Besonders bemerkenswert am Gesetzentwurf der Freien De mokraten für die Wahlfreiheit bei der Ganztagsschule ist die häufige Verwendung des Wortes „oder“. Man höre und stau ne! Ja, die Ganztagsschule erstreckt sich auf Vormittage und drei oder vier Nachmittage; sie ist klassenbezogen oder klas senübergreifend;
Genauigkeit und Präzision ist das nicht unbedingt. Dies soll te einen Gesetzestext zur Erleichterung der Urteilsfindung aus zeichnen. Sie wissen doch, Herr Kern: Ein Blick in das Ge setzbuch erleichtert die Urteilsfindung.
Ebenso interessant: Die Tagesstruktur wechselt von Unter richts- zu Übungsphasen. Genial, könnte man dazu sagen. Ab wechslungsreicher Unterricht war schon immer wichtig für das Lernen. Erwähnung finden auch Bildungszeiten – das scheint etwas anderes als Unterrichtszeit zu sein – und dazu Aktivpausen, nicht einfach nur Pausen, wo man nichts tut und sich erholt, oder Kreativzeiten. Mit Kreativzeit ist wohl der ehemalige Kunstunterricht gemeint. Hier besteht also noch Klärungsbedarf.
Eine präzise Ausdrucksweise in einem Gesetzestext ist etwas anderes. Dies hat Herr Professor Reinhart von der CDU-Land tagsfraktion – leider ist er jetzt nicht da – im März dieses Jah res...
Herr Abg. Dr. Balzer, bit te beachten Sie Ihre Redezeit; diese ist schon seit einer Wei le abgelaufen.
... gezeigt und erkannt. – Ich bin gleich fertig, ja. – Er sprach sich für flexible, bedarfsge rechte, familienfreundliche Angebote am Nachmittag aus, die es den Eltern erlauben, für ihre Kinder eine Wahl zu treffen. Das hat Hand und Fuß.
Wir stehen für einen umfassenden Bildungsbegriff, für fun diertes Fachwissen und breites Allgemeinwissen. Deshalb leh nen wir den Gesetzentwurf der FDP/DVP ebenso wie auch den hierzu vorliegenden Änderungsantrag ab. Denn wir wol len für die Schüler und für die Eltern Verantwortung im Ge samten tragen.
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der FDP/DVP bleibt auch in der zweiten Lesung das, was er in der ersten Lesung war: ein Sammelsurium von Optionen im Rahmen von Nachmittagsbetreuung. Das ist weit von dem entfernt, was wir wirklich brauchen, nämlich Qualität und ein ganztägiges Bildungsangebot mit dem Ziel, Chancengerech tigkeit zu verwirklichen – so, wie es die SPD fordert.
Wir könnten bei diesem Gesetzentwurf jetzt also eigentlich – Frau Boser ist dieser Versuchung auch schon erlegen – ein fach abwinken und dagegen stimmen – und Tschüs! –, so, wie es in der letzten Legislaturperiode schon geschehen war. Aber erschreckenderweise sehen wir in diesem Haus durchaus ei ne Tendenz dazu, genau in diese Richtung weiterzugehen.
Frau Ministerin, Sie kommen ja immer mal gern auf meine Heimatstadt zu sprechen. Herr Röhm, eigentlich müssten Ih nen vor knapp 14 Tagen so richtig die Ohren geklungen ha ben. Was haben Sie gesagt? Sie sagten, die Kommunen hät ten ohne Wenn und Aber die Maßnahmen begrüßt.
die übrigens ständiges Mitglied im Schulausschuss des Städ tetags ist – aus dem „Mannheimer Morgen“ vom 13. Septem ber. Dort heißt es:
Ein paralleler Ausbau qualitativ hochwertiger Ganztags schulen und guter, flexibler Schulkindbetreuung überfor dere die Kommunen finanziell und personell....
Damit bezieht Freundlieb Stellung gegen die Kultusmi nisterin, die einen Akzent auf flexible Angebote setzen will.
Dies tut sie meines Erachtens zu Recht. Sie entlarvt dabei die eigentliche Intention, die hinter dem neuen Fokus auf Betreu ung steckt. Das Land will sich nämlich schlichtweg freikau fen. Personal ist schwer zu finden – in Zukunft solle das bit te schön noch stärker ein Problem der Kommunen sein.
Dies wird aber der Forderung nach Qualität an der Ganztags schule überhaupt nicht gerecht. Wer für Bildungsgerechtig keit streitet – das tun wir, die SPD –, der weiß auch, dass die wissenschaftlichen Studien zum Thema Ganztagsschule eine
(Lachen bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Die FDP hat Besseres verdient! – Heiter keit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
hier kein Interesse hat und, wenn es um Bildungsgerechtig keit geht, auf diesem Auge blind ist, überrascht nicht. Aber mit den Ankündigungen von Frau Eisenmann droht jetzt auch noch die öko-konservative Koalition diesem Wahn zu folgen.
Für uns aber ist die Rhythmisierung als Qualitätsstandard für Ganztagsschulen unantastbar. Sie darf nicht auf dem Altar der Flexibilisierung geopfert werden.
Auch an anderer Stelle springt die Frau Ministerin – man könnte mittlerweile sagen: wie gewohnt – zu kurz. Service- und Koordinierungsstellen sollen die Schulen von Verwal tungsaufgaben entlasten. Das begrüßen wir natürlich. Aber nach jahrelanger Vorbereitung sind es gerade einmal fünf Kommunen – auf Probe. Das nächste Sparmodell auf Kosten der Qualität? – Na ja.
Ich bin ja ehrlich, Frau Ministerin: Ich wollte Sie an dieser Stelle heute sogar mal ausdrücklich loben.
Ja, genau. – Denn ich finde Ihre Vorschläge zur Stärkung der Schulleitungen gar nicht mal schlecht; das muss ich sa gen. Was ich allerdings überhaupt nicht verstanden habe: Wenn wir heute über das Thema Ganztagsschule reden, war um haben Sie denn eigentlich Ihre Stärkungsvorschläge über haupt nicht an das Kriterium Ganztagsschulbetrieb gekoppelt? Warum geht es nur um Schülerzahlen bei Leitungszeit, Kon rektoren und Verwaltungsassistenz? Ist es denn nicht völlig klar, dass es ein großer Unterschied ist, ob auch eine kleine Schule mit 80 bis 100 Schülerinnen und Schülern im Halb tags- oder aber im Ganztagsbetrieb arbeitet?
Da muss man doch auch Initiativen ergreifen; da muss es doch Veränderungen sowie eine Stärkung geben. Es ist doch völlig klar, dass dies eine viel größere organisatorische Belastung darstellt.
Was mir nun wirklich fast die Schuhe ausgezogen hat: Frau Ministerin, ist es tatsächlich Ihr Ernst, dass Sie bis 2020 da mit warten wollen? Das kann doch wohl nicht wahr sein! Die Genese ist doch wie folgt: Im April, so hieß es, sollten wir die Vorschläge bekommen. – Übrigens haben wir diese ja schon lange, auch vom Rechnungshof, ausgedruckt auf dem Tisch liegen. – Im April hieß es, wir bekommen sie. Jetzt gehen wir mittlerweile in eine konkretisierte Phase, und Sie sagen nun in Ihrer Ankündigung: Es wird aber nicht in diesem Schuljahr und auch nicht im nächsten kommen, sondern – –
Korrigieren Sie mich gern. Wir reden doch vom Haushalt 2020/2021. Das heißt, wir müssen weitere zwei Jahre warten, bis die Schulleitungen gestärkt werden,
obwohl wir alle hier im Haus wissen, dass das Thema „Aus bau der Ganztagsschulen“ immens daran hängt. Denn, Herr Röhm, nur eine Schulleitung, die sagt: „Ich kann das organi satorisch stemmen“, wird sich doch einem solchen Projekt stellen.
Frau Ministerin, wir alle wissen, dass Ihr Macherimage in die sem Haus mittlerweile deutlichen Schaden genommen hat. Es ist ja wohl ein schlechter Scherz, dass Sie das Projekt noch im mer auf die lange Bank schieben. Ist hier wieder alles „ella“, oder was?
Dann reden wir davon, dass es die Bildungsplattform erst in drei Jahren gibt, dass die Schulleitungen erst in zwei Jahren gestärkt werden. Das wird dem Ausbau der Ganztagsschulen überhaupt nicht helfen. Nein, das Land kommt nicht voran, Frau Ministerin, und das ist schlecht.
Wir halten ganz klar an dem Ziel von 70 % Ganztagsschulen fest. Die Gesetzgebung für die Sekundarstufe muss in dieser Legislaturperiode folgen; das ist klar. Vor allem muss es um die Qualität gehen.
Ganz wichtig ist mir, Kolleginnen und Kollegen – von der CDU kann ich das vielleicht gar nicht mehr erwarten, aber an die Grünen gerichtet –:
Es muss klar sein, dass Schule kein Wartesaal bis zum Dienst schluss der Eltern sein darf. Gerade bei der Ganztagsschule muss es um Qualität gehen. Das sollte Ihr Anspruch sein.