Protocol of the Session on June 29, 2016

dass zwei Sicherheitsfirmen in Konkurrenz zueinander stan den. Vielleicht ist das der Fall, den Sie meinten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie weiter eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rottmann?

Ja, wenn ich ihn sehe, bitte sehr.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist der mit dem T-Shirt!)

Herr Abg. Rottmann, bit te schön.

Herr Strobl, ich wollte Sie fra gen, ob ein 180-Grad-Blick reicht, um nicht auf einem Auge blind zu sein.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wenn man nach vorn guckt, ja! – Abg. Winfried Mack CDU: Brauchst du nicht zu beantworten!)

Herr Kollege, das Thema hat einfach eine gewis se Ernsthaftigkeit. Der entscheidende Punkt ist: Sie müssen sich schon überlegen, was Sie sagen. Sie werfen dem Landes amt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg im Grun de genommen vor, auf dem linken Auge blind zu sein. Diesen Vorwurf – darum geht es –

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD betritt den Plenarsaal.)

ach, schön, Herr Meuthen, dass Sie sich auch wieder zu uns gesellen –, den Herr Meuthen erhoben hat – Sie können es ja im Protokoll nachlesen, dass ich ihn zurückweisen musste –, weise ich auch im Namen der Beamtinnen und Beamten, de rer, die dort ihren Dienst für unsere Freiheit tun, mit Entschie denheit zurück.

(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Die größte Bedrohungslage haben wir durch den internatio nalen islamistischen Terrorismus. Das ist und bleibt so. Das sind die Anschläge von Paris im November des vergangenen Jahres, das sind die Anschläge in Brüssel am 22. März dieses Jahres, und das ist – gestern Abend; meine Vorredner haben zu Recht darauf hingewiesen – der jüngste widerwärtige An schlag in Istanbul mit – nach meinem letzten Stand – 36 To ten und knapp 150 Verletzten. Vieles spricht dafür – die Art und Weise der Tatbegehung war ähnlich wie in Brüssel –, dass es wiederum einen islamistischen, terroristischen Hintergrund gibt.

Das ist der vierte schwere Terrorangriff in der Türkei in die sem Jahr. Was ich als schlimm empfinde, ist, dass man dabei ist – verstehen Sie das nicht falsch –, sich daran zu gewöhnen, dass es in Istanbul sozusagen ständig solche Terrorangriffe gibt. Viele von uns, viele Deutsche waren schon an diesem großen internationalen Flughafen, sind durchgereist. Er ist so zusagen das Tor in die Türkei.

Deswegen: Unsere Gedanken sind bei den Opfern, ihren Fa milien, bei den unschuldigen Menschen, die umgebracht wor den sind, bei denen, die schwer verletzt worden sind.

Das zeigt uns erneut, dass diese Bedrohungslage nicht sehr, sehr weit weg ist. Vielmehr ist es eine Bedrohungslage, die sehr nahe bei uns ist, eine Lage, die die Bevölkerung in Ba den-Württemberg, die die Menschen in diesem Land, wenn sie auf Reisen sind oder wenn sie hier leben, bedroht.

Wir haben eine Terrorlage – nicht nur in Istanbul, in Brüssel, in Paris, sondern auch in Deutschland, auch in unserem Bun desland, hier in Stuttgart und anderswo.

Die Wahrheit ist: Dass in Deutschland bislang niemand Op fer eines Terroranschlags geworden ist, hat viele Gründe. Viel leicht ist der Hauptgrund der, dass wir verdammt viel Glück gehabt haben. Aber ganz sicher ist auch ein Grund dafür, dass noch kein Anschlag in Deutschland ausgeführt werden konn te, dass die Sicherheitsbehörden, die Polizei eine erstklassige Arbeit leisten.

Denken Sie an die Sauerlandtäter, die für viele Jahre im Ge fängnis sitzen, die schreckliche Attentate in Deutschland ge plant hatten. Das zu verhindern war eine hervorragende Ar beit des LKA Baden-Württemberg und eine gute Arbeit unse rer Dienste, der befreundeten Dienste im internationalen Be reich und unserer eigenen Dienste.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Die Wahrheit ist, dass nach meiner Kenntnis in Deutschland kein einziges Attentat verhindert werden konnte, ohne dass es nicht einen Hinweis aus einem Dienst gegeben hätte.

Das heißt, viele Deutsche – im Inland und im Ausland – ver danken der Arbeit der Dienste ihr Leben. Das ist die Wahr heit. Deswegen haben wir allen Grund, die Dienste nicht zu diskreditieren, sondern den Mitarbeiterinnen und Mitarbei tern, die ihre Arbeit erledigen, dankbar zu sein und sie zu re spektieren.

(Beifall bei der CDU)

Ich war im Übrigen vor einigen Tagen für mehrere Stunden beim Landesamt für Verfassungsschutz und habe mit den Mit arbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Präsidentin gespro chen. Ich habe den Eindruck – das dürfte für Sie als Parlamen tarier wichtig und interessant sein –, dass es dort sehr viel Ex pertise gibt, dass ein sehr hohes Engagement vorhanden ist, dass dort eine erstklassige Arbeit geleistet wird und dass die ses Amt unser aller Unterstützung und auch die Unterstützung dieses Hohen Hauses in der Tat und wirklich verdient. Herr Kollege Blenke, das, was Sie gesagt haben, ist wohltuend; das werde ich gern weitergeben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Winfried Mack CDU zu Abg. Thomas Blenke CDU: Das war wohltuend!)

Dieses Amt – Sie können in den Bericht schauen – beschäf tigt sich vor allem auch mit den Ursachen islamistischer Ge walt und islamistischen Terrors. Dazu gehört ganz sicher die Erscheinung des Salafismus. Das ist die religiöse Bewegung, die im Augenblick in Deutschland – die Zahlen explodieren nahezu – den meisten Zulauf hat. In Baden-Württemberg ist dieser Zulauf nicht ganz so stark, aber die Mitgliederzahlen sind innerhalb eines Jahres immerhin um 10 % gestiegen. Un gefähr ein Fünftel der Salafisten in Baden-Württemberg sind schon gewaltbereit.

Um ein klares Wort zu sagen: Nicht jeder Bartträger, der fremdländisch aussieht, ist ein Islamist. Nicht jeder Islamist ist ein Salafist. Nicht aus jedem Salafisten wird ein Terrorist. Allerdings hat – das zeigt die Arbeit der Ämter und des Lan desamts für Verfassungsschutz; sie schauen sich auch die Le bensläufe von Rückkehrern aus dem Dschihad sehr genau an – jeder gewalttätige islamistische Terrorist einen salafistischen Hintergrund. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Salafisten szene in Deutschland, auch in Baden-Württemberg, sehr ge nau im Auge behalten.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der AfD)

Daher kommen diejenigen, die sich radikalisieren, die in den nördlichen Irak, nach Syrien reisen, die sich dort an schweren Kriegsgeräten üben, den Sprengstoffeinsatz üben, das Töten üben und zu einem Teil wieder hierher zurückkehren und – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Palka?

Wenn ich den Satz noch hätte beenden können?

Gern.

Bitte sehr, Herr Kollege.

Herr Minister Strobl, ich ha be einmal eine Frage. Wenn man doch weiß, wer die gefähr lichen Attentäter sind, warum weist man sie dann eigentlich nicht sofort aus, sondern hält sie hier im Land und hat dann eine große Gefährdung? Das ist meine Frage an Sie.

Da würde ich Ihnen für einen Teil der Täter eine Antwort geben, die für Sie vielleicht besonders nachvollzieh bar ist: Bei einem Teil dieser hochgefährlichen Personen han delt es sich um Deutsche, um Personen mit deutscher Staats angehörigkeit. Ich bin einmal gespannt – Sie haben ja jetzt die Möglichkeit, an der Gesetzgebung mitzuwirken – auf Ihren mit der Verfassung zu vereinbarenden Gesetzentwurf, auf des sen Grundlage wir Deutsche aus Deutschland ausweisen, egal, was sie tun.

Das ist ein nicht unerheblicher Teil des Problems, und das ist im Übrigen der Grund – um Ihnen das zu sagen – – Weil wir Deutsche nicht an der Einreise nach Deutschland hindern kön nen und weil wir sie nicht ausweisen können, wollen wir gar nicht, dass Deutsche sich radikalisieren und in den Nordirak und nach Syrien fahren, um dort noch gefährlicher zu werden, um dann wieder zurückzukommen, ohne dass sie an der Gren ze von uns aufgehalten werden können und ohne dass sie – wegen der deutschen Staatsangehörigkeit – ausgewiesen wer den können. Dass diese Prozesse erst gar nicht eintreten ist ja mit ein Teil unserer Bemühungen. Also, ganz so einfach ist es manchmal nicht,

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

sondern das ist der Grund, warum wir diesen Weg gehen.

(Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine weite re Zwischenfrage der Frau Abg. Wolle?

Wenn Sie das nicht von meiner Redezeit weg nehmen, dann ja.

Frau Abg. Wolle, bitte.

(Zuruf)

Genau. – Was ist mit der anderen Hälfte? Warum weist man die nicht aus?

Und können Sie mir bitte sagen, welchen Hintergrund diese sogenannten Deutschen haben?

Danke schön.

(Zuruf: Was? Was heißt jetzt „sogenannte Deutsche“? – Unruhe)

Zum ersten Teil Ihrer Nachfrage: Selbstverständ lich werden Menschen, die Straftaten begehen und bei denen entsprechende Ausweisungstatbestände vorliegen, auch aus gewiesen. Das ist gar keine Frage. Manche – wenn ich das einmal in aller Vorsicht und Zurückhaltung sagen darf – sind so gefährlich, dass wir sie nicht ausweisen, weil wir sie lieber unter Beobachtung halten. Dadurch ergibt sich die Gelegen heit, die von ihnen ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit zu beseitigen. Denn wenn sie ausgewiesen sind, kann es sein, dass sie sehr schnell wieder da sind und eine noch größere Ge fahr darstellen, als sie sie darstellen, wenn wir sie unter einer strikten Beobachtung oder irgendwann auch in der Haft ha ben.

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage? – Herr Abg. Berg, bitte.

Das Problem ist: Ich komme halt nicht auf den Linksterrorismus zu sprechen.