Ich habe den Eindruck, die Fraktionen von CDU und Grünen haben diesen Gesetzentwurf einfach durchgewinkt, ohne auf das inklusive Wahlrecht einzugehen. Das halte ich für beson ders bedauerlich.
Das inklusive Wahlrecht und die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen stehen nicht erst seit einigen Wochen oder seit dem Gesetzgebungsverfahren auf der Agenda, sondern beschäftigen uns schon lange; sie beschäftigen auch die Grü nen schon lange. Aber Sie gehen bei diesem Thema offensicht lich auf Tauchstation, obwohl alle Behindertenverbände drin gend danach rufen, eine solche Änderung vorzunehmen. Wo sind da die Grünen, wo ist da die CDU?
Mich bestürzt auch besonders, dass Sie offensichtlich über die rechtlichen Vorgaben geräuschlos hinweggehen. Wir haben eine Behindertenrechtskonvention, die Deutschland unter zeichnet hat. Wir haben einen Behindertenrat, der sich geäu ßert hat. Alle Verbände
Ohne Empathie und ohne das nötige Rechtsverständnis für die berechtigten Belange behinderter Menschen gehen Sie ein fach über sie hinweg und legen uns einen Gesetzentwurf vor, den wir im Großen und Ganzen mittragen, der aber wesentli che Punkte nicht zum Inhalt hat, obwohl – dies in Richtung der Kolleginnen und Kollegen der CDU – der Koalitionsver trag auf Bundesebene – Herr Hockenberger, Sie haben es zu Recht erwähnt – ausdrücklich vorsieht, dass man hier auf Än derungen hinwirkt. Die Koalitionäre haben vereinbart, dass sie dem Deutschen Bundestag eine entsprechende Vorgabe zu kommen lassen, das Wahlrecht auf Bundesebene für Men schen mit Behinderungen endlich anzupassen. Denn jemand, der unter rechtlicher Betreuung steht, darf deshalb nicht sein Wahlrecht verlieren. Zu einer Teilhabe behinderter Menschen gehört auch ein uneingeschränktes Wahlrecht.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zunächst darf ich darauf aufmerksam machen, dass ich zur Sache reden werde. Ich darf aber auch
die Frau Präsidentin informieren – bei Ihnen ist es ja noch nicht zu spät –: Nach meiner Überzeugung kann ich sowieso reden, worüber ich will, solange ich mir keinen Ordnungsruf einhandle und nicht mehr als fünf Minuten rede.
Diese fünf Minuten brauche ich aber keinesfalls; denn mit dem jetzigen Entwurf haben wir bestimmt nicht den konflikt trächtigsten Entwurf der letzten Zeit vor uns. Zu diesem Ent wurf ist uns auch schon einiges gesagt worden. Wir werden diesen im weiteren Verfahren – wie immer – kritisch-konst ruktiv begleiten, und dabei bietet sich dann sicher auch Gele genheit, über den Aspekt Inklusion noch ausführlicher zu spre chen.
Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und schlage Ihnen daher vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/3870 zur weiteren Bera tung an den Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Mig ration zu überweisen. – Sie sind damit einverstanden. Dann ist es so beschlossen.
Antrag der Fraktion der FDP/DVP – Die Lage in der Lan deserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Ellwangen nach der Gewalt gegen die Polizei bei einer versuchten Abschiebung und den Polizeieinsätzen in der LEA Ellwangen im April/ Mai 2018 – Herausforderung der Politik – Drucksache 16/4024
Auch hierfür ist eine Redezeit von fünf Minuten für die Be gründung und fünf Minuten je Fraktion für die Aussprache festgelegt.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Schauen wir uns zunächst kurz noch einmal die Abläufe an, die Gegenstand der heutigen Debatte sind, und machen wir uns dann ein Bild von den Ereignissen:
Die Polizei wollte in der Nacht von Sonntag, 29. April, auf Montag, 30. April, einen Togolesen in der LEA Ellwangen für eine Abschiebung in Gewahrsam nehmen. Dies wurde von 150 bis 200 Betroffenen, die in der LEA waren, verhindert. Der Betroffene trug bereits Handschellen; die Beamten wur den genötigt, den Schlüssel wieder auszuhändigen, und sie mussten dann unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Dieser Vorfall wurde nicht in die obligatorische Lageinforma tion des Lagezentrums im Innenministerium aufgenommen. Zwar hat das Innenministerium am späten Montagvormittag davon erfahren, aber im Lagebericht taucht nichts auf. Das ist umso merkwürdiger, als dieser Lagebericht gar nicht öffent lich ist. – Hinterher ist ja darauf verwiesen worden, das soll te nicht in die Öffentlichkeit kommen. Aber der Lagebericht ist gar nicht öffentlich.
Am Nachmittag desselben Tages – das ist vielleicht nicht so bekannt – ist auch eine Verlegung einer oder mehrerer Perso nen in der LEA intern gescheitert, wiederum am gleichen Wi derstand, an dem auch schon der Einsatz in der Nacht zuvor gescheitert war. Meine Damen und Herren, spätestens zu die sem Zeitpunkt – das müssen wir feststellen – gab es in der LEA einen rechtsfreien Raum.
Dann sind am Mittwoch die Ereignisse durch Medienberich te öffentlich geworden. Erst dann haben sich Polizei und In nenministerium positioniert. Das Staatsministerium hat davon am Mittwoch über dpa erfahren.
Erwähnenswert ist noch: Polizeipräsident Eisele ist die gan ze Zeit hindurch im Urlaub auf dem Mittelmeer. Medienbe richten zufolge hat er gesagt, für solche Fälle gebe es die Ver tretung; ihm würde auch niemand die vorgezogene Heimfahrt bezahlen. – Erstens ist diese Äußerung einigermaßen komisch, zweitens ist sie meines Erachtens in der Sache falsch – dies nur am Rande.
Aber jetzt schauen wir uns an, wie das zu beurteilen ist. Da kann ich nur noch einmal betonen: Unsere Fragen zielen nicht auf das operative Verhalten der Beamten vor Ort. Darauf zie len wir nicht ab. Darüber könnte man sich zwar Gedanken ma chen, insbesondere über den Umstand, dass zwei Praktikan ten, Polizeipraktikanten, beim ersten Einsatz dabei waren. Aber dafür kann die Polizei natürlich auch nichts.
Wir hören auch aus anderen Teilen des Landes, dass die Poli zei ihre Streifen nur noch mit Praktikanten voll bekommt. Wir müssen an anderer Stelle einmal darüber diskutieren, welche Folgen für die Politik und den weiteren Personalaufbau dies hat. Aber es ist erwähnenswert, dass es auch dort so war.
Fragwürdige Umstände ergeben sich aber – wieder einmal, muss man sagen – auf den Leitungsebenen, vom Präsidenten an aufwärts. Da fange ich einmal an mit den drei Tagen Dis
tanz und der Begründung. Diese drei Tage zwischen dem ers ten und dem zweiten Einsatz sind nach meiner Meinung kein Beweis für Handlungsfähigkeit. Das hat übrigens auch Herr Seehofer gleich erklärt, der hilfreich beispringen wollte und angeboten hat, dass die Bundespolizei tätig wird.
Übrigens, Herr Strobl, scheint mir das wieder einmal die klas sische Situation für die Feststellung zu sein: Wer solche Freun de hat, braucht eigentlich keine Feinde mehr.
Drei Tage hat die Polizei für die Vorbereitung gebraucht, und drei Tage haben damit auch die Menschen in der LEA gehabt. Die haben sich wahrscheinlich gewundert, warum erst so spät jemand kommt. Und man muss wissen: Die Polizei hatte Angst – das hat sie in der Pressekonferenz auch gesagt –, dass die sich in der LEA jetzt noch besser vorbereiten, verschan zen, bewaffnen und Waffen besorgen könnten – aber man hat ihnen drei Tage Zeit gelassen. Es ist viel darüber geredet wor den, warum man drei Tage braucht. Der simpelste, der plau sibelste Grund ist, glaube ich – das hat auch die Polizei selbst gesagt –, dass es so lange gedauert hat, die Ausrüstung zusam menzubekommen. Das wäre natürlich nicht sehr überzeugend.
Der zweite Punkt betrifft die Informationspolitik. Wir halten diese Informationspolitik für unzumutbar. Das hat mit Trans parenz nichts zu tun,