Protocol of the Session on June 29, 2016

(Abg. Winfried Mack CDU: Sie leben doch hier auch von Steuergeldern! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wollen wir fragen, ob er zurücktritt? – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Unruhe)

Wenn Sie den Unterschied zwischen diesem Landtag, der glücklicherweise noch sehr volksverbunden ist, und dem Pa ralleluniversum Brüssel/Straßburg nicht erkennen, dann schau en Sie mal ein bisschen genauer hin; fahren Sie dort einmal häufiger hin;

(Abg. Sascha Binder SPD: Ziehen Sie Ihre Europa abgeordneten wieder ab! – Unruhe)

dann werden Sie das erleben. Es ist ein Paralleluniversum.

(Beifall bei der AfD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir warten noch auf den Rücktritt! – Abg. Sandra Boser GRÜNE: Ziehen Sie Ihre Abgeordneten ab! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Sie fühlen sich dabei sonderbarerweise getroffen. Ich schimp fe ja gar nicht über den Landtag, sondern ich schimpfe über das Paralleluniversum in Brüssel.

(Zuruf der Abg. Sabine Wölfle SPD – Unruhe)

Ich kann Sie gar nicht verstehen.

(Glocke der Präsidentin – Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD zur SPD: Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Antisemi tismus! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das müssen wir uns nicht bieten lassen! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das geht nicht! Das geht gar nicht! – Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten. Zum einen bitte ich grund sätzlich um etwas Ruhe, damit der Redner die Chance hat, sei ne Sätze auszuführen – unabhängig davon, wer das Wort hat.

(Beifall bei der AfD)

Zum anderen hatten wir, glaube ich, in der letzten Debatte deutlich gemacht, was in diesem Haus nicht salonfähig ist und nicht geht. Wir hatten das auch im Präsidium besprochen, und es ist auch ein Schreiben an alle Fraktionen gegangen. Ich bit te Sie, das zu berücksichtigen, bevor wir noch weitere Maß nahmen ergreifen müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der AfD, der SPD und der FDP/DVP)

Dann fahre ich fort. – Die Eli ten predigen allesamt eine immer weitere Integration – Herr Schwarz, Sie haben das hier eben auch getan –, die die Bür ger selbst, jedenfalls in dieser Form, in keiner Weise wollen, gegen die sie sich aber gar nicht wehren können, und zwar insbesondere auf der Ebene der Europäischen Union nicht wehren können; das ist das Kernproblem. Die EU finanziert sich – exemplarisch – bis zum heutigen Tag mit Ausnahme von Zöllen, die 13 % der Einnahmen ausmachen, von soge nannten Eigenmitteln, die de facto Finanzbeiträge sind. Die Bezeichnung „Eigenmittel“ ist eine euphemistische Bezeich nung; das sind keine. Einfluss der Bürger auf diese Form der Finanzierung: exakt null Komma null.

Mit einem ebenso gigantischen wie grotesken Verwaltungs apparat werden Normen aufgedrückt, die an Absurdität nicht zu überbieten sind. Kollege Reinhart erwähnte eben schon die Pizzen. Es wird exakt festgelegt, wie dick und breit eine Piz za Neapolitana von Zypern bis Irland sein darf, damit sie die sen Namen tragen darf. Damit beschäftigt sich Brüssel. Die schreiben uns vor, wie viel Watt unsere Staubsauger maximal aufnehmen dürfen und wie lange unsere Kaffeemaschinen brühbereit sein dürfen, bis sie in den Stand-by-Modus zu ge hen haben.

Nein, die Briten haben einfach einmal etwas genauer hinge sehen, als wir Untertanen das wohl tun sollten, und sie haben sich das nicht nehmen lassen. Schauen Sie sich vielleicht ein mal selbst, wenn Sie die Zeit und Muße dafür haben, eine EUHaushaltsstrukturanalyse an. Ich selbst habe das von Berufs wegen über zwei Jahrzehnte hinweg getan, und ich kann Ih nen dazu nur berichten, dass sich solche Berichte lesen wie ein praktischer Appendix zu Kafkas gesammelten Werken. Absurder geht es wahrlich nicht mehr.

(Beifall bei der AfD)

Bis zum heutigen Tag ist der EU-Haushalt ein nahezu voll ständiger Subventionshaushalt, mit dem allerlei eher mehr denn minder fragwürdige Projekte finanziert werden, die es ganz überwiegend ohne diese sinnfreie Umleitungsfinanzie rung nie und nimmer gäbe.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sagen Sie das auch der Landwirtschaft?)

Natürlich sage ich das auch der.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sagen Sie das ein mal bei den Bauern!)

Ja, auch da spreche ich das aus,

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

und zwar ohne Weiteres. Die Bauern in unserem Land sind so leistungsfähig, dass sie nicht als Subventionsjunkies an die Nadel der EU gehängt werden müssen.

(Beifall bei der AfD – Unruhe bei den Grünen und der SPD)

Das brauchen die Landwirte bei uns gar nicht.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Keine Ahnung! – Wei tere Zurufe)

Ich habe mich mit den Absonderlichkeiten – – Ich schimpfe nicht auf die Landwirte, ich schimpfe auf die verfehlte Sub ventionspolitik.

(Beifall bei der AfD)

Die Landwirte in Baden-Württemberg sind hochleistungsfä hig, meine Damen und Herren. Hochleistungsfähig! Die könn ten das ohne.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie haben die Bauern „Junkies“ genannt! Das werden wir weitersagen!)

Ja, das sagen Sie mal weiter. Sagen Sie das dann aber auch im Gesamtzusammenhang. Es ist ja nicht Ihre Stärke, etwas im Gesamtzusammenhang zu sehen, Herr Schmid.

(Beifall bei der AfD – Lachen bei den Grünen und der SPD)

Ich habe mich mit den Absonderlichkeiten, zum Teil sogar Perversitäten des EU-Haushalts – denken Sie nur an die EUExportsubventionen, auch das ist übrigens Landwirtschafts politik – und dem Preis, den afrikanische Bauern dafür zah len, über Jahrzehnte befasst. – Sehen Sie, da wird es still, weil die meisten wissen, was gemeint ist. Diese EU-Exportsubven tionen sind etwas Schreckliches, und sie lösen in anderen Län dern der Welt furchtbare Verwüstungen aus.

(Beifall bei der AfD)

Das ist EU-Politik. Damit haben die Briten sich befasst. Ich kann Ihnen aus dieser Erfahrung heraus nur sagen, dass ich dankbar dafür bin, dass nun irgendjemand, in diesem Fall das britische Volk, dem endlich einmal Einhalt gebietet und ein „No!“ entgegenschmettert – und zwar nicht etwa, um der EU in toto den Stecker zu ziehen. Glauben Sie es mir, oder glau ben Sie es mir nicht: Es geht nicht darum, die EU zu zerstö ren. Das will jedenfalls ich gar nicht. Ich will nur, dass die EU endlich damit beginnt, das zu tun, was ihre eigentliche Auf gabe wäre, und das zu beenden, was es eben nicht ist. Das ist gar nicht so schwer zu verstehen. Es erfordert nur, einmal et was genauer hinzuschauen. Das und nicht weniger haben die Briten getan. Dieser EU in der bestehenden Form hätte auch ich, hätte ich mit abstimmen dürfen, den Stecker gezogen,

(Zuruf: Aha! – Abg. Winfried Mack CDU: Sie sind für den Austritt Baden-Württembergs aus der EU?)

nicht, um sie zur Strecke zu bringen, sondern um sie zu zwin gen, endlich erwachsen zu werden und das zu tun, dessenthal ben es sie überhaupt gibt.

Im Ergebnis: Die EU steht nun durch das britische Votum, das ein Weckruf für die Union ist wie kein zweiter – der Begriff „Weckruf“ fiel heute schon einmal, und dieses Wort ist auch richtig –, am Scheideweg. Die eine Möglichkeit ist: Sie wird nun so weitermachen wie bisher. Dafür stehen exemplarisch tragische Figuren wie Juncker und Schulz, von denen wir hof fen dürfen, dass die Geschichte diese Gestalten bald hinfort spült in die historische Belanglosigkeit,

(Beifall bei der AfD)

in die allein sie gehören,

(Abg. Winfried Mack CDU: Unglaublich!)

ebenso übrigens wie Merkel, Schäuble, Gabriel und viele an dere, die letztlich – auch dieser Begriff fiel schon, und zwar vom Herrn Ministerpräsidenten – auf die Vereinigten Staaten von Europa hinsteuern. Mitnichten wollen das die 505 Milli onen Bürger dieser Union. Das wollen die Eliten. Das ist ein Projekt der Eliten, es ist kein Projekt der Bürger. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der AfD)

Die andere Möglichkeit, die Alternative ist: Die EU wird nun diesen Weckruf wahrnehmen und ihn für einen echten Rich tungswechsel nutzen, einen Richtungswechsel hin zur Ur sprungsidee eines Europas der Vaterländer mit einer suprana tionalen Kooperation nur dort, wo es einer solchen tatsächlich bedarf.

(Beifall bei der AfD – Zuruf: Jawohl!)

Sollte das durch dieses Votum erreicht werden, dürfen wir uns vor dem britischen Volk verneigen, denn dann haben sie zur rechten Zeit das Richtige getan. Sie haben uns dann zur Ein haltung von Subsidiarität, zu echtem Föderalismus und einer sinnvollen Begrenzung der Staatlichkeit gezwungen, um die EU auf den Pfad zurückzuführen, der auch uns ganz normale Bürger endlich wieder Ja zu dem Projekt EU im Ganzen wird sagen lassen können.

Herr Ministerpräsident, Sie haben mehrfach das Wort Subsi diarität gebraucht; andere Redner haben das auch getan. Mir kommt es immer wie ein Lippenbekenntnis aus Sonntagsre den vor: Man bekennt sich zur Subsidiarität, macht aber de facto Zentralismus. Genau das ist das Problem der EU.

(Beifall bei der AfD)

Ich bin Ihnen gleichwohl dankbar, dass Sie diese Vokabel gleich mehrfach verwendet haben; denn genau das ist es, was wir brauchen. Wir dürfen politische Aufgaben nur dann auf die oberste Ebene verlagern, wenn sie dort auch hingehören. Die EU tut Etliches, was dort ganz und gar nicht hingehört. Das ist der Grund, warum wir diese Krise haben, und da müs sen wir in der Tat heran, und zwar gemeinsam.