Protocol of the Session on September 26, 2018

Die AfD möchte den Anwendungsbereich dieses Gesetzes än dern. Nach ihrem Willen sollen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft, der freien Berufe sowie der Krankenversicherung und sogar die Körperschaften der Wohlfahrtspflege dem Ge setz unterfallen, soweit sie sich überwiegend aus Mitteln der öffentlichen Hand finanzieren. Darüber hinaus sollen auch an erkannte Umweltverbände einbezogen werden.

Ich will es klar sagen: Die von der AfD geplanten Änderun gen sind aus Sicht der Landesregierung allesamt abzulehnen. Der Anwendungsbereich des Gesetzes bedarf – jedenfalls aus heutiger Sicht – keiner Änderung. Es ist kaum nachvollzieh bar, warum mitgliedschaftlich verfasste Selbstverwaltungsor ganisationen, die in der Regel gar nicht gegenüber Bürgerin nen und Bürgern durch Verwaltungshandeln in Erscheinung treten, einem Informationsanspruch von Nichtmitgliedern un terliegen sollen. Außerdem übersieht die AfD-Fraktion, dass es sich bei den anerkannten Umweltverbänden um nicht öf fentliche Stellen handelt, die zwar Klagerechte haben, aber nicht über Entscheidungskompetenzen verfügen.

Es gibt daher überhaupt keinen Anlass, den Anwendungsbe reich des Landesinformationsfreiheitsgesetzes zu ändern. Aus diesen Gründen wurde der Gesetzentwurf zu Recht von allen angehörten Stellen nahezu einhellig abgelehnt. Die kommu nalen Landesverbände haben es dabei auf den Punkt gebracht: Jegliche Ausweitung des Landesinformationsfreiheitsgeset zes ist abzulehnen, und diese Haltung der kommunalen Lan desverbände teilt die Landesregierung uneingeschränkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Dennoch beobachten wir natürlich, ob und inwieweit sich die ses Gesetz in seiner Anwendung bewährt. Ein Maßstab hier für sind auch die Tätigkeitsberichte des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Der vorlie

gende erste Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsrecht enthält aber keinerlei Problemfälle von grundsätzlicher Be deutung, auch wenn von der Möglichkeit auf Informationszu gang bisher nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wurde.

Außerdem ist vorgesehen, dass die Auswirkungen des Geset zes nach einem Erfahrungszeitraum von fünf Jahren – also nach dem 31. Dezember 2020 – durch die Landesregierung überprüft werden. Sollte sich in diesem Rahmen Änderungs bedarf ergeben, wird die Landesregierung einen entsprechen den Vorschlag unterbreiten.

Momentan gibt es aber überhaupt keinen Grund, das Landes informationsfreiheitsgesetz zu ändern. Daher empfiehlt die Landesregierung, den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD heute im Landtag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Her ren, ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.

Dann kommen wir in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/3816. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Inneres, Digitalisierung und Migration, Druck sache 16/4766. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetz entwurf abzulehnen. Ich bitte Sie, damit einverstanden zu sein, dass wir über den Gesetzentwurf im Ganzen abstimmen. – Ich sehe keinen Widerspruch.

Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion der AfD, Drucksache 16/3816, im Ganzen zustimmt, den bitte ich um das Handzei chen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Da mit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abgelehnt, und wir ha ben Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz für Wahlfreiheit bei der Ganztagsschu le (Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden- Württemberg) – Drucksache 16/3855

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport – Drucksache 16/4241

Berichterstatterin: Abg. Sylvia Felder

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat auch hier für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Als Erste hat das Wort für die Fraktion GRÜNE Frau Abg. Sandra Boser. – Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben über dieses Ge setz jetzt schon über Gebühr hier im Parlament, im Ausschuss und im Prinzip auch schon in der vergangenen Legislaturpe riode diskutiert, weil der vorliegende Gesetzentwurf von der FDP/DVP in der Vergangenheit schon einmal eingebracht wurde.

Ich will mich daher sehr kurz fassen, auch mit Blick auf die fortgeschrittene Zeit. Für uns geht dieser Gesetzentwurf auf Kosten der Qualität. Die finanziellen Auswirkungen werden ausgeblendet. Die Anhörungsergebnisse haben gezeigt: Es gibt so gut wie keine Unterstützung für diesen Gesetzentwurf. Der Gesetzentwurf ist schlecht gemacht, schlecht für unsere Schu len. Die Änderungsanträge, die jetzt vorgelegt wurden, ma chen das Ganze auch nicht besser. Wir lehnen diesen Gesetz entwurf ab und werden dann in der Koalition weitere Maß nahmen entwickeln, wie wir die Ganztagsschule in BadenWürttemberg voranbringen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Danke, Frau Abg. Boser. – Jetzt spricht für die CDU Herr Abg. Karl-Wilhelm Röhm.

Ich darf das Herrengrüppchen, das da hinten so nett zusam mensitzt, bitten, die Besprechung nach außerhalb des Plenar saals zu verlagern.

(Beifall der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

Herr Abg. Röhm, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir werden den Gesetzentwurf, lie ber Kollege Dr. Kern, ebenfalls ablehnen, und zwar aus vier Gründen: Zum einen fehlt in der Tat ein gewisser Qualitäts rahmen, zum Zweiten ist die Finanzierung nicht schlüssig auf gedröselt, zum Dritten sind wir generell gegen die Abschaf fung von Schulbezirken, und zum Vierten ist es nicht in un serem Sinn, dass die oberste Schulbehörde bei diesen Ent scheidungen ausgeblendet wird.

Aus Sicht der CDU-Fraktion braucht die Ganztagsschule ein qualitätsvolles und flexibles Angebot. In diesem Sinn werden wir dem Wunsch, der bei den beiden Ganztagsgipfeln und bei der Fachtagung geäußert wurde, entsprechen und ein aus un serer Sicht wegweisendes und vor allem auch finanzierbares Konzept gemeinsam mit dem Koalitionspartner auf den Weg bringen.

Wir danken unserer Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann, dass sie in der Vorlage dieses Konzepts zur rhythmisierten Ganztagsschule und zur Bezuschussung flexibler Betreuungs angebote ein Konzept vorgelegt hat, das mit den kommuna len Landesverbänden abgestimmt ist und ohne Wenn und Aber deren Zustimmung findet.

Wir wollen gemeinsam mit unserem Koalitionspartner die not wendigen Voraussetzungen im Nachtragshaushalt dafür schaf fen, dass dieses Konzept im Interesse der Familien in unse rem Land beginnend zum Schuljahr 2019/2020 eingeführt wird. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht aus unserer Sicht verantwortungsvolles Regierungshandeln aus.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Nun hat das Wort für die AfD-Fraktion Herr Abg. Dr. Balzer. – Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Ein merkwürdiger Ent wurf der FDP/DVP. Die Ziele der FDP/DVP sind ja an sich

andere als die Ziele der Grünen, aber sie bedienen sich an scheinend der gleichen Rhetorik. Rhetorik, liebe Frau Boser, das passt ja zu Ihnen gar nicht, und bei Herrn Kern habe ich bei dem Gesetzentwurf den Eindruck gehabt, der Formulie rungshelfer für politische Führungskräfte lässt grüßen.

Heute besprechen wir wieder einmal ein Gesetz für die Wahl freiheit bei der Ganztagsschule: Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg – und den Rest der Welt, könnte man fast meinen. Das klingt richtig gut, ein we nig hochtrabend. Sie wollen ein Gesetz, das Eltern und Schü lern – Zitat – „ein hohes Maß an Wahlfreiheit“ lässt. Wollen wir einmal schauen, ob dieser Gesetzentwurf, dieser Text die sen Ansprüchen überhaupt genügen kann.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ein wenig hochtrabend die Erkenntnis einer Partei, die eigent lich schon an der Regierung war, wenn ich mich nicht täusche.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Richtig!)

Das ist allerdings schon etwas länger her.

Das bestehende Regelwerk ist aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion unzureichend, also unvollkommen, um den weiteren Ganz tagsausbau dem Bedarf entsprechend erfolgreich zu meistern. Sie wollen also den Ganztagsausbau. Sie zitieren dazu die 4. JAKO-O Bildungsstudie, übrigens von einem reinen Wirt schaftsunternehmen, das mit Kinderbekleidung handelt. Nach dieser Studie wünschen sich 48 % der Eltern ein Ganztagsan gebot mit freiwilligem Nachmittagsprogramm, und 25 % der Eltern wünschen sich eine Halbtagsschule, das heißt, sie wol len für das Kind von dem freiwilligen Nachmittagsprogramm keinen Gebrauch machen.

Meine Damen und Herren, welche Bedeutung haben diese Zahlen eigentlich für uns? Sie bedeuten nichts anderes, als dass drei Viertel der Eltern eigentlich nur vormittags Unter richt für die Kinder haben wollen. Warum wollen Sie dann die Kinder den ganzen Tag in der Schule sehen? Wir lehnen das ab.

(Beifall bei der AfD)

Präzise brachte es die Petition verschiedener Elterninitiativen auf den Punkt. „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag“, so der Titel dieser Petition. Etwas mehr Ehrlichkeit, etwas mehr Mut zur Wahrheit wäre hier schön.

Wie eingangs schon erwähnt: Ein bisschen großspurig ist die ser Gesetzentwurf der Partei mit den Magentapünktchen auch. Oder passt das zum neuen Image der FDP? Das gilt natürlich nur für den Bund, selbstredend.

Es gab in der Tat schon größere Entwürfe im 18. und im 19. Jahrhundert in der Zeit der Aufklärung, Pioniertaten zur Entwicklung der Schulen. Sie wissen sicherlich, was ich mei ne. Man sprach vom „pädagogischen Jahrhundert“. Bildung als Entwicklung der positiven Eigenschaften der Menschen war der pädagogische Ansatz.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das, was bei Ihnen zu kurz kommt!)

Solch hehre Ziele lässt der Gesetzentwurf nicht entdecken. Das ist auch kein Wunder, denn ein solcher Bildungsansatz wird heute vielerorts als altmodisch bezeichnet. Der Begriff „Kompetenz“ schlägt alles, und Wissen und Fakten – das ha ben wir ja vorhin auch bemerkt – sind bekanntlich nur noch am Rande erwähnenswert.

Wen wundert es da, dass in diesem Gesetzentwurf sinnige und falsche Begründungen stehen wie: „Die Gesamtkosten hän gen wesentlich von der Errichtung der Ganztagsschulen ab.“ Interessant! In Teil D hat das Eingang in den Entwurf gefun den. Ein bemerkenswerter mathematischer Zirkelschluss.

Aber immerhin haben die Freien Demokraten erkannt, dass der Entwurf der Landesregierung kein Modell aus einem Guss ist und nicht über ein sinnvolles pädagogisches Gesamtkon zept verfügt.

Besonders bemerkenswert am Gesetzentwurf der Freien De mokraten für die Wahlfreiheit bei der Ganztagsschule ist die häufige Verwendung des Wortes „oder“. Man höre und stau ne! Ja, die Ganztagsschule erstreckt sich auf Vormittage und drei oder vier Nachmittage; sie ist klassenbezogen oder klas senübergreifend;