorwurf bleibt bestehen; sowohl im Be reich der Innenpolitik und der Sicherheitspolitik als auch im Bereich der Digitalisierung, die in Ihrem Ministerium ressor tiert, als auch beim Thema Migration –, nur dann tun, wenn es Ihnen einen öffentlichen Effekt verspricht. Wir erwarten von einem Innenminister dieses Landes Baden-Württemberg, dass er für die innere Sicherheit steht, dass er die Digitalisie rung in diesem Land voranbringt – was Sie nicht tun – und dass das Thema Migration nicht ständig nur in Zerrbildern ge zeichnet wird, indem z. B. der Begriff „gefährliche Auslän der“ ständig im Mund geführt wird, sondern dass Sie auch et was für die Integration von Menschen tun. Denn Integration und Migration gehören zusammen, wenn wir wollen, dass die se Gesellschaft in Zukunft funktioniert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Minister hat diese drei Aufgaben bisher nicht erfüllt. Meiner Auffassung nach hat er drei Aufgaben zu viel in diesem Kabinett.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Minister Strobl hat die Vorwür fe der Opposition gut zurückgewiesen. Ich bin Ihnen, Herr In nenminister, dankbar, dass Sie dem Parlament und der Öffent lichkeit transparent den Sachverhalt und die weitere Vorge hensweise der Polizei bei dem Thema Freiburg dargelegt ha ben. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.
Herr Stoch, Sie haben die Haftbefehle angesprochen. Meiner Fraktion ist es wichtig, dass Intensivstraftaten schneller bear beitet werden, dass Intensivstraftäter schneller dingfest ge macht werden. Der Innenminister hat zugesagt, im Innenaus schuss nächste Woche über die Haftbefehle – über die Art und Weise, wie sie sich zusammensetzen, wie sie vollstreckt wer den – zu berichten. Ihre Kritik hier am Innenminister ist voll kommen unangebracht, Herr Kollege Stoch.
Was mich an den Reden von Herrn Stoch und Herrn Rülke stört, ist, dass sie das Bild eines unsicheren Landes BadenWürttemberg zeichnen.
Das stört mich an Ihren Reden; denn das entspricht nicht den Tatsachen. Die Kriminalität ist in den letzten Jahren zurück gegangen. Die Jugendkriminalität ist deutlich zurückgegan gen. Die Zahl der Wohnungseinbrüche geht zurück. Dagegen steigt die Zahl der Aufklärungen. Wir bringen mehr Polizis ten auf die Straße. Das können Sie doch nicht alles leugnen.