Protocol of the Session on November 8, 2018

um in Baden-Württemberg die Pariser Ziele zu erreichen, brau chen wir bis 2030 eine Verkehrswende hin zu klimafreundli cher Mobilität. Wir brauchen bis 2030 doppelt so viele Fahr gäste in Bus und Bahn, jedes dritte Auto klimaneutral, ein Drit tel weniger Kfz-Verkehr in den Städten.

(Abg. Hans Peter Stauch AfD: „Die Menschen brau chen keine Autos! Der Individualverkehr muss weg!“ Sagt es euren Wählern! – Zuruf des Abg. Udo Stein AfD)

Jeder zweite Weg sollte selbstaktiv zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden.

(Zuruf von der SPD: Kohlekraftwerke!)

Wir sind in Baden-Württemberg spitze, aber wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Der Klimawandel wartet nicht. Wir müs sen die Treibhausgasemissionen im Verkehr bis 2030 um über 40 % gegenüber 1990 reduzieren.

(Abg. Anton Baron AfD: Verbrennungsmotoren ade!)

Wir brauchen dazu eine neue Mobilitätskultur. Die Menschen, auch wir selbst, müssen das Mobilitätsverhalten ändern. Das müssen wir ermöglichen, indem wir gesetzliche und fiskali sche Rahmensetzungen für die Mobilität ändern: weg von der Autoorientierung hin zu ÖPNV und aktiver Mobilität, hin zu umweltfreundlicher Mobilität.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Abg. Katzenstein, kommen Sie bitte zum Schluss. Ihre Redezeit ist weit überzo gen.

Der öffentliche Raum kann und wird nur dann intensiv für den Fuß- und Radverkehr genutzt werden.

(Zuruf von der AfD)

Wir müssen auch in Zukunft in Baden-Württemberg sagen können: Umweltfreundliche, nachhaltige Mobilität, geht doch!

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Herr Abg. Dr. Schütte spricht für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir eben vom Kollegen Katzenstein gehört haben, tut das Land Baden-Würt temberg viel für den Lärmschutz, baut den Radverkehr aus und fördert mit Nachdruck den Ausbau der Elektromobilität. Überall eine Ladesäule in einer Entfernung von weniger als 10 km, beschleunigte Umstellung der Landesflotte, bis hin zu Lastenfahrrädern – all das spricht für sich.

Auch der Bund fördert E-Mobilität. Ich erinnere nur an die Ankündigung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier, eine Batteriezellenproduktion in Deutschland zu eröffnen. Ich hof fe, die Landesregierung kämpft dafür, dass das in BadenWürttemberg sein wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zudem beschleunigt Schwarz-Rot im Bund – neben den höchsten Straßensanierungsmitteln aller Zeiten – nochmals den Ausbau bzw. die Stärkung der Bahn inklusive der Elekt rifizierung weiterer Strecken.

Die Verkehrspolitiker der CDU wünschen sich von der Lan desregierung zusätzlich die beschleunigte Einführung von Hy bridfahrzeugen auf noch nicht elektrifizierten Bahnstrecken, um schon jetzt die Lärm- und Schadstoffbelastung in den Städten massiv und den CO2-Ausstoß um 15 bis 20 % zu re duzieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Thomas Dörflinger CDU: Sehr gut!)

Neben der laufenden, nochmals erhöhten Förderung des ÖPNV – auf Druck unserer Fraktion neben dem VVS auch im gan zen Land – erwarten wir eine deutlich bessere Vernetzung der Verkehrsträger – gerade in der Region Stuttgart – mit einem deutlich erweiterten, zielgerichteten Park-and-ride-Konzept.

Bei der Umstellung des Antriebs setzen wir von der CDUFraktion auf Technologieoffenheit und eine ganzheitliche Be trachtung. Schließlich kann es sehr gut sein, dass bei einem weiteren Ausbau gerade von stark schwankenden erneuerba ren Ressourcen die sogenannte Power-to-X-Technologie, al so die Herstellung von Wasserstoff oder anderen Energieträ gern, oder synthetische Kraftstoffe am ökologischsten und am ökonomischsten sind, sprich den CO2-Ausstoß am schnells ten senken. Um es klar zu sagen: 2 t möglichst schnell von null auf hundert zu beschleunigen, das wird den CO2-Ausstoß nicht senken, egal, ob da eine Batterie oder ein Dieselmotor drin ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen sowie des Abg. Gernot Gruber SPD – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Hört, hört!)

Ganzheitlich betrachtet, dürfen wir auch vor den negativen Seiten der bei uns lokal emissionsfreien Antriebsarten nicht die Augen verschließen. Schließlich kommt die Energie für die Batterieherstellung zu Teilen aus Braunkohlekraftwerken. Wir können diese Batterien noch nicht recyceln, und die für die Herstellung unbedingt notwendigen Kobaltreserven wer den im Wesentlichen von Kindern im Kongo unter entsetzli chen Bedingungen abgebaut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der AfD: Aha!)

Während die Änderung der Antriebsart für die Automobilher steller massive Änderungen bedeutet, gilt das für die Mobili tät im Alltag an sich noch nicht. Denn auch batteriebetriebe ne Autos stehen 90 % der Zeit des Tages. Das ändert sich mit dem autonomen Fahren und der Vernetzung.

Was wird sich ändern? Parkhäuser in Innenstädten gibt es aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr. Der Lkw-Verkehr fin det besser morgens um 3 Uhr als abends um 18 Uhr statt. Auch mit 90 und ohne Führerschein kommen die Menschen zu ih rer Wohnung auf einem Berg.

Vielleicht schon in zehn Jahren kaufen sie nicht mehr ein Au to, schließen dazu eine Versicherung ab oder holen sich ein ÖPNV-Ticket, sondern sie buchen Mobilität, sie bestellen und nutzen Mobilität. Das Auto kommt, wenn sie es brauchen, und verschwindet auch genau dann wieder, wenn sie es nicht mehr brauchen, z. B. wenn sie am Bahnhof in einen Zug umgestie gen sind. Dann ist einem die Automarke bei den meisten Fahr ten egal, und es gibt völlig neue Anbieter von Mobilität. Nicht von ungefähr kommt die App TwoGo, die auch Ministerien nutzen, nicht von einem Automobilhersteller, sondern von ei ner baden-württembergischen Softwarefirma.

Werden heute die Fahrzeugproduktion und damit die Wert schöpfung von Unternehmen beherrscht, die Motoren und An triebsstangen entwickeln können, ist unklar, wer zukünftig den Mobilitätsmarkt dominiert, und damit, wo der Großteil der wirtschaftlichen Marge anfallen wird.

In diesem Sinn ist der Strategiedialog Automobilwirtschaft mit Einzelmaßnahmen und gleichzeitiger Vernetzung aller Ak teure goldrichtig. Allenfalls wird es sich anbieten, auch Fir men, z. B. aus der Softwareindustrie, enger einzubinden. Das selbe gilt für das Testfeld Autonomes Fahren in Karlsruhe. Ei nes aber werden autonome Fahrzeuge nicht tun: den Verkehr reduzieren. Es wird weniger Autos geben, diese werden aber viel mehr fahren.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Richtig!)

Deshalb brauchen wir zunächst einmal eine Analyse beispiel haft für eine Stadt, wie es sie für Boston schon gibt, was denn zukünftig die Engpässe sein werden, damit wir die Weichen so stellen können,

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Das machen wir schon!)

dass der Umstieg entsprechend funktioniert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Mit intelligenter Verkehrssteuerung kann man das Aufkom men schon heute deutlich reduzieren. Seit dem Zeitpunkt, als die Anträge, die wir heute behandeln, eingebracht wurden – 2017 –, bis heute, da sie in den Plenarsaal gekommen sind, sind in der chinesischen Stadt Hangzhou die Fahrzeuge und die Stadt so vernetzt worden, dass heute beim Verkehr 15 % eingespart werden können. Das heißt, wir müssen an manchen Stellen noch etwas schneller werden.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Genau!)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja. – Wenn wir weiterhin vorn sein wollen, dann brauchen wir eine schnellere Verwal tung. Entwickler müssen an einzelnen Tagen über zehn Stun den arbeiten können, und wer erfolgreich neue Produkte schafft oder Firmen gründet, muss statt Neid Anerkennung ernten. Mit hervorragenden Universitäten und Hochschulen, dem Testfeld Autonomes Fahren und einer in Digitalisierungs fragen aktiven Landesregierung haben wir beste Vorausset zungen für die Mobilität der Zukunft.

Wenn wir jetzt die Infrastruktur weiter ausbauen, zusätzlich Gesetze zum autonomen Fahren vorlegen und den Menschen die Freiheit lassen, das zu entwickeln, was wir brauchen, dann werden wir auch in Zukunft auf Mobilitätsapps, Mobilitäts fahrzeugen und -anwendungen ein Symbol aus Baden-Würt temberg haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie der Abg. Bernd Gögel AfD, Andreas Kenner SPD und Gabri ele Reich-Gutjahr FDP/DVP)

Für die AfD rufe ich Herrn Abg. Sänze ans Redepult.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hier wird die nachhaltige Mobilität als Schlagwort in den Raum geworfen und zur Debatte gestellt. Die Frage stellt sich nur: mit welchem Ziel?

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Sind schon al le formuliert!)

Um das Image der Grünen zu fördern oder um von Tatsachen abzulenken, die ganze Industrien in Baden-Württemberg be treffen?

Meine Damen und Herren, Innovation findet dort statt, wo Technologie nicht als Feind des Menschen behandelt wird, wo Unternehmen willkommen sind und technologische Neuerun gen nicht als Bedrohung empfunden werden. Eine Landesre gierung, die dem Fahrrad das Wort redet und gleichzeitig die Infrastruktur des Landes vernachlässigt, den Verbrennungs motor niederredet, die Diesel fahrenden Bürger enteignet und sehenden Auges eine irrationale Feinstaubdiskussion initiiert, verdient weder das Attribut Innovation noch das Attribut Er neuerung.

(Beifall bei der AfD)

Wenn ich mir unsere technologischen Voraussetzungen für die moderne, nachhaltige Mobilität ansehe, frage ich mich: Wie soll diese in Zukunft gestaltet werden?

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)