Protocol of the Session on July 18, 2018

(Abg. Anton Baron AfD: Das haben wir aber gesagt! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Doch, wir haben gesagt: Das ist eine Mogelpackung!)

Wir sind hier sehr, sehr sorgfältig in die Abwägung gegangen, vor allem was die Erneuerung des Fuhrparks betrifft, die ja zu einer weiteren Verbesserung der Luftreinhaltung beitragen wird. Zur intelligenten Verkehrssteuerung, die zur Reduzie rung von Staus und Emissionen führt, sowie zu weiteren Fra

gen, wie Softwareupdates, Hardwarenachrüstung, habe ich überhaupt nichts gehört, auch nicht zu den jetzt gültigen Maß nahmen für die Infrastruktur, die wir angesprochen haben, etc. Das zeigt mir: Sie wollen kritisieren, aber die konstruktiven Vorschläge zur Lösung haben Sie nicht einmal kommentieren wollen.

Nun aber zu den Vorhaltungen rechtlicher Art, die gemacht wurden. Dabei möchte ich den Kollegen Schwarz in einem Punkt unterstützen.

(Zuruf von der SPD: Nur in einem? – Heiterkeit)

Warten Sie einmal ab! Es ist ein wesentlicher, den Sie im Dialog ausgetauscht haben.

In dieser besagten Randnummer 43 steht – so das Bundesver waltungsgericht wörtlich –:

Hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderun gen der Abgasnorm Euro 4 erfüllen, sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro 3 bedarf es keiner Übergangsfris ten.

Danach folgt die weitere Fortsetzung: dass im Grunde genom men bei der Unterlassung von Verkehrsverboten für Fahrzeu ge der Abgasnorm Euro 4 keine nennenswerte Reduzierung der Schadstoffbelastungen erreichbar wäre. Das Bundesver waltungsgericht hat sehr deutlich unterschieden – jetzt kom me ich zu Ihrer Abwägung –, dass man Beurteilungsspielräu me hat, Ermessensspielräume hat, auch den Verhältnismäßig keitsgrundsatz – völlig richtig zitiert – zu beachten hat, aber vor allem dort, wo Spielräume vorhanden sind. Diese Spiel räume, umso breiter sie bei der Abgasnorm Euro 5, bei der Norm Euro 6, beim Benziner wahrgenommen werden, sind damit logischerweise umso mehr bei der Norm Euro 4 zu be achten, damit überhaupt eine wirksame Maßnahme vorgetra gen werden kann. Insoweit wird die Regierung diese Abwä gung natürlich vorzunehmen haben.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sie sagt doch, Sie sind ge zwungen! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP)

Moment! Sie hat aufgenommen, dass sie in den Abwägungs kriterien, gerade weil wir partout ein Verbot für Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 vermeiden wollen, deshalb eher bei Eu ro 4 den früheren Zeitpunkt gewählt hat. Es geht immer dar um: Ist etwas vertretbar, oder ist es nicht vertretbar? Ist es nachvollziehbar, oder ist es nicht nachvollziehbar?

Ich als Parlamentarier habe jetzt nicht die Aufgabe, zu sagen: „Das ist alles falsch“ oder „Das ist alles richtig“, sondern ich sage: Diese Abwägung, die in diesem Punkt von der Regie rung vorgenommen wird, ist vertretbar. Es geht um nicht mehr und nicht weniger. – So viel zu diesem Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Der nächste Punkt wurde hier ständig vorgetragen – übrigens auch vom Kollegen Gögel etc. –, teilweise wurde von Enteig nung gesprochen.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ja, was ist es denn sonst?)

Ja, Sie haben ja recht, auch Journalisten haben das geschrie ben.

(Abg. Emil Sänze AfD: Eine halbe Milliarde in Stutt gart!)

Sehen Sie mal, Herr Sänze, es ist ein berechtigter Einwand, dem man auch berechtigterweise nachgehen sollte, ob dieser erhebliche Vorwurf, der mittelbar auch vom Kollegen Rülke erhoben wurde, zutrifft oder nicht. Denn Eigentum ist ein Grundrecht,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja!)

und Eigentum ist mit anderen Gütern abzuwägen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Genau!)

Ich will hier nicht oberlehrerhaft wirken,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein, nein!)

aber ich will Ihnen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsge richts zu diesem Punkt zitieren:

Eine verhältnismäßige Einschränkung der Nutzungsmög lichkeit eines Kraftfahrzeugs durch ein örtlich begrenztes Verkehrsverbot und der damit gegebenenfalls verbunde ne Marktwertverlust des Kraftfahrzeugs stellt eine vom jeweiligen Eigentümer entschädigungslos hinzunehmen de Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar.

(Abg. Anton Baron AfD: Aber nicht ganz Stuttgart! Das bezieht sich auf einzelne Straßen!)

Das kommt nicht von mir, sondern vom Bundesverwaltungs gericht. Dieses Urteil im Sinne des Artikels 14 Absatz 1 Satz 2 – das nennt sich Sozialbindung des Eigentums in der Abwä gung der Grundrechtsgüter – hat das höchstrichterliche Ge richt, nämlich das Bundesverwaltungsgericht, und nicht das Verwaltungsgericht in Stuttgart getroffen.

(Abg. Anton Baron AfD: Aber hierbei bezieht es sich auf einzelne Straßen und nicht auf ganz Stuttgart!)

Insoweit will ich Ihnen nur sagen: Bitte lesen Sie ein Urteil wenigstens auch vollständig und korrekt, und wenn Sie es nicht verstanden haben, lassen Sie es sich bitte erklären. Aber das sagt das Bundesverwaltungsgericht hier.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Herr Abg. Dr. Reinhart,...

... lassen Sie eine Zwischen frage des Herrn Abg. Klos zu?

Danke für das Zulassen der Zwi schenfrage. – Die Ausführungen, die Sie eben gemacht haben, beziehen sich auf eine Güterabwägung. Aber: Das heißt ja nicht, dass der Schaden nicht da ist. Und darum geht es. Sie

sagen, das Gericht begründet, warum der Schaden hinzuneh men sei. Dennoch ist der Schaden von einer halben Milliarde Euro da. Das heißt, das eine ist die Abwägung, und das ande re ist der tatsächliche Schaden.

(Zurufe von der CDU)

Ja, das ist die Erklärung dazu. – Den Schaden haben Sie durch diese enteignungsgleiche Maßnahme produziert. Dass die Enteignung in der Güterabwägung hinzunehmen ist, ist keine Erklärung, kein Ausgleich dafür, dass der Schaden da ist. Die Leute haben den Schaden.

Ihre Erklärung war keine Fra ge, Herr Abg. Klos.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Dann war es eine Kurzin tervention! – Abg. Winfried Mack CDU: Nein! Er hat dargelegt, warum er es nicht begriffen hat! – Unru he)

Herr Klos, was auch im mer Sie unter Schaden in der Fragestellung verstehen, ich kann Ihnen sagen: Den Schaden hat nicht die Politik produ ziert, sondern es geht hier darum – ich wiederhole das deshalb noch einmal –, dass wir klarmachen wollten, dass es ein höchst richterliches Urteil in diesem Rechtsstaat gibt, das zu beach ten und damit auch zu subsumieren ist. Deshalb wird der Schaden nicht von der Politik herbeigeführt, sondern bei der Abwägung der Rechtsgüter Gesundheit, Luftreinhaltung und Normgebung sagt das Gericht: „Das müsst ihr in diesem Punkt beachten.“ Das war Punkt 1.

Punkt 2: Viele – übrigens namhafte – Juristen sind auch vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts überrascht worden, weil man vorher in den Kommentierungen – selbst Anwälte dieser Landesregierung – gesagt hat: „Das erstinstanzliche Ur teil schreibt hundert Seiten am Problem vorbei.“ Wörtliches Zitat von hochbezahlten Juristen.

Jetzt haben wir ein Thema, das sich übrigens auch anderswo darstellt, dass wir teilweise eine Kollision von Unionsrecht mit Bundesrecht haben. Man war überzeugt davon, dass das Bundesrecht diese Verbotsstruktur gar nicht hergibt. Aber nun sagt das Bundesverwaltungsgericht,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ex cathedra!)

dass das Unionsrecht das überlagert, dass die Gesundheit hö herrangig ist.

Jetzt sage ich noch etwas: Herr Kollege Rülke hat vorhin ge meint, ab vier Jahren werde ein Auto sozusagen betroffen oder enteignet; so haben Sie es sinngemäß dargestellt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So ist es, ja!)

Das stimmt auch nicht. Wir sollten die Leute draußen nicht verunsichern.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Die Euro-4-Norm und darunter betrifft Fahrzeuge, die acht Jahre und älter sind, und nicht vier Jahre alte Fahrzeuge. Das

war gerade der entscheidende Punkt, bei dem wir gesagt ha ben: Wir schützen die Euro-5-Norm, und das muss auch klar vermittelt werden.