Wenn wir auch sonst in den meisten Politikfeldern – das wur de gerade heute hier im Haus wieder deutlich – wenig gemein haben mögen, in der Bekämpfung von Terror und Gewalt soll ten wir alle zusammenstehen und diese üblen Phänomene ent schlossen bekämpfen. Wenn es um das Thema „Gefährdung unserer Demokratie und Gewalt“ geht, müssen wir mit aller Härte gegen jeden vorgehen, egal, ob es sich um Rechtsext reme, Linksextreme oder Islamisten handelt. Diese Frage darf man nicht zum Gegenstand politischer Spielchen und wahl taktischer Machtspielchen machen. Diesbezüglich darf es auch in diesem Haus keinen Dissens geben.
Ich bitte deshalb alle Fraktionen, sich intensiv mit der derzeit größten Gefahr für die innere Sicherheit in unserem Land, dem islamistisch motivierten Terror, auseinanderzusetzen. Na hezu der gesamte Terror der jüngsten Vergangenheit auf eu ropäischem Boden ist auf diese Motivation zurückzuführen; wir haben es gerade gestern wieder erlebt.
Entsprechend hat der Verfassungsschutz hier seine derzeit mit Abstand größte Aufgabe. Seien wir froh und dankbar, dass es hier bei uns in Baden-Württemberg bisher noch keine größe ren Anschläge gegeben hat, und arbeiten wir mit höchster Wachsamkeit daran, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Die se Sorge und diese große Aufgabe einen uns alle über alle Ge gensätze hinweg.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Terroranschläge in Brüssel und Paris – die Kollegen haben sie angesprochen; der Kollege Blenke ist auch auf den schlimmen Terroranschlag gestern Abend in Istanbul eingegangen – haben gezeigt, dass der Terrorismus mitten in Europa gelandet ist und viele Menschen das Leben gekostet hat, zu vielen Verletzten geführt hat, viele Familien auseinan dergerissen hat.
Bei all diesem Leid müssen wir, der Landtag von Baden-Würt temberg und auch die Landesregierung, dafür sorgen, dass das Risiko eines solchen Terroranschlags in Baden-Württemberg so weit wie möglich reduziert wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich sage dies deshalb, weil sich keiner von uns vor die Men schen stellen und sagen darf, mit den Maßnahmen, die wir er greifen, könnten wir alles verhindern. Das werden wir nicht können. Ich glaube aber – die Kollegen Blenke und Sckerl ha ben darauf hingewiesen –, dass wir durch eine ordentliche und gut ausgebaute Prävention in allen Lebenslagen dafür sorgen müssen, dass die Bürgerinnen und Bürger, auch die Menschen, die zu uns kommen, einen Sinn in ihrem Leben finden, einen Sinn, der nicht darin besteht, mit Terroranschlägen andere Menschen aus dem Leben zu reißen.
Dazu gibt es unterschiedliche Maßnahmen, einerseits vom LfV selbst gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung. Aber es geht auch um die Jugend- und Sozialarbeit in unserem Land. Es geht um die notwendige gute Schulung all der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in den Asylar beitskreisen, und es geht darum, dass in den Schulen mehr po litische Bildung gelehrt wird, als dies vielleicht derzeit der Fall ist.
Denn eine gute politische Bildung in einem Land ist auch ei ne gute Prävention gegen Terrorismus und Extremismus, lie be Kolleginnen und Kollegen.
insbesondere dann, wenn sie sich weiter radikalisiert haben, im Umgang mit Waffen geschult wurden und sich bereits vor genommen haben, in Deutschland und Europa gewalttätig vor zugehen. Diese Gefahr besteht, wie die Anschläge von Paris belegen. Einige der dortigen Attentäter hielten sich vorher in Syrien und im Irak auf.
Das heißt nicht, dass die Abertausende Menschen, die hier in unserem Land Zuflucht suchen, weil sie durch Krieg und Ver treibung aus ihrem Land vertrieben worden sind, alle Terro risten sind, mitnichten.
Deshalb müssen der Verfassungsschutz und die ehrenamtli chen Helferinnen und Helfer genau hinsehen. Denn auch dort sind Gefahren. Das zeigt der Verfassungsschutzbericht ganz deutlich. Das bedeutet, genau hinzusehen, ohne alle über ei nen Kamm zu scheren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb war es richtig und wichtig, dass die vorherige Lan desregierung mit zwei Antiterrorpaketen dafür gesorgt hat, den Verfassungsschutz mit 45 zusätzlichen Personalstellen und 1,25 Millionen € an Sachmitteln weiter zu stärken.
Wenn ich das sagen darf: Uli Sckerl hat sich hier gerade als großer Fan des Verfassungsschutzes dargestellt. Das war nicht immer so.
Auch die frühere Vorsitzende der Fraktion GRÜNE und jet zige Finanzministerin ist nicht unbedingt ein großer Fan des Verfassungsschutzes.
Sowohl Innenminister Strobl als auch Kollege Blenke kündi gen hier im Parlament an: „Es besteht eine große Gefahr, und wir werden schnell Stellen beim Verfassungsschutz schaffen.“ Warum haben Sie das jetzt nicht entsprechend im Nachtrags haushalt eingebracht? Weil Sie wahrscheinlich schon gemerkt
haben, dass Frau Sitzmann in dieser Landesregierung eben doch nicht der größte Fan des Verfassungsschutzes ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Kollege Meuthen, wenn Sie die Seiten in diesem Verfassungs schutzbericht zählen, dann soll das richtig sein. Aber wenn Sie weitere Zahlen gelesen hätten – er ist jetzt vielleicht hin ausgegangen, um den Verfassungsschutzbericht genauer zu lesen – und sich die Zahl der gewaltorientierten Straftaten bei den Linksextremisten angeschaut hätten – die sind genauso verwerflich wie die aller anderen Extremisten; um das einmal klarzustellen –,
dann hätten Sie gesehen, dass die von 740 auf 780 gestiegen ist, während sich die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten von 865 auf 1 484 erhöht hat – die Brandanschlä ge auf Asylbewerberheime eingeschlossen. Allein, wenn man sich die Zahlen anschaut, ergibt sich natürlich ein Schwer punkt, um den sich der Verfassungsschutz kümmern muss, lie be Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Aus Sicht der FDP/DVP-Landtags fraktion ist es richtig und gut, dass die CDU das heutige The ma als Aktuelle Debatte eingebracht hat. Dabei hätten wir uns allerdings gewünscht, dass dies nicht infolge eines alten Re flexes aus Oppositionszeiten geschehen wäre, sondern die CDU in Regierungsverantwortung wirklich etwas zu bieten gehabt hätte. Leider aber waren die Ausführungen des von mir sonst sehr geschätzten Kollegen Blenke heute reichlich allge mein gehalten,
sodass unsere Hoffnungen, bei der inneren Sicherheit würde es in unserem Land nun zügig vorangehen, etwas gedämpft wurden.
Zunächst aber zum eigentlichen Verfassungsschutzbericht. Er kann und darf uns auch nicht überraschen, denn er untermau ert einen Trend, den wir seit einiger Zeit wahrnehmen. So wohl beim Islamismus als auch beim Rechts- und Linksext remismus steigt die Bedrohung.
Stark angestiegen ist die Zahl der rechtsextremistisch moti vierten Straf- und Gewalttaten. Landesweit wurden im ver gangenen Jahr 1 484 rechtsextremistisch motivierte Strafta ten registriert – ein drastischer Anstieg im Vergleich zum Vor jahr, in dem 865 Straftaten gezählt wurden. Ebenfalls ange stiegen ist die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten,
nämlich von 496 auf 522. Drastisch zugenommen hat die Zahl der linksextremistischen Gewalttaten. Sie ist von 78 im Jahr 2014 auf 135 im Jahr 2015 gestiegen.
Zu dieser besorgniserregenden Entwicklung passt leider auch eine immer aufgeheiztere Stimmung in der Öffentlichkeit. Er hebliche Sachbeschädigungen wie jüngst in Tübingen bei Brandanschlägen auf Luxuslimousinen oder gar Angriffe auf Personen wie bei Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünf te erscheinen einer größer werdenden Zahl von Menschen als gerechtfertigt und legitimiert. Demokraten sollten jedenfalls jeglichen gewaltsamen politischen Extremismus verabscheu en und verurteilen, egal, ob er von rechts oder von links kommt.
Dabei ist es aus meiner Sicht höchst gefährlich, wenn Politi ker, die sich selbst als Demokraten bezeichnen, diese intole ranter werdende Stimmung auch noch bewusst anheizen, in dem sie gezielt Stimmungsmache gegen unsere demokrati sche Verfasstheit betreiben.
Hierzu gehören für mich auch Äußerungen von Frauke Petry. Sie schrieb am 8. Dezember 2015 via Twitter – Zitat –:
Dass Ihnen das nicht gefällt – Herr Meuthen ist immer noch nicht da, obwohl er vorhin dazu gesprochen hat –, kann ich gut verstehen. Aber Herr Meuthen selbst bläst in dasselbe Horn wie Frau Petry, wenn er sagt, die AfD wolle – Zitat – „weg vom links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland“ –