Protocol of the Session on November 7, 2018

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die lernen trotz dem etwas!)

Um dieses grün-schwarze Trauerspiel im Bereich der Digita lisierung der Schulen zu beenden, fordert die FDP/DVP-Frak tion Folgendes:

Erstens: In den nächsten fünf Jahren müssen pro Schüler zu sätzlich insgesamt 1 000 € für Technik und Modernisierung der Schulen investiert werden. Für diesen finanziellen Kraftakt brauchen wir einen tragfähigen Digitalpakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Die Investitionen müssen unbüro kratisch abrufbar und auf die individuellen Belange der Schu len abgestimmt sein. Die digitale Ausstattung der Schulen muss professionell gewartet werden. Die Kommunen wollen wir zur Anstellung eines digitalen Hausmeisters oder zu einer Einbindung der Schulen in die kommunale IT bewegen.

Zweitens: Der Informatikunterricht muss zügig an allen wei terführenden Schulen eingeführt werden. Dafür müssen die Lehrkräfte entsprechend ausgebildet werden. Um drohendem Lehrermangel zu begegnen, wollen wir in diesem wie auch in anderen Fächern die Möglichkeit eines Quereinstiegs ins Lehr amt einschließlich entsprechender Nachqualifizierung für qua lifizierte Kräfte ohne Lehramtsstudium verbessern.

Der selbstverständliche und kritische Umgang mit digitalen Medien muss fächerübergreifend vermittelt werden. Denn Kommunikation per Video, digital erweiterte Realitäten und Interaktionen in sozialen Netzwerken werden die Lebens- und Arbeitswelt von morgen prägen.

Drittens: Zügig muss auch eine neue digitale Lernplattform auf den Weg gebracht werden. Hierbei gilt es, auf die Experti se anderer Länder und Bundesländer zurückzugreifen, in de nen bereits eine vergleichbare Plattform existiert. Von einer sol chen Bildungscloud erhoffen wir uns außerdem eine Lösung für urheberrechtliche Probleme, insbesondere wenn ein Ver gütungssystem für Autoren und Verlage hinzukommt. Schließ lich würde eine Bildungscloud durch geschützte Räume zu wesentlichen Verbesserungen bei der Datensicherheit beitra gen. Statt eines Datenschutzbeauftragten in einer fernen Schul behörde muss jede Schule einen Datenschutzbeauftragten in greifbarer Nähe erhalten.

Meine Damen, meine Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen, auch bei der Digitalisierung gilt: Wir können uns in un serem Land keine zweitbeste Lösung leisten. Denn von der Digitalisierung der Schulen hängt ganz wesentlich ab, ob wir auch in Zukunft in der Lage sein werden, die Herausforderun gen der digitalen Revolution zu meistern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Jetzt spricht Herr Kolle ge Walter für die Grünen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme dem Kollegen Kern zu, dass der Alltag sowohl im beruflichen als auch im priva ten Leben eine grundlegende Veränderung durch die Digita lisierung erfahren wird oder bereits erfährt. Das heißt, wir müssen gerade die Schülerinnen und Schüler, die Kinder da rauf vorbereiten.

Die sind natürlich, was das digitale Lehren und Lernen anbe langt, wesentlich weiter als wir. Eine neue JIM-Studie zeigt, dass Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 19 Jahren be reits voll mit Smartphones versorgt sind. Wenn man bedenkt, seit welch kurzer Zeit es überhaupt Smartphones gibt, sieht man, welche Revolution in diesem Bereich stattgefunden hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Hoffentlich haben sie auch sonst noch etwas!)

Im Alter von zehn Jahren, meine Damen und Herren, sind heutzutage die meisten Kinder bereits online. Jetzt kommt aber schon ein Aspekt, der uns ebenfalls sehr interessieren muss, Herr Kollege: Junge Menschen nutzen dabei Google und YouTube als herausragende Nachrichtenquellen. Hinzu

kommen die sogenannten sozialen Medien. Daher haben wir es mit einer ganz anderen Form der Informationsgewinnung zu tun. Wir müssen deswegen den jungen Menschen eine Nachrichtenkompetenz vermitteln, wie sie heute in der Schu le in diesem Sinn bisher wahrscheinlich noch nicht vermittelt wurde. Denn, meine Damen und Herren, wir hören jetzt jeden Tag, wie gerade im Umfeld von Wahlen Nachrichten insbe sondere von rechtsradikalen Gruppen – zuletzt wieder in Bra silien oder in den USA – benutzt und gefälscht werden.

Für uns Grüne ist daher die Medienkompetenz nicht nur eine zentrale Kompetenz im ökonomischen Bereich für die digita lisierte Welt, sondern sie ist vor allem auch eine Demokratie kompetenz. Denn man sieht: Die Demokratie kann unter der Digitalisierung durchaus auch leiden.

Wir wollen den Nachwuchs daher fit machen für die digitale Welt. Dabei müssen wir den Kindern nicht beibringen, wie sie in Suchmaschinen gehen sollen. Wir können ihnen vielleicht noch sagen, dass es welche gibt, die für ihre Daten sicherer sind als beispielsweise Google. Sie können dann ihre IP-Ad ressen schützen. Aber wir müssen ihnen sagen, wie sie Fak ten in der digitalisierten Welt von den sogenannten Fake News unterscheiden können.

Für uns gilt dabei in der Schule: Die Technik folgt der Päda gogik – und nicht andersherum. Denn es bringt nichts, alte Schulbücher nur digital auf Tablets zu lesen, wenn sich sonst eben nichts ändert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Es reicht daher nicht, die Schulen mit Tablets oder anderer Hardware auszustatten. Oft wird die Diskussion über die Di gitalisierung in der Schule viel zu lang und zu ausgiebig ge rade über dieses Thema geführt, und wenn die Debatte dann vorbei ist, ist die Hardware bereits veraltet und neue auf dem Markt.

Deswegen muss es viel mehr um pädagogische Konzepte ge hen. Wir müssen daher auch die Lehrerinnen und Lehrer für das digitale Zeitalter fit machen; denn uns allen ist klar – es geht uns als Eltern auch so –: Die Kinder sind in diesen Fra gen oft schon viel weiter als wir. Deswegen ist es auch gar kein Vorwurf an die Lehrerinnen und Lehrer, wenn ich sage, dass sie da von ihren Schülerinnen und Schülern oft mehr ler nen können als umgekehrt. Deswegen gilt es, auch in der Aus bildung und der Fortbildung die Lehrerinnen und Lehrer für das digitale Zeitalter fit zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Siegfried Lorek CDU)

Bildung, meine Damen und Herren, muss neu gedacht wer den. Sie muss neu definiert werden, und es dürfen nicht nur die alten Strukturen beibehalten und mit Digitalisierung aus gestattet werden. Es gibt dabei auch Vorreiter im Land – das wird Herr Kollege Kern jetzt gar nicht gern hören –: Es sind vor allem auch zwei Gemeinschaftsschulen, Herr Kollege, nämlich die Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe und die Ale mannenschule in Wutöschingen, die sich mit Lernkonzepten profiliert haben. Das zeigt auch, wie sehr diesen Schulen bei pädagogischen Konzepten oft eine Vorreiterrolle zukommt.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Andreas Stoch SPD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wie kommen Sie darauf, dass ich etwas gegen Gemeinschaftsschu len habe?)

Ich habe es schon erwähnt: Wir müssen die Lehrerinnen und Lehrer entsprechend ausbilden und fortbilden. Im letzten Haus halt haben wir uns dafür eingesetzt, das Bildungsangebot in der medieninformationstechnischen Bildung zu stärken. Da mit mittelfristig alle Lehrerinnen und Lehrer digitale Medien optimal mit pädagogischem Mehrwert im Unterricht einset zen können, legen wir großen Wert auf entsprechende Fort bildungen – ich habe es schon erwähnt –, und die Medienbil dung muss einfach ein integraler Teil der Ausbildung von Leh rerinnen und Lehrern sein; sie muss dort den entsprechenden Stellenwert haben.

Es ist wichtig, dass Informatik, Medienbildung und informa tionstechnische Grundausbildung eine Selbstverständlichkeit für alle Schülerinnen und Schüler werden.

Zum Schluss möchte ich noch sagen: Es war natürlich logisch, dass der Kollege Kern sein Lieblingsthema, nämlich „ella“ – – Vielleicht hören Sie France Gall: „Ella, elle l’a“. Das könnte ja sein.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir haben es nicht so getauft! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das sind aber unterschiedliche Schreibungen!)

Ja, ja, es ist mir schon klar, dass Sie es nicht so getauft ha ben.

Herr Kollege Walter, ha ben Sie die Uhr im Blick?

Ich habe die Uhr immer im Blick, obwohl es heißt: „Zeit ist eine Lüge.“

(Heiterkeit)

Aber in diesem Fall nehme ich schon Bezug darauf. Ich möch te nur noch den einen Satz zu Ende bringen, nämlich, Herr Kollege Kern, dass wir alle – auch der Staatssekretär und die Kultusministerin – unzufrieden sind, wie es mit „ella“ gelau fen ist. Wir werden es unterstützen, dass der Rechnungshof das Ganze genau überprüft. Vor allem wollen wir, dass jetzt ein zukunftsträchtiges Modell auf den Weg gebracht wird. Denn ein alter Spruch, der lange Zeit durch die Bildungsland schaft geisterte, soll in Baden-Württemberg jedenfalls zukünf tig nicht mehr verwendet werden. Dieser heißt: Wenn heute das Internet in Deutschland ausfallen würde, würde nichts mehr funktionieren außer den Schulen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP zu den Grünen: Habt ihr wirklich ein Lob für die Landesregierung er wartet?)

Dann darf ich den Kolle gen Lorek für die CDU ans Redepult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung an den Schulen ist ein vielschichtiges und wichtiges Thema. Ich möchte deshalb heute zwei Aspekte besonders in den Blick nehmen: die Infrastruktur und die Digitalisierung im Lehr plan.

Im ersten Schritt benötigen wir natürlich die notwendige Inf rastruktur. Diese muss flächendeckend zur Verfügung stehen. Dazu braucht es Breitbandinternetanschlüsse. Das Ganze ha ben wir vorhin schon unter Punkt 5 der Tagesordnung disku tiert und dazu Ausführungen vom Innenminister bekommen.

Im Rahmen der Bundesoffensive bietet die Landesregierung günstige Förderbedingungen, und auch das Bundesprogramm nimmt die Schulen in den Blick. Für die technische Ausstat tung will der Bund Gelder bereitstellen. Aber ich muss hier für die CDU-Landtagsfraktion eindeutig klarstellen, dass das nicht auf Kosten der föderalen Grundordnung der Bundesre publik gehen darf. Der Bildungsföderalismus ist ein hohes Gut und eines der zentralen Gebiete der Landesgesetzgebung, und das lassen wir uns nicht so einfach mit einer einmaligen För derung abkaufen. Wenn wir es einmal haben, gibt es keinen Weg zurück.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb fordern wir den Bund auch auf, zu seiner Zusage zu stehen, die Länder und die Kommunen mit den notwendigen Fördergeldern auszustatten. Das Ganze ist auch ohne Grund gesetzänderung möglich, z. B. über Artikel 91 c des Grund gesetzes oder über eine höhere Beteiligung an der Umsatz steuer.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Das hat die Landesregierung im Bundesrat so auch deutlich gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Genau so war es!)

Bei der Digitalisierungsstrategie geht es vor allem darum, die digitalen Möglichkeiten im Unterricht sinnvoll nutzen zu kön nen, um die Qualität zu verbessern. Tablets in Klassenräumen sind schön, aber vor allem dann, wenn sie auch einen echten Mehrwert bringen. Es gilt der Grundsatz: „Wischen ersetzt nicht lesen und schreiben.“ Die Technik muss dabei der Päd agogik folgen. Deshalb müssen wir die Lehrerinnen und Leh rer mit einem entsprechenden Angebot dabei unterstützen, di gitale Geräte, moderne Medien gezielt im Unterricht einzu setzen. Dafür wurden die Fortbildungen etabliert.

Auch im Unterricht werden digitale Inhalte mit dem Basis kurs Medienbildung in Klasse 5 und dem Aufbaukurs Infor matik in Klasse 7 verstärkt vermittelt. Die Leitperspektive Medienbildung wurde im Bildungsplan etabliert. Damit ist das Ziel verbunden, Kinder im Umgang mit Medien zu schu len und ihnen einen reflektierten Umgang mit medialen An geboten beizubringen. In Zeiten, in denen mit gefühlten Wahr heiten hantiert wird und solche Lügen auch mutwillig verbrei tet werden, ist die Medienbildung besonders wichtig.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Ich schaue hier an den rechten Rand – von hier aus gesehen.

(Abg. Anton Baron AfD: Von der CDU?)

Von einem Mitglied dieses Hauses – allerdings scheint ihn dieses Thema nicht zu interessieren, weil er nicht da ist – wur de eine Anschwärzplattform ins Internet gestellt, auf der Per sonen auf der Basis von Einzelwahrnehmungen bewusst de nunziert werden sollten. Das ist unserer Demokratie schlicht unwürdig.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)