Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Don Quichotte und der Windmühle? Sie erinnert mich immer wieder an die Fein staubdiskussion, ein Thema, das genauso emotionsbeladen ist wie die Diskussion um Stuttgart 21. Den einen geht es um das Leben, um das schiere Leben – es sterben zu viele –, und den anderen um das „Heilix Blechle“. Wenn man das Leben nimmt: Die Stadt Stuttgart ist die „langlebigste“ Stadt in ganz Deutsch land, gleichzeitig angeblich aber auch die feinstaubreichste Stadt in ganz Deutschland. Man könnte ironischerweise sogar meinen, man bräuchte Feinstaub, um lange zu leben.
Eine nüchterne, sachliche Diskussion findet in der Politik, aber auch im Privaten kaum statt. Die Feinstaubthematik erinnert mich deswegen an Don Quichotte, weil wir bis heute noch viel zu wenig über diesen vermeintlichen Feind wissen. Es gibt anerkannte Wissenschaftler wie Professor Köhler, die da rin kaum eine Gefahr sehen, und andere Institute, die Fein staub wiederum als eine der größten Bedrohungen der Neu zeit betrachten.
Wir können uns lange über die Platzierungen von Messstel len streiten. Solange wir nicht mehr über Feinstaub und seine eigentlichen Gefahren wissen, werden wir das Problem final nicht lösen können. So lange können wir auch keine greifba ren Grenzwerte festlegen.
Eines ist für mich jedoch klar: Wenn wir Messstationen benö tigen, müssen diese so aufgestellt sein, dass sie einen objek tiven Wert wiedergeben, und die Messstelle am Neckartor mit ihrer Windfangsituation ist sicherlich entgegen der EU-Ver ordnung nicht repräsentativ für den ganzen Straßenabschnitt.
Völlig unabhängig davon stört mich bei dieser Diskussion, dass Autofahrer immer wieder stigmatisiert werden.
Wir müssen dafür sorgen, dass sowohl Fahrradfahrer und Fuß gänger als auch Autofahrer in Städten wie Stuttgart lebens wert leben können. Dazu gehört auch ein ausgeklügelter Per sonennahverkehr, den die Bürger sich leisten können.
Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet und Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Aktuelle Debatte – Weiß Herr Minister Hauk, dass er auch für Verbraucherschutz und Tierschutz zuständig ist? – be antragt von der Fraktion der SPD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kol leginnen und Kollegen! In den letzten Wochen konnten wir alle zur Kenntnis nehmen, dass es dem Minister für Ländli chen Raum und Verbraucherschutz gelungen ist, auch einmal in den Fokus der Öffentlichkeit zu treten – allerdings nicht et wa mit guten Vorschlägen zum Thema Verbraucher- und Tier schutz, sondern eher mit markigen Worten, die letztendlich zum Ausdruck gebracht haben, was er wirklich von Verbrau
cher- und Tierschutz hält. So sagte er beispielsweise, es gehe die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nichts an, was auf den Feldern an Pestiziden ausgebracht wird.
einen Bericht vorlegt, in dem dann aufgelistet ist, in wie vie len Gaststätten beispielsweise Kakerlaken vorkamen oder wie viele Lebensmittel mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum auf gefunden worden sind. An diesem Tag ist dann in der Tat – so versucht er sich dann zu gerieren – der zuständige Minister auch Verbraucherminister.
Verbraucher, meine Damen und Herren – das sei angemerkt –, sind alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Aber an den anderen 364 Tagen ist dann eher festzustellen, dass der Minister Fürsprecher für die Großen in der Branche ist, was Agrarerzeugung anbelangt, aber beispielsweise auch für die Großen in der Fleischwirtschaft.
Wir sehen einen Minister, der gern den Finger am Abzug hat, wenn es um den Wolf geht, der aber, wenn es um Naturschutz und Ausbringung von Pestiziden geht, eher verharmlost denn zur Aufklärung beiträgt.
Ich erinnere an seine Aussagen – auch hier im Haus schon ge tätigt – zum Insektensterben insgesamt und insbesondere in unserem Land: mehr verharmlosend denn daran interessiert, tatsächlich den Ursachen auf den Grund zu gehen und dann die richtigen Weichen zu stellen.
Jetzt wissen wir doch alle – meine Damen und Herren, darum geht es schon im Kern –: Die Landwirtschaft insgesamt steckt in einer Krise. Insbesondere die klassischen, auch die kleine ren oder mittelständischen bäuerlichen Betriebe haben erheb liche Probleme. Dafür gibt es in der Tat eine Reihe von Ursa chen, doch eine der Ursachen ist ohne Zweifel das schwin dende Vertrauen in die Tierhaltung und in die Herstellung von Lebensmitteln. Die Menschen wollen heutzutage wissen, wie etwas produziert wird, wie die Haltung von Tieren ist, wie sie transportiert werden. Ja, sie wollen auch wissen, wie es in den Schlachthöfen zugeht und, wie gesagt, wie viele Pflanzen schutzmittel in welcher Form und welcher Menge auf den Fel dern ausgebracht werden.
Meine Damen und Herren, wenn es stimmt – und ich meine, es stimmt; es bestreitet wahrscheinlich auch niemand ernst haft –, dass es diesen Vertrauensverlust gibt, dann muss man sich doch darum bemühen, muss Lösungen finden, wie man wieder Vertrauen schaffen kann. Darauf kommt es an.
Ich will sagen, Herr Minister: Vertrauen schafft man nicht, in dem man über die einen schützend die Hand legt und andere dann kritisiert – insbesondere wenn man dafür in bestimmten Gremien auch Beifall erhalten kann –, die auf Missstände und Verbesserungsbedarf aufmerksam machen.
Leider ist es so – auch das spielt beim Thema Vertrauensver lust eine Rolle –, dass die groben Missstände in diesem Land meist von Tierschutzverbänden – manchmal auch von Jour nalisten – aufgedeckt werden. Wie, frage ich, soll Vertrauen der Verbraucher in den Staat und seine Institutionen entste hen, wenn nicht der Staat, sondern Tierschützer solche Miss stände aufdecken, auch wenn das manchmal – das will ich schon dazusagen – illegal geschieht, aber letztlich doch mit einem Ergebnis, das einen erschrecken muss?
Ich sage Ihnen deshalb auch: Den Landwirten ist nicht gehol fen, wenn man bei denjenigen, die sich nicht an die Vorgaben, die sich nicht an Recht und Gesetz halten, eher weg- als hin schaut, indem man nur markige Worte an den Tag legt, statt tatsächlich zu handeln.
Woher, frage ich, sollen die Verbraucher denn wissen, dass die allermeisten Landwirte sorgfältig, richtig mit ihren Tieren um gehen – bei der Produktion, der Haltung bis hin zur Schlach tung –, dass sie sich an die Regeln der Pflanzenschutzverord nungen halten, dass viele weniger Pflanzenschutzmittel aus bringen, manche gar auf deren Einsatz verzichten? Da müs sen doch ganz einfach Fragezeichen bleiben.
Wenn der Minister offensichtlich kein Interesse daran hat, dass ausreichend und umfänglich kontrolliert wird – wir haben ja bei den Haushaltsberatungen darüber diskutiert, wir haben vor wenigen Wochen über die Ausstattung derer, die kontrollie ren müssen, diskutiert –, dann trägt dies natürlich auch nicht zur Beruhigung der Verbraucher bei.
Ich will Ihnen auch sagen: Sie, lieber Herr Hauk, sprechen bei diesen Themen häufig – das mahnen Sie auch an – von Nüch ternheit. Da will ich Ihnen ausdrücklich einmal raten: Machen Sie sich diese Anmahnung einmal selbst zu eigen. Denn wenn hier diskutiert wird, wenn solche Missstände auch in der Öf fentlichkeit bekannt werden, dann reagieren Sie meist mit markigen Worten, versuchen, die Dinge eher kleinzuhalten, statt tatsächlich Aufklärung zu betreiben.
Das gilt für viele andere Fälle auch, beispielsweise für den Umgang mit dem Wolf, um auch dies noch einmal zu erwäh nen. Wie man es richtiger, wie man es besser machen kann, wie eine sachlichere Diskussion geführt wird und wie vor al lem besser gehandelt werden kann, das können Sie sich bei spielsweise in Niedersachsen und in Brandenburg anschauen.
Sie behaupten immer, den Umgang mit dem Wolf beispiels weise könne man nicht im Landesnaturschutzgesetz regeln. Die Sachsen machen es genau so, während Sie behaupten, dies ginge nicht. Ich muss Ihnen da sagen, Herr Minister: Wollen müssen Sie. Darauf kommt es an. Sie dürfen nicht so tun, als würde es nicht gehen.
Ich spreche dies deshalb an, weil man bisweilen schon den Eindruck hat, dass es bei Ihren Äußerungen und Ihren Aktio nen eher auch darum geht, sich einmal als Mann fürs Grobe darzustellen. So, wie Minister Hermann für die Grünen in Richtung CDU auslotet, immer einen Schritt weiter geht und prüft, wie weit er die CDU reizen oder wie weit er sie in be stimmte Positionen bringen kann –
so sind Sie jetzt der Mann der CDU, der in Richtung Grüne auslotet: Wie weit kann man beim Thema Tierwohl, beim The ma Naturschutz und beim Thema Verbraucherschutz gehen?
Dazu will ich auch ein Beispiel nennen: Sie haben im Koali tionsvertrag gemeinsam vereinbart, beispielsweise mehr Wald in diesem Land unter Schutz zu stellen. Der Minister verkün det dann aber sofort, mit ihm werde es keine weiteren Bann wälder in Baden-Württemberg geben, und die Grünen schwei gen zu diesem Thema. Gestern habe ich gelernt, dass der par lamentarische Geschäftsführer der Fraktion GRÜNE, Herr Sckerl, von einer neuen Gelassenheit der Grünen spricht.