Lesen Sie mal Ihren Gesetzentwurf! Offensichtlich haben Sie ihn gar nicht gelesen. Denn sonst hätten Sie vorhin nicht so eine Rede hier gehalten, Herr Kollege Glück.
Angesichts der von mir dargestellten bestehenden Fondslö sung sehen wir keinen Bedarf für eine gesetzliche Regelung, jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt, Herr Kollege Haser,
zu dem wir einen oder vielleicht in absehbarer Zeit auch ein paar Wölfe haben. Sachsen hat heute 15 Rudel, ganz ähnlich übrigens Brandenburg.
Brandenburg hat keine gesetzliche Regelung gemacht, und zwar genau aus den Gründen, die vorhin hier auch dargestellt wurden. Dort hat man gesagt: Das hilft uns nicht weiter.
Übrigens – auch das mal noch nebenbei gesagt –: Wenn man in den Gesetzentwurf hineinschreibt, es handle sich um ein streng geschütztes Tier nach europäischem Recht, ist klar: Ob das Tier im Naturschutzrecht oder im Jagdrecht ist – es ändert nichts am Schutzstatus, Herr Kollege Glück. Das Tier ist wei terhin 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geschützt. Erzählen Sie hier den Leuten nicht irgendwelche Märchen mit der Fol ge, dass sie dann glauben, dadurch würde sich etwas ändern. Dadurch ändert sich nämlich nichts.
Lassen Sie mich also noch einmal darauf hinweisen: Der Ge setzentwurf stellt die Weidetierhalterinnen und Weidetierhal ter nicht besser, er stellt sie in einem wesentlichen Punkt ge genüber der jetzigen Fondslösung sogar deutlich schlechter, und der Gesetzentwurf sieht vor, dass als Voraussetzung für eine Entschädigung – ich betone noch einmal und zitiere aus Ihrem eigenen Gesetzentwurf – „alle zumutbaren Vorkehrun gen“ gegen den Schadenseintritt durchzuführen sind,
Das würde bedeuten, dass alle Nutztierhalter – noch einmal – außerhalb der Förderkulisse Wolfsprävention, das heißt, auf 90 % der Landesfläche, benachteiligt würden, weil bei Annah me des Gesetzentwurfs auch außerhalb der Förderkulisse die Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen Voraussetzung für eine Entschädigung wäre, was heute nicht der Fall ist. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist bei der von uns bislang praktizierten und auch weiterhin praktizierten Fondslösung so nicht der Fall.
Deshalb wundere ich mich an dieser Stelle – das will ich auch noch sagen – ein wenig insbesondere über die Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP. Da gibt es eine rasche und unbürokratische Lösung. Ja? Eigentlich sollte man denken: „Passt für die FDP/DVP.“ Was will sie aber stattdessen? Aus gerechnet die FDP/DVP will eine gesetzliche Regelung mit bürokratischen Geschichten dahinter, bei der ich denke: „Toll! Wirklich, wie es gerade passt, macht ihr es euch.“ Ich würde mir einmal wünschen, dass eure Linie „Weniger Staat, mehr Markt und weniger Bürokratie“ auch bei so etwas gilt. Aber da passt es halt einfach nicht in den Kram.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Fonds haben wir – noch einmal – ein funktionierendes, ein effizientes Verfahren
etabliert. Angesichts der Rückkehr des Wolfes im Nordschwarz wald haben wir mit der Trägergemeinschaft „Ausgleichsfonds Wolf“ – bislang sind die drei Naturschutzverbände drin, der Landesjagdverband ist immer noch drin, auch der Ökologi sche Jagdverband ist drin; ob die auch alle drin bleiben, muss man sehen; ich würde mich freuen, wenn das gelingen würde – eigentlich eine gute Regelung hier in Baden-Württemberg.
Das Land ist bereit, künftig – das will ich an dieser Stelle zum Schluss auch noch einmal sagen – einen deutlich höheren An teil als bisher zu finanzieren. Es gibt jedoch Signale vonsei ten der Verbände, die diesen Fonds tragen, dass man weiter hin mit einem kleinen Eigenbeitrag beteiligt sein möchte. Auf dieser Basis wäre das Fondsmodell mit seinen Vorteilen auch für die Zukunft gesichert.
Vor diesem Hintergrund, meine sehr geehrten Damen und Her ren, kann ich dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht zustim men.
Herr Minister, Sie haben vorhin bereits mehrfach ausgeführt – eben haben Sie auch da rüber gesprochen –: Anhang IV, alles, was da gesagt werde mit Jagdrecht usw., sei ganz, ganz schwierig, sei ja sogar in der eigenen Begründung drin. Wie erklären Sie sich den of fensichtlich unterschiedlichen Handlungsspielraum anderer Staaten in der EU, wo ja nun der Anhang IV der FFH-Richt linie ganz genauso gilt? In Frankreich wie auch in Finnland gibt es eine begrenzte Bejagung der Wölfe. Das wurde mit dem Ziel eingeführt, eine gewisse Populationsgröße nicht übersteigen zu lassen. In Schweden und in Finnland gibt es sogenannte Rentierbewirtschaftungsgebiete,
Deswegen stelle ich schon die Frage: Wie kommt es zu die ser Diskrepanz, dass in anderen Ländern, in denen die FFHRichtlinie genauso gilt wie bei uns, eine Bejagung möglich ist, bei uns aber immer gleich analysiert wird: „Oh Gott, Be jagung geht überhaupt gar nicht; FFH-Richtlinie steht dem im Weg“?
Herr Kollege Glück, herzlichen Dank für die Frage. – Ich bin Landesminister in einem Land, das der Bun desrepublik Deutschland und nicht Lappland, Schweden oder Finnland angehört. Die EU-FFH-Richtlinie wurde nun einmal in deutsches Naturschutzrecht umgesetzt. Jetzt kann man das ändern, aber zunächst einmal muss ich mich an bestehendes Recht und Gesetz halten.
Diese Debatte, ob die FFH-Richtlinie 1 : 1 in deutsches Recht überführt wurde oder nicht, haben wir derzeit auch im Kreis der Umweltministerinnen und Umweltminister. Ich will da ei nem Ergebnis auch nicht vorgreifen, denn ich gehöre zu den Leuten, die da erst einmal offen sind, die sich da auch offen zeigen. Dabei muss man dann gucken: Kann man da über haupt nachsteuern, haben wir Regelungsspielraum oder nicht? Aber Sie können mir nicht mit Lappland und Finnland kom men. Noch einmal: Ich bin Minister in Baden-Württemberg, einem Bundesland der Bundesrepublik Deutschland, und die hat die FFH-Richtlinie im Bundesnaturschutzgesetz umge setzt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rückkehr des Wolfes wie auch Ersatzleistungen für die Nutztierhalter und deren Si tuation sind ein Thema, das sich zu allem anderen eignet, aber nicht zur Polemik. Ich finde, wir sollten dieses Thema hier auch mit der notwendigen Ernsthaftigkeit besprechen.
Zweite Bemerkung: Die SPD-Fraktion fühlt sich durchaus auch an Verfassung, Recht und Gesetz gebunden. Alles ande re wäre ja auch falsch. Dennoch sind wir hier in einem Parla ment und haben eine Gesetzesinitiative ergriffen. Unsere Ar beit als Legislative ist auch so zu verstehen, dass wir Geset ze verbessern müssen, wenn wir dafür Notwendigkeiten se hen. Und hier sehen wir eine Notwendigkeit.
Drittens: Was ich überhaupt nicht verstehen kann, Herr Mi nister, ist, warum ein Umweltverband innerhalb von drei Ta gen reagieren kann, aber eine staatliche Behörde nicht. Ich ha be die staatlichen Behörden so kennengelernt, dass sie durch aus in der Lage sind, innerhalb von 24 Stunden Entscheidun gen zu treffen, und zwar oftmals auch dann, wenn es um sehr gewichtige Dinge geht. Ich finde also, Sie sollten hier die Re gierungspräsidien nicht so schlechtreden.
Vierte Bemerkung: Herr Dr. Rösler, ich finde es etwas sehr gewagt von Ihnen, Wolf und Luchs auf eine Ebene mit dem Kormoran oder dem Biber zu stellen.
Wir haben viel bessere Möglichkeiten, die landwirtschaftli che Nutzfläche vor einem Biber zu schützen als die Nutztie re vor dem Wolf und dem Luchs. Außerdem, wenn Sie hier über den Kormoran reden, müssen Sie ehrlich sein: Dieses Haus hat entschieden, dass eine Kormoranverordnung erlas sen wird und wir eine letale Vergrämung – wer hat das jetzt gesagt? – zulassen, das heißt den Abschuss der Kormorane an Fließgewässern. Das ist hier bei Wolf und Luchs nicht mög lich. Deswegen finde ich Ihren Vergleich nicht richtig.
Fünfter Punkt: Wir meinen durchaus, dass wir auf der Grund lage einer Änderung des Naturschutzgesetzes eine wesentlich bessere Möglichkeit haben als bisher, die durch Wölfe verur sachten Schäden zu ersetzen. Deswegen glauben wir, dass dies ein Qualitätssprung wäre und dadurch auch die gesellschaft liche Akzeptanz des Wolfes und des Luchses verbessert wer den könnte.